Vertretungsausschluss wenn Betreuer Miterbe ist

  • Folgender Fall: Betreuerin ist Schwester des Betroffenen. Mutter ist verstorben. Testament liegt nicht vor. Neben Betreuerin und Betroffenen gibt es noch eine unbekannte Halbschwester. Meines Erachtens liegt hier ganz eindeutig ein Vertretungsausschluss nach § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB vor. Der Richter verneint dies und meint, bei der Erbauseinandersetzung handele es sich um die Erfüllung einer Verbindlichkeit. Auf meine Nachfrage, wer denn die Zusammensetzung des Nachlasses prüft, meint er, das wäre meine Aufgabe. Was mache ich nun?

  • Wie soll eigentlich aktuell eine Erbauseinandersetzung erfolgen, wenn es noch eine unbekannte Halbschwester gibt? :gruebel:

    Falls diese tatsächlich möglich sein sollte, besteht der Nachlass hoffentlich nur aus Konten. Diese kann man sich von der Betreuerin auflisten lassen, die Aufstellung anhand der Nachweise prüfen und den Anteil des Betroffenen nachrechnen.

    (Wenn es um ein Grundstück geht, das veräußert werden soll, könnte das GBA die Ansicht des Richters ggf. nicht teilen. ;))

  • Dass die Betreuerin den Erbfall mitgeteilt hat, ist schonmal gut. Ich würde nachfragen, wie sich die Erbschaft zusammensetzt. Die Fragen sollten in die Richtung gehen; gibt es Grundbesitz (dann Auseinandersetzung nur über Notar), muss ein Erbschein beantragt werden. Wenn es ein Erbscheinsverfahren gibt, dann nachher Abgleich mit dem dort eingereichten Nachlassverzeichnis.

    Die Betreuerin müsste ja auch erstmal die Halbschwester ermitteln. Das kann eine Weile dauern und vorher sollte mit dem Erbe nichts passieren. Wenn der Betreute Sozialleistungen bezieht, werden die Leistungsträger Rückforderungen geltend machen. Die Schwester muss dann sowieso die Karten offenlegen. Da würde auch kein Gegenbetreuer helfen. Ebenso kannst du den Regress hinsichtlich aus der Staatskasse gezahlter Vergütungen im Hinterkopf behalten, wenn bei dem Erbe was rumkommt.

  • Folgender Fall: Betreuerin ist Schwester des Betroffenen. Mutter ist verstorben. Testament liegt nicht vor. Neben Betreuerin und Betroffenen gibt es noch eine unbekannte Halbschwester. Meines Erachtens liegt hier ganz eindeutig ein Vertretungsausschluss nach § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB vor. Der Richter verneint dies und meint, bei der Erbauseinandersetzung handele es sich um die Erfüllung einer Verbindlichkeit. Auf meine Nachfrage, wer denn die Zusammensetzung des Nachlasses prüft, meint er, das wäre meine Aufgabe. Was mache ich nun?

    Die Betreuerin auf das Genehmigungserfordernis nach §§ 1908i, 1822 BGB zu einer Erbauseinandersetzung hinweisen. Und wenn sie die Genehmigung beantragt, dieselbe wegen Unwirksamkeit des Erbauseinandersetzungsvertrags (Verstoß gegen § 181 BGB) zurückweisen.

    Es müsste ein Rechtsbehelf der Betreuerin kommen. Und dann ist wieder der Richter gefordert.

    Lehnt er dann die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers erneut ab: hart bleiben und die Akte unter Nichtabhilfe dem Landgericht vorlegen. Du wirst obsiegen.

  • Teilen denn wirklich alle die Ansicht, dass es sich vorliegend um die Erfüllung einer Verbindlichkeit handelt? Der Nachlass besteht aus einem Girokonto. Darüber hinaus hatte die Mutter noch eine Lebensversicherung. Begünstigte ist hierbei die Betreuerin. Hiervon sollten wohl sämtliche Bestattungskosten gezahlt werden. Bei Durchsicht der Kontoauszüge konnte ich aber feststellen, dass einige Bestattungskosten doch vom Girokonto gezahlt worden sind. Darüber hinaus macht die Betreuerin jetzt Kosten für die Beräumung der Wohnung geltend. Für die sie natürlich keine Belege hat. Irgendwie kommt es mir komisch vor, dass ich als Betreuungsrechtspfleger jetzt die Höhe des Nachlasses ermitteln soll.

  • Vorsicht.
    Ich würde trennen, zwischen der erbrechtlichen Auseinandersetzung und den Fragen der Vermögensverwaltung.
    Und ja, wenn die Trennung in Natur erfolgt, ist es eine Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Erbrecht.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Teilen denn wirklich alle die Ansicht, dass es sich vorliegend um die Erfüllung einer Verbindlichkeit handelt? Der Nachlass besteht aus einem Girokonto. Darüber hinaus hatte die Mutter noch eine Lebensversicherung. Begünstigte ist hierbei die Betreuerin. Hiervon sollten wohl sämtliche Bestattungskosten gezahlt werden. Bei Durchsicht der Kontoauszüge konnte ich aber feststellen, dass einige Bestattungskosten doch vom Girokonto gezahlt worden sind. Darüber hinaus macht die Betreuerin jetzt Kosten für die Beräumung der Wohnung geltend. Für die sie natürlich keine Belege hat. Irgendwie kommt es mir komisch vor, dass ich als Betreuungsrechtspfleger jetzt die Höhe des Nachlasses ermitteln soll.


    Die Lebenversicherung fällt nicht in den Nachlass, sondern steht der Begünstigten direkt zu.

    Gibt es denn eine schriftliche Festlegung (zwischen der Verstorbenen und der Versicherung), dass mit dem Guthaben der LV die Bestattungskosten gezahlt werden sollen? Ansonsten hat die Begünstigte die Auszahlung zur freien Verfügung erhalten.

    (Es kann allerdings auch sein, dass die Höhe der bestehenden LV zu niedrig gewählt wurde und nicht alle Bestattungskosten abdeckt.)

    Unabhängig davon, für die Kosten der Bestattung haftet der Nachlass. Somit könnten diese bei der Erbauseinandersetzung ggf. sogar in voller Höhe vom Aktivnachlass abgezogen werden.
    Und der Rest wird nach Quoten verteilt.

    Die Prüfung anhand einer Auflistung vom Betreuer, ob der Betreute dem ihm zustehenden Teil der Kontoguthaben erhalten hat, kommt in Betreuungsakten häufiger vor.

  • Die Betreuerin kann in ihrer Eigenschaft als Miterben nicht Ansprüche gegen den Nachlass geltend machen und diese gleichzeitig in ihrer Eigenschaft als Betreuerin der anderen Miterbin als berechtigt akzeptieren. Auf die Frage, ob für die nach Wegfertigung der Verbindlichkeiten erfolgende bloße quotale Verteilung des Nettogeldnachlasses dann (weiterhin) ein Vertretungsausschluss besteht, kommt es somit nicht mehr an.

    Kleines Einmaleins des Vertretungsausschlusses.

  • Die Betreuerin kann in ihrer Eigenschaft als Miterben nicht Ansprüche gegen den Nachlass geltend machen und diese gleichzeitig in ihrer Eigenschaft als Betreuerin der anderen Miterbin als berechtigt akzeptieren. Auf die Frage, ob für die nach Wegfertigung der Verbindlichkeiten erfolgende bloße quotale Verteilung des Nettogeldnachlasses dann (weiterhin) ein Vertretungsausschluss besteht, kommt es somit nicht mehr an.

    Kleines Einmaleins des Vertretungsausschlusses.

    Das ist auch meine Auffassung, die aber leider vom Richter nicht geteilt wird. Was würdest du in diesem Fall tun?

  • Aktenvermerk, dass Du die Angelegenheit nicht weiter bearbeiten kannst, weil es an einem Ergänzungsbetreuer fehlt, den der Richter nicht bestellt, dass dessen Auffassung aber nicht das geltende Recht außer Kraft setzen kann ...

    ... und dann Vorlage an den Richter.

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