Bedingte Nacherbfolge

  • Ich habe zur Eintragung der Grundbuchberichtigung folgendes Testament vorliegen:

    Erben sind die beiden Kinder des Erblassers zu gleichen Teilen. „Die Erbeinsetzung erfolgt in der Weise, dass meine Kinder zu befreiten Vorerben berufen sind. Nacherben sind deren Erben. Meine frühere Ehefrau (namentlich benannt), von der ich geschieden bin, und andere Abkömmlinge, als unsere gemeinschaftlichen Abkömmlinge werden als Nacherben oder Erbeserben ausgeschlossen. Sie sollen unter keinen Umständen, auch nicht indirekt, aus dem Nachlass etwas erlangen. Hinterlässt ein Kind einen Ehegatten und Abkömmlinge, so soll es Vollerbe gewesen sein. Dasselbe gilt, wenn seine Erben nicht zu dem ausgeschlossenen Personenkreis gehören. Die Nacherbenanwartschaft ist nicht vererbbar und nicht übertragbar“.

    Der Eintritt des (auflösend bedingten) Nacherbfalls ist nicht ausdrücklich bestimmt. Tritt für jeden Vorerben der Nacherbfall mit seinem Tod ein? § 2106 BGB beinhaltet lediglich eine Auslegungsregel, die greift, wenn ein anderweitiger Erblasserwille nicht erkennbar ist. Da erst im Zeitpunkt des Todes des Vorerben klar ist, ob dieser von den bestimmten Personen beerbt wurde, ist eine andere Auslegung nicht möglich, oder?

    Wie ist die Bestimmung auszulegen, dass auch Erbeserben keinesfalls von dem Nachlass etwas erhalten sollen? Ein Ausschluss lässt sich durch eine Nacherbfolge die auflösend bedingt dadurch ist, dass der jeweilige Vorerbe Abkömmlinge und einen Ehegatten hinterlässt oder seine Erben nicht zu dem ausgeschlossenen Personenkreis gehören, nicht mit 100%-iger Sicherheit erreichen. Wenn das verstorbene Kind des Erblassers Vollerbe gewesen ist, können die Erben des Kindes frei verfügen und den ausgeschlossenen Personenkreis als Erben einsetzen. Auch bei eintretender Nacherbfolge, könnten die Erben frei verfügen.

    Ist aufgrund der vorstehenden Auslegungsfragen ein Erbschein zu fordern?

  • An einem Erbschein dürfte schon deshalb kein Weg vorbei führen, weil es nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt bereits gegen § 2065 Abs. 2 BGB verstößt, die (gewillkürten) Erben des jeweiligen Vorerben zu Nacherben einzusetzen (OLG Frankfurt FamRZ 2000, 1607 = ZEV 2001, 316 = DNotZ 2001, 143 m. Anm. Kanzleiter). Dementsprechend ist fraglich, wer ggf. nach dem jeweiligen Vorerben nach dem Willen des Erblassers (anstelle der Erben des jeweiligen Vorerben) überhaupt Nacherbe werden soll. Diese Frage stellt sich umso mehr, als die Vererblichkeit und Übertragbarkeit der Nacherbenanwartschaftsrechte zulässigerweise ausgeschlossen wurde.

    Die Intention, dass der ausgeschlossene Personenkreis auch dann nichts aus der Erbschaft erhalten soll, wenn nach dem Eintritt des Nacherbfalls auch der Nacherbe verstirbt, lässt sich nur durch die Anordnung einer entsprechend bedingten weiteren Nacherbfolge (Nachnacherbfolge) im Hinblick auf den Erbteil des jeweiligen Vorerben (und ersten Nacherben) erreichen.

    Es stellen sich somit sowohl Wirksamkeits- als auch Auslegungsfragen. Diese sind - jedenfalls im vorliegenden Fall - nicht vom Grundbuchamt, sondern vom Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren zu beantworten.

    Nach meiner Ansicht ist das vorliegende Testament ein einziger Murks. Der beurkundende Notar scheint nicht in der Lage gewesen zu sein, die üblichen inhaltlichen Komponenten eines Geschiedentestaments auch nur ansatzweise zutreffend und unter Verwendung der zutreffenden rechtlichen Begrifflichkeiten umzusetzen.

  • Vielen Dank, Cromwell !

    Ich hatte den Antrag bereits beanstandet, da sie Sache sehr eilig war. Auf die Entscheidung des OLG Frankfurt bin ich im Rahmen meiner Recherche auch gestoßen.
    Ich bin jedoch aufgrund der sonstigen zu diesem Thema gelesenen Literatur und Rechtsprechung davon ausgegangen, dass das OLG Frankfurt in seiner Entscheidung eher eine Mindermeinung vertritt. Das habe ich wohl falsch verstanden.
    Die ungeklärten Auslegungsfragen reichten mir aber bereits, einen Erbschein zu verlangen.

  • Ich habe in dieser Sache einen Erbschein mit folgendem Inhalt erhalten:

    Befreite Vorerben des Erblassers E sind seine Kinder A und B zu je 1/2 Anteil.

    Der Nacherbfall tritt ein mit Tod der Vorerben.

    Nacherben sind die Erben des jeweiligen Vorerben, jedoch mit Ausnahme
    - der früheren Ehefrau des Erblassers E
    - deren Abkömmlinge, die nicht gemeinsame Abkömmlinge des E und der früheren Ehefrau sind.
    Die Vorerbschaft ist auflösend bedingt. Der jeweilige Vorerbe wird unbeschränkter Erbe, wenn der Vorerbe einen Ehegatten und Abkömmlinge hinterlässt oder die Erben des Vorerben nicht zu dem Kreis der von der Nacherbschaft ausgeschlossenen Personen gehören.
    Das Nacherbenanwartschaftsrecht ist nicht vererblich und nicht übertragbar.

    Wer ist denn hier Nacherbe? Tritt der Nacherbfall ein, ist doch eine ausgeschlossene Person Erbe eines Kindes geworden ist.
    Mir liegt der Antrag auf Grundbuchberichtigung vor. Obliegt es mir, dies jetzt zu prüfen oder ist die Person des Nacherben bei der Erteilung des Nacherbenerbscheins zu prüfen, sofern nicht Vollerbschaft eingetreten ist.
    Die Sache ist wieder sehr eilig.


  • Der Erbschein folgt OLG Hamm, Beschluss vom 21.02.2019 - 15 W 24/19

    Dort wurde ausgeführt:
    "Entgegen der Rechtsansicht des Nachlassgerichts verstößt die Klausel, mit der die Erblasserin "die Rechtsnachfolger" ihrer Schwester C zu ihren Ersatzerben berufen hat, nicht gegen § 2065 Abs. 2 BGB. Der Erblasser trifft mit dem vorstehenden Passus nämlich selbst die erforderliche Bestimmung des Erben / Ersatzerben, auch wenn dessen konkrete Bestimmung davon abhängig ist, ob und in welcher Form der zunächst berufene Erbe selbst testiert (Staudinger/Otte, BGB, Neubearbeitung 2013, § 2065 Rn.47 m. w. N.; Münchener Kommentar zum BGB/Leipold, 7. Auflage, § 2065 Rn.23; Ivo DNotZ 2002, 260 ff.). Der vom Oberlandesgericht Frankfurt ohne nähere Begründung vertretenen und vereinzelt gebliebenen Gegenauffassung, eine solche Bestimmung verstoße gegen § 2065 Abs. 2 BGB (DNotZ 2001, 143), kann nicht gefolgt werden."

    -> Eigentümer A und B in Erbengemeinschaft. Abteilung II: "Auflösend bedingte Nacherbfolge ist angeordnet. Nacherben sind [wie im Erbschein]. Die Bedingung tritt ein, wenn [wie im Erbschein]. Von den Beschränkungen... sind die Vorerben befreit."
    Und dann für alles was man macht Pfleger für die unbekannten Nacherben bestellen.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ich schließe mich hier einmal mit meinem Fall an, den ich bislang noch nicht so hatte:

    Ich habe ein not. Testament mit folgender Anordnung vorliegen:

    "Alleinige Erben sind die Kinder A, B und C zu gleichen Teilen. Soweit die Kinder A und B oder ihre Abkömmlinge Erben werden, sind sie nur befreite Vorerben. Nacherben auf ihren Tod sind ihre gewillkürten Erben, ersatzweise die gesetzlichen Erben. Als Nacherben sind die geschiedene Ehefraz, ihre Abkömmlinge aus anderen Verbindungen und ihre Verwandten aufsteigender Linie ausgenommen. Die Nacherbenanwartschaftsrechte sind jeweils zwischen Erbfall und Nacherbfall nicht vererblich und nicht übertragbar."


    Kann ich als Grundbuchamt die Grundbuchberichtigung mithilfe des Testaments so umsetzen oder benötige ich - aufgrund der in #2 genannten Gründe - einen Erbschein? Der Fall müsste identisch sein, oder?

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