Freibetrag 2.600,-- + laufendes Einkommen ?

  • hallo,

    ich habe den Betreuer aufgefordert, den über den Freibetrag von 2.600,-- EUR liegenden Betrag an die Staatskasse für gezahlte Betreuervergütung zu erstatten. Die Betreute verfügt über 2.710,-- EUR.
    Der Betreuer verweigert die Zahlung mit der Begürundung, dass zum Vermögen im Sinne des § 90 SGB XII das gesamte verwertbare Vermögen gehört und laufendendes Einkommen , welches die Deckung des Lebensunterhaltes sicherstellt, nicht zum verwertbaren Vermögen zu rechnen sei. In den vorhandenen 2.710,-- EUR sei aber laufendes Einkommen enthalten, welches zur Betreitung der Lebensunterhaltes eingesetzt werden muss, so dass die Freigrenze nicht überschritten sein dürfte.
    Wie würdet ihr euch verhalten ?

  • Kommt drauf an. Wenn gerade das Einkommen draufgebucht ist aber noch keine Miete und Sonstiges abgegangen ist, berücksichtige ich schon die laufenden Kosten. Da ziehe ich in deinem Fall nichts ein. Der Schonbetrag ist ja das "verbleibende Vermögen", also das, was übrig bleibt und nicht für den laufenden Lebensunterhalt benötigt wird.

  • Seh ich auch so, Schonvermögen 2.600,00 € unter Berücksichtigung des notwendigen Lebensbedarfs; der Vortrag des Betreuers kann doch sicher anhand der Akte nachvollzogen werden;

  • Handhaben wir auch so. Viele Betreute sind am Monatsende wegen dem Renteneingang vermögend. Das Geld ist aber dann gleich wieder weg, wenn die Heimkosten abgehen. Vermögend ist nur wer nach Abzug der laufenden Kosten noch über 2.600,-EUR hat.

  • Ich stimme ebenfalls meinen Vorpostern zu. Die Rente ist mit Überweisung auf das Girokonto nicht als Vermögen, sondern lediglich als Einkommen anzusehen, welches zur Bestreitung des aktuellen Bedarfs dient.

    Im Laufe des Monats könnte man dann jedoch, wenn man es ganz genau nimmt, wieder anteilmäßig von Vermögen ausgehen, wenn die Rente unverbraucht auf dem Girokonto bleibt. Deshalb lasse ich mir den Vermögensstand immer zum Ende/Anfang eines Monats nachweisen und zieh die eventuelle gerade eingegangene Rente komplett ab.

  • Ich würde, sofern nachgewiesen ist, dass es sich um Einkommen handelt, von dem noch der Lebensunterhalt zu bestreiten ist, auch keine Rückforderung in die Wege leiten.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Ich würde die Rückforderung davon abhängig machen, ob sich die Arbeit "lohnt", denn bevor das Rückforderungsverfahren so durchgeführt ist, wie es das FGG vorsieht (aber man kann`s ja auch vereinfacht machen...:cool:) hat sich die Sachlage eh geändert, sprich das überschüssige Vermögen ist bereits ausgegeben.

    Dennoch ein paar Anmerkungen:

    Zu Unterscheiden ist stets strikt zwischen einzusetzendem Einkommen und Vermögen. Wenn Einkommen auf dem Konto eingeht, ist es kein lfd. Einkommen mehr, sondern Vermögen.

    Grds. ist dann aber auch jeder Cent über 2.600,00 € einzusetzen. Wollte man dies anders sehen, wird es schwierig mit der Abgrenzung. Beispiel:
    Jemand hat 2.600,00 € gespart. Daneben hat er laufendes Einkomen in Form einer Rente in Höhe von 1.400,00 € und Mieteinkünfte in Höhe von 500,00 €. Letztgenannte Einkünfte sind die Konto auch bereits gutgeschrieben worden.
    Dies kann dann aber m. E. nicht dazu führen, dass man sagt, "na, die 1.900,00 € sind ja "nur" lfd. Einkommen und nicht zur berücksichtigen." Denn dann würde man demjenigen nicht nur 2.600,00 € als Schonbetrag zubilligen, sondern 4.500,00 €. Auch besteht zwischen den Rückforderungsansprüchen nach § 1836e BGB und den übrigen lfd. Ausgaben kein Rangverhältnis, d. h. dass die Ansprüche der Landeskasse anderen Gläubigern weder vor noch nachgehen. Welche Verbindlichkeiten zuerst befriedigt werden, hat der Betreuer zu entscheiden. Möglich ist es daher m. E. bei einem Vermögen von mehr als 2.600,00 € eine Rückforderung durchzuführen, jedoch liegt es naturgemäß in der Sache, dass die Betreuer wohl eher die Rechnung des Heims, als die der Landeskasse befriedigt, so dass im Zweifel für die Landeskasse nichts übrig bleibt. Dass meinte ich oben mit "lohnen".

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    6 Mal editiert, zuletzt von Ernst P. (26. Juni 2009 um 17:09)


  • Wird hier nicht Zuflusstheorie des Sozialhilferechts angewandt:gruebel:. Danach sind alle Zahlungen, die der Betroffene innerhalb eines Kalendermonats erhält, für diesen als Einkommen i.S. d. § 82 SGB XII und, sobald die Beträge nicht verbraucht sind, ab dem Ersten des folgenden Kalendermonats als Vermögen nach § 90 SGB XII anzusehen.




  • So halte ich es auch für richtig.

  • Ich bin unsicher. Wie ist der folgende Fall zu beurteilen?

    Zum Dreißigsten des Vormonats erhält der Betreute eine Zahlung für den laufenden Monat. Am 15. des Folgemonats werden die Heimkosten für den Monat abgebucht.
    Also z.B. am 30.12. erfolgt die Rentenzahlung i.H.v. 1400 EUR für Januar. Am 15. Februar werden die Heimkosten i.h.V. 1000 EUR für Januar abgebucht.

    Am Ende des Monats, im Beispielsfall also am 29. Januar, vor Eingang der Februarrente, nach Abbuchung der Heimkosten für Dezember, hat der Betreute einen Betrag von z.B. 3500 EUR auf dem Konto, also einen Betrag über dem Schonvermögen von 2600 EUR, aber so wenig, dass nach Begleichen der Heimkosten kein Vermögen über dem Schonbetrag verbleibt.

    Der Betreuer will Vergütung aus der Staatskasse. Er meint, dass die für den Monat angefallenen Heimkosten bereits vom Vermögen abgezogen werden müssen, auch wenn diese Kosten erst im Folgemonat fällig werden. Beim Tode des Betreuten würden sonst die Heimkosten von den 2600 EUR Schonvermögen zu zahlen sein; dann bliebe nicht einmal genug Geld für eine Beisetzung.

    Meiner Meinung nach kann dieser Argumentation nicht gefolgt werden. Ich bin der Ansicht, dass Schulden nicht zu berücksichtigen sind. Ist also nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Rentenzahlung noch Guthaben verblieben, ist dies mit zum Vermögen des Betreuten zu zählen*. Hat er dann ausreichend Vermögen über dem Schonbetrag, ist er als vermögend anzusehen, und eine Vergütung aus der Staatskasse erfolgt nicht.

    Oder meint Ihr erfahrenen Forianer, dass die für Januar anfallenden, im Februar fällig werdenden Heimkosten tatsächlich abgezogen werden müssen? Wenn ja: warum?


    *nach der Zuflusstheorie (die Proust schon erwähnt hat) ist die Rentenzahlung für den Januar im Januar noch als Einkommen, im Februar dann als Vermögen anzusehen.

  • Nach § 118 I SGB VI werden Renten zum Ende des Monates fällig, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt werden.
    Die am 30.12.2011 gezahlte Rente betrifft also den Monat Dezember 2011.

    Wegen dieses Kniffes muss ein Rentenempfänger den ersten Monat seiner Rentenberechtigung aus seinem Ersparten finanzieren. In der Praxis wird er die am 30.12.2011 eingegangene Rente zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes im Januar 2012 verwenden.
    Deshalb halte ich es für grob unbillig, die am 30.12.2011 eingegangene Rente ab dem 01.01.2012 nicht mehr als Einkommen (§ 82 SGB XII), sondern als Vermögen zu betrachten.

    Ich handhabe es so, dass Vermögen das ist, was am Ende des Vormonates abzüglich der nachträglich gezahlten Rente vorhanden ist. Ich fingiere also, dass die am 30.12.2011 gezahlte Rente des Monats Dezember 2011 im gesamten Monat Januar 2012 Einkommen ist und erst am 01.02.2012 in den Vermögensbereich wechselt.
    Fällige Verbindlichkeiten ziehe ich hierbei genauso wenig ab wie erst später fällig werdende Verbindlichkeiten, auch wenn diese vertraglich festgelegt sind.

    U. s. w.

    Zur nach dem Tod des Berechtigten gezahlte Rente verweise ich auf § 118 ABs. 3 - 5 SGB VI.

  • Ich fingiere also, dass die am 30.12.2011 gezahlte Rente des Monats Dezember 2011 im gesamten Monat Januar 2012 Einkommen ist und erst am 01.02.2012 in den Vermögensbereich wechselt.
    Fällige Verbindlichkeiten ziehe ich hierbei genauso wenig ab wie erst später fällig werdende Verbindlichkeiten, auch wenn diese vertraglich festgelegt sind.

    Damit kommst Du also in meinem Beispielsfall zum gleichen Ergebnis. Freut mich, dann hab ich also bessere Chancen, nichts übersehen oder verkannt zu haben.


    Zur nach dem Tod des Berechtigten gezahlte Rente verweise ich auf § 118 ABs. 3 - 5 SGB VI.

    Hmm, das hilft mir bei meinem Problem nicht weiter. Es geht mir ja darum, ob bei der Ermittlung des Schonvermögens auch auf die bereits entstandene Forderung des Heims, die je erst im Folgemonat fällig wird, Rücksicht zu nehmen ist. Insoweit kann das SGB VI keine Auskunft geben. Trotzdem danke für den Hinweis.

  • Ich bezog meinen Hinweis auf § 118 III - V SGB VI auf die Argumentation des Betreuers

    "Beim Tode des Betreuten würden sonst die Heimkosten von den 2600 EUR Schonvermögen zu zahlen sein; dann bliebe nicht einmal genug Geld für eine Beisetzung."

    Das ist kein Argument und eben das Pech der nahen Anverwandten, die nach den Landesgesetzen über das Bestattungswesen in einer dort festgelegten Rangfolge/Reihenfolge verpflichtet sind, eine Beerdigung zu beauftragen. Wer die Musik bestellt, der bezahlt sie auch, unabhängig von der Erbenstellung. Letztendlich haftet der Erbe, § 1968 BGB, wer immer das sei, mit den Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten.
    Der Freibetrag für Erben beträgt übrigens nicht 2.600,00 €, sondern aktuell 2.184,00 € (ggfs. 15.340,00 €) + aus Vorsorgeverträgen und sonstigen Quellen nicht gedeckte Beerdigungskosten, s. § 102 SGB XII.

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