Dienstwohnung Fall des § 850e Nr. 3 ZPO?

  • Wieder mal eine Pfändungsfrage. Die Schuldnerin arbeitet in einem Hotel und bekommt vom Arbeitgeber eine kleine Dienstwohnung im Hotel gestellt. Die Lohnabrechnung der Schuldnerin liest sich jetzt wie folgt:

    Bruttogehalt: 1.200,00 €
    Freie Wohnung: 352,80 €
    Abrechnungsbrutto: 1.552,80 €
    steuerl. Abzüge 117,88 €
    sv-rechtl. Abzüge 314,06 €
    Nettoverdienst 1.120,86 €
    Nettoabzug freie Wohnung 352,80 €
    Miete 305,82 €
    Auszahlungsbetrag 1.073,88 €.

    Der Arbeitgeber stellt auf den Auszahlungsbetrag ab und führt keine pfändbaren Beträge ab. Aus meiner Sicht aber stellt aber die kostenlose Wohnung eine Naturralleistung gem. § 850e Nr. 3 ZPO dar. Insofern ist hier doch ein entsprechender Antrag zu stellen, oder?

  • kein Antrag an das Insolvenzgericht.
    Drittschuldner hat dies selbst zu beachten, wenn er dies nicht tut, Klage IV gg. DS auf höhere Abführung pfändbarer Beträge.

    M.E. hier auch zutreffend, da tatsächlich Fall von 850 e Nr. 3

  • kein Antrag an das Insolvenzgericht.
    Drittschuldner hat dies selbst zu beachten, wenn er dies nicht tut, Klage IV gg. DS auf höhere Abführung pfändbarer Beträge.

    M.E. hier auch zutreffend, da tatsächlich Fall von 850 e Nr. 3

    Genau, das muss der Arbeitgeber von sich aus beachten!

    Aber was mich stört ist der zusätzliche Abzug von Miete ich Höhe von 305,82 €. Heißt das, dass der Mietwert der Wohnung bei 658,62 € liegt?

    Wann wurde denn der Antrag auf Eröffnung des IV gestellt? Altes oder neues Recht?

  • Vielen Dank schonmal für die Antworten. Der Antrag wurde im Januar 2015 gestellt, also neues Recht. Und was die 305,82 € angeht kenne ich den Hintergrund derzeit auch noch nicht. Der Steuerberater des Arbeitgebers will hier was reinschicken; offensichtlich geht er aber davon aus, dass kein Fall des § 850e Nr. 3 ZPO vorliegt.

  • Vielen Dank schonmal für die Antworten. Der Antrag wurde im Januar 2015 gestellt, also neues Recht. Und was die 305,82 € angeht kenne ich den 'Hintergrund derzeit auch noch nicht. Der Steuerberater des Arbeitgebers will hier was reinschicken; offensichtlich geht er aber davon aus, dass kein Fall des § 850e Nr. 3 ZPO vorliegt.

    Entweder macht der Steuerberater etwas falsch oder der ortsübliche Mietwert der Wohnung beträgt tatsächlich fast 660,00 €, was ich mir bei einem Bruttogehalt von 1.200,00 € überhaupt nicht glauben kann.

    Hier sollte sich der Steuerberater mal dazu äußern, es sieht nämlich sehr dubios aus.

  • Es wird noch besser:

    Falls hier ein Sachbezug vorliegt, kann der Arbeitgeber diesen nicht vom netto soweit absetzen, dass der Schuldner mit dem Auszahlungsbetrag unter die Pfändungsfreigrenze rutscht. Das verstößt gegen § 107 GewO, vergl. 9 AZR 733/07.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich verstehe die Abrechnung ehrlich gesagt so auch nicht. Aber unterstellt der Mietwert liegt bei den knapp 660,00 € (Objekt liegt am Rand des Bay. Walds) läge doch trotzdem ein Fall des § 850e Nr. 3 ZPO vor.

    Edit: Bezog sich auf den Beitrag von Coverna.

  • Ich verstehe die Abrechnung ehrlich gesagt so auch nicht. Aber unterstellt der Mietwert liegt bei den knapp 660,00 € (Objekt liegt am Rand des Bay. Walds) läge doch trotzdem ein Fall des § 850e Nr. 3 ZPO vor.

    Wir spekulieren hier ja nur.

    Scheinbar lebt die Schuldnerin allein und das (fast) in der Walachei (alle die am Rand des Bay. Walds wohnen mögen mir das verzeihen).

    Aber ich würde eher annehmen, dass der Mietwert bei 352,80 € liegt, aber nur 305,82 € gezahlt werden sollen (warum auch immer).

    Dann wäre aber nur die Differenz als Sachbezug zu versteuern und zu dem pfändungsrechtlichen Einkommen hinzuzurechnen.

    Du kommst wohl nicht umhin da mal nachzuhaken und um Aufklärung zu bitten.

    Aber vielleicht ist das alles auch nur ein Rechenkonstrukt um genau auf den unpfändbaren Grundbetrag zu kommen.

  • Ich vermute der Unterscheid zwischen 352,80 und 305,82 sind Tippfehler. Die zahlen sind sich zu ähnlich.

    Da die Gestellung der Wohnung ein geldwerter Vorteil ist, muss es auf das Steuerbrutto drauf. Da es aber tatsächlich nichts gezahlt wird, muss der gleiche Betrag unten wieder abgezogen werden.

    Außer natürlich irgendein Schlaumeier hat sich ausgerechnet, dass 305,82 das Netto von 352,80 und zieht nur das ab, was aber steuerrechtlich falsch ist, denn die Wohnung wäre dann gar nicht versteuert worden.

  • Zudem ist dem Steuerrechtler in mir gerade aufgefallen, dass der Wert eigentlich nicht sein kann. Bei Überlassung von Wohnraum, welcher im Eigentum des Arbeitgebers steht ist von einem Wert von 3,20 Euro bzw. 3,92 Euro je qm auszugehen, was in diesem Fall auf eine 100qm Wohnung rausläuft. Bei Überlassung einer Unterkunft ist pauschal von 223 Euro auszugehen.

    Bin gespannt, was der Steuerberater da ausspuckt...

  • Ich vermute der Unterscheid zwischen 352,80 und 305,82 sind Tippfehler. Die zahlen sind sich zu ähnlich.

    Da die Gestellung der Wohnung ein geldwerter Vorteil ist, muss es auf das Steuerbrutto drauf. Da es aber tatsächlich nichts gezahlt wird, muss der gleiche Betrag unten wieder abgezogen werden.

    Außer natürlich irgendein Schlaumeier hat sich ausgerechnet, dass 305,82 das Netto von 352,80 und zieht nur das ab, was aber steuerrechtlich falsch ist, denn die Wohnung wäre dann gar nicht versteuert worden.

    Suspekt ist doch, dass beides auf der Abrechnung steht:

    Nettoabzug freie Wohnung 352,80 €
    Miete 305,82 €

    Schuldner zahlt also Miete und der Sachbezug für die Wohnung wird dem Brutto hinzugerechnet und dem Netto wieder abgezogen. Das könnte doch nur in dem Fall richtig sein, wenn der Mietwert um 352,80 € höher wäre als die vereinbarte Miete von 305,82 €. Miete die gezahlt wird, ist ja schließlich kein geldwerter Vorteil im Sinne des Steuerrechts.

  • Zudem ist dem Steuerrechtler in mir gerade aufgefallen, dass der Wert eigentlich nicht sein kann. Bei Überlassung von Wohnraum, welcher im Eigentum des Arbeitgebers steht ist von einem Wert von 3,20 Euro bzw. 3,92 Euro je qm auszugehen, was in diesem Fall auf eine 100qm Wohnung rausläuft. Bei Überlassung einer Unterkunft ist pauschal von 223 Euro auszugehen.

    Bin gespannt, was der Steuerberater da ausspuckt...

    Ist nicht die Differenz des örtlichen Mietwertes zu der tatsächlichen Miete maßgeblich?

  • Okay, muss zurückrudern. Hab übersehen, dass zwei Mal was in Abzug gebracht wird.

    Der geldwerte Vorteil beträgt 352,80 und es wird dann noch Miete in Höhe von 305,82 gezahlt. Die ortsübliche Miete für die Wohnung wäre dann tatsächlich 658,62 Euro. Die Schuldnerin bekommt dann aber keine Dienstwohnung gestellt, sondern verbilligt überlassen. Hab mich von dem Einleitungssatz täuschen lassen.

    Wobei ich die 658,62 Euro für eine Wohnung (Zimmer ??) in einem Hotel sehr hoch finde. Ich was selbst einmal Dauerwohner in einem Hotel in einer Großstadt. Das kleine Zimmer kostet 350 Euro je Monat inkl. allem, das große Zimmer 475 Euro.

    Was die Eingangsfrage betrifft. Die 352,80 Euro sind auf jeden Fall Naturalleistung und die Mietzahlung bleibt bei der Berechnung des pfändbaren Betrages außen vor.

  • .. aber ist das nicht auf die BAG-Entscheidung zurückzuführen, wonach der Sachbezug nur aus dem pfändbaren Einkommen "abzuziehen" ist und das unpändbare auszuzahlen ist

    und das ist dann nicht Grundlage für die ZV, weil in der ZV der Auszahlungsbetrag zzgl. Sachbezug (brutto) das Pfändungsnetto bilden??

    1.120,86 sind mE Steuer- und Pfändungsnetto. Aber vorrechnen kann ich das nicht....

  • Hab die Werte jetzt nachgerechnet. In der Lohnabrechnung wird die Miete nicht in Abzug gebracht, sondern draufgeschlagen... Wer macht denn sowas?

    Die Abrechnung müsste eigentlich so aussehen:

    Bruttolohn: 1.200 Euro
    Geldwerte Vorteile: 352,80 Euro
    Steuer-/Sozialvers.-Brutto: 1.552,80 Euro.
    abzgl.
    Steuer u. Sozialvers.: 431,94 Euro
    Zwischensumme: 1.120,86 Euro
    Steuer-/Sozialsvers.-Korrektur: 352,80 Euro.

    Netto: 768,06 Euro.

    Da die 352,80 Euro eine Naturalleistung sind, wäre von einem pfändbaren Betrag von 1.120,86 Euro auszugehen.

    Rein von den Steuerbeträge her, müsste das eine Abrechnung aus 2015 gewesen sein. Die Lohnsteuer ist 2016 noch mal gesunken, so dass das Netto aktuell ca. 7 Euro höher ist :)

  • Der Nettobetrag kommt dann aber mit § 107 GewO in Konflikt.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Richtig, laut Abrechnung wird die Miete von 305,82 € draufgeschlagen. Warum auch immer.


  • Der Korrekturbetrag, denn Du markiert hast, muß sein, denn der geldwerte Vorteil ist immateriell. Wenn Du ihn unten nicht wieder abziehst, dann bekommst Du a) die Wohnung gestellt und b) den Wert der Wohnung noch in Geld ausgezahlt.

    Ich geb zu, den § 107 GewO hab ich vorher noch nie gelesen, aber nach meinem ersten Verständnis geht es dort darum, wenn Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgeltes vereinbart werden. In unserem Fall erhält die Schuldnerin die Wohnung zusätzlich zum Arbeitsentgelt. Müsste man den Arbeitsvertrag kennen.

  • mal blöd nachgefragt: das "Vollstreckungsgericht" darf nicht wie früher entscheiden ?
    gruß Def

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!