Ausschlagung durch Betreute oder Betreuerin

  • Es besteht Betreuung für Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, Wohnungsangelegenheiten, Öffnen der Post. Kein Einwilligungsvorbehalt, Berufsbetreuerin.

    Ich kenne die Betreute persönlich nicht, nach Aktenlage würde ich aber von deren Geschäftsfähigkeit ausgehen.

    Die Mutter der Betreuten ist am 30.01.2015 in einem weiter entfernten nachlassgerichtlichen Bezirk verstorben. Erben sind geworden deren drei Töchter, eine davon ist die Betreute. Eine Schwester der Betreuten hat die Erbschaft bereits ausgeschlagen.

    Die Betreute hat der Betreuerin am 23.03.2015 schriftlich mitgeteilt, dass sie die Erbschaft ausschlägt. Die Betreuerin teilte dies am 25.03.2015 an mich als Betreuungsgericht mit und beantragt die betreuungsgerichtliche Genehmigung für die Ausschlagung.

    Grundsätzlich vertrete ich persönlich die Meinung, dass die Ausschlagung einer Erbschaft von dem Bereich Vermögenssorge erfasst ist und die Betreuerin für die Betreute ausschlagen kann. Mit dem Eingang des Antrags auf betreuungsgerichtliche Genehmigung beim Betreuungsgericht wäre die Frist des § 1944 Abs. 1 BGB gehemmt und es könnte noch ausgeschlagen werden.

    Augenscheinlich ist die 6-Wochen Frist vorliegend aber abgelaufen und kann somit auch nicht mehr gehemmt werden, es sei denn, die Betreute weist nach, dass sie erst lange nach dem Todestag Kenntnis vom Anfall und Grund der Erbschaft erlangt hatte, was sich bei einer Tochter schwierig gestalten dürfte.

    Weiter stellt sich die Frage, ob die Betreuerin hier überhaupt ausschlagen kann, da die Betreute geschäftsfähig ist. Auch hier wäre die Frist vermutlich abgelaufen.

    Was habe ich als Betreuungsgericht zu veranlassen?

    Einmal editiert, zuletzt von greg (1. April 2015 um 11:38)

  • Sowohl die -geschäftsfähige- Betroffene -ohne gerichtliche Genehmigung- wie auch die Betreuerin -mit gerichtlicher Genehmigung- können die Erbschaft ausschlagen.

    Sowohl die -geschäftsfähige- Betroffene -ohne gerichtliche Genehmigung- wie auch die Betreuerin -mit gerichtlicher Genehmigung- können die Fristversäumnis anfechten.

    Letztendlich müssen sich Betroffene und Betreuerin entscheiden, wer von beiden oder ob beide die Erbschaft ausschlagen wollen.

    Mich als Betreuungsgericht würde die evtl. Fristversäumnis insofern nicht stören, als sie für mein Genehmigungsverfahren zur Anfechtung der Fristversäumnis nicht ausschlaggebend ist. Das Genehmigungsverfahren ist formell durchzuführen und abzuschließen.

    Über die Rechtzeitigkeit der Ausschlagung bzw. die Wirksamkeit der Anfechtung der Fristversäumnis entscheidet allein das Nachlassgericht.

    Unabhängig vom Betreuungsverfahren würde ich der Betreuerin (und auch der Betroffenen) anraten, die Ausschlagungserklärung bzw. Anfechtungserklärung unverzüglich beim Nachlassgericht vorzulegen und nicht auf die betreuungsgerichtliche Genehmigung zu warten. Die betreuungsgerichtliche Genehmigung kann innerhalb der Restfrist nachgereicht werden.

  • s.o.

    Nachtrag: Professor war schneller...

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Die Betreuerin hat denAntrag wie beschrieben (vermutlich in Unkenntnis) gestellt. Sie benatragt dieGenehmigung, obwohl sie die Ausschlagung nocht nicht erklärt hat. DieGenehmigung kann aber natürlich auch vor der Ausschlagungserklärung erteilt werden.Es ergibt sich eben nur evtl. ein Fristenproblem.

    Wenn ich Euch richtig verstanden habe, würdet Ihr Euch gar nicht darum kümmern, wer nun letztlich ausschlagen kann oder wird und schlicht einGenehmigungsverfahren einleiten.

    Die Genehmigung kann nur erteilt werden,wenn für die Ausschlagung ein
    objektiver Grund besteht (Überschuldung des Nachlasses).

    1) Wie kann ich diese Daten ermitteln oder müssen diese von derBetreuerin beigebracht werden?

    Da vorliegend bislang keine Fristhemmung besteht, sind die Betreuerin und dieBetreute auf die (bereits abgelaufene) Frist und die Möglichkeit derAnfechtung der Fristversäumung hinzuweisen.

    2) Ist das wirklich Aufgabe desBetreuungsgerichts?


  • 1) Wie kann ich diese Daten ermitteln oder müssen diese von derBetreuerin beigebracht werden?

    Bis zu einem gewissen Grad hat die Betreuerin eine Mitwirkungspflicht § 27 FamFG.
    Ansonsten gilt eben der § 26 FamFG z.B. in Form der Beiziehung der Nachlassakte.
    Das aber nur als Beispiel amtswegiger Dedektivarbeit.

  • Ermitteln kannst Du durch diverse Nachfragen bei Beteiligten wie Unbeteiligten. Mein erster "Griff" geht immer in Richtung NL-Akte. Zudem erlangt das NL-Gericht so in der Regel Kenntnis von meinem Verfahren. Natürlich hat die Betreuerin hier auch eine Mitwirkungspflicht (der Steinkauz weist gern und oft auf § 27 FamFG hin - kaum habe ich es geschrieben, kommt er wieder damit um die Ecke:D).

    Verstehe ich jetzt also richtig, daß entgegen meiner obigen Annahme auch die Betreute noch keine Ausschlagung erklärt hatte? Dann fände ich einen Hinweis an die Betreuerin, die eine unbeleckte Ehrenamtlerin zu sein scheint, auf die Fristversäumnis und die Anfechtungsmöglichkeit sinnvoll. Denn nichts anderes wäre die vespätete Ausschlagung ja wohl im Ergebnis und sollte sicherheitshalber bestimmt auch so benannt werden.

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  • Verstehe ich jetzt also richtig, daß entgegen meiner obigen Annahme auch die Betreute noch keine Ausschlagung erklärt hatte? Dann fände ich einen Hinweis an die Betreuerin, die eine unbeleckte Ehrenamtlerin zu sein scheint, auf die Fristversäumnis und die Anfechtungsmöglichkeit sinnvoll. Denn nichts anderes wäre die vespätete Ausschlagung ja wohl im Ergebnis und sollte sicherheitshalber bestimmt auch so benannt werden.

    Ist von § 1837 I S. 1 BGB gerade noch so abgedeckt.:D:daumenrau

  • Aber auch nur ganz knapp.;)

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

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  • Die betreuungsgerichtliche Genehmigung müsste demnach für die Ausschlagung und für die Anfechtung der Fristversäumung erteilt werden.

    1) Muss die Betreuerin ihren Antrag entsprechend abändern oder könnte man im Rahmen der Auslegung die Genehmigung für die Anfechtung der Fristversäumung mit erteilen?

    Ich würde die Betreuerin anschreiben und auf die Abgabe der Ausschlagungserklärung beim Nachlassgericht sowie eine eventuelle Anfechtung wegen Fristversäumung hinweisen.

    Man könnte sie auch auffordern, Nachweise für eine evtl. Überschuldung des Nachlasses vorzulegen und evtl. die Nachlassakte anfordern. Durch das Schreiben der Betreuten, dass sie die Erbschaft ausschlagen möchte, habe ich aber Kenntnis vom Willen der Betreuten. Der Willen und das Wohl der Betreuten stehen bekanntlich immer im Vordergrund. Bei einer Auschlagung ohne Betreuerbeteiligung muss der Ausschlagende auch nicht nachweisn, dass der Nachlass überschuldet ist. Er kann z.B. auch aus persönlichen Gründen ausschlagen. Wenn ich an meine sonstigen Ausschlagungen denke, kann ich mir nicht vorstellen, dass durch die Hinzuziehung der Nachlassakte Erkenntnisse für die Überschuldung des Nachlasses gewonnen werden können. Auch die Erben wissen meist nichts Konkretes.

    2) Sind der Nachweis einer Überschuldung und evtl.. Amtsermittlungen überhaupt erforderlich bzw. gar nicht angebracht?

    3) Sollte man die Betreute ebenfalls per Schreiben auf die Erfordernis der Abgabe einer Ausschlagungserklärung beim Nachlassgericht und die evtl. Anfechtung der Fristversäumung hinweisen. Irgendwie läuft das dann ja doppelt.


  • 2) Sind der Nachweis einer Überschuldung und evtl.. Amtsermittlungen überhaupt erforderlich bzw. gar nicht angebracht?

    Woher sollte sich sonst die Genehmigungsfähigkeit einer Erbausschlagung des Betreuers ( wohlgemerkt ! ) herleiten lassen ?
    Wenn der Betreute wirksam selbst ausschlägt , muss das vom Betreuer ( und vom Gericht ) hingenommen werden .
    Diesen Fall haben wir hier aber nicht !

    Nachtrag :
    Bzgl. des zu beachtenden Wohls des Betreuten verweise ich auf § 1901 III Satz 1 BGB und dort den letzten Halbsatz.

  • Verstehe ich den Sachverhalt richtig, wonach bis dato noch niemand - also weder die Betroffene noch die Betreuerin - die Ausschlagung erklärt hat?

    Das Genehmigungsersuchen "ins Blaue hinein" führt nach meiner Ansicht noch nicht zur Fristhemmung, weil die Betreuerin - mangels Ausschlagung - noch gar nicht alles Erforderliche getan hat, um die Ausschlagung wirksam zu machen. Es liegt somit kein Fall vor, bei welchem es alleine an der Genehmigung "hängt".


  • zu 1): Es wird nur die konkrete vorliegende Erklärung der Betreuerin genehmigt. Zu Hinweisen auf ein mögliches Fristversäumnis sehe ich das Betreuungsgericht nicht veranlasst. Im Betreuungsverfahren liegen keine Unterlagen vor, anhand derer der Fristbeginn beurteilt werden könnte (z. B. wann Benachrichtigung des Erben durch das Nachlassgericht).

    zu 2): Da dies in 99 % der Fälle den ausschlaggebenden Punkt für die Genehmigungsfähigkeit der Erbausschlagung darstellt, geht es natürlich nicht ohne entsprechende Ermittlungen.

    Und ja, die Einsicht in die Nachlassakte ist häufig hilfreich, wenn sich in dieser z. B. ein Nachlassverzeichnis, Ausschlagungen anderer Erben oder Gläubigeranfragen befinden.

    zu 3): nein

  • Verstehe ich den Sachverhalt richtig, wonach bis dato noch niemand - also weder die Betroffene noch die Betreuerin - die Ausschlagung erklärt hat?

    Das Genehmigungsersuchen "ins Blaue hinein" führt nach meiner Ansicht noch nicht zur Fristhemmung, weil die Betreuerin - mangels Ausschlagung - noch gar nicht alles Erforderliche getan hat, um die Ausschlagung wirksam zu machen. Es liegt somit kein Fall vor, bei welchem es alleine an der Genehmigung "hängt".


    Das sehe ich auch so. Die Frist für die Ausschlagung läuft fröhlich weiter (ab).


  • zu 1): Es wird nur die konkrete vorliegende Erklärung der Betreuerin genehmigt. Zu Hinweisen auf ein mögliches Fristversäumnis sehe ich das Betreuungsgericht nicht veranlasst. Im Betreuungsverfahren liegen keine Unterlagen vor, anhand derer der Fristbeginn beurteilt werden könnte (z. B. wann Benachrichtigung des Erben durch das Nachlassgericht).

    zu 2): Da dies in 99 % der Fälle den ausschlaggebenden Punkt für die Genehmigungsfähigkeit der Erbausschlagung darstellt, geht es natürlich nicht ohne entsprechende Ermittlungen.

    Und ja, die Einsicht in die Nachlassakte ist häufig hilfreich, wenn sich in dieser z. B. ein Nachlassverzeichnis, Ausschlagungen anderer Erben oder Gläubigeranfragen befinden.

    zu 3): nein


    :daumenrau

  • Verstehe ich den Sachverhalt richtig, wonach bis dato noch niemand - also weder die Betroffene noch die Betreuerin - die Ausschlagung erklärt hat?

    Das Genehmigungsersuchen "ins Blaue hinein" führt nach meiner Ansicht noch nicht zur Fristhemmung, weil die Betreuerin - mangels Ausschlagung - noch gar nicht alles Erforderliche getan hat, um die Ausschlagung wirksam zu machen. Es liegt somit kein Fall vor, bei welchem es alleine an der Genehmigung "hängt".


    Das sehe ich auch so. Die Frist für die Ausschlagung läuft fröhlich weiter (ab).

    Mein Reden (bzw. Schreiben) von Anfang an! Aber die Frist ist ja wohl nach dem SV ohnehin futsch, egal seit wann.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Verstehe ich den Sachverhalt richtig, wonach bis dato noch niemand - also weder die Betroffene noch die Betreuerin - die Ausschlagung erklärt hat?
    Ja.

    Das Genehmigungsersuchen "ins Blaue hinein" führt nach meiner Ansicht noch nicht zur Fristhemmung, weil die Betreuerin - mangels Ausschlagung - noch gar nicht alles Erforderliche getan hat, um die Ausschlagung wirksam zu machen. Es liegt somit kein Fall vor, bei welchem es alleine an der Genehmigung "hängt".

    Vorliegend stellt sich ergänzend die Frage, ab welcher Kenntnisnahme die Frist von § 1944 Abs. 1 BGB zu laufen beginnt.

    Wie geschrieben, ist die Betreute nach meiner Einschätzung geschäftsfähig. Bei der Ausschlagung durch die Betreute ist der Fristbeginn somit eindeutig; wobei man wegen dem nahen Verwandtschaftsverhältnis für den Fristbeginn wohl von der Kenntnisnahme des Todesfalls ausgehen muss.

    Wie verhält es sich jedoch bei der vorliegend beabsichtigten Ausschlagung durch die Betreuerin? Fristbeginn mit der Kenntnisnahme durch die Betreute oder durch die Betreuerin?

  • Als reiner Mitleser wäre ich den Beteiligten dankbar, wenn eindeutige Formulierungen/Bezeichnungen verwendet würden.
    Anstatt beabsichtigte Ausschlagung oder ähnlichen Hafer, eher die formlose Mittelung an das Betreuungsgericht, nicht Erbe sein zu wollen.

    Es ist weder Form noch Adressat einer Ausschlagung gewahrt (aber schön, dass hier heiß über die Frist diskutiert wird).

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Ich vermutete ja bereits - und dies wurde auch bestätigt -, dass bis dato überhaupt keine Erbauschlagung - gleich von wem - erklärt wurde. Gleichwohl war die Nachfrage bezüglich der Ausschlagungsfrist zu beantworten.

  • Verstehe ich den Sachverhalt richtig, wonach bis dato noch niemand - also weder die Betroffene noch die Betreuerin - die Ausschlagung erklärt hat?
    Ja.

    Das Genehmigungsersuchen "ins Blaue hinein" führt nach meiner Ansicht noch nicht zur Fristhemmung, weil die Betreuerin - mangels Ausschlagung - noch gar nicht alles Erforderliche getan hat, um die Ausschlagung wirksam zu machen. Es liegt somit kein Fall vor, bei welchem es alleine an der Genehmigung "hängt".

    Vorliegend stellt sich ergänzend die Frage, ab welcher Kenntnisnahme die Frist von § 1944 Abs. 1 BGB zu laufen beginnt.

    Wie geschrieben, ist die Betreute nach meiner Einschätzung geschäftsfähig. Bei der Ausschlagung durch die Betreute ist der Fristbeginn somit eindeutig; wobei man wegen dem nahen Verwandtschaftsverhältnis für den Fristbeginn wohl von der Kenntnisnahme des Todesfalls ausgehen muss.


    Nicht zwingend. Manche Kinder haben Jahrzehnte keinen Kontakt zu ihren Eltern.

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