Rückgabe eines gemeinschaftlichen Testaments an einen Ehegatten

  • Hallo zusammen,


    ich habe folgenden Fall:

    Eheleute hinterlegen ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament. Im Jahre 2012 wird die Ehefrau unter Betreuung gestellt.
    Betreuer ist der Ehemann. Dieser widerruft das genannte gemeinschaftliche Testament (Widerruf ist in notarieller Form erfolgt und
    dem Zustellungsbevollmächtigten -Ergänzungsbetreuer, welcher nur für die Entgegennahme des Widerrufs bestellt wurde, zugestellt.
    Nunmehr will der Ehemann das o.g. Testament aus der amtlichen Verwahrung zurücknehmen. Als Grundlage ihm dieses heraus-
    zugeben, wird ein Schreiben des für die Betreuungsabteilung zuständigen Richters vorgelegt, dass nachfolgend aufgeführten Inhalt hat: ".....
    sie können mit dem Nachweis des wirksamen Testamentswiderrufs das Testament alleine aus der amtlichen Verwahrung nehmen."

    Ich bin über diesen Inhalt sehr erstaunt und nicht gewillt, das Testament aufgrund dieses Schreibens an den Ehemann alleine herauszugeben.

    Die einzige Frage, die sich für mich stellt ist, ob es für den Ehemann Mithilfe eines Ergänzungsbetreuers möglich wäre, das Testament aus der
    amtlichen Verwahrung zu nehmen?

    Vielen Dank!

  • Nein, keine Herausgabe an nur einen Ehegatten. Wenn der andere Ehegatte nicht mehr geschäftsfähig ist, verbleibt das Testament in der amtl. Verwahrung. Das Betreuungsgericht kann in der Sache natürlich auch keine Entscheidung treffen; auf keinen Fall bist du also in irgendeiner Weise an die falsche Rechtsauffassung des Betreuungsrichters gebunden.

  • Ein gemeinschaftliches Testament kann nur gemeinschaftlich an beide Testierer herausgegeben werden. Da mag der Betreuungsrichter -in Unkenntnis der Rechtslage- schreiben was er will.

    Prütting/Helms, FamFG, 3. Auflage 2014 zu § 346 FamFG (Rd-Nr. 28) -nach juris-:

    "Nach § 2256 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt ein öffentliches Einzel- bzw. gemeinschaftliches Testament bei Rückgabe aus der besonderen amtlichen Verwahrung als widerrufen bzw. iVm. § 2300 Abs. 2 Satz 3 BGB ein Erbvertrag, der ausschließlich Verfügungen von Todes wegen enthält, bei Rückgabe aus der besonderen amtlichen oder einfachen notariellen Verwahrung als aufgehoben. Voraussetzung ist auch hier, dass der Erblasser, beim gemeinschaftlichen Testament jeder der beiden Erblasser, beim Erbvertrag jeder Vertragsschließende die Rückgabe verlangt hat.10) Für eigenhändige Testamente tritt nach § 2256 Abs. 3 Halbs. 2 BGB keine Widerrufswirkung ein. Gleichwohl setzt die Rückgabe eines eigenhändigen Testaments Geschäftsfähigkeit des Erblassers bzw. die eines gemeinschaftlichen Testaments Geschäftsfähigkeit beider Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner voraus.1)".

    Daran ändert sich auch nichts, wenn ein Ehegatte das gemeinschaftliche Testament (rechtswirksam) widerrufen hat. Die Prüfung der Rechtswirksamkeit des Widerrufs erfolgt erst in einem späteren Nachlassverfahren.

    Deshalb muss das gemeinschaftliche Testament in der besonderen amtlichen Verwahrung bleiben.

    Möge der Betreuungsrichter schreiben was er will.

  • ...etwas zur Ergänzung. Ich habe mir die Betreuungsakte beigezogen und was ich schon geahnt habe, ist tatsächlich passiert. Es ist ein Ergänzungsbetreuer (Rechtsanwalt) für den Aufgabenkreis "Wahrnehmung der Rechte der Betroffenen gegenüber dem Betreuer und Nachlassgerichts bei der Entnahme des gemeinschaftlichen Testaments aus der amtlichen Verwahrung" bestellt worden.

    Ich werde also den Antrag auf Rückgabe des gemeinschaftlichen Testaments von Ehemann und Ergänzungsbetreuer zurückweisen.

  • Irren ist eben nicht nur menschlich, sondern manchmal auch richterlich.
    Allerdings hätte auch der Rechtspfleger des Betreuungsgerichts die Augen ein wenig aufmachen können. Denn die Akten sind sicher auch durch seine Hände gegangen.

    Man könnte im Übrigen Zweifel hegen, ob der angeordnete Wirkungskreis für den Testamentswiderruf durch den Hauptbetreuer ausreicht. Denn der Ergänzungsbetreuer ist hier nur Adressat des Widerrufs. Mit der "Wahrnehmung von Rechten gegenüber dem Betreuer" hat dies nichts zu tun.

    Hoffentlich entsteht daraus später keine Haftungsfalle, wenn das Nachlassgericht den Widerruf nach dem Ableben des Betreuers - oder der Betroffenen - mangels ausreichenden Aufgabenkreises des Ergänzungsbetreuers für unwirksam hält.

  • Irren ist eben nicht nur menschlich, sondern manchmal auch richterlich.
    Allerdings hätte auch der Rechtspfleger des Betreuungsgerichts die Augen ein wenig aufmachen können. Denn die Akten sind sicher auch durch seine Hände gegangen.

    Was soll das denn jetzt ?
    Versteh nicht , warum auf dem Rechtspfleger rumgehackt wird, wenn der Betreuungsrichter für die Bestellung des Erg.betreuers zuständig war bzw. die Zuständigkeit mind. an sich gerissen hat.

  • Wenn der Rechtspfleger anlässlich seiner eigenen Aktenbearbeitung bemerkt, dass sich der Richter bei der Formulierung des Aufgabenkreises der Ergänzungsbetreuung vertan hat, dann gehört es nach meiner Ansicht im Interesse der Beteiligten zu einer kollegialen Zusammenarbeit im Interesse der zu gewährleistenden materiellen Richtigkeit des gerichtlichlichen Handelns, den Richter auf das betreffende Problem aufmerksam zu machen. Dies ermöglicht, den Aufgabenkreis in zutreffender Weise festzulegen und gewährleistet gleichzeitig, dass das spätere Handeln des Ergänzungsbetreuers auch vom Wirkungskreis gedeckt ist und das mit der Bestellung des Ergänzungsbetreuers verfolgte materielle Zweck auch erreicht werden kann.

    Für mich ist so etwas selbstverständlich, weil man den rechtlichen Karren nicht sehenden Auges in den Graben fahren lassen sollte.

    Die eigentliche "Gefahr" des vorliegenden Falles besteht aber nicht darin, was dieser oder jener getan oder unterlassen hat, sondern darin, dass wegen des fragwürdig formulierten Aufgabenkreises evtl. der Testamentswiderruf als solcher nicht wirksam ist. Zu diesem Punkt habe ich schon das Erforderliche gesagt.

  • Bei der von mir gestern aufgeführten Ergänzungsbetreuerbestellung handelt es sich um die zweite Bestellung mit dem von mir genannten Wirkungskreis.
    Es ist bereits im Vorfeld eine Ergänzungsbetreuerbestellung(im Jahre 2012) erfolgt, die den Wirkungskreis "Wahrnehmung der Rechte der Betroffenen gegenüber dem Betreuer bzgl. des Widerrufs des alten gemeinschaftlichen Testaments und der Errichtung eines neuen Testaments durch den Betreuer" beinhaltete. Diese Ergänzungsbetreuung ist Mitte des Jahres 2013 beendet, die Bestallungsurkunde zurückgegeben und die Angelegenheit ist abgerechnet worden.
    Hinsichtlich des kollegialen Austausches zwischen Betreuungsrechtspfleger und -richter muss gesagt werden, dass dieses aufgrund mancher Besonderheiten nicht immer so gut funktioniert ... und manchmal gar nicht (mehr).

  • Hinsichtlich des kollegialen Austausches zwischen Betreuungsrechtspfleger und -richter muss gesagt werden, dass dieses aufgrund mancher Besonderheiten nicht immer so gut funktioniert ... und manchmal gar nicht (mehr).


    Manche Kollegen lassen sich halt nicht gerne auf - sagen wir mal fragwürdige - Entscheidungen hinweisen, insbes. nicht von "subalternen Kollegen" ....

  • Wegen #10 halte ich deinen Vorhalt in #6 - bezogen auf den Rechtspfleger- dennoch für nicht angebracht.
    Klassischer Fall von "über das Ziel hinausgeschossen".

  • Sehe ich nicht so - ich kann nicht hellsehen (#10 war noch nicht gepostet).

    Im Übrigen ist die fehlende Kommunikationsfähigkeit zwischen Richter und Rechtspfleger - gleich, worauf sie beruht - natürlich nicht der wünschenswerte Idealzustand. Im Interesse der Beteiligten schon gar nicht.

  • ... Aufgabenkreis "Wahrnehmung der Rechte der Betroffenen gegenüber dem Betreuer und Nachlassgerichts bei der Entnahme des gemeinschaftlichen Testaments aus der amtlichen Verwahrung"

    Habe ich den Sachverhalt richtig verstanden. Gegenüber einem Ergänzungsbetreuer mit diesem Aufgabenkreis wurde das gemeinschaftliche Testament durch ein Widerrufstestament des Ehegatten (zufällig auch der Betreuer) widerrufen.

    Ich bin nun auch mal Nachlassrichter.

    Bei diesem Aufgabenkreis hätte sich zumindest so meine Bedenken, ob man den Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments und damit die Wirksamkeit eines neuen Testaments einfach so durchwinken kann.

    Ich denke der Betreuungsrichter tut in diesem Fall gut daran, dem Hinweis eines "subalternen" :wechlach: Rechtspflegers zu folgen und zumindest den Aufgabenkreis durch "Klarstellungsbeschluss" oder "Schreibfehlerberichtigung" oder "wie auch immer" ins Reine zu bringen.

    Beim Testamentswiderruf handelt es sich nämlich nicht um "die Wahrung von Rechten der Betroffenen gegenüber dem Betreuer und gegenüber dem Nachlassgericht". Es handelt sich um die Entgegennahme eines Widerrufstestaments des anderen Testierers, hier des Ehemannes.

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