§ 4 Abs. 4 BerHG - Abgrenzung Auskünfte/Zeugenaussagen

  • Hallo zusammen,

    aus aktuellem Anlass brauche ich mal wieder eure Meinungen:

    In Fällen, in denen vorgetragen wird, dass das (grundsätzlich als anderweitige Hilfemöglichkeit vorhandene) Jugendamt vergeblich aufgesucht wurde oder dieses den Rat erteilt haben soll, außergerichtlich anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, schreibe ich schonmal das Jugendamt an mit der Bitte um Stellungnahme zum Sachvortrag. Mein Anschreiben selbst ist immer in etwa so formuliert:

    "In pp.
    wird gemäß § 4 Abs. 4 S. 1 BerHG um Erteilung von Auskünften zu folgenden Fragen gebeten:
    - Wurde Frau XYZ dort vorstellig?
    - Welcher Rat wurde ihr erteilt?
    (...)"

    Ich sehe das Ganze also als Auskunftsersuchen an.
    In einer Sache wurde mir vorgeworfen, ich würde unzulässigerweise schriftliche Zeugenaussagen einholen (§ 4 Abs. 4 S. 3 BerHG).
    Zurückweisungsbeschluss wurde gefertigt (das Jugendamt wurde nicht konsultiert), ich warte noch auf die Erinnerung.

    Meine Frage an euch:
    Wie seht ihr das und wie würdet ihr da differenzieren? Das Einholen einer Auskunft als solches ist zulässig, aber wo seht ihr die Grenze zur unzulässigen (schriftlichen) Zeugenvernehmung?

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Moin,

    Kommentare sind online leider nicht verfügbar und einen aktuellen habe ich gerade nicht zur Hand. Die Gesetzesbegründung führt dazu allerdings wie folgt aus (Aus BT Drucks. 17/11472, zu Artikel 2 Nr. 4, Seite 39 :(

    Zitat

    ...Anders als bei der Prozesskostenhilfe soll allerdings nach Satz 4 eine Beweisaufnahme zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen durch Zeugen und Sachverständige ausdrücklich unterbleiben, da ein solcher Aufwand – anders als bei der Prozesskostenhilfe – in keinem vernünftigen Verhältnis zu den regelmäßigen Kosten der Beratungshilfe stünde.

    Die Norm sagt daher das, was man m.E. nach dem Wortlaut bereits herauslesen kann. Es geht um eine förmliche Zeugenvernehmung nach den Regeln der ZPO. Eine solche Auskunft wird darunter nicht fallen, zumal sie einfach, schnell und kostengünstig erlangt werden kann.

    LG ruki

  • Nachdem man Auskünfte ausdrücklich erholen darf, muss das die "amtliche Auskunft" des Jugendamtes ersichtlich umfassen. Die Anfrage richtet sich schon rein formal an das Jugendamt und nicht an den Sachbearbeiter X als Zeugen, mir würde das als Abgrenzungskriterium zunächst reichen.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Danke für eure Antworten! Ich habe tatsächlich kurz meine Arbeitsweise angezweifelt ;)

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Ich richte solche Anfragen auch immer an die Antragsteller selbst bzw. Anwälte.

    Klar kann ich bei sämtlichen Behörden recherchieren(um #1 zu beantworten:für falsch halte ich es nicht), aber auch das lohnt den Aufwand nicht immer.
    Der Antragsteller soll das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 glaubhaft machen, nicht der Rechtspfleger die Beweise suchen.

  • Meines Erachtens ist eher der Ast. anzuschreiben, mit der Aufforderung, eine entsprechende Bescheinigung des JA einzureichen.

    Klappt bei uns (noch) nicht, da sich das JA weigert, entsprechende Bescheinigungen zu erteilen. An dieser "Baustelle" bin ich aber auch dran ;)

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Ich richte solche Anfragen auch immer an die Antragsteller selbst bzw. Anwälte.

    Klar kann ich bei sämtlichen Behörden recherchieren(um #1 zu beantworten:für falsch halte ich es nicht), aber auch das lohnt den Aufwand nicht immer.
    Der Antragsteller soll das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 glaubhaft machen, nicht der Rechtspfleger die Beweise suchen.

    Das ist zwar grundsätzlich richtig, aber gerade in diesem Bereich habe ich zu viele schlechte Erfahrungen gemacht, denn die Leute erzählen da gerne mal einen vom Pferd - wenn auch oft aus Unwissenheit oder Unverständnis. Der Satz "Ich war beim Jugendamt, die haben mir aber zur Einschaltung eines Anwalts geraten" stellt sich bei genauer Nachfrage beim Jugendamt nämlich oft ganz anders dar. Man war dann zwar meist dort, aber eben nicht bei der Stelle für Beistandschaften, sondern bei der Unterhaltsvorschusskasse, beim Sozialen Dienst oder sonstwo. Und oft hieß es dort nicht "gehen Sie bitte zu einem Anwalt", sondern "Sie können natürlich auch zu einem Anwalt gehen" - was aber Null Aussagekraft in Bezug auf Beratungshilfe hat.

    Daher mache ich es im Einzelfall wie Pat und schreibe die zuständige Stelle an, um Klarheit zu haben. Eine "unzulässige Zeugenvernehmung" kann ich darin nicht sehen (auf was für Ideen manche kommen! :daemlich).

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Notalba, unser Jugendamt erteilt die entsprechenden Bescheinigungen, daher verlasse ich mich auf die.

    Im Einzelfall frage ich auch mal beim JA an (selten), frage davor aber erst auf dem "kurzen Dienstweg" nach.

  • Notalba, unser Jugendamt erteilt die entsprechenden Bescheinigungen, daher verlasse ich mich auf die.

    Das macht unsere Stelle für Beistandschaften in der Regel auch. Wenn die Antragsteller auf der Rechtsantragstelle sind, ist das dann ja grundsätzlich kein Problem.

    Bei schriftlichen Anträgen wird aber auch gerne mal pauschal was behauptet - da brauche ich dann ab und an mal eine "Argumentationshilfe". :teufel:

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Mit unserem Jugendamt ist abgesprochen, dass die eine kurze Bestätigung erteilen, dass sie in der Angelegenheit nicht weiterhelfen können. Das reicht mir. Damit ist dann auch sichergestellt, dass die Ratsuchenden wirklich zuerst beim Jugendamt waren. Wer keine Bescheinigung / Bestätigung des Jugendamtes vorlegt, bekommt dann auch keine Beratungshilfe.

  • Na dann wünsche ich viel Erfolg. Schön finde ich, dass das Problem nicht auf dem Rücken der Antragsteller ausgetragen wird. :daumenrau


    Warum?
    :gruebel:
    Es ist doch letztlich (vom Gesetz her) die Aufgabe des Ast. nachzuweisen, dass eine andere Hilfsmöglichkeit nicht besteht.

    Ich habe rukis Aussage dahingehend verstanden, dass ich nicht die Antragsteller von Hinz zu Kunz bzw. von Anwalt zu JA zu Gericht zu Anwalt,... schicke, sondern feststelle, dass es ein Problem mit der Erstellung von Bescheinigungen gibt, das selbst anpacke und eben die Antragsteller nicht sinnlos in der Weltgeschichte herumschicke (eben da ich weiß, dass eine solche Bescheinigung aktuell wohl nicht erteilt wird).

    Der Antragsteller hätte derzeit also bei mir de facto keine Möglichkeit eines Nachweises, dass eine andere Hilfemöglichkeit nicht besteht. Eine Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherung ist möglich, allerdings fällt es den Antragstellern meist schwer, den genauen Wortlaut der Aussage des Jugendamtes wiederzugeben (siehe auch Post von Noatalba weiter oben), so dass es da an der Konkretheit mangelt. Daher würde - auch, wenn der Sachvortrag vollumfänglich zutrifft und das Jugendamt anwaltlichen Rat zur außergerichtlichen Anspruchsverfolgung empfiehlt - selbst eine Glaubhaftmachung in 99,999% der Fälle nicht hinreichend erfolgen können.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Klappt bei uns (noch) nicht, da sich das JA weigert, entsprechende Bescheinigungen zu erteilen. An dieser "Baustelle" bin ich aber auch dran ;)

    Warum soll das Jugendamt Dir die Arbeit abnehmen, §§ 5 S. 1 BerHG, 26 FamFG?

    Der Antragsteller hätte derzeit also bei mir de facto keine Möglichkeit eines Nachweises, dass eine andere Hilfemöglichkeit nicht besteht. Eine Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherung ist möglich, allerdings fällt es den Antragstellern meist schwer, den genauen Wortlaut der Aussage des Jugendamtes wiederzugeben [...]

    Womit ist diese Differenzierung gerechtfertigt: der Antragsteller persönlich soll die Aussage des Jugendamtsmitarbeiters wortwörtlich an Eides Statt versichern, aber wenn das Jugendamt eine Bescheinigung als Vordruck ausstellt, reicht das aus. Klingt leider sehr nach künstlich hoher Zugangshürde für Antragsteller ohne Bescheinigung des Amtes...

  • Ich habe auch immer auf Vorlage von entsprechenden Bescheinigungen des Jugendamtes durch den Antragesteller bestanden. Bei uns war eine Austellung kein Problem. Diese Baustelle sollte Patweazle ggf. bearbeiten, aber eine Austellungspflicht durch das JA dürfte nicht bestehen.

    Wie Noatalba schon sagte: Ich habe die Bescheinigung allein schon deswegen verlangt, um prüfen zu können, ob der Ast. überhaupt bei der richtigen Abteilung des JA vorgesprochen hat.

    Bei uns kamen auch regelmäßig Bescheinigungen, die ausgesagt haben, warum das JA dem Ast. nicht helfen konnte. Wenn die übrigen Voraussetzungen vorlagen habe ich ohne Umschweife Beratungshilfe bewilligt (und ggf. später (nicht auf dem Rücken des Ast.) gesondert, außerhalb der Akte direkt mit dem JA geklärt, warum mich ggf. der von dort genannte Grund nicht überzeugt hat).

    Auch ohne eine Bescheinigung halte ich eine direkte Auskunftseinholung ggü. dem JA für möglich und auch manchmal auch nötig.

    Wie der BREamte schon schrieb sollt man aber nicht den Fehler machen und sagen "alles was der Ast. mir erzählt ist Quatsch, und was das JA erzählt ist alles richtig". Man muss das schon im Einzelfall immer wieder prüfen und abwägen.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Ich habe auch immer auf Vorlage von entsprechenden Bescheinigungen des Jugendamtes durch den Antragesteller bestanden. Bei uns war eine Austellung kein Problem. Diese Baustelle sollte Patweazle ggf. bearbeiten, aber eine Austellungspflicht durch das JA dürfte nicht bestehen.

    Wie Noatalba schon sagte: Ich habe die Bescheinigung allein schon deswegen verlangt, um prüfen zu können, ob der Ast. überhaupt bei der richtigen Abteilung des JA vorgesprochen hat.

    Bei uns kamen auch regelmäßig Bescheinigungen, die ausgesagt haben, warum das JA dem Ast. nicht helfen konnte. Wenn die übrigen Voraussetzungen vorlagen habe ich ohne Umschweife Beratungshilfe bewilligt (und ggf. später (nicht auf dem Rücken des Ast.) gesondert, außerhalb der Akte direkt mit dem JA geklärt, warum mich ggf. der von dort genannte Grund nicht überzeugt hat).

    Auch ohne eine Bescheinigung halte ich eine direkte Auskunftseinholung ggü. dem JA für möglich und auch manchmal auch nötig.

    Wie der BREamte schon schrieb sollt man aber nicht den Fehler machen und sagen "alles was der Ast. mir erzählt ist Quatsch, und was das JA erzählt ist alles richtig". Man muss das schon im Einzelfall immer wieder prüfen und abwägen.


    :daumenrau

  • Klappt bei uns (noch) nicht, da sich das JA weigert, entsprechende Bescheinigungen zu erteilen. An dieser "Baustelle" bin ich aber auch dran ;)

    Warum soll das Jugendamt Dir die Arbeit abnehmen, §§ 5 S. 1 BerHG, 26 FamFG?

    Weil auch ein gutes Miteinander der Behörden im Rahmen der Amtshilfe möglich ist. Und wenn Amtsgericht und JA die Sache für die Antragsteller gemeinsam erleichtern können, sollten sie es auch tun ;)

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

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