Entnahme Gelder vom Nachlasskonto durch Betreuer

  • Hallo,
    ich weiß nicht, ob dieses Thema hier genau richtig ist oder eher den Nachlasssachen zuzuordnen ist.
    In einem Betreuungsverfahren ist der Vater des Betreuten und des Betreuers verstorben (Betreuter und Betreuer sind folglich Brüder). Es gibt noch weitere Kinder, die ebenfalls Miterben sind. Es gibt ein Nachlasskonto, die Auszahlung an die Erben ist noch nicht erfolgt.

    Jetzt legt mir der Betreuer Nachweise vor, dass er zu Lebzeiten des Vaters Rechnung für diesen gezahlt hat (quasi Geld geliehen hat) und fragt an, ob es eine Möglichkeit gibt, dass er sich diese Gelder vorab aus dem Nachlassvermögen entnimmt. Die übrigen Miterben seien hiermit einverstanden.
    Ist es überhaupt möglich das Geld mit Einverständnis der Miterben vom Nachlasskonto zu entnehmen oder auf welche Weise müsste der Betreuer diese Ansprüche geltend machen?
    Und wenn es möglich ist, wie verhält es sich mit meinem Betreuten, der sein Einverständnis ja nicht selbst erklären kann? Wegen des Vertretungsausschlusses bräuchte ich dann ja auch noch einen Ergänzungsbetreuer.

    Mein Gefühlt sagt mir, dass der Betreuer sich die ausgelegten Gelder nicht einfach mit Einverständnis entnehmen kann und somit den Vorrang vor evtl. weiteren Nachlassgläubigern genießt. Ob weitere Gläubiger vorhanden sind entzieht sich meiner Kenntnis, aber wäre ja denkbar.

    Über Antworten würde ich mich freuen! :)

  • Klingt nach einem Fall mit Erbrechtsbezug und Betreuungsrecht.

    Zunächst: Welche Aufgabenkreise umfasst die Betreuung für den Bruder?

    Grundsätzlich, wenn es das nachlasskontoverwaltende Institut zulässt, könnte über das Guthaben verfügt werden. Jedoch ist die Frage,
    ob ein Erbschein und/oder Vollmachten nötig/vorhanden sind, dass ein Miterbe allein die Aufteilung vornehmen kann.

    Aus Sicht des Betreuungsrechts: Betreuer auffordern, Nachlass zu beziffern und welche davon Summe auf den Betreuten entfällt.
    Wie die Erbengemeinschaft das Geld loseist oder sich ausgleicht, ist (noch) kein Problem des Betreuungsgerichts.
    Ebenso die Frage nach der vorrangigen Befriedigung.

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  • Ich habs noch nie erlebt, dass in einer Nachlasssache wirklich "nur" Konten zu teilen gewesen wären, daher ist eigentlich ein Ergänzungsbetreuer (fast) immer erforderlich.

    Nachgefragt: Was sind denn das "Nachweise", doch sicher keine Schuldanerkenntnisse/Darlehensvereinbarung o.Ä.? Also bleibt es m.E. dabei, dass ein Ergänzungsbetreuer einzusetzen ist und zwar umfassend für die Nachlasssache und nicht nur zur Prüfung, ob der Betreuerbruder einen Anspruch auf den von ihm gewünschten zusätzlichen Betrag aus dem Nachlass.

  • Ich habs noch nie erlebt, dass in einer Nachlasssache wirklich "nur" Konten zu teilen gewesen wären, daher ist eigentlich ein Ergänzungsbetreuer (fast) immer erforderlich.


    So unterschiedlich ist das, schau an.

    Bei uns sind in 90 % der Fälle lediglich Konten anhand der Erbquoten zu verteilen. Es wird daher fast nie ein Ergänzungsbetreuer bestellt (also letztlich nur, wenn doch mal ein Grundstück aus dem Nachlass verkauft werden soll).


    Im nachgefragten Sachverhalt sollte der Betreuer die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers anregen, damit dieser eventuelle Ansprüche von ihm prüft. Einfach selbst vom Erbteil des Betreuten entnehmen, funktioniert jedenfalls nicht. Genauso wenig die Entnahme vom Nachlasskonto und anschließend bei der Auseinandersetzung der Abzug vom Betreutenerbteil.

  • Gibt es für die in den Nachlass fallenden Konten evtl. einen Bevollmächtigten?

    Wenn der Verstorbene eine über den Tod hinaus gültige Vollmacht an jemanden erteilt hat, dann könnte der doch auch jetzt noch über die Konten verfügen.
    Die Ansprüche des Betreuerbruders zu prüfen, wäre dann dessen Aufgabe.

    Und der Bevollmächtigte könnte wirksam gegenüber den Erben handeln.


    Diese Konstellation hatte ich in meiner Zeit im Betreuungsgericht recht häufig.

  • Wenn ein Miterbe einen Anspruch gegen den Nachlass hat und diese Verbindlichkeit erfüllt wird, wo ist dann da der Vertretungsausschluss?

  • Der liegt wohl genau im "wenn", denn der Betreuer kann schlecht seine angeblichen Ansprüche im Namen des Betroffenen anerkennen.

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    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

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