Gerichtskosten ZVG nach Inkrafttreten des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz

  • Am 16. Mai hat überraschend ;)das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz den Bundestag passiert. Sollte der Bundesrat den Gesetzentwurf nicht noch aufhalten, kommen viele Änderungen auf die Gerichte zu.

    Die für die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung einschlägigen Änderungen sind überschaubar. Ich habe versucht, anhand der Materialien im Gesetzgebungsverfahren eine Übersicht über die zum 1. Juli 2013 uns ZVG-ler erwartenden Änderungen zu erstellen - Ergänzung und Kritik ist herzlich willkommen.

    http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/114/1711471.pdf


    1, Beim GBA
    17004 KV GNotKG
    17004 Erteilung 1. eines Zeugnisses des Grundbuchamts, 2. einer Bescheinigung aus einem Register, 3. einer beglaubigten Abschrift des Verpfändungsvertrags nach § 16 Abs. 1 Satz 3 des Pachtkreditgesetzes oder 4. einer Bescheinigung nach § 16 Abs. 2 des Pachtkreditgesetzes ...................... 20,00 €

    Begründung:
    Der vorgeschlagene Gebührentatbestand erfasst die Erteilung eines Zeugnisses des Grundbuchamts nach § 17 Absatz 2 des Zwangsversteigerungsgesetzes (ZVG), mit dem der Gläubiger dem Vollstreckungsgericht nachweisen muss, dass der Schuldner als Eigentümer eingetragen ist, sowie die Erteilung von Bescheinigungen aus Registern. Bislang war die Erteilung des Zeugnisses des Grundbuchamts gebührenfrei. Hierfür gibt es jedoch keinen sachlichen Grund. Bescheinigungen aus Registern sind derzeit in § 89 Absatz 3 KostO geregelt und lösen die Mindestgebühr in Höhe von 10 Euro aus. In Zukunft soll für diese Bescheinigungen und für das Zeugnis des Grundbuchamts eine Festgebühr in Höhe von 20 Euro anfallen. Dieser Betrag entspricht der für Nummer 17001 KV GNotKG- E vorgesehenen Gebühr.

    2. Beim ZVG-Gericht: Artikel 3 Änderung des Gerichtskostengesetzes

    ->Art. 3. Absatz 1 Nr. 20 = Aufhebung § 70 GKG

    Begründung:
    Die Vorschrift über die Erhebung von Rechnungsgebühren (§ 70 GKG) soll aufgehoben werden. Die Vorschrift des § 139 KostO soll auch nicht in das GNotKG übernommen werden. Ebenfalls aufgehoben werden soll die entsprechende Vorschrift des § 62 FamGKG. Nach diesen Vorschriften sind als Auslagen Rechnungsgebühren zu erheben, wenn in den Ländern für Rechnungsarbeiten Bedienstete besonders bestellt werden. Von dieser Möglichkeit machen nur noch einzelne Länder insbesondere in Zwangsversteigerungssachen Gebrauch. Nach den entsprechenden Vorschriften in der Kostenordnung und im Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen machen diese Länder auch in Vormundschafts-, Pflegschafts- und Betreuungssachen bei der Prüfung im Rahmen der Rechnungslegung davon Gebrauch. Der Einsatz von Rechnungsbeamten im Einzelfall obliegt dem Gericht, in der Regel also dem Rechtspfleger. Je nach der persönlichen Belastungssituation kann der Rechtspfleger einen Teil seiner Dienstaufgaben auf diese Weise an einen Rechnungsbeamten abgeben und dies dem Kostenschuldner zusätzlich in Rechnung stellen. Soweit in den Ländern keine Rechnungsbeamten bestellt werden, sind diese eigentlich dem Gericht obliegenden Aufgaben durch die Gebühren abgegolten. Der Einsatz von Rechnungsbeamten führt somit zu einer willkürlichen Sonderbelastung einzelner Kostenschuldner. Der Ansatz der Gebühren für Rechnungsbeamte soll daher wegfallen.

    ABER: Gegenstellungnahme Bundesrat:

    63. Zu Artikel 3 Absatz 1 Nummer 20 (§ 70 Absatz 1 Satz 2, 3 GKG)
    Artikel 3 Absatz 1 Nummer 20 ist wie folgt zu fassen:
    20. § 70 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
    a) In Satz 2 wird die Angabe „10 Euro“ durch die Angabe „12 Euro“ ersetzt.
    b) In Satz 3 wird die Angabe „5 Euro“ durch die Angabe „6 Euro“ ersetzt.‘
    Begründung
    Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht die Aufhebung des § 70 GKG vor. Dies ist nicht sachgerecht, weil für die Tätigkeit der Rechnungsbeamten weiterhin ein Bedürfnis besteht. In der gerichtlichen Praxis wer- den insbesondere in umfangreichen und schwierigen Zwangsversteigerungsverfahren regelmäßig Rechnungsbeamte bei der Erstellung des geringsten Gebots und des Teilungsplanes hinzugezogen, weil das Vieraugenprinzip hilft, folgenschwere Fehlberechnungen zu vermeiden. Beispielsweise ist ein fehlerhaft berechnetes geringstes Gebot ein Grund, den Zuschlag aufzuheben (§ 100 Absatz 1, § 83 Nummer 1 ZVG) mit der Folge, dass in einem erneut anzuberaumenden Versteigerungstermin möglicherweise ein deutlich geringeres Meistgebot erzielt wird. Die Arbeit der Rechnungsbe- amten kommt somit den vom jeweiligen Verfahren Betroffenen zu Gute. Die Rechnungsgebühren sind im Vergleich zu den Gerichtskosten im Übrigen gering.
    Die bisherigen Festgebühren sind seit 1994 unverändert und sollen deshalb ebenfalls in Höhe des zwischenzeitlichen Inflationsausgleichs um 20 Prozent erhöht werden.

    Dagegen die Bundesregierung:
    Zu Nummer 63 (Artikel 3 Absatz 1 Nummer 20 – § 70 Absatz 1 Satz 2, 3 GKG)
    Dem Vorschlag wird aus den in der Gegenäußerung zu Nummer 15 der Stellungnahme des Bundesrates dargelegten Gründen nicht zugestimmt. -> Zu Nummer 15 (Artikel 1 – § 58a – neu – GNotKG): Der Vorschlag wird nicht unterstützt. Auf die ausführliche Begründung des Regierungsentwurfs zu Artikel 3 Absatz 1 Nummer 20 des Entwurfs wird verwiesen.


    ->Artikel 3 Abs. 2 Nr. 30 (Änderungen im KV zum GKG)

    30. In den Nummern 2124, 2210 und 2220 wird jeweils in der Gebührenspalte die Angabe „50,00 EUR“ durch die Angabe „60,00 €“ ersetzt.
    [derzeit geltende Fassung siehe HIER]

    Aus den Gründen:
    Zu den Nummern 26 bis 39 (Nummern 2110 bis 2114, 2118, 2119, 2121, 2124, 2210, 2220, 2221, 2230, 2240, 2242, 2311, 2340, 2350, 2361 und 2364 KV GKG)
    Die Festgebühren sollen – wie auch bei den Gebühren im GNotKG und FamGKG vorgesehen – angehoben werden. Insoweit wird auf Abschnitt III.1.b des allgemeinen Teils der Begründung verwiesen.

    ABER: Gegenstellungnahme Bundesrat:
    66. Zu Artikel 3 Absatz 2 Nummer 30, 30a – neu(Nummern 2210, 2220 KV GKG)
    Artikel 3 Absatz 2 ist wie folgt zu ändern:
    a) In Nummer 30 sind die Wörter „den Nummern 2124, 2210 und 2220 wird jeweils“ durch die Wörter „Nummer 2124 wird“ zu ersetzen.
    b) Nach Nummer 30 wird folgende Nummer 30a eingefügt:
    30a. In den Nummern 2210 und 2220 wird jeweils in der Gebührenspalte die Angabe „50 EUR“ durch die Angabe „100 Euro“ ersetzt.‘
    Begründung
    Die aufwendige Prüfung der Anordnungsvoraussetzungen im Falle einer Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung rechtfertigt eine weit deutlichere Anhebung der Gebühren. Darüber hinaus wird die Zahl wirtschaftlich wenig zweckmäßiger Anordnungen und Beitritte zum Verfahren reduziert, was eine weitere Entlastung der Gerichte zur Folge hat.

    Erwiderung der Bundesregierung:
    Zu Nummer 66 (Artikel 3 Absatz 2 Nummer 30, 30a – neu – Nummern 2210, 2220 KV GKG)
    Dem Vorschlag wird nicht zugestimmt.
    Bei einer größeren Anzahl von Gläubigern würde dies zu einer erheblichen Verteuerung der Zwangsversteigerung für den Schuldner führen. Auch das Verhältnis der Gebühr für die Anordnung oder die Entscheidung über den Beitritt zur Mindestgebühr für das Verfahren über den Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Höhe von 150 Euro (Gebühr 2311 KV GKG) entspräche nicht mehr dem unterschiedlichen Aufwand, den das jeweilige Verfahren mit sich bringt. Im Übrigen wird auf die Gegen- äußerung zu Nummer 1 der Stellungnahme des Bundesrates zu der geforderten weitergehenden Erhöhung der Gebühren Bezug genommen.


    -> Art. 3 Abs. 2 Nr. 31

    31. In Nummer 2221 werden in der Gebührenspalte die Angabe „100,00 EUR“ durch die Angabe „120,00 €“ und die Angabe „50,00 EUR“ durch die Angabe „60,00 €“ ersetzt.


    ->neues Gebührenverzeichnis:
    (Die einzelnen Gebühren sind aus der Gebührentabelle Seite 101 der PDF ersichtlich)

    Zu Nummer 15 (§ 34 GKG)
    Zu Buchstabe a
    Die Gebührentabelle soll in ihrer Struktur an die Tabelle A (Artikel 1 § 34 Absatz 2 GNotKG- E) angepasst werden. Die Änderung der Struktur und die Änderung der Gebührenbeträge bewirkt eine Erhöhung der Wertgebühren um rund 11 Prozent.
    Zu Buchstabe b
    Die Mindestgebühr soll in allen Kostengesetzen auf einheitlich 15 Euro festgelegt werden


    ->Inkrafttreten:

    Artikel 43
    Inkrafttreten
    Das Gesetz tritt am 1. Juli 2013 in Kraft.


    Edit:
    Überleitungsrecht siehe #3.

    Curiosity is not a sin.

    Einmal editiert, zuletzt von 15.Meridian (28. Mai 2013 um 12:39) aus folgendem Grund: Hinweis von KlausR war erhellend.

  • Achtung: Keine Überleitungsvorschrift – das heißt doch wohl: Auch für alte Verfahren ist neues Recht anzuwenden. Da stellt sich mir die Frage: Welche Gebühren sind zu erheben bei Zuschlag vor dem 1. Juli 2013 und Verteilungstermin nach dem 1. Juli 2013. (Theoretisch sind Fälle denkbar, bei denen das geringste Gebot nicht einmal die Gerichtskosten abdeckt.)

    Da dürfte dann die allgemeine Überleitungsvorschrift des § 71 Abs. 3 GKG gelten.

  • Ich möchte in dem Zusammenhang auf Artikel 7 hinweisen. Dort ist eine umfassende Änderung des JVEG vorgesehen. Dies wird zu einer kpl. Änderung der Sachverständigenhonorare, Abrechnung der Nebenkosten etc. führen, was ja auch für die Zwangsversteigerung und die Kostenvorschüsse für Gutachten von Bedeutung ist.

    So sollen die Stundensätze von Sachverständigen bspw. für die Bewertung von Immobilien von 75 Euro auf 90 Euro (für Mietsachverständige sogar auf 120 Euro) ansteigen.

    Geht man von 20 Arbeitsstunden für ein durchnittliches Immobilien-Gutachten in der ZV aus, so werden die Gutachten unter Berücksichtigung von Mehrwertsteuer ca. 360 € teurer werden.

    Bei Nebenkosten sind Vereinfachungen vorgesehen, was tlw. zu niedrigeren Ansätzen führen wird.

  • Achtung: Keine Überleitungsvorschrift – das heißt doch wohl: Auch für alte Verfahren ist neues Recht anzuwenden. Da stellt sich mir die Frage: Welche Gebühren sind zu erheben bei Zuschlag vor dem 1. Juli 2013 und Verteilungstermin nach dem 1. Juli 2013. (Theoretisch sind Fälle denkbar, bei denen das geringste Gebot nicht einmal die Gerichtskosten abdeckt.)

    Da dürfte dann die allgemeine Überleitungsvorschrift des § 71 Abs. 3 GKG gelten.

    Danke, KlausR, dass Du mich (wieder einmal) auf den Boden der (gesetzlichen) Tatsachen zurückgeholt hast.
    @Luigi: Danke für den Hinweis auf die JVEG-Gebührenänderung. Diese Auslagen des Verfahrens nehme ich nur zur Kenntnis (ich käme also nicht auf die Idee, einen "billigeren" Gutachter zu wählen, der eine unterdurchschnittliche Stundenzahl begehrt - dafür ist mir die Qualität der Arbeit des Sachverständigen zu wichtig).

    Curiosity is not a sin.

    Einmal editiert, zuletzt von 15.Meridian (26. Juli 2013 um 10:19)

  • 15.Meridian
    Danke für die vielen Informationen! Die Einstellung zur Auswahl der Sachverständigen nach Qualität finde ich sehr löblich :daumenrau. Wegen der rückläufigen Verfahrenszahlen hat man als SV allerdings kaum eine Chance sich an einem AG "neu" zu bewerben.

  • ->Art. 3. Absatz 1 Nr. 20 = Aufhebung § 70 GKG Begründung: Die Vorschrift über die Erhebung von Rechnungsgebühren (§ 70 GKG) soll aufgehoben werden. Die Vorschrift des § 139 KostO soll auch nicht in das GNotKG übernommen werden. Ebenfalls aufgehoben werden soll die entsprechende Vorschrift des § 62 FamGKG. Nach diesen Vorschriften sind als Auslagen Rechnungsgebühren zu erheben, wenn in den Ländern für Rechnungsarbeiten Bedienstete besonders bestellt werden. Von dieser Möglichkeit machen nur noch einzelne Länder insbesondere in Zwangsversteigerungssachen Gebrauch. Nach den entsprechenden Vorschriften in der Kostenordnung und im Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen machen diese Länder auch in Vormundschafts-, Pflegschafts- und Betreuungssachen bei der Prüfung im Rahmen der Rechnungslegung davon Gebrauch. Der Einsatz von Rechnungsbeamten im Einzelfall obliegt dem Gericht, in der Regel also dem Rechtspfleger. Je nach der persönlichen Belastungssituation kann der Rechtspfleger einen Teil seiner Dienstaufgaben auf diese Weise an einen Rechnungsbeamten abgeben und dies dem Kostenschuldner zusätzlich in Rechnung stellen. Soweit in den Ländern keine Rechnungsbeamten bestellt werden, sind diese eigentlich dem Gericht obliegenden Aufgaben durch die Gebühren abgegolten. Der Einsatz von Rechnungsbeamten führt somit zu einer willkürlichen Sonderbelastung einzelner Kostenschuldner. Der Ansatz der Gebühren für Rechnungsbeamte soll daher wegfallen.

    Meiner Meinung eine offenbar unrichtige Begründung.

    § 66 ZVG
    (1) In dem Versteigerungstermin werden nach dem Aufruf der Sache die das Grundstück betreffenden Nachweisungen, die das Verfahren betreibenden Gläubiger, deren Ansprüche, die Zeit der Beschlagnahme, der vom Gericht festgesetzte Wert des Grundstücks und die erfolgten Anmeldungen bekanntgemacht, hierauf das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen nach Anhörung der anwesenden Beteiligten, nötigenfalls mit Hilfe eines Rechnungsverständigen, unter Bezeichnung der einzelnen Rechte festgestellt und die erfolgten Feststellungen verlesen.
    (2) Nachdem dies geschehen, hat das Gericht auf die bevorstehende Ausschließung weiterer Anmeldungen hinzuweisen und sodann zur Abgabe von Geboten aufzufordern.

    Die Zuziehung des Rechungsverständigen wird nicht von der persönlichen Belstungssituation abhängig gemacht, sondern von der Schwierigkeit der Rechenarbeit. Vielleicht sollte der Gesetzgeber dann auch gleich das ZVG ändern und schwierige Rechenarbeiten abschaffen?

  • Willst Du damit sagen, dass in Bayern schwierigere Berechnungen des geringsten Gebots anzustellen seien als in Sachsen?

    Im Moment sieht es doch in den betreffenden Ländern so aus: Der Rechtspflegerin am ZVG-Gericht "ist die Berechnung zu schwierig" , sodass sie einen "Rechnungssachverständigen" hinzuzieht. Jener Rechnungssachverständige ist aber doch ihr Rechtspflegerkollege aus dem Nebenzimmer; und der wiederum zieht die Frau Kollegin in seinen Verfahren dann als Rechnungssachverständige hinzu.

    Tatsächlich dürfte es also keineswegs an der Schwierigkeit liegen, sondern an der immensen Arbeitsbelastung (die Tätigkeit als Rechnungssachverständiger erfüllen die Rechtspfleger selbstverständlich in ihrer Freizeit). Der Gesetzgeber stellt also die richtigen Gedanken an, wie ich meine.

  • Willst Du damit sagen, dass in Bayern schwierigere Berechnungen des geringsten Gebots anzustellen seien als in Sachsen?

    § 66 ZVG gilt auch in Sachsen. Das Wörtchen "nötigenfalls" zielt im Gesetzestext sicherlich eher auf die Schwierigkeit der Rechenarbeit ab und nicht auf den Grad der Arbeitsbelastung des Rechtspflegers.

  • Willst Du damit sagen, dass in Bayern schwierigere Berechnungen des geringsten Gebots anzustellen seien als in Sachsen?

    § 66 ZVG gilt auch in Sachsen. Das Wörtchen "nötigenfalls" zielt im Gesetzestext sicherlich eher auf die Schwierigkeit der Rechenarbeit ab und nicht auf den Grad der Arbeitsbelastung des Rechtspflegers.

    Gewiss gilt § 66 ZVG deutschlandweit. Dagegen muss die Zuziehung des "Rechnungsverständigen" landesrechtlich zugelassen sein, vgl. Dassler/Hintzen, ZVG (13. Aufl.), § 66 Rn. 46; Stöber, ZVG (20. Aufl.), § 66 Rn. 7.8.

    Löhnig/Steffen, ZVG, 1. Aufl. 2010, versteigt sich in § 66 Rn. 16 sogar zur Behauptung: "Rechnungsverständige als gerichtliche Hilfspersonen spielen in der Praxis nach hiesiger Erkenntnis keine Rolle mehr." Offenbar bezieht er seine Kenntnisse nicht aus Bayern, Hessen oder Rheinland-Pfalz ...

    Wenn Du es ganz genau wissen willst, findest Du es näher erörtert bei Böttcher, § 1 Rn. 12, wo die landesrechtlichen Normen für Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz angegeben sind. Weiter heißt es dort: "In den übrigen Ländern gehören die Geschäfte des Rechnungsbeamten zu den Dienstgeschäften des Rechtspflegers nach dem Geschäftsverteilungsplan."

  • Gewiss gilt § 66 ZVG deutschlandweit.

    Dann müßte also auch ein Rechtspfleger, der z. B. in Sachsen tätig ist, "nötigenfalls einen Rechnungsverständigen" zu Hilfe nehmen können. Wie er das macht und ob er das macht ist sicherlich ein praktisches Problem. Bei der ZPO (in der Folge auch beim ZVG) handelt es sich schließlich um ein Bundesgesetz. Ich bin mir nicht sicher, ob z.B. das sächsische Justizministerium einem sächsichschen ZVG-Rechtspfleger die Anwendung von Inhalten eines Bundesgesetzes (§ 66 ZVG) verbieten kann. Die zitierten Kommentarstellen zielen m. M. rein darauf ab, in welchen Bundesländern seitens der Justizverwaltungen genauere verwaltungsrechtliche Regelungen bzgl. "Rechnungsbeamte" getroffen wurden. Ein Verbot der Anwendung von § 66 ZVG in seinem vollen Umfang für die Rechtspfleger in anderen Bundesländern lässt sich daraus m.M. nicht ableiten.

  • Der § 66 ZVG stammt aus einer Zeit, als die Zwangsversteigerung noch in den Händen des Richters lag. Dieser konnte einen RechnungsBEAMTEN hinzuziehen. Seit die Zwangsversteigerung den Rechtspflegern als BEAMTEN in die Hände gelegt wurde, ist es tatsächlich vom Landesrecht abhängig, ob die Hinzuziehung eines Rechnungsbeamten landesrechtlich zugelassen ist oder ob sie zu den Dienstaufgaben des nach der Geschäftsverteilung zuständigen Beamten gehören.

    Und also ist in ganz Deutschland der Rechtspfleger sein eigener Rechnungbeamter, nur in Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz gestattet ihm das Landesrecht, einen Rechnungsbeamten hinzuzuziehen. Das heißt, nur in diesen drei Bundesländern fallen weitere Auslagen für eine "Dienstleistung" an, die in den anderen Bundesländern mit der Terminsgebühr mitabgegolten ist.

  • Der § 66 ZVG stammt aus einer Zeit, als die Zwangsversteigerung noch in den Händen des Richters lag.

    Wie sich die Zeiten ändern. Erst waren die Richter zuständig, denen man offenbar wegen der Schwierigkeit der Aufgabe sogar noch einen Rechnungsverständigen zugestand. (Sinn und Zweck war und ist eine Kontrollfunktion und die Vermeidung von Rechenfehlern). Jetzt wo der Rechtspfleger allein zuständig ist, besteht natürlich keine Gefahr mehr von Rechenfehlern.;)

    Ich denke, das Thema ist ausdiskutiert. Wer den Rechnungsverständigen kennt, weiß, dass die Fehlerquote bei geringsten Geboten und Teilungsplänen bei "Null" liegt. Der Rest hat eben gezwungenermaßen auf diese Kontrollfunktion verzichtet oder "inoffiziell" doch den Kollegen bei der ein oder anderen schwierigeren Rechenarbeit zu Rate gezogen.

  • Wie sich die Zeiten ändern. Erst waren die Richter zuständig, denen man offenbar wegen der Schwierigkeit der Aufgabe sogar noch einen Rechnungsverständigen zugestand. (Sinn und Zweck war und ist eine Kontrollfunktion und die Vermeidung von Rechenfehlern). Jetzt wo der Rechtspfleger allein zuständig ist, besteht natürlich keine Gefahr mehr von Rechenfehlern.;)

    Sinn und Zweck der Vorschrift des § 66 ZVG war keinesfalls eine Kontrollfunktion, sondern eine Aufgabenteilung zwischen Richter und Rechnungsverständigen.

    Damit wurde der Erkenntnis Rechnung getragen, dass Richter nicht gerade Fachleute für Berechnungen waren - "iudex non calculat" - und sind. So schreibt z.B. § 220 Abs. 4 FamFG vor, dass zur Ermittlung des Versorgungsausgleichs der Versorgungsträger verpflichtet ist, die nach § 5 des Versorgungsausgleichsgesetzes benötigten Werte einschließlich einer übersichtlichen und nachvollziehbaren Berechnung sowie der für die Teilung maßgeblichen Regelungen dem Gericht mitzuteilen.

    "Rechnungsverständige" i.S. des § 66 ZVG waren eigens dafür bestellte sog. Rechnungsbeamte. Dazu wurden in meinem Bundesland - Hamburg - ausschließlich Beamte mit Rechtspflegerqualifikation bestellt. Nachdem mit dem Rechtspflegergesetz 1957 die Versteigerungstermine von den Rechtspflegern geleitet wurden, bestand - logischerweise - für eine Arbeitsteilung kein Anlass mehr.

    Für eine wie auch immer geartete "Kontrolle" besteht bei den Gerichten wegen der Überprüfungsmöglichkeit durch Rechtsmittelgerichte kein Bedarf und ist m.E. wirtschaftlich nicht zu begründen.

  • Für eine wie auch immer geartete "Kontrolle" besteht bei den Gerichten wegen der Überprüfungsmöglichkeit durch Rechtsmittelgerichte kein Bedarf und ist m.E. wirtschaftlich nicht zu begründen.

    Wer in seinem geringsten Gebot oder Teilungsplan einen Rechenfehler hatte, braucht in der Regel nicht beim Rechtsmittelgericht antreten, sondern wird den Fehler wohl schnellstmöglich anderweitig zu korrigieren versuchen und hoffen, dass es kein Versicherungsfall wird.

  • Für eine wie auch immer geartete "Kontrolle" besteht bei den Gerichten wegen der Überprüfungsmöglichkeit durch Rechtsmittelgerichte kein Bedarf und ist m.E. wirtschaftlich nicht zu begründen.

    Wer in seinem geringsten Gebot oder Teilungsplan einen Rechenfehler hatte, braucht in der Regel nicht beim Rechtsmittelgericht antreten, sondern wird den Fehler wohl schnellstmöglich anderweitig zu korrigieren versuchen und hoffen, dass es kein Versicherungsfall wird.

    In meinen Geringsten Geboten und Teilungsplänen waren deshalb keine Rechenfehler, weil auch ich selbstverständlich einen Rechnungsverständigen zu Hilfe zog. Er hieß EXCEL :D.

  • Trotz IT-Programm und Exel ist es mir passiert.
    Ich hatte eine umfangreiche Sache, in der ich ca. 20 geringste Gebote vorbereiten musste.
    Im Termin wurde dann doch Gesamtausgebot unter Verzichtung von Einzelausgebote beantragt.

    Aber bei der gesamten Rechnerei ist mir ein Rechenfehler passiert und habe den Zuschlag erteilt, weil ich dachte, die 5/10-Grenze sei erreicht, was nicht stimmt.

    Zuschlagsbeschwerde wurde eingelegt und nach einem halben Jahr hat das LG meinen Rechenfehler bemerkt und mich aufgehoben.

    Bin mal gespannt, was jetzt noch nachkommt.:mad:

  • Zum Rechnungssachverständigen RV, der hier in Württemberg völlig unbekannt ist, habe ich ein wenig gestöbert.

    Der RV taucht im preuß. G.v. 13.7.1883 in § 54 auf. Wichtig das Wort: „nöthigenfalls“.
    Bayern kannte ihn aber auch, Art. 104 Bay. Sub.O. Sachsen wohl auch, hier fehlt leider etwas Literatur.

    In den Motiven (um 1880) zum pr. ZVG hierzu: „Der Richter sieht aus der beglaubigten Abschrift des Grundbuchblatts, welche Ansprüche …, und wird, wenn die Einfachheit der Sachlage nicht jede Vorbereitung entbehrlich macht, selbst oder durch einen zuzuziehenden RV schon vor dem Termine eine Zusammenstellung dieser Ansprüche fertigen.

    Bei Krech Ausgabe 1886 folgt dann zu § 54 ein Beispiel. Dieses Grundbuch hat mit heutigen Eintragungen wenig gemein. Massenhaft Hypotheken von Privatleuten, um die 4, 5% und Fälligkeiten den persönlichen Forderungen angeglichen (nicht wie heute kal. jährlich nachträglich). So was findet sich heute nur bei steinalten Eintragungen aus den 50-ziger /60-ziger Jahren, mit vierteljährlich usw.

    Es ist nie zu vergessen aus welcher Zeit unser ZVG kommt. Damals gab es keine Taschenrechner, keine Kopierer, kein Excel, alles mußte von Hand gefertigt und abgeschrieben werden. Fehlerquellen gab es genügend. Da war ein menschlicher Rechenknecht schon ganz praktisch.

    1888 legte Johow den Vorentwurf zum ZVG vor. In § 49 ist der RV berücksichtigt. Johow kam aus Preußen, das Vorbild für ihn muß § 54 pr. ZVG gewesen sein.

    1888/1889 schreibt Achilles. „Die Feststellung des GG ist Sache des Richters. Doch muß derselbe, da die Rechnungsarbeit oft überwiegen wird, sich der Beihülfe eines Rechnungsverständigen bedienen können. Dies wird mit Rücksicht auf die Kosten, welche durch die Zuziehung eines solchen entstehen, in dem § 49 Abs. 1 nach dem Vorgange von Preußen besonders zum Ausdruck gebracht.“

    In den Beratungen 1888-1889 (Protokolle) spielte der RV dann keine Rolle mehr.

    In den Mot. ZVG 1889 zu § 86 ZVG Entwurf-I erfolgen weitere Erläuterungen: „Da indessen das Verfahren sich vertheuert, wenn ein solcher zugezogen wird, so empfiehlt sich mit Preußen § 54, durch das Gesetz für statthaft zu erklären. (im 86 fehlte das Wort „nötigenfalls“)

    In der vorläufigen Zusammenstellung der Beschlüsse wurde der RV in den 85 verschoben, das Wort „nöhtigenfalls“ wurde eingeschoben. Ohne diese Änderung bestand die Befürchtung, der Richter würde immer einen Kalkulator beiziehen. Die Beiziehung sollte die Ausnahme in unübersichtlichen (wörtlich: „schwierigen“) Verfahren sein.

    Die Bundesratsvorlage 1896 enthält dann in § 63 unverändert den RV.

    Auf der Grundlage des Entwurfes von 1889 geht der 86 im 66 Abs. 1 auf, mit dem wichtigen Zusatz „nötigenfalls“.

  • Nein, nachdem der Bundesrat es an den Vermittlungsausschuss gegeben hat, hat der Bundestag letzte Woche erst über das Vermittlungsergebnis abgestimmt. Im Bundesrat soll es jetzt wohl am 05.07. sein, sodass es (wenn es noch im Juli im BGBl. verkündet wird) wohl zum 1.8. in Kraft tritt.

    „Gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß.“ (Georg Simmel)

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