Anzeige Hinterlegungsstelle - unbekannte Erben

  • Hallo,
    ich habe in einer Nachlasssache aus 2011 nun eine Mitteilung der Hinterlegungsstelle bekommen, dass eine Bank ca. 20.000 € für die unbekannten Erben des Erblassers hinterlegt hat.

    Mir ist nach Aktenlage nur die Ehefrau bekannt. Ein Erbschein wurde damals nicht beantragt, weil die Eltern und / oder Geschwister wohl in Tunesien leben.

    Was muss ich als Nachlassgericht jetzt veranlassen?
    Teile ich der Ehefrau mit, dass hier die Anzeige der Hinterlegungsstelle eingegangen ist?
    Oder muss ich gar Nachlasspflegschaft für die unbekannten Erben v.a.w. anordnen? Aber ein Sicherungsbedürfnis besteht ja eigentlich nicht, das Geld liegt ja sicher aufbewahrt auf dem Hinterlelgungskonto....

    Muss ich sonst an etwas denken?

  • Das ist sicher auch ein Stück Ermessenssache, wie man die Sache bearbeitet. NL-Pflegschaft hätte ich auch erstmal nicht angeordnet (fehlendes Sicherungsbedürfnis).
    Ich würde die Ehefrau anschreiben, auf die mitgeteilte Hinterlegung hinweisen und darauf, dass ein Erbschein vorzulegen sein wird, um über den hinterlegten Betrag zu verfügen, etc. Muss man aber wohl nicht.
    Oder ist der Erblasser Tunesier? Keine Ahnung, ob/welche Besonderheiten sich dann für Erbstatut/Erbfolge/Nachlassverfahren ergeben...

  • Es gibt m.E. drei mögliche (sinnvolle) Varianten:

    1) Nichts tun / Hinterlegungsanzeige zur Akte nehmen
    2) Der Ehefrau die Hinterlegung mitteilen und sonst nichts tun
    3) Der Ehefrau die Hinterlegung mitteilen und eine Nachlasspflegschaft anordnen (ggf. nach vorheriger Anhörung der Ehefrau)

    Ich denke, dass man für jede der Varianten gute Gründe vorbringen kann und es damit letztlich wieder einmal darauf ankommt, wie man es als Rechtspfleger denn gerne machen möchte. Ich selbst tendiere mindestens zu Variante 2....und natürlich gerne zu Variante 3 :D

    Solche Fragen werden übrigens auch im Hinterlegungsbereich aus der Sicht der Hinterlegungsstelle diskutiert. Siehe hier:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…nbekannte-Erben

    Die Frage des Sicherungsbedürfnisses eines Nachlasses kann meines Erachtens nicht alleine dadurch beantwortet werden, dass ein Nachlassgegenstand (das Bankguthaben bei einer Bank) hinterlegt ist. Die Frage ist eher, ob es daneben in diesem Fall noch weiteren Nachlass gibt (sehr wahrscheinlich) und dieser im Interesse der unbekannten Miterben sicherungsbedürftig ist. Ohnehin ist das Sicherungsbedürfnis aus den Augen der unbekannten Erben zu beurteilen und kann damit auch dann gegeben sein, wenn der gesamte Nachlass hinterlegt ist aber die Erben keine Kenntnis davon haben:

    Für die Beurteilung, ob ein Sicherungsbedürfnis gegeben ist, ist die Tatsachenkenntnis des Nachlassgerichts im Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgebend. Ein Fürsorgebedürfnis besteht, wenn ohne das Eingreifen des Nachlassgerichts der Bestand des Nachlasses gefährdet wäre. Die Gefährdung des Nachlasses muss sich allerdings noch nicht konkretisiert haben. Es reicht aus, dass der Erbe von dem Anfall der Erbschaft keine Kenntnis hat und aus diesem Grunde den Nachlass nicht in Besitz nehmen kann. In einem solchen Fall ist vorrangiger Zweck der Fürsorgemaßnahmen die Erbenermittlung. Eine Gefährdung des Nachlasses kann auch darin liegen, dass bestehende Nachlassverbindlichkeiten stetig ansteigen.
    Damrau, Praxiskommentar Erbrecht
    2. Auflage 2011 § 1960 RN 13 (m.w.N)

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Deine Ausführungen sprechen m.E. eher für die Variante 3.) als für die 2.) ;)

    Bloß; könnte der Nachlasspfleger die Hinterlegungssumme für die Erben "in Besitz" nehmen ?
    Und wie würde er ansonsten in dem Fall an seine NLP-Vergütung kommen ?

  • @Steinkauz: Ja....aber ich wollte nicht gleich wieder "mit Steinen beworfen" werden...

    Der Nachlasspfleger ist der gesetzliche Vertreter der Erben (aller Erben, wenn es keine Teilnachlasspflegschaft ist).

    Wenn also der Nachlass für die unbekannten Erben hinterlegt ist, kann er als Vertreter der Berechtigten ganz einfach einen Herausgabeantrag stellen.

    Es besteht aber (z.B. bei einer Teilnachlasspflegschaft) auch die Möglichkeit, dass das Nachlassgericht ein Herausgabeersuchen (unterschrieben und gesiegelt) an die Hinterlegungsstelle schickt und diese zur Herausgabe an den NLP ersucht.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Kann TL nur bestätigen, habe selber schon in zwei Fällen das Geld aus der Hinterlegung entnommen und mit den liquiden Mitteln die Erbenermittlung betrieben und natürlich auch meine Vergütung generiert.

    -------------------------------------------------------------------------------------------------
    “Das tolle am Internet ist, dass endlich jeder der ganzen Welt seine Meinung mitteilen kann. Das Furchtbare ist, dass es auch jeder tut.” Marc-Uwe Kling, Die Känguru Chroniken
    Wie oft kommt das vor? "Öfter als niemals, seltener als immer." Jack Reacher - Der Bluthund
    "Aufs Beste hoffen, fürs Schlimmste planen" Jack Reacher

  • 1) fände ich nicht in Ordnung, 3) halte ich hier für völlig verfrüht. Die Ehefrau ist doch als eine der Erben bekannt. Man sollte doch erstmal abwarten, ob sie einen Erbschein beantragt, dann erledigt sich die Sache so. Wenn nicht, kann man weitersehen. Die rein theoretische Möglichkeit, dass noch weitere Nachlassgegenstände vorhanden sind, reicht mir nicht für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft. Plädiere daher für 2).

    Einmal editiert, zuletzt von AKoehler (23. Juli 2013 um 17:48) aus folgendem Grund: § 319 ZPO

  • Ich verstehe "3" als mehrstufiges Vorgehen, welches (im Gegensatz zu "2") evtl. in der Pflegschaft münden kann - nicht muss.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    2 Mal editiert, zuletzt von TL (23. Juli 2013 um 17:11)

  • Das ist kein Fall für ne Nachlasspflegschaft.
    Wenn kein Sicherungsbedürfnis positiv bekannt ist, ist keins bekannt =) Nur weil evtl eins da sein könnte...dann könnt ich überall NaPfl anordnen.

    Da ich Na und Hinetrlegungssachen bearbeite... mach ich das immer so, dass ich der Hinterleungsstelle (also mri selber =)) mitteile, wer als Erbe bekannt ist. Da ich finde, dass ich als NaG ncihts zu veranlassen habe.
    Als Hinterlegungsstelle schreibe ich den Erbe dann an und sag ihm dass hier von dem und dem so und so viel Geld hinterlegt wurde und das ausgezahlt wird, wenn ein Erbnachweis vorgelegt wird und übereinstimmende Erklärungen von allen Erben, an wen welcher Betrag ausgezahlt werden soll.

  • Wenn sich die Erbin dann bei mir als NaG meldet udn fragt wie sie an den EBS kommen könnte dann kann man mit ihr überlegen, ob das Geld zur Erbenermittlung genutzt werden kann.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!