Vertretung einer geschäftsunfähigen Mutter (Koma) im Sorgerechtsverfahren

  • Ein Anwalt kam mit folgendem Fall zu mir (als er ohnehin bei mir zu einer Verpflichtung als Pfleger war):

    Allein sorgeberechtigte Kindesmutter hatte Unfall und liegt im Koma (Aussichten auf Wiedererwachen eher gering). Ich habe mittlerweile das Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt und danach das JA also Vormund für das Kind bestellt.

    Nunmehr möchte der Kindesvater gern die elterliche Sorge gemäß § 1678 Abs. 2 BGB haben.

    Es kommt nun die Frage auf, wer die Kindesmutter in diesem Familienverfahren hinsichtlich der Anhörung und ggf. Einlegung von Rechtsmitteln vertritt. Sie wird schließlich (jedenfalls für den Fall, dass sie wieder erwacht und die eSO wieder ausüben kann) davon betroffen.

    Auf etwas anderes als einen Betreuer (ist noch unklar, ob es überhaupt einen solchen schon gibt, da wir hier örtlich nicht zuständig sind) sind wir nicht gekommen, wobei gewisse Zweifel bestehen, ob ein so persönliches Recht ein solcher überhaupt wahrnehmen kann. Manche persönlichen Rechte kann ein Betreuer ja nicht für den Betreuten wahrnehmen (letztwillige Verfügungen), andere wiederum schon (wie etwa die Anerkennung der Vaterschaft für einen Geschäftsunfähigen nach § 1596 BGB mit Genehmigung des Betreuungsgerichts), allerdings kann eine Sorgerechserklärung nach § 1626c BGB wiederum nur höchstpersönlich (ggf. mit Zustimmung) abgegeben werden.

    Was meint Ihr: Kann ein Betreuer in einem solchen Verfahren die Kindesmutter bei der Anhörung und Einlegung von Rechtsmitteln vertreten oder ist die Kindesmutter dann einfach wie ein nicht existierender Beteiligter zu betrachten, weil Erklärungen nur höchstpersönlich abgegeben werden können?

  • Was meint Ihr: Kann ein Betreuer in einem solchen Verfahren die Kindesmutter bei der Anhörung und Einlegung von Rechtsmitteln vertreten oder ist die Kindesmutter dann einfach wie ein nicht existierender Beteiligter zu betrachten, weil Erklärungen nur höchstpersönlich abgegeben werden können?

    Kommt drauf an , mit welchem Aufgabenkreis der Betreuer bestellt wird ( der m.E. ggf. unabhängig vom Sorgerechtsverfahren zu bestellen ist ) .
    Hat er entweder "alle Angelegenheiten" oder ( nur ) "Vertretung gegenüber Gerichten und Behörden" , hätte ich damit kein Problem.:D

  • Ja, letztlich kommt es ja auch darauf an, wie es der entsprechende Familienrichter sieht. Meine Tendenz ging ja auch in die Richtung, dass mit den genannten Wirkungskreisen ein Betreuer schon handlungsfähig und einzubeziehen (Anhörung, Zustellungen) wäre.
    Die Frage ging ja eher in die Richtung, ob die Beteiligung im Verfahren nicht genauso höchstpersönlich anzusehen ist wie etwa die Sorgerechtserklärung nach § 1626c ZPO, sodass in derartigen Fragen ein Betreuer gar nicht handeln kann, gleich welchen Wirkungskreis er hat.
    Grundsätzlich handelt natürlich gemäß § 9 Abs. 2 FamFG immer der gesetzliche Vertreter. Darum würde ich persönlich wohl auch den Betreuer für die Kindesmutter einbeziehen.

  • Die Alternative wäre, das Sorgerechtsverfahren ohne Beteiligung der Mutter durchzuführen. Sollte sie wieder im sorgerechtlichen Sinn handlungsfähig werden, müsste der Sorgerechtsbeschluss wieder auf den Prüfstand.

    Den Betreuer im Verfahren zu hören halte ich für unbedingt geboten, wenn er aber die Mutter vertritt, erschwert er ihr die Möglichkeit einer etwaigen Abänderung nach Beendigung des Ruhens.

  • Die Alternative wäre, das Sorgerechtsverfahren ohne Beteiligung der Mutter durchzuführen. Sollte sie wieder im sorgerechtlichen Sinn handlungsfähig werden, müsste der Sorgerechtsbeschluss wieder auf den Prüfstand.

    Den Betreuer im Verfahren zu hören halte ich für unbedingt geboten, wenn er aber die Mutter vertritt, erschwert er ihr die Möglichkeit einer etwaigen Abänderung nach Beendigung des Ruhens.


    Wodurch konkret soll die Erschwernis eintreten?

  • Ein etwaiges Einverständnis mit der Sorgerechtsübertragung oder ein nicht eingelegtes bzw erfolgloses Rechtsmittel sind nach Beendigung des Ruhens schwerer zu beseitigen als eine Entscheidung, zu der nur der Betreuer gehört wurde.

  • Ein etwaiges Einverständnis mit der Sorgerechtsübertragung oder ein nicht eingelegtes bzw erfolgloses Rechtsmittel sind nach Beendigung des Ruhens schwerer zu beseitigen als eine Entscheidung, zu der nur der Betreuer gehört wurde.

    Das sehe ich im Hinblick auf die Amtsermittlung des Gerichts im Rahmen der §§ 1674 II, 1696 BGB als nicht so dramatisch an wie Du !

  • Ich möchte das Thema aufgreifen, weil ich jetzt ebenfall eine erkrankte Kindesmutter habe (nicht ansprechbar), die jetzt einen Betreuer hat. Ruhen der elterlichen Sorge nach § 1673. Dass die Ausübung der elterlichen Sorge nicht zu den Befugnissen des
    Betreuers gehört, ist mir klar. Aber wäre er zuständig für die Zustellung des Beschlusses über die Anordnung der Vormundschaft und die Auswahl des Vormunds incl. Rechtsmittelausübung ? (ist im Grunde der gleiche Sachverhalt wie eingangs der Diskussion wegen des rechtlichen Gehörs) - oder wird dafür ein Verfahrenspfleger für die Mutter gebraucht? In der Rechtsprechung habe ich dazu nichts gefunden.

  • Verstehe ich jetzt nicht, im Januar hattest du dich der Auffassung #2# von Steinkauz angeschlossen.
    Aber vielleicht habe ich mich nicht konkret ausgedrückt. Es geht ausschließlich um die Zustellung der Beschlüsse an die derzeit nicht geschäftsfähige Mutter - nicht an das Kind. Dem habe ich einen Verfahrensbeistand bestellt. Und gesetzlicher Vertreter ist nach dem Beschluss das JA.

  • Auch bei #9 muss auf #2 verwiesen werden.
    Ohne entsp. Aufgabenkreis keine Vertretungsmacht für die Entgegennnahme von Beschlüssen in der Kindschaftssache

  • Ich hätte es gleich dem Ri. vorgelegt, zumindest in Sachsen spricht viel für die Unwirksamkeit, vgl. OLG DD, 23 WF 1162/11. Wie eindeutig die Geschäftsunfähigkeit ist, ist für die Zuständigkeit unerhebl., vgl. OLG DD mit Hinweis auf OLG Bamberg.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Dann habe ich wahrscheinlich in der Vergangenheit auch schon mal die eine oder andere unwirksame Vormundschaft angeordnet, aber nur in den Fällen tatsächlicher Verhinderung (ohne dabei an die Übertragung an den Vater vorrangig zu denken), da ich bislang schon immer die Meinung vertrat, dass die Feststellung, dass die elterliche Sorge aus rechtlichen Gründen (= Geschäftsunfähigkeit) ruht, wohl dem Richter unterliegen muss. Leider benötigen die Kinder oft ziemlich zeitnah einen Vertreter, sodass der Richter dann doch mit der gebotenen Eile an die Sache herangehen muss.

    Allerdings schreibt ja das OLG DD von "wegen Geschäftsunfähigkeit ruht und die Übertragung auf den Vater ...":
    Dann bleibt für mich doch noch ein wenig offen, was passiert, dass die eSO auf Grund tatsächlicher Umstände (z.B. Untertauchen) ruht und auch der Vater für die eSO in Betracht kommt. So eindeutig ist dann die Formulierung des OLG DD doch nicht. Hier wäre durchaus die (parallele) Tätigkeit des Rechtspflegers geboten, zumindest durch Bestellung eines E-Pflegers gemäß § 1909 Abs. 3 BGB, bis einerseits der Richter über die eSO entscheiden hat und andererseits ein Vormund zur Verfügung steht.

    (Gut, dass es Erfahrungsaustausche gibt, bei denen man mal andere Rechtspfleger aus dem OLG-Bereich trifft, sonst gehen manchmals solche wichtigen Entscheidungen an einem vorbei.)

  • vorliegend habe ich keinen Vater mehr, weil dieser vorverstorben ist. Ich gehe davon aus, dass ein Richtervorhbehalt hier nicht gegeben ist. Für mich geht es lediglich darum, wem ich den Beschluss über die Anordnung der Vormundschaft und Auswahl des Vormunds für die geschäftsunfähige Mutter wirksam zuzustellen habe.

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