Spanisches notarielles Testament

  • Hallo,

    ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen. Über die Suchfunktion bin ich nicht wirklich weitergekommen, da viele Themen vor der EU Erbrechtsverordnung erstellt wurden.
    Mein Fall: Meine spanische Erblasserin ist 2018 verstorben und hatte ihren letzten Aufenthaltsort leider in meinem Bezirk. Sie hat 2012 ein Testament vor einem spanischen Notar errichtet. Das Testament, das zwischenzeitlich auch eröffnet wurde, liegt allerdings nur in Form einer Kopie vor. Die Kopie ist übersetzt, allerdings nicht vom Übersetzer unterschrieben worden. Auf dem Testament befindet sich auch nur die Unterschrift des Notars, die Unterschrift meiner Erblasserin fehlt.
    Die Erbin hat nun aufgrund des Testaments einen Erbschein beantragt. Ich bin mir nun unsicher, ob das Testament in der richtigen Form vorliegt. Eigentlich hätte gerne eine begl. Abschrift des Testaments aus der sich auch die Unterschrift der Erblasserin ergibt, sowie eine unterschriebene Übersetzung. Verstehe ich Art. 74 der Verordnung richtig, sodass ich keine Apostille bräuchte? Die Erbfolge müsste sich ja dann wegen Art. 83. Abs. 4 nach spanischem Recht richten.

    Vielen Dank für eure Hilfe!

  • Es ist Frage des spanischen Rechts, ob der Testator überhaupt unterschreiben muss oder die Bestätigung des Notars ausreicht, dass es sich um den ihm erklärten letzten Willen handelt.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Kurze Frage bevor alle richtig einsteigen: in dem spanischen notariellen Testament ist eine Rechtswahl der Erblasserin zu sehen, dass spanisches Erbrecht Anwendung finden soll?


    Die Frage, ob ein Testament wirksam ist, muss geklärt werden, bevor man sich Gedanken darüber macht, ob es eine Rechtswahl enthält ;)

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • 1. Ja, Art. 74 ErbRVO schafft die Apostille im Anwendungsbereich der Verordnung ab.


    2. Das auf die formelle Wirksamkeit des Testaments anwendbare Recht ergibt sich in Deutschland aus Art. 1 Haager Testamentsformübereinkommen (siehe Art. 75 ErbRVO). Danach ist es ausreichend, dass das Testament die spanischen Formerfordernisse erfüllt. Einem spanischen Notar zu unterstellen, dass er sein eigenes Beurkundungs- bzw. Erbrecht falsch anwendet, ist – gelinde ausgedrückt – keine kluge Einstellung, auch wenn eine derartige Besserwisserei im Schrifttum durchaus vorkommt. Ich würde übrigens nicht ausschließen, dass die spanischen Notare die Ausfertigungen ihrer Urkunden genauso, wie die polnischen Notare ausstellen: das Original der Urkunde enthält beide Unterschriften, die Ausfertigung wird nur durch den Notar unterschrieben und enthält einen Vermerk zur Unterschrift des Testators auf der Originalurkunde. Wenn aber das spanische Recht die Beurkundung eines notariellen Testaments ohne Unterschrift des Testators erlaubt, wäre das Testament formwirksam.


    3. Die Rechtswahlfiktion aus Art. 83 Abs. 4 ErbRVO setzt voraus, dass die Erblasserin die spanische Staatsangehörigkeit besaß. Wenn dies der Fall ist, würde ich die Fiktion bei einem notariellen Alt-Testament im Zweifel bejahen.

  • Muss das spanische Testament nicht zur Testamentseröffnung nach Deutschland?
    In Urschrift (wenn der spanische Notar nicht die Urschrift dauerhaft verwahren muss), sonst in Ausfertigung.

    Wieso muss ich als deutsches Nachlassgericht aufgrund eines sich in Spanien befindlichen Testaments überhaupt einen Erbschein erteilen, wenn mir der Antragsteller nicht das Testament in Urschrift oder Ausfertigung vorlegt?

    Muss ich über die EuErbVO überhaupt eine spanische Testamentseröffnung "anerkennen", wenn ich eindeutig das einzig zuständige Nachlassgericht im Gültigkeitsbereich der EuErbVO bin?

    Soll mir die Antragstellerin doch die Verfügung von Todes wegen in der Form abliefern, in der ich sie verlangen muss bzw. kann (Urschrift oder Ausfertigung).

    Ich wende nur die Grundsätze zur Zuständigkeit in Erbscheinsverfahren an.

  • Rinchen habe ich so verstanden, dass das Testament in Deutschland eröffnet worden ist. Wenn die Spanier die Eröffnung vorgenommen hätten, würden sie nichts anders machen als das, was derzeit in Deutschland leider die Regel darstellt. Denn die deutschen Nachlassgerichte eröffnen nach wie vor Testamente auch wenn nach Art. 4 ErbRVO andere Mitgliedstaaten zuständig sind. Trotz der EuGH Entscheidung in der Rs. Oberle behauptet man, die Testamentseröffnung sei vom Zuständigkeitsregime der Verordnung nicht umfasst (meiner Meinung nach systemwidrig und unrichtig, was wir zweifellos eines Tages vom EuGH hören). Nachträglich gilt aber: wenn sich die Organe eines Verordnungsmitgliedsaates an die Zuständigkeitsregelung der Verordnung nicht halten, hat es potenziell Folgen im Bereich der Vertragsverletzungsverfahren bzw. – aus der Perspektive der Parteien – bei der Staatshaftung für die Verletzung des Unionsrechts. Die Anerkennungsfähigkeit der vorgenommenen Akte in anderen Mitgliedstaaten hängt weder nach Art. 39 ErbRVO noch nach Art. 59 ErbRVO von der Beachtung der Zuständigkeitsnormen ab. Dieses Ergebnis wurde übrigens in der Diskussion über die Testamentseröffnung in Deutschland hier im Forum enthusiastisch aufgegriffen.

  • Die Anerkennungsfähigkeit der vorgenommenen Akte in anderen Mitgliedstaaten hängt weder nach Art. 39 ErbRVO noch nach Art. 59 ErbRVO von der Beachtung der Zuständigkeitsnormen ab. Dieses Ergebnis wurde übrigens in der Diskussion über die Testamentseröffnung in Deutschland hier im Forum enthusiastisch aufgegriffen.


    Da ging's aber darum, dass man sich nicht um ausländisches Recht kümmern muss. In einer Situation, in der die Anwendung der gleichen Grundsätze dazu führen würde, dass deutsches Recht nicht anwendbar wäre, kann das nicht gelten. :strecker

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Vielen Dank für die bisherigen Antworten! Das Testament wurde tatsächlich durch unser Nachlassgericht eröffnet. Nachdem was ich bislang gelesen hab, muss auch im spanischen Recht das Testament vom Erblasser unterschrieben sein. Ich gehe auch davon aus, dass sich auf der Urschrift die Unterschrift befindet. Nur sehen würde ich diese doch gerne :). Möglicherweise liegt dies an der Art des Beglaubigungsvermerks, aus dem ich ehrlich gesagt auch in der übersetzten Version nicht ganz schlau werde. Ich denke ich werde das Testament daher zumindest in begl. Abschrift anfordern und auf die fehlende Unterschrift hinweisen.

  • Hallo, ich hänge mich mal hier ran. Ich habe ein spanisches notarielles Testament ( offenes Testament = Testamento abierto) in Kopie ( Es copia simple) vom Sohn des Erblassers vorgelegt bekommen. Der Erblasser ist Deutscher und hier verstorben. Wir sind also zuständiges Nachlassgericht.

    Ich würde vom Sohn jetzt verlangen eine beglaubigte Kopie des Testaments vorzulegen, da wie ich im Internet gelesen habe, das Original wohl beim Notar verbleibt. Wenn die beglaubigte Kopie vorliegt, würdet ihr dann eine Übersetzung selber dazu einholen oder würdet ihr diese gleich vom Sohn mit einfordern?

    Würde mich über Antworten freuen, da ich noch neu im Nachlass bin.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!