Kanzlei beigeordnet

  • Hallo!

    Wenns das Thema schon gibt bin ich leider zu blöd für die Suchfunktion:

    Wenn eine Kanzlei im Rahmen von Prozesskostenhilfe beigeordnet wird, kann dann jeder Rechtsanwalt von dort einen Antrag nach § 55 RVG stellen? Was ist denn z.B.mit angestellten Rechtsanwälten wenn die Kanzlei eine GbR ist?

    Gruß, Garfield

  • Grundsätzlich ist nach der gesetzlichen Regelung selbstverständlich ein bestimmter RA beizuordnen..

    Bei uns wird es (soll ich sagen leider) auch so gehandhabt, dass RA X u. Koll. beigeordneten werden.

    Wenn ich absolut nicht zuordnen könnte, z. Bsp. da das Verfahren vielleicht lange dauert und bereits verschiedene RAe aufgetreten sind oder weil der Kanzleikopfbogen absolut undeutlich ist usw., dann würde ich den zuständigen Richter (die zuständige Richterin) um Klarstellung bitten.....und hätte als Nebeneffekt ggfs. künftig nicht mehr solche unnötigen Probs.

  • Such mal: Der BGH hat entschieden, dass kein Anwalt mehr beigeordnet werden muss, sondern auch eine "Anwaltsgesellschaft".

    Wie das mit dem Antrag aussieht und wer die Angaben nach § 55 RVG machen muss, wurde dort aber m.E. nicht geklärt.

    Daher: Mach mal Rechtsentwicklung :teufel:

  • Such mal: Der BGH hat entschieden, dass kein Anwalt mehr beigeordnet werden muss, sondern auch eine "Anwaltsgesellschaft".

    Wie das mit dem Antrag aussieht und wer die Angaben nach § 55 RVG machen muss, wurde dort aber m.E. nicht geklärt.



    Genau. Der BGH hat (mal wieder wie so oft) eine Entscheidung getroffen und sich entweder gar keine Gedanken gemacht wie die Umsetzung der Praxis erfolgen soll und welche Probleme die Entscheidung nach sich zeiht, die man ohne die Entscheidung nicht hätte.

    Oder noch schlimmer der: BGH hat die damit verbundenen Probleme sehr wohl gesehen, hofft/glaubt aber, dass die Praxis diese schon lösen wird...

    Wie auch immer: Ich habe hier den Richter gesagt, sie mögen die Entscheidung doch bitte ignorieren. Ich habe hier noch keinen Fall erlebt in dem die Kanzlei (!) um Beiordnung gebeten. Selbst wenn das so wäre, müsste dann im Fall der Beiordnung eines RA erstmal Erinnerung eingelegt werden. Ich würde dann dem Richter schon das richtige Rüstzeug an die Hand geben, welcher dieser für seinen Zurückweisungsentscheidung verwenden könnte.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (29. Juni 2009 um 08:20)

  • Ich denke ich schließe mich mal mit der Kanzlei kurz und frage nach, ob die selbst schon Reaktionen anderer Gerichte erfahren haben. Mit der Antwort kann man gegebenenfalls arbeiten.

    In meinem Fall wurde die Kanzlei (GbR) beigeordnet. Die hat dann vor der mündlichen Verhandlung einem (angestellten?) Rechtsanwalt eine Vertretungsvollmacht eingeräumt. Das würde mir für eine Antragstellung nach § 55 RVG wohl ebenfalls reichen.

    Aber mal abwarten. In PKH kommen hier in letzter Zeit verschiedene Richter auf neue Ideen...man hat ja auch sonst nichts zu tun ;)



  • In meinem Fall wurde die Kanzlei (GbR) beigeordnet. Die hat dann vor der mündlichen Verhandlung einem (angestellten?) Rechtsanwalt eine Vertretungsvollmacht eingeräumt. Das würde mir für eine Antragstellung nach § 55 RVG wohl ebenfalls reichen.



    Das war die "berühmte" BGH 4. Zivilsenat, 17.09.2008, IV ZR 343/07-

    Eigentlich müsste der RA seine Vertretungsmacht zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweisen. Man kann darüber streiten, ob die Erwähnung auf dem Briefkopf ( z.B. bei bekannten Kanzleien) ausreicht.
    Aber wer kennt schon Großkanzleien, wo die RAe ständig wechseln?

  • Wie Ernst P.
    Auch dies ist wieder ein Beispiel, bei dem man sich fragen darf: Weshalb musste es so kommen, dass sich der BGH mit einem mal völlig unbedarft in kostenrechtliche Sachen einschaltet und viele bestehenden Regeln, geformt durch jahrelange Rechtsprechung ändert und aufweicht. Dieses Ergebnis war von Beginn an zu befürchten und hat sich mehr als bewahrheitet. Der Gipfel ist das Anrechentheater. Wir Praktiker an der Front haben das auszubaden und sind ein ums andere Mal gefragt, zu erkunden, ob das Bisherige und gut Funktionierende noch gilt. Damit wird selbst das Kostenrecht zu einem Ratespiel und damit zu einer Herausfordrung, die man allmählich bei der Funktionsgruppenverordnung angemessen bewerten sollte. FGG ist schon lange nicht mehr allein das non plus ultra.

    Immerhin ist der BGH nicht alleine: Das OLG Nürnberg hat bereits 2002 eine RA-Gesellschaft beigeordnet... :roll:

  • Ich finde es praktisch, wenn eine ganze Kanzlei beigeordnet wird (kam bei uns in der Praxis allerdings noch nicht oft vor). Und zwar deshalb, weil ich schon oft den Fall hatte, dass der beigeordnete RA bei Festsetzung der weiteren Vergütung schon lange nicht mehr der Kanzlei angehörte. Dann musste ich, wenn ich es mitbekam, immer fragen, ob der ursprünglich beigeordnete RA damit einverstanden ist, wenn die Kanzlei jetzt die weitere Vergütung erhält. Meistens ist es ja so, dass der beigeordnete RA nur ein Angestellter der Kanzlei ist. Und ich vermute, dass das auch genau der Grund ist, warum die Möglichkeit, eine ganze Kanzlei beizuordnen, konstruiert wurde.


    _________________________________________________________________________________



    Alles hat einmal ein Ende.

    Sogar der Montag! :S

  • Ich finde es praktisch, wenn eine ganze Kanzlei beigeordnet wird (kam bei uns in der Praxis allerdings noch nicht oft vor). Und zwar deshalb, weil ich schon oft den Fall hatte, dass der beigeordnete RA bei Festsetzung der weiteren Vergütung schon lange nicht mehr der Kanzlei angehörte. Dann musste ich, wenn ich es mitbekam, immer fragen, ob der ursprünglich beigeordnete RA damit einverstanden ist, wenn die Kanzlei jetzt die weitere Vergütung erhält. Meistens ist es ja so, dass der beigeordnete RA nur ein Angestellter der Kanzlei ist. Und ich vermute, dass das auch genau der Grund ist, warum die Möglichkeit, eine ganze Kanzlei beizuordnen, konstruiert wurde.



    In einem solchen Fall frage ich den antragstellen RA nach einer Abtretung des Vergütungsanspruchs, die er dann nachzuweisen hat. Kann er das nicht, jibbet nix.

  • Ich finde es praktisch, wenn eine ganze Kanzlei beigeordnet wird (kam bei uns in der Praxis allerdings noch nicht oft vor). Und zwar deshalb, weil ich schon oft den Fall hatte, dass der beigeordnete RA bei Festsetzung der weiteren Vergütung schon lange nicht mehr der Kanzlei angehörte. Dann musste ich, wenn ich es mitbekam, immer fragen, ob der ursprünglich beigeordnete RA damit einverstanden ist, wenn die Kanzlei jetzt die weitere Vergütung erhält. Meistens ist es ja so, dass der beigeordnete RA nur ein Angestellter der Kanzlei ist. Und ich vermute, dass das auch genau der Grund ist, warum die Möglichkeit, eine ganze Kanzlei beizuordnen, konstruiert wurde.


    Das denke ich auch und fand es selbst auch schon immer merkwürdig, dass bei der Auszahlungsempfänger der angestellte RA aufgeführt werden muss, dem ja (auf den Kanzleibetrieb bezogen) das Geld gar nicht zusteht, sondern eben "nur" sein Gehalt.

    Wenn er aus der Kanzlei ausgeschieden ist bei Festsetzung der (weiteren) Vergütung, muss man ja nachfragen, ob er den Erstattungsanspruch abgetreten hat an seine bisherige Kanzlei. Die Antwort ist aber in 99 % der Fälle klar und auch nicht anders zu erwarten. Es wäre ja auch merkwürdig, wenn der ehemalige Kanzlei-RA plötzlich die Vergütungsansprüche aus den von ihm geführten Verfahren "mitnimmt" und an sich auszahlen lassen könnte, obwohl er vorher auch nur Gehaltsempfänger war.

  • Ich finde es praktisch, wenn eine ganze Kanzlei beigeordnet wird (kam bei uns in der Praxis allerdings noch nicht oft vor). Und zwar deshalb, weil ich schon oft den Fall hatte, dass der beigeordnete RA bei Festsetzung der weiteren Vergütung schon lange nicht mehr der Kanzlei angehörte. Dann musste ich, wenn ich es mitbekam, immer fragen, ob der ursprünglich beigeordnete RA damit einverstanden ist, wenn die Kanzlei jetzt die weitere Vergütung erhält. Meistens ist es ja so, dass der beigeordnete RA nur ein Angestellter der Kanzlei ist. Und ich vermute, dass das auch genau der Grund ist, warum die Möglichkeit, eine ganze Kanzlei beizuordnen, konstruiert wurde.




    Das denke ich auch und fand es selbst auch schon immer merkwürdig, dass bei der Auszahlungsempfänger der angestellte RA aufgeführt werden muss, dem ja (auf den Kanzleibetrieb bezogen) das Geld gar nicht zusteht, sondern eben "nur" sein Gehalt.

    Wenn er aus der Kanzlei ausgeschieden ist bei Festsetzung der (weiteren) Vergütung, muss man ja nachfragen, ob er den Erstattungsanspruch abgetreten hat an seine bisherige Kanzlei. Die Antwort ist aber in 99 % der Fälle klar und auch nicht anders zu erwarten. Es wäre ja auch merkwürdig, wenn der ehemalige Kanzlei-RA plötzlich die Vergütungsansprüche aus den von ihm geführten Verfahren "mitnimmt" und an sich auszahlen lassen könnte, obwohl er vorher auch nur Gehaltsempfänger war.



    Wobei: Wenn er im Streit ausgeschieden ist, wäre das doch eine nette Variante, den ehemaligen Arbeitgeber zu ärgern. Der bekommt dann ja die Festsetzung gar nicht mit.




  • Theoretisch ja, praktisch stellt jedoch immer die Kanzlei den Antrag, in der der beigeordnete RA vorher beschäftigt war.

    Um selbst Antrag zu stellen, müsste er ja die Kanzleiunterlagen "mitgehen" lassen.

  • [quote='Borrelio','RE: Kanzlei beigeordnet denke ich auch und fand es selbst auch schon immer merkwürdig, dass bei der Auszahlungsempfänger der angestellte RA aufgeführt werden muss, dem ja (auf den Kanzleibetrieb bezogen) das Geld gar nicht zusteht, sondern eben "nur" sein Gehalt.[quote]

    Das widerspricht aber dem § 55 RVG. Die PKH-Vergütung steht nicht der Kanzlei zu sondern ausschließlich dem beigeordneten RA. Nur er ist antragsberechtigt. Auch wenn er aus der Kanzlei ausscheidet, ist nur er anrágsberechtigt - es sei denn, er hat ein Abtretungserklärung unterschrieben.
    Ich hatte noch nie einen PKH-Beschluss, wo eine Kanzlei beigeordnet war. Wenn mir mal sowas unterkommen sollte, würde ich vermutlich im Festsetzungsbeschluss und in der Auszahlungs-AO einfach die Kanzlei angeben - genauso wie es im Beschluss drinsteht. Was dann daraus wird und ob das so geht, soll nicht mein Problem sein. Dafür gibt es RM.

  • [quote='Borrelio','RE: Kanzlei beigeordnet denke ich auch und fand es selbst auch schon immer merkwürdig, dass bei der Auszahlungsempfänger der angestellte RA aufgeführt werden muss, dem ja (auf den Kanzleibetrieb bezogen) das Geld gar nicht zusteht, sondern eben "nur" sein Gehalt.[quote]

    Das widerspricht aber dem § 55 RVG. Die PKH-Vergütung steht nicht der Kanzlei zu sondern ausschließlich dem beigeordneten RA. Nur er ist antragsberechtigt. Auch wenn er aus der Kanzlei ausscheidet, ist nur er anrágsberechtigt - es sei denn, er hat ein Abtretungserklärung unterschrieben.
    Ich hatte noch nie einen PKH-Beschluss, wo eine Kanzlei beigeordnet war. Wenn mir mal sowas unterkommen sollte, würde ich vermutlich im Festsetzungsbeschluss und in der Auszahlungs-AO einfach die Kanzlei angeben - genauso wie es im Beschluss drinsteht. Was dann daraus wird und ob das so geht, soll nicht mein Problem sein. Dafür gibt es RM.




    Das dies nicht dem § 55 RVG entspricht, ist mir klar.

    Ich war da bei Festsetzungen auch immer konsequent und habe in der Auszahlungsanordnung dann auch den beigeordneten (Beispiel) RA Muster, Thomas angegeben und nicht etwa die ihn beschäftigende Kanzlei RAe Müller & Partner (wie manche Kollegen).

    Allerdings hatte ich immer im Hinterkopf, dass der angestellte RA das Geld nicht tatsächlich erhält, sondern es auf das Kanzleikonto fließt, da er ja Gehalt bekommt.

    Wenn der beigeordnete RA dann ausgeschieden war, habe ich auch immer brav angefragt, ob er mit Festsetzung und Auszahlung an seine frühere Kanzlei einverstanden ist bzw. ob abgetreten wurde, der Sinn entschloss sich mir jedoch nicht unbedingt. Die Antwort war auch jedes Mal vorhersehbar (ja, keine Bedenken).

    Eine andere Antwort wäre aber auch mehr als ungewöhnlich, vielleicht vergleichbar mit folgendem Beispiel:

    Im Krankenhaus ist Arzt A angestellt beschäftigt und behandelt dort auch ambulante Patienten. Nach einiger Zeit scheidet er aus dem Krankenhausdienst aus, Abrechnungen sind noch offen. In diesen Fällen dürfte auch die Krankenkasse auch direkt an das Krankenhaus zahlen und nicht erst Arzt A fragen, ob er damit einverstanden ist.

    In dieser Hinsicht finde ich eben den § 55 RVG schon etwas merkwürdig bzw. lebensfremd.

    Hinzu kommt, dass der persönlich beigeordnete RA sich ja im Termin ohne Gebührennachteile auch von einem anderen RA seiner Kanzlei vertreten lassen kann.

    Daher sehe ich keinen Nachteil oder Problem, wenn eine Kanzlei beigeordnet wird und die PKH-Partei sich nur kanzleiintern einen speziellen RA aussucht.

  • Also bei mir bekommt der beigeordnete Anwalt sein Geld: Steht der nicht auf der Liqui bzw. einem halbwegs aktuellen Briefkopf, frage ich an und will zur Not eine Abtretung haben. Ich habe hier schon so meine Erfahrungen sammeln dürfen...:mad:

  • Wie Sonea... :D

  • Wie jojo, Sonea und 13 :D.

    Bei uns ist es noch schöner: Ich setze immer nur für den beigeordneten Anwalt fest, in "Profiscal" (Buchungssystem) sind aber nur die Sozietäten gespeichert, ausgezahlt wird vom mittleren Dienst also immer an die ganze Kanzlei.

    "AULAK" hingegen, mit dem wir die Kostenfestsetzungen machen (sollen), kennt nur Einzelanwälte, was insbesondere bei § 11 RVG sehr hübsch ist.

    Treffen Einfalt und Gründlichkeit zusammen, entsteht Verwaltung.


    (Oliver Hassenkamp)


Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!