Zum Fürsorgebedürfnis des Nachlassgerichts trotz transmortaler Generalvollmacht.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.05.2015 (8 W 147/15)
ErbR 2016, 159
Aus den Gründen:
... Ein Erbe ist i.S. von § 1960 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB unbekannt, wenn sich das Nachlassgericht nicht ohne umfängliche Ermittlungen davon überzeugen kann, wer von mehreren in Betracht kommenden Personen Erbe geworden ist. Ungewissheit über die Person des Erben besteht unter anderem, wenn konkrete Zweifel an der Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung bestehen (...). Bloße oberflächliche Zweifel an der Gültigkeit eines Testaments genügen nicht (...). Dagegen liegen die Voraussetzungen des § 1960 Abs, 1 Satz 2 Alt. 1 BGB i.d.R. vor, wenn über die Erbberechtigung ein Rechtsstreit schwebt (...). ... Das Bedürfnis für eine gerichtliche Fürsorge fehlt zwar i.d.R., wenn ein Testamentsvollstrecker vorhanden ist. ... Ein Fürsorgebedürfnis kann weiter fehlen, wenn der Erblasser eine über seinen Tod hinaus geltende Generalvollmacht erteilt hat. ... Das Nachlassgericht ist jedoch im vorliegenden Fall zu Recht davon ausgegangen, dass ein Fürsorgebedürfnis auch dadurch nicht entfallen ist. ... Zum anderen sind die Beteiligten Ziff. 1 und 2 selbst am Nachlass beteiligt und wurden von dem Beteiligten Nr. 3 mit einem Rechtsstreit überzogen. Um Zweifeln an der Neutralität des Bevollmächtigten vorzubeugen, erscheint die Maßnahme des Nachlassgerichts, einem neutralen Dritten die notwendig werdenden Sicherungs- und Verwaltungsmaßnahmen zu übertragen, nicht ermessensfehlerhaft (...).