Pflichtverteidigergebühren und Verbindung

  • Habe folgenden Fall hier:

    Es waren 12 Verfahren beim AG anhängig, die jeweils mit einer Anklage eingegangen sind.
    Dann meldet sich ein Verteidiger und bitte in allen 12 Verfahren um Akteneinsicht.
    Danach werden die 12 Verfahren verbunden und der Verteidiger zum Pflichtverteidiger bestellt.
    Später dann das Urteil.
    Jetzt meldet er für alle 12 Verfahren seine Pflichtverteidigergebühren an. Für 11 Verfahren nur die Grund- und die Verfahrensgebühr, für das führende Verfahren alles.
    Insgesamt sind das damit über 4.000,-- Euro.
    Ich denke, dass ich diesen Betrag wohl festsetzen muss.

  • Erstmal:
    warum du? Macht das nicht der mD?

    Dann: Kommt drauf an...
    Die Grundgebühr dürfte er in der Tat in allen 12 Verfahren bekommen. Bei der Verfahrensgebühr bin ich mir nicht sicher. Ich hab grad keinen Gerold/Schmidt zur Hand, meine aber gelesen zu haben, dass die AE von der Grundgebühr mit abgedeckt ist. Daher dürfte er die Verfahrensgebühren für die anderen 11 Verfahren nur bekommen, wenn er vor der Verbindung noch anderweitig tätig geworden ist...

  • Hier macht die Vergütung noch der Rpfl. (daran ist auch nicht zu rütteln ... :))

    Und ansonsten sehe ich es wie mein Vorposter.
    Es kann, sofern die Verbindung vor der Pflichtverteidigerbestellung erfolgte, allenfalls die Gebühr für das vorbereitende Verfahren entstanden sein.

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Zuständigkeit: Beamter des gehobenen Dienstes als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
    - § 55 Abs. I Satz 1 RVG und § 7 Abs. I Nr. 3 GeschStVO.

    Lass Dir vom Anwalt darlegen, welche über die Grundgebühr hinausgehenden Tätigkeiten er gemacht hat. Hab schon oft bei solchen Fällen die Verfahrensgebühren abgesetzt und v. AG / LG Recht bekommen.

    Zur Abgrenzung zwischen Grund- und Verfahrensgebühr verwend ich immer gern ff. Entscheidung des OLG Köln:

    Zur Abgrenzung zwischen Grund- und Verfahrensgebühr s. z.B. OLG Köln v. 17.01.2007 – 2 Ws 8/07 in NJOZ 2007, 3460. Noch zur Grundgebühr gehören demnach: Das erste Mandantengespräch, die Beschaffung der erforderlichen Informationen wozu auch die erste Akteneinsicht zählt, sämtliche übrigen Tätigkeiten, die in zeitlichem Zusammenhang mit der Übernahme des Mandats anfallen, z.B. telefonische Anfragen bei StA und Gericht, Anträge auf Akteneinsicht und Beiordnung als Pflichtverteidiger, insbesondere wenn nur ein kurzer Zeitraum zwischen Beauftragung und Eingang der Anklageschrift bei Gericht liegt.)

    Das teil ich dem Anwalt aber nicht vorher mit, sondern verwende die Entscheidung erst im KFB.
    Einem findigen Anwalt fallen sonst plötzlich Tätigkeiten ein, die über das o.g. hinausgehen. Also erst mal unverbindl. anfragen was konkret in jedem Verfahren gemacht wurde, da sich aus der Akte hierzu nichts ergibt.

  • allgemein: siehe auch Aufsatz von Klaus Otto, NJW 2006, 1471 ff.

    Zum Umfang der Grundgebühr siehe auch LG Hamburg vom 31.03.2006, 616 Qs 16/06

    Die Entscheidung zu § 48 Abs. 5 RVG ist aber auch nicht unbestritten. Ich meine, dass es auch Entscheidungen gab, wonach keine rückwirkende Erstreckung stattfindet, sondern in allen Fällen nur dann, wenn ausdrücklich richterl. beschlossen

  • dann lesen Sie, u.a. zum Abgeltungsbereich der GG, mal LG Braunschweig 7 Qs 22/10 :)



    OLG sticht LG :) oder anders gesagt: Landgerichte gibt s viele...

    Die Anwälte versuchen da natürlich mit "bei erster Akteneinsicht schon eingehend die Rechtslage geprüft" oder "den Mandanten beim ersten Gespräch schon umfassend beraten" usw. usw. gegenzusteuern.

  • Ihre Auffassunf folgt aber nicht aus der o.a. Entscheidung des OLG Köln. Die dort genannten Tätigkeiten gehören zum Abgeltungsbereich der GG, ok. Damit ist das vom LG Braunschweig angesprochene Problem aber nicht gelöst.
    Im Übrigen: was heißt "gegenzusteuern"? Aktion führt zur Reaktion. Der Begriff "gegensteuern" hat für mich einen leicht vorwurfsvollen Touch; aber das haben Sie sicherlich nicht gemeint :)

  • Ich schubse mal hoch:

    Verbindung am 18.11. und Bestellung als Pflichtverteidiger auch am 18.11. - bekommt der RA aus beiden Verfahren Gebühren?

  • Ich schubse mal hoch:

    Verbindung am 18.11. und Bestellung als Pflichtverteidiger auch am 18.11. - bekommt der RA aus beiden Verfahren Gebühren?

    War er vorher schon tätig? In beiden Verfahren?

  • Dann kannst Du nicht ohne weiteres entscheiden. Wenn erst Verbindung und dann Beiordnung, dann erstreckt sich die Beiordnung auf beide Verfahren, jedenfalls nach h.M. Wenn erst Beiordnung und dann Hinzuverbindung des 2. Verfahrens, dann müßte für dieses die Erstreckung erklärt werden, damit die bislang entstandenen Kosten von der Beiordnung umfaßt sind.

    Weitere Differenzierungen findest Du in der Rechtsprechung zu § 48 bei Burhoff.

  • Hallo ihr Lieben,

    ich habe gerade einen Knoten im Kopf :( Bestimmt ist es eigentlich ganz einfach. Also:

    Ich habe ein Strafverfahren, das aus insgesamt 10 Ursprungsverfahren besteht, d.h. es gab früher mal 10 eigenständige Akten mit jeweils einer Anklage drin.

    In Verfahren A, welches nachher das führende Verfahren wurde, wurde der RA mit Eröffnungsbeschluss zum Pflichtverteidiger bestellt.
    In Verfahren B und C bekam der Pflichtverteidiger des Verfahrens A die Akte jeweils zur Einsicht, während die Anhörungsfrist hinsichtlich der Eröffnung (und Verbindung und Anwaltswahl) beim Angeklagten lief. Dann wurde der RA jeweils mit dem Eröffnungs- und Verbindungsbeschluss zum Pflichtverteidiger bestellt.
    Die Verfahren D bis G wurden jeweils angeklagt, dann wurde dem Pflichtverteidiger aus A wieder Akteneinsicht gewährt - wie bei B und C auch - und dann wurden die 4 Verfahren gleichzeitig eröffnet und zu A hinzuverbunden. Hier wurde zum Pflichtverteidiger keine Aussage getroffen.
    Mit den Verfahren H und I wurde verfahren wie mit D bis G.
    Bei dem Verfahren J wurde dem Pflichtverteidiger aus A wieder nach Anklage vor Eröffnung Akteneinsicht gewährt, dann erfolgte die Eröffnung mit Verbindung und in dem Beschluss wurde gleichzeitig die Erstreckung der Pflichtverteidigerbeiordnung ausgesprochen.

    (Ich hoffe, der Sachverhalt ist so verständlich :oops:)

    Nun liegen mir 10 Pflichtverteidigervergütungsfestsetzungsanträge vor. Der RA macht zu jedem Verfahren Grundgebühr, Verfahrensgebühr und Postpauschale geltend. Im führenden Verfahren zusätzlich Terminsgebühr.
    Ich stellt mir jetzt die Frage: Ist er überhaupt für sämtliche (ehemalige) Verfahren als Pflichtverteidiger anzusehen? Ich bin ziemlich verwirrt, weil bei den Verbindungen unterschiedlich verfahren worden ist. Wurde die Äußerung zur Beiordnung bei D bis G und H und I nur vergessen oder ist sie gar nicht nötig, sondern sonst nur eine Art klarstellender Vermerk?

    Leider bekomme ich das gerade alles nicht mehr auseinandergebastelt und brauche eure Hilfe :oops:

    Ich hoffe, die Frage ist nicht zu einfach/dumm/albern...

    Liebe Grüße

    Lynn

  • Sofern die Verbindung der Verfahren nach der Beiordnung als Pflichtverteidiger im Verfahren A erfolgte, hätte die Bewilligung jeweils auf die hinzuverbundenen Verfahren erstreckt werden müssen, sofern in diesen nicht bereits ebenfalls eine Beiordnung vor der Verbindung erfolgt war.

    Ansonsten besteht für die entsprechenden Verfahren kein Anspruch.

  • Hallo, ich gehe mal davon aus, dass der RA keine Tätigkeiten als Wahlanwalt erbracht hat? Und vorab: In J ist nach dem Sachverhalt Erstreckung erfolgt. Das LG Freiburg (RVGreport 2006, 183 = RVGprofessionell 2006, 93; https://www.burhoff.de/burhoff/rvginhalte/200.htm) geht im Übrigen davon aus, dass im Kostenfestsetzungsantrag noch ein nachträglicher Erstreckungsantrag liegen kann, hat aufgehoben und an das AG zur Entscheidung zurückverwiesen.

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