Berechtigungsschein-Vorliegen mehrerer Angelegenheiten?

  • Hallo zusammen,

    mache berh nur vertretungsweise, hoff ihr könnt mir helfen:

    habe gerade einen beratungshilfeantrag vorliegen; beratungshilfe ist für mehrere Angelegenheiten beantragt;

    der Anwalt meint, dass 2 Angelegenheiten vorliegen:

    1. Kindes- und Getrenntlebendenunterhalt

    2. Aufenthaltsbest.-R, Umgang Kinder

    Ích hätte daraus 4 Angelegenheiten gemacht (Kindesunterhalt / Getrenntl.-U./ Aufenth.-R. / Umgang)

    Sehr ihr das genauso?

    Danke

  • Ich hätte wie der Anwalt auch 2 Angelegenheiten gesehen;

    ein direkter Sachzusammenhang besteht zwischen Kindes- und Ehegatten (Getrenntlebenden-)unterhalt, weil hier der Höhe nach sogar eines vom anderen abhängig ist; ebenso zwischen Aufenthaltsbestimmung und Umgangsrecht -- mehr Angelegenheiten nicht.
    Es gibt aber sogar Auffassungen, nach denen das insgesamt nur eine Angelegenheit ist, weil alles insgesamt Folge der Trennung der Ehegatten ist - diese Auffassung teile ich aber nicht, Unterhalts- und Sorgerechtssachen sind nunmal Familiensachen unterschiedlicher Natur hinsichtlich gesetzlicher Regelungen und Abhängigkeiten. Sie sind auch in getrennten gerichtlichen Verfahren durchzusetzen, wobei das in der Tat streng genommen auch 4 Gerichtsverfahren werden könnten. Aber in außergerichtlicher Beratungshilfe kommt es nun mal noch mehr hinsichtlich der Angelegenheiten auf Sachzusammenhänge an als in Gerichtsverfahren.

  • sehr gut das zu hören, war mir nämlich öfters unschlüssig, wieviele Anglh. vorliegen..

    hab noch kurz eine frage: der Anwalt hat dazu noch betragt; Beratungshilfe für
    seinen antrag auf verfahrenskostenhilfe wg. Scheidung zu gewähren.

    habe noch nie gehört, dass es hierfür einen schein gibt.
    wisst ihr hierzu mehr?

  • Für das letzte Anliegen gibt es keine BerH.

    Die Ehescheidung ist ein gerichtliches Verfahren.
    Dort kann er VKH beantragen.
    BerH gibt es nur für außergerichtliche Verfahren.
    Ergo kann der RA diesen Antrag getrost zurücknehmen.

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Für das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sieht das RVG die Gebühr VV 3335 vor. Schon daran erkennt man, dass man das nicht einfach über die Gebührentatbestände von Beratungshilfe abrechnen könnte, also erst gar keine Bewilligung.

  • Für den Kindesunterhalt kann eine Beistandschaft beim Jugendamt beantragt werden. Deshalb fällt dieser nicht unter BerHilfe, § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG. Zum Aufenthaltsbestimmungsrecht und dem Umgang mit den Kindern kann grundsätzlich auch das Jugendamt beraten. Und damit bleibt nur eine Angelegenheit, der Getrenntlebenunterhalt.

  • Allerdings besteht zwischen Trennungs- und Kindesunterhalt ein so enger Zusammenhang, dass ich wegen des Kindesunterhalts nicht isoliert an das Jugendamt verweisen würde - das ergibt m. E. keinen Sinn und macht der/dem Antragsteller(in) unnötig das Leben schwer.

    Eine Angelegenheit bleibt die Unterhaltsgeschichte dennoch (Schoreit/Groß, BerH/VKH/PKH, 10. Auflage, § 44 RVG Rn 71 mwN).

    Ob man die weiteren "Gegenstände" als gesonderte Angelegenheiten ansehen kann, ist streitig, aber sicherlich vertretbar.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • ich wär´ja dafür, dass die Frage, wieviele Angelegenheiten vorliegen, anhand der jüngsten Rechtsprechung der OLGs beantwortet wird; das erspart es uns, "innere Sachzusammenhänge" nach Gefühl zu erkennen...
    [FONT=&quot]Oberlandesgericht Düsseldorf, II-10 WF 13/08 v. 14.10.2008, [/FONT][FONT=&quot]OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.10.2008 – I – 10 W 85/08[/FONT]
    [FONT=&quot]OLG Köln [/FONT][FONT=&quot][/FONT][FONT=&quot]Beschluss vom 9.2.2009, 16 Wx 252/08)[/FONT] und [FONT=&quot]17 W 47/10 v. [/FONT][FONT=&quot]11.05.2010[/FONT]
    [FONT=&quot]Landgericht Neuruppin, FamRZ 2004, Seiten 41 f[/FONT]
    [FONT=&quot]OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 12.08.2009 - 20 W 197/09
    [/FONT][FONT=&quot]OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.09.2009 - 6 W 76/08
    [/FONT][FONT=&quot]KG Berlin, 1 W 92/08 v. [/FONT][FONT=&quot][/FONT][FONT=&quot]26.01.2010
    [/FONT][FONT=&quot]Oberlandesgericht Nürnberg, [/FONT][FONT=&quot]11 WF 628/06[/FONT]

  • Nach Gefühl zu erkennen bringt nicht viel, es ist vielmehr sinnvoll die oben genannten Entscheidungen zu lesen und zu verstehen. Da es sich um OLG Entscheidungen handelt, wurde die Kostenseite betrachtet (siehe auch in den Begründungen der Entscheidungen). D.h., die/der Beratungshilfegegenstände/ -gegenstand wurde/n von den Rechtspflegern nur ungenau umschrieben, z.B. "Scheidung und Folgesache". Hieraus kann sich der RA selbst sehr viel basteln und alle möglichen Angelegenheiten abrechnen, z.B. Scheidung, Kindesunterhalt, Ehegattenunterhalt, Versorgungsausgleich, Vermögensauseinandersetzung, Güterrecht usw., usw. . Der UdG hat dann Spaß dabei festzustellen, wie viele Angelegenheiten wirklich vorliegen.
    Die Entscheidungen selbst stellen jedoch nicht den § 1 Abs.1 Nr. 2 BerHG in Frage, denn darüber wurde hier nicht entschieden. Es wurde nur über die Anzahl der Angelegenheiten eine Entscheidung getroffen. Mithin wurde hier das RVG angewendet und nicht das BerHG.

  • Ich persönlich finde ich es höchstnotpeinlich, dass die meisten OLGs zu dieser Frage nur herumschwurbeln und z. B. was von der unzulässigen Beschneidung der Anwaltsgebühren faseln und dem Praktiker so gut wie keine klaren Kriterien an die Hand geben, wie nun die Angelegenheiten insbesondere im Familienrecht voneinander abgegrenzt werden sollen.

    Hinzu kommt doch auch, dass dieses (und ich sage das jetzt mal so deutlich, weil es mich einfach nur noch anko...) gekünstelte Aufeinanderdröseln der Angelegenheiten doch nur bei der nachträglichen Abrechnung/Bewilligung betrieben wird. Fragt doch mal den "08/15"-Antragsteller, wieviele Scheine er will, wenn er direkt Beratungshilfe beantragt und nicht vorher "geimpft" wurde...

    Aber wir drehen uns mal wieder im Kreis...

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Ich persönlich finde ich es höchstnotpeinlich, dass die meisten OLGs zu dieser Frage nur herumschwurbeln und z. B. was von der unzulässigen Beschneidung der Anwaltsgebühren faseln und dem Praktiker so gut wie keine klaren Kriterien an die Hand geben, wie nun die Angelegenheiten insbesondere im Familienrecht voneinander abgegrenzt werden sollen...


    die o.g. prüfen die relevanten merkmale konkret und nachvollziehbar und unterstützen ihre Auffasssung mit weiterer Rspr.
    Hochnotpeinlich sind dagegen die Ausführungen mancher anderer Beteiligter, die lediglich eines von dreien Merkmalen überhaupt anführen und dann "inneren Sachzusammenhang" von Trennungs- und Kindesunterhalt bejahen, "weil is ja beides wegen Geld":mad:

  • Die Entscheidungen selbst stellen jedoch nicht den § 1 Abs.1 Nr. 2 BerHG in Frage, denn darüber wurde hier nicht entschieden. Es wurde nur über die Anzahl der Angelegenheiten eine Entscheidung getroffen. Mithin wurde hier das RVG angewendet und nicht das BerHG.


    War die Ausfangsfrage nicht gerade dazu, wieviele Angelegenheiten vorliegen?

  • @bumani:

    Ích hätte daraus 4 Angelegenheiten gemacht (Kindesunterhalt / Getrenntl.-U./ Aufenth.-R. / Umgang)

    Sehr ihr das genauso?

    Danke


    sagt Dir der Begriff "Selektive Wahrnehmung" was?

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