Testamentsvollstrecker übergibt Nachlass an Betreuerin

  • Hallo, ich hoffe, dass mein Fall hier im Nachlass besser als in der Betreuung aufgehoben ist und Ihr mir helfen könnt....

    Eltern sind beide verstorben; im gemienschaftlichen Testament haben sie verfügt:
    "Wir setzen uns gegenseitig zum alleinigen Erben ein... Für den Fall des Todes des überlebenden Teils oder für den Fall des gleichzeitigen Versterbens bestimmen wir als unseren alleinigen Schlusserben unsere Tochter... Wir ordnen Testamentsvollstreckung an. Die Testamentsvollstrecker haben die Aufgabe, unseren Willen, wie in diesem Testament verfügt, zu erfüllen und ferner die Nachlassverwaltung für den Erbteil unserer Tochter vorzunehmen."

    Die Tochter als Schlusserbin steht seit ihrem 18. Lebensjahr unter Betreuung.

    Nun hat der Testamentsvollstrecker die vorhandenen Sparbücher und den Bausparvertrag auf die Alleinerbin umgeschrieben und sämtliche Unterlagen der Betreuerin übergeben. Ist damit sein Amt beendet ???

    Laut Testament soll er doch den Erbteil verwalten; hat dies jetzt aber in die Hände der Betreuerin gegeben... und ich bin mir nicht sicher, ob das so möglich ist. :gruebel:

  • Hallo du...also für mich klingt das schwer nach einer Dauertestamentsvollstreckung, welche ohne zeitliche Begrenzung nach 30 Jahren endet. Ob ein TV einfach seine Aufgaben an einen Dritten deligieren kann, müsste ich mal nachlesen, kanns mir aber schwer vorstellen. Ich schau mal, ob ich was finde :lupe:

  • Danke schon mal fürs Suchen :daumenrau.

    Deine erste Meinung deckt sich mit meinem Bauchgefühl, das sich nicht vorstellen kann, dass der TV seine testamentarisch übertragene Aufgabe einfach so weiterreichen kann.

    Vielleicht stüßt noch jemand mit anderen Gedanken zu uns...

  • Kommt mir auch komisch vor, aber der TV - und wie er seine Aufgaben wahrnimmt - wird ja nicht durch das NL-Gericht kontrolliert, sondern nur durch die Erben oder deren ges. Vertreter (=Betreuer, der durch das Betreuungsgericht kontrolliert wird).
    Wenn Betreuer + Betreuungsgericht das billigen, gibt's für das NL-Gericht keinen Handlungsbedarf. Oder bist Du das Betreuungsgericht?

  • Ja, ich bin das Betreuungsgericht und bin mir nicht sicher, ob ich das so billigen kann... Seitens der Betreuerin besteht insoweit auch Unsicherheit.

  • Was soll denn der TV laut Testament konkret für Aufgaben haben?

    Wenn dort z. B. - wie häufig in Behindertentestamenten - geschrieben steht, dass die Betroffenen nur konkrete Zahlungen für bestimmte Ausgaben erhalten soll, hätte ich mit einer Delegierung dieser Aufgabe schon meine Probleme.

    Wenn allerdings im Testament die TV nur angeordnet wurde, weil die Erbin aus Sicht der Erblasser gesundheitlich oder verhaltensbedingt zur sinnvollen Verwaltung des Nachlasses nicht in der Lage ist und zur Zeit der Testamentserrichtung noch nicht unter Betreuung stand (ergo man nicht von einer Verwaltung durch den Betreuer ausgehen konnte), hätte ich keine Bedenken, dass der zwischenzeitlich bestellte Betreuer auch den Nachlass für die Betroffene verwalten kann.

    Problematisch wäre es allerdings, wenn perspektivisch eine Aufhebung der Betreuung in Frage kommen könnte. Dann würde die Betroffene ihr Vermögen selbst verwalten und - entgegen dem Willen der Erblasser - dieses womöglich schnell verschleudern.

  • Es geht hier nicht um die Delegierung der Aufgaben des Testamentsvollstreckers, sondern darum, ob der Testamentsvollstrecker bei angeordneter Dauer-TV die Befugnis hat, alle Nachlassgegenstände nach § 2217 BGB freizugeben, so dass die TV dadurch im Ergebnis materiell erlischt.

  • Ich vermute mal, dass die Dauer-TV mit dem Ziel eingerichtet worden war, das Vermögen (den Nachlass) vor dem Zugriff der Sozialbehörde zu schützen.

    Durch die "Freigabe" der Gelder kann sich nun die Sozialbehörde die für die Betreute (vmtl.) verauslagten Gelder zurückholen und solange keine Zahlung leisten, bis das Geld aufgebraucht ist.

    Genau das aber wollten wohl die Testatoren nicht. Oft ist in einem solchen Testament auch noch eine Auflage enthalten, die den TV z.B. anweist, jählich kleinere Beträge zur Unterstützung des Lebens der Betreuten (z.B. für Reisen etc.) auszugeben. Das alles dürfte nach dem Aufbrauchen des Geldes unmöglich sein.


    Als Nachlassgericht kann man hier nicht viel machen und auch der Betreuer hat wohl nur beschränkte Möglichkeiten. Soll der Betreuer für die Erbin den TV auf Schadensersatz verklagen? Ich weiß nicht, wie er das begründen will.....Ich glaube nicht, dass irgendwer etwas gegen den TV unternehmen kann. Dass der TV wohl selber "blöd" ist, weil er sich damit die TV selbst "beendet", ist ein anderes Thema.

    Das Testament ist in dem Fall m.E. einfach schlecht gemacht, weil man die Tochter nur als Vorerbin hätte einsetzen dürfen und dann eine Nacherbschaft anordnen hätte müssen. So jedenfalls widerspricht zwar das Handeln des TV dem Willen der Testatoren, es ist jedoch keiner da, der sich dagegen wirksam zur Wehr setzen kann....meine ich zumindest.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Es geht hier nicht um die Delegierung der Aufgaben des Testamentsvollstreckers, sondern darum, ob der Testamentsvollstrecker bei angeordneter Dauer-TV die Befugnis hat, alle Nachlassgegenstände nach § 2217 BGB freizugeben, so dass die TV dadurch im Ergebnis materiell erlischt.


    Gut, dann habe ich das Problem offenbar nicht richtig erfasst.

    Und wie wäre jetzt die korrekte Antwort zur vom Threadstarter aufgeworfenen Frage? :gruebel:

  • Es geht hier nicht um die Delegierung der Aufgaben des Testamentsvollstreckers, sondern darum, ob der Testamentsvollstrecker bei angeordneter Dauer-TV die Befugnis hat, alle Nachlassgegenstände nach § 2217 BGB freizugeben, so dass die TV dadurch im Ergebnis materiell erlischt.


    Gut, dann habe ich das Problem offenbar nicht richtig erfasst.

    Und wie wäre jetzt die korrekte Antwort zur vom Threadstarter aufgeworfenen Frage? :gruebel:

    Antwort:
    Weder das Nachlassgericht noch das Betreuungsgericht können noch was retten. Allein der TV hat's versemmelt.

  • Bei angeordneter Dauervollstreckung kann die Freigabe allerdings auch wegen eines Verstoßes gegen ein vom Erblasser mit dinglicher Wirkung - auch im Wege der Auslegung - angeordnetes Freigabeverbot unwirksam sein (AG Starnberg Rpfleger 1985, 57; Keim ZEV 2012, 450), es sei denn, dass alle Erben, Nacherben und ggf. auch Vermächtnisnehmer zugestimmt haben.

  • Tja; die Betreuerin d. Erben wird nun von der TO wissen wollen ( § 1837 BGB ) , ob sie diese Zustimmung nun erteilen darf oder nicht.
    Da die Beschwer der Erbin mit der TV durch die Freigabe wegfällt, wird man um eine Zustimmung schlecht umhinkommen.
    Wenn andererseits jeder so einfach einen Erblasserwillen umgehen darf , dann ist es um dessen Willen ( in Deutschland ) schlecht bestellt.

  • Das ist aber auch bei unentgeltlichen Verfügungen eines Testamentsvollstreckers so, wenn alle zustimmen, die betroffen sein können.

    Der Erblasser kann hier letztlich nur Vorsorge treffen, indem er das Amt des TV auflösend bedingt und die Bedingung darin besteht, dass der TV den getroffenen Anordnungen zuwiderhandelt.

  • So, in dem Wust von Akten ist diese wieder oben auf gelandet.. Vielen Dank für die vielen Antworten.

    Die Tochter war seit Geburt schwerstbehindert und die Eltern waren ab Volljährigkeit die gerichtlich bestellten Betreuer; nach dem Tod des Vaters die Mutter allein und nach deren Tod ist es nun eine Berufsbetreuerin geworden. Es war für die Eltern bei Errichtung des Testaments also klar, dass ihre Tochter zeitlebens unter Betreuung stehen wird.

    Der TV soll den Nachlass für die Tochter verwalten (also nichts konkretes). Nach der von Frog geäußerten Ansicht wäre es dann unschädlich, wenn die Verwaltung nun durch die Betreuerin erfolgen würde. Eine Aufhebung der Betreuung wird nach dem Gesundheitszustand der Betroffenen nicht in Betracht kommen.

    Problematisch ist in meinen Augen allerdings die Tatsache, dass das geerbte Geld so nicht unmittelbar der Tochter zugute kommt, sondern beim Sozialträger landen wird.

    Die Betroffene wurde vorher im Elternhaus versorgt und lebt jetzt im Heim, und die monatlichen Einnahmen decken die Kosten nicht ab. Gut, die Heimkosten kommen ihr auch zugute, da sie dort versorgt wird, aber das würde sie ja auch werden, wenn der TV sich nicht seines Amtes entledigt hätte. Oder hätte der Sozialträger auch eine Zugriffsmöglichkeit auf den Erbteil bei laufender TV ??? :gruebel:

  • Also ist es genau so, wie ich in #9 geschrieben hatte, nur dass eben das Testament schlecht gemacht ist.

    Der Sozialträger kommt nämlich bei laufender TV nicht an die der TV unterliegenden Gelder heran (vgl. BGHZ 111,36 ff; BGHZ 123, 369 ff). Fällt die TV weg, ist damit letztlich auch das Geld weg. Dann war das ganze Testament für die Katz.

    Wie es richtig gegangen wäre, kann man z.B. hier nachlesen: http://www.psychiatrie.de/bapk/rat/recht…ertentestament/
    Ist übrigens gleich der erste Treffer mit den Begriffen "Testamentsvollstreckung+Sozialhilfe"...

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  • Und die Tochter ist nicht mit Nacherbfolge beschwert? Dann käme der Rest ja auch bei TV nach ihrem Tod doch an den Sozialhilfeträger, denn sie ist ja vermögend und hat nur anspruch auf darlehensweise Gewährung.

  • Und die Tochter ist nicht mit Nacherbfolge beschwert?

    Ja, so hätte man es machen können (vgl. mein Beitrag #9) aber laut SV wurde das eben nicht gemacht und nun kann die Betreuerin wohl nichts gegen die Freigabe der Gelder machen. Ich sehe keinerlei Klage- oder Reaktionsmöglichkeit. Sie (bzw. die Erbin) dürfte nämlich insofern kein Rechtschutzinteresse haben...

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  • Vielleicht hat der TV sämtliche Nachlassgegenstände gerade deswegen freigegeben, weil das misslungene Testament keine Gewähr für eine Abwehr des Zugriffs des Sozialhilfeträgers bietet und er keine weitere Vergütung "schinden" wollte, weil es dann letztlich egal ist, ob der Nachlass von einem TV oder von einem Betreuer verwaltet wird.

    Denn die Testamentsvollstreckung als solche hilft ohne die üblichen Verwaltungsanordnungen und ohne angeordnete Nacherbfolge ja auch nicht weiter.

    Der von TL gesetzte Link ist übrigens mit Vorsicht zu genießen. Die dortigen Ausführungen sind noch zu § 2306 BGB a. F. ergangen (siehe auch den vorangestellten Hinweis).

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