Vereinigung von drei Wohnungseigentumsrechten zu einer Teileigentumseinheit

  • Sachverhalt
    In einer 100 Einheiten umfassenden Wohnungs- und Teileigentumsanlage gibt es die drei folgenden Wohnungsgrundbücher:
    - 1/100 Miteigentumsanteil an der Wohnung Nr. 10 der Teilungserklärung (G. Blatt 10001),
    - 1/100 Miteigentumsanteil an der Wohnung Nr. 11 der Teilungserklärung (G. Blatt 10002),
    - 1/100 Miteigentumsanteil an der Wohnung Nr. 12 der Teilungserklärung (G. Blatt 10003).
    Beim Grundbuchamt geht nunmehr der Nachtrag zur Teilungserklärung (in der Form des § 29 GOBO) ein, in welcher die drei genannten Wohnungseigentumseinheiten zu folgender Teileigentumseinheit zusammengefasst werden sollen:

    3/100 Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum an der nicht zu Wohnzwecken bestimmten Raumeinheit, in der geänderten Teilungserklärung mit "AP" bezeichnet.

    Aus der beigefügten geänderten Teilungserklärung nebst Teilungsplan ergibt sich, dass die drei urspünglichen Wohnungen baulich zusammengelegt werden, so dass sie demnächst eine Arztpraxis (AP) bilden. Dazu sollen die bisherigen je 1/100 Miteigentumsanteile zusammengefass/vereinigt und als 3/100 Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum an den nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen, eingetragen werden.

    Ich - der Grundbuchrechtspfleger - beabsichtige, die beiden je 1/100 Anteile von den Blätter 10002 und 10003 in das Bestandsverzeichnis des Blattes 10001 zu übertragen und dort mit vollem Wortlaut als neue Bestandsverzeichnisnummern 2 und 3 vorzutragen. Gleichzeitig erfolgt ein Vermerk über die Schließung und Zusammenlegung in den übrigen Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern. Nach Freigabe dieser Eintragungen ('eine logische Sekunde später') würde ich sodann die laufenden Nummern 1, 2 und 3 in Blatt 10001 röten und unter Vermerk der Vereinigung als neue lfd. Nr. 4 (verbunden mit dem Sondereigentum an der nicht zu Wohnzwecken bestimmten Raumeinheit, in der geänderten Teilungserklärung mit "AP" bezeichnet ...) eintragen.


    Ist das beabsichtigte Vorgehen in Ordnung?
    Ich habe dabei Anregungen aus dem am 07.10.2008 im Rechtspflegerforum gestarteten Thema "WEG - Vereinigung von zwei Wohnungen" übernommen.


    Oder geht es auch einfacher? Kann ich auch sofort den 3/100 Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum an den nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen ..., als neue lfd. Nr. 2 des Bestandsverzeichnisses in Blatt 10001 eintragen? Kann ich mir also die Zwischeneintragung der von den Blättern 10002 u. 10003 hinzukommenden Miteigentumsanteile im nunmehr 'führenden' Blatt 10001 ersparen? Dann würde das Grundbuch 10001 im Bestandsverzeichnis nicht mit Eintragungen überfrachtet, die sofort wieder gerötet werden. Es bedeutet weniger Arbeit, aber ist diese Vorgehensweise auch zulässig?

    Als weitere Alternative käme m.E. auch die Schließung aller drei betroffenen Wohnungsgrundbücher und die Anlegung eines völlig neuen Teileigentumsgrundbuchs (mit einer 'weit entfernten Blattnummer') in Betracht. Ich denke, das ist rechtlich möglich. Ist es aber auch sinnvoll?


    Anmerkung: Alle Teileigentümer und alle dinglich Berechtigten in Abt. II und III haben in der Form des § 29 GBO der Änderung der Teilungserklärung zugestimmt. Probleme mit unterschiedlichen Belastungen gibt es auch nicht. Materiell- und formellrechtlich sehe ich z. Zt. kein Problem, nur über die 'grundbuchtechnische Umsetzung' in Solum-Star bin ich mir noch nicht schlüssig.


    Welcher Vorgehensweise ist der Vorzug zu geben? Ich bitte um Eure geschätzte Meinung!

  • "Die Teilungserklärung ist geändert: je 1/100 MEA übertragen von Blatt; der hier vorgetragene MEA beträgt nunmehr 3/100 und ist verbunden mit der Arztpraxis, im Plan bezeichnet mit AP; gem. Bew. vom..."
    Im Bestand entsprechendes nicht mehr zutreffendes röten. Auf den übrigen Blättern ebenfalls die Schließung vermerken. Fertig.

  • "Die Teilungserklärung ist geändert: je 1/100 MEA übertragen von Blatt; der hier vorgetragene MEA beträgt nunmehr 3/100 und ist verbunden mit der Arztpraxis, im Plan bezeichnet mit AP; gem. Bew. vom..."...

    Das scheint mir nicht ganz richtig zu sein. Es werden nicht jeweils nur 1/100 MEA übertragen, sondern die mit dem zugehörigen SE verbundenen je 1/100 MEA. Da das SE an den Wohnungen auch nicht aufgehoben wurde, kann es auch keine isolierten MEA geben, die übertragen werden können. Oben ist ausgeführt, dass alle dinglich Berechtigten zugestimmt haben. Sollte es daher Belastungen geben, die mit zu übertragen sind, wenn sie nicht nach § 46 II GBO als durch Nichtmitübertragung gelöscht gelten sollen, dürfte es sich empfehlen, die übertragenen Objekte im BV vorzutragen. Ein neues Blatt ist dazu nicht anzulegen, weil dies ansonsten in der ganzen Serie vermerkt werden müsste („der hier eingetragene Miteigentumsanteil nunmehr auch beschränkt ist durch..“). Ich würde den 1/100 Miteigentumsanteil verbunden mit dem SE an der Wohnung Nr. 11 und den 1/100 Miteigentumsanteil verbunden mit dem SE an der Wohnung Nr. 12 aus den Blättern 10002 und 10003 nach Blatt 10001 übertragen, dort mit der BV Nr. 1 zu einem 3/100 Miteigentumsanteil vereinigen und vermerken, dass dieser MEA nach Änderung der Zweckbestimmung nunmehr mit dem Sondereigentum an der nicht zu Wohnzwecken bestimmten Raumeinheit, in der geänderten Teilungserklärung mit "AP" bezeichnet, verbunden ist. Erspart man sich den Vortrag der aus den Blättern 10002 und 10003 übertragenen Einheiten im BV, müsste in der Veränderungsspalte der Abt. II oder III Blatt 10001 zum Ausdruck kommen, dass die Belastung/en auch auf den aus den Blättern 10002 und 10003 übertragenen Objekten ruhen und sich nunmehr auf das im BV unter Nr. 2 vorgetragene Objekt beziehen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich hänge mich hier mal an:
    WE besteht aus 3 Einheiten, Einheit 2 und 3 sollen vereinigt werden. Die Einheiten 2 und 3 sind in Abt. II unbelastet, in Abt. III ist nur Einheit 2 mit einer Grundschuld ("Altrecht") belastet. Im Zuge der Vereinigung wird die Grundschuld auf die Einheit 3 pfanderstreckt, wobei hinsichtlich des pfandunterstellten Objektes bez. der Fälligkeit § 1193 BGB gelten soll. Als Ergebnis hätte ich eine Grundschuld lastend an einem Wohnungseigentum, bei welcher die Fälligkeit unterschiedlich vereinbart sein soll. Irgendwie widerstrebt mir das - Verwirrung zu besorgen?

  • I..Als Ergebnis hätte ich eine Grundschuld lastend an einem Wohnungseigentum, bei welcher die Fälligkeit unterschiedlich vereinbart sein soll. Irgendwie widerstrebt mir das - Verwirrung zu besorgen?

    Meines Erachtens nach ja.

    Bei einem vereinigten Wohnungseigentum stellt sich die Situation anders dar, als bei zwei Grundstücken, die miteinander vereinigt werden und deren „Genese“ etwa noch nach vollzogen werden könnte (was nach der Neufassung des § 5 GBO mE aber ohnehin nicht mehr in Betracht kommt; s. dazu hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post750131)

    Zur Bestandteilszuschreibung führt das OLG Nürnberg 10. Zivilsenat, im Beschluss vom 09.07.2012, 10 W 2296/11, in Rz. 10 aus:

    „Die Zuschreibung führt dazu, dass ein einheitlicher vereinigter Miteigentumsanteil entsteht, der mit dem Sondereigentum an den vereinigten Wohnungen verbunden ist (vgl. Bamberger/Roth/Hügel, BeckOK WEG, Stand 1.5.2012, § 8, Rn. 15). Wenn die beiden Wohnungen, auf die sich der Miteigentumsanteil bezieht, unterschiedlich belastet sind, ist mit erheblichen Schwierigkeiten bei der Zwangsvollstreckung zu rechnen, die die Besorgnis der Verwirrung begründen“

    Anders als bei einem Gesamtgrundpfandrecht, das mit unterschiedlichen Fälligkeiten an verschiedenen Grundstücken bestehen kann (s. BGH, Beschluss vom 10.6.2010, V ZB 22/10), kann ein vereinigtes Wohnungseigentum kein Recht aufweisen, das mit unterschiedlichen Fälligkeitsregelungen ausgestattet ist.

    Waldner verweist dazu in seiner Anmerkung zum Beschluss des BGH vom 10.06.2010, V ZB 22/10, in der MittBayNot 1/2011, 56 ff
    http://www.notare.bayern.de/fileadmin/file…1_1.pdf#page=60
    auf die Entscheidung des KG in in KGJ 40, 299, 30 und führt aus:

    „Und wenn das KG in KGJ 40, 299, 300 feststellt, eine Forderung könne nicht nach dem Inhalt des einen Grundbuchblatts ab 1911 kündbar (und auch bei Verzug mit der Zinszahlung nur nach vorheriger Kündigung) und nach dem Inhalt des anderen Grundbuchblatts ab 1914 kündbar (bei Verzug mit der Zinszahlung aber sofort fällig) sein, ist darauf schwer etwas zu entgegnen.“

    So verhält es sich vorliegend. Das Kapital einer Sicherungsgrundschuld kann nicht einerseits sofort fällig und andererseits erst nach vorgängiger Kündigung fällig sein.

    Da die Fälligkeitsbestimmungen den Inhalt des Rechts betreffen (s. Rohe im Beck'schen Online-Kommentar BGB, Stand: 01.05.2016, § 1193 RN 5 mwN), müssen sie also zuvor angeglichen werden, und zwar dahingehend, dass sich die Fälligkeit insgesamt nach § 1193 BGB n. F. richtet; s. dazu auch hier:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post968661

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    3 Mal editiert, zuletzt von Prinz (28. Juli 2016 um 10:45) aus folgendem Grund: Schreibersehen (Anführungszeichen) korrigiert.

  • Zu der Thematik habe ich schon wieder einen Fall. Von einer WE-Einheit werden isolierte Miteigentumsanteile (ohne SE)abgespalten und an andere WE-Eigentümer übertragen (aufgelassen). Alle Grundpfandrechte sollen auf den jeweils erworbenen Miteigentumsanteil erstreckt werden, in der Urkunde sind entsprechende Erklärungen mit der üblichen Formulierung (bei "Altrechten" gilt 1193 BGB n.F. hinsichtlich des nachverpfändeten Teils) enthalten. Ich bin jetzt auf das Gutachten in DNotI-Report 7/2015, S. 49-51 gestoßen; dort wird die Ansicht vertreten, dass es sich bei der Änderung der Miteigentumsanteile um eine Inhaltsänderung des WE handelt, welche eine gesetzliche Pfanderstreckung zur Folge hat. Dann ergäbe sich das Problem mit unterschiedlichen Fälligkeiten nicht. Wie wird das bei anderen Grundbuchämtern gehandhabt bzw. gibt es Meinungen dazu? Wenn man der Ansicht des DNotI folgt: wird in der Veränderungsspalte bei den betroffenen Rechte nichts eingetragen (wie bei einer Bestandteilszuschreibung) oder ein Klarstellungsvermerk?

  • Gibt`s keine Meinungen dazu? Das DNotI-Gutachten ist auch deshalb interessant, weil es danach nur Hop oder Top gibt: entweder gesetzliche Pfanderstreckung oder rechtsgeschäftliche, dann aber zwingend mit Inhaltsänderung (keine unterschiedlichen Fälligkeiten bei einer GS)

  • Das Gutachten des DNotI bezieht sich auf den Beschluss des OLG Karlsruhe, 11. Zivilsenat, vom 18.09.2012, 11 Wx 4/12. Das OLG Karlsruhe führt dort aus. „Ist aber damit davon auszugehen, dass sich die Grundpfandrechte des aufnehmenden Wohnungseigentums kraft Gesetzes auf den hinzugetretenen Teil erstrecken, ist der Anwendungsbereich des § 1193 Absatz 2 Satz 2 BGB nicht eröffnet, weil keine abweichende (vertragliche) „Bestimmung“ im Sinne dieser Vorschrift getroffen worden ist. In diesem Falle kann - abweichend von der Auffassung des Grundbuchamts - von den Beteiligten auch nicht verlangt werden, die Fälligkeitsbestimmungen der vorhandenen Grundschuld dem seit dem 19. August 2008 geltenden Recht anzupassen“..

    Wie hier ausgeführt,
    http://rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post981428
    ist es notwendige Folge der Vergrößerung des Miteigentumsanteils eines Wohnungseigentümers, dass sich die auf dem Wohnungseigentumsrecht lastenden dinglichen Rechte auf den hinzukommenden Miteigentumsanteil erstrecken. Und wenn diese Erstreckung nach neuerer Ansicht kraft Gesetzes eintritt, dann ist der Anwendungsbereich des § 1193 Absatz 2 Satz 2 BGB nicht eröffnet, weil keine abweichende (vertragliche) „Bestimmung“ im Sinne dieser Vorschrift getroffen worden ist (s. OLG Karlsruhe, aaO).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Nochmals vielen Dank.
    Der Meinung, wonach Pfanderstreckung kraft Gesetzes eintritt, kann man sich wohl anschließen. Demnach wäre auch kein Vermerk in der Veränderungsspalte erforderlich. Nachdem es aber unterschiedliche Rechtsmeinungen gibt, könnte es bei einer späteren Versteigerung Probleme geben. Deswegen war mein Gedanke, ob ein Klarstellungsvermerk (sinngemäß: Recht lastet infolge gesetzlicher Pfanderstreckung an der ganzen BVNr. 1, zur Klarstellung vermerkt ...) einzutragen wäre. Erklärungen über die Lastenerstreckung liegen in meinem Fall vor. Trage ich aber "vorsichtshalber" die Lastenerstreckung ein, ergibt sich das Problem mit der unterschiedlichen Fälligkeit, weil ich damit ja zum Ausdruck bringe, dass ich nicht von einer gesetzlichen Erstreckung ausgehe. Ich bin für jeden Rat dankbar.

  • Der Meinung, wonach Pfanderstreckung kraft Gesetzes eintritt, kann man sich wohl anschließen. Demnach wäre auch kein Vermerk in der Veränderungsspalte erforderlich.

    Dieser Meinung schließe ich mich auch an.
    Einen Vermerk würde ich höchstens auf der Eintragungsverfügung anbringen um zu dokumentieren, warum aufgrund der Erklärung über die Lastenerstreckung keine Eintragung vorgenommen wurde. Das kann dann mit der Eintragungsbekanntmachung auch den Vertragsparteien mitgeteilt werden.

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