Verjährte Zinsen

  • Hallo zusammen,

    bräuchte mal wieder Euren Rat.

    Beschwerde gegen Zuschlagsbeschluss (verkündet am 08.03.2012). U.a. wird gerügt, dass die Versteigerung aus der vorliegenden Grundschuldbest.-urkunde nicht hätte durchgeführt werden dürfen. Es würde sich um einen fehlerhaften Titel handeln. Beigefügt wurde der Beschwerde eine einfache Kopie eines Anerkenntnisurteils vom 16.03.2012. Tenor: Die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Grundschuldbestellungsurkunde vom.... wird hinsichtlich der Grundschuldzinsen für den Zeitraum vom ... bis... (Zinsen aus 2006) für unzulässig erklärt. Die Gl. hatte dies anerkannt.

    Betrieben wird das Zwangsversteigerungsverfahren wegen dinglicher Ansprüche. Mit Schreiben vom 15.02.2012 hat die Gl. ihren Antrag bzgl. der Zinsen aus 2006 zurückgenommen. Am selben Tag wurde das Verfahren insoweit aufgehoben. Am 17.02.2012 fand die Versteigerung statt.

    Laut Schuldnervertreter ist der Titel fehlerhaft (Zöller, § 766 ZPO, Rdnr. 15), da in ihm verjährte Grundschuldzinsen enthalten sind. Die Gl. hätte sich eine beschränkte weitere Ausfertigung ausstellen lassen und den ursprünglichen Titel an den Schuldner aushändigen müssen (BGH, XI ZR 166/91). Auf der Urkunde kann vom zuständigen Organ (§ 797 II ZPO) quittiert werden, dass keine Vollstreckung mehr wegen der verjährten Grundschuldzinsen erfolgen darf (§ 775 I Nr. 4 bzw § 757 ZPO). Gleichzeitig fehlt auch eine ordnungsgemäße Vollstreckungsklausel, da die vorliegende auch die unzulässigerweise verjährten Zinsen enthält. Das Versteigerungsgericht hat hier die Vollstreckung weiter zugelassen, so, als ob nicht gewesen wäre. Das Versteigerungsverfahren wäre einzustellen gewesen. Zusätzlich wurde bisher auch kein nicht fehlerhafter Titel zugestellt.

    Unabhängig davon, dass ich erst jetzt durch die Beschwerdebegründung von einem Anerkenntnisurteil erfahren habe: Liegt hier tatsächlich ein Vollstreckungsmangel vor (§ 28 II ZVG)?

    Der Beschwerde war außerdem eine Kopie einer nicht veröffentlichten Entscheidung des LG München (Prozessgericht)beigefügt. Dort wurde entschieden, dass die Zwangsvollstreckung insgesamt vorläufig einzustellen war und die Gl. die vollstreckbare Ausfertigung, welche verjährte Zinsen enthält, herauszugeben und sich über § 733 eine "beschränkte" weitere Ausfertigung ohne verjährte Zinsen erteilen lassen muss.

    In meinem Fall hat das Prozessgericht ja nur die Zwangsvollstreckung wegen der Zinsen aus 2006 für unzulässig erklärt. Da insoweit aber schon eine Teilaufhebung erfolgte, ist m. E. nichts mehr zu veranlassen. Für den restl. Teil, der vollstreckt wird, habe ich ja einen Titel. Oder sehe ich das zu einfach und es hätte tatsächlich eine beschränkte Ausfertigung vorgelegt werden müssen? Und wenn ja, woher soll mir das als Vollstreckungsorgan denn bekannt gewesen sein?

    Die Einwendungen wegen der Klausel sind m. E. unbeachtlich, da diese wirksam erteilt wurde und das Vollstreckungsorgan daran gebunden ist.

    Wie seht Ihr das?

  • Wieso ist der Titel fehlerhaft? Ich gehe davon aus, dass aus der ursprünglichen Grundschuldbestellungsurkunde betrieben wird (...Zinsen seit...). Diese Formulierung ist doch nicht falsch nur weil die Zinsen zumindest teilweise verjährt sind. Außerdem wurde der Vortrag bisher nur behauptet. Ich komme auf §§ 775 I Nr. 1 (nicht 4), 776 ZPO, was sich wegen der bereits erfolgten Antragsrücknahme und Aufhebung erledigt hat.

    Die anderen §§ halte ich für unpassend.

    Ich sehe das auch so einfach (ohne juris bemüht zu haben)...Titel, Klausel, Zustellung, Zuschlag erteilt, Nichtabhilfe (§ 100, was soll denn verletzt sein?, auch Stöber, 19. Aufl. § 28 Anm. 7.3, 9.2 und 10.3) und ans LG

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Ich werde zur Zahlung von 200 € verurteilt, zahle 100 € freiwillig und der Gläubiger soll den Rest nicht mehr mit der urspünglichen vollstreckbaren Urteilsausfertigung beitreiben dürfen? Und wenn der Titel kein Urteil, sondern ein Vollstreckungsbescheid ist, bedarf es dann wohl einer Klausel?
    Was ist das für ein Blödsinn?

  • Vielen Dank für Eure Antworten.

    Da die Zwangsvollstreckung nur hinsichtlich der Zinsen aus 2006 für unzulässig erklärt und der Versteigerungsantrag insoweit schon zurückgenommen wurde, habe ich für den Rest nach wie vor einen Titel.
    Brauche daher auch gar keine Ausfertigung des Anerkenntnisurteils. Habe Nichtabhilfebeschluss erlassen.

    Übrigens habe ich jetzt auch gemerkt, dass § 28 ZVG hier gar nicht greift: § 28 ZVG bei verfahrensrechtlichen Unzulässigkeiten und § 775 ZPO bei Vorlage einer Entscheidung.

  • Ich habe gerade einen neuen Treat aufgemacht der zu diesem passt habe jetzt diese Beiträge erst gerade entdeckt.

    Bei mir wurde gegen die Erteilung der Klausel Erinnerung eingelegt und unser Richter hat dem Rechtsmittel abgeholfen und die Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt. Er sieht das so, dass eine neue Klausel ohne die Verjährten Zinsen ausgestellt und zugestellt werden soll.

    Gleichlautend hatte sich auch schon unser Landgericht geäußert.

  • Am LG sitzen halt auch nur Richter...

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  • Nachdem unser Richter entschieden hatte, dass die Klausel berichtigt werden musste, hat die betreibende Gläubigerin eine ergänzte Klausel eingereicht, die auch erneut an den Schuldner - persönlich - zugestellt wurde, leider erst eine Woche vor dem Termin.

    Im K-Verfahren war der Schuldner durch einen Rechtsanwalt vertreten.

    Der Rechtsanwalt hatte mir vorher telefonisch mitgeteilt, was ihm alles nicht gefällt und endentsprechend war ich im Termin gewabnet.

    Ich habe den Termin durchgezogen. Habe beschlossen, dass der Versteigerungstermin keine Vollstreckungshandlung darstellt, sondern erst der Zuschlag. Offen gelassen habe ich, ob die 2-Wochen-Wartefrist auch für die Ergänzung der Klausel gilt.

    Ich habe dann trotzdem Sicherheitshalber 1 1/2 Wochen nach dem Termin, also 2 1/2 Wochen nach der erneuten Zustellung den Zuschlag erteilt.

    Der Schuldner-Vertreter hat außerdem die Zustellung der Klausel an seinen Mandanten gerügt, da er ihn ja im K-Verfahren vertritt, § 172 ZPO.
    Dem habe ich mich auch nicht angeschlossen, da ich der Auffassung bin, dass die Zustellung eines Titels kein "anhängiges Verfahren" ist und die Vollmacht im K-Verfahren nicht automatisch als Vollmacht für die Zustellung außerhalb des Verfahrens für die Zustellung des Titels umgedeutet werden kann.

    Gegen meinen Zuschlagsbeschluss wurde Rechtsmittel eingelegt und die Akte ist (leider) noch nicht zurück.

  • Sehr schön. Ich habe meiner Zuschlagsbeschwerde nicht abgeholfen mit den im Ausgangsbeitrag genannten Argumenten und dem Zusatz, dass - wenn der Schuldner einen Tag vor dem Versteigerungstermin einen Einstellungsantrag stellt mit der Begründung, er wolle Verjährung geltend machen - der Gläubiger in diesem Stadium einer konkreten Vollstreckungsmaßnahme nicht darauf verwiesen werden kann, sich eine beschränkte Teilausfertigung erteilen zu lassen.

  • Zur Info:

    Hatte auch einen Fall, in dem 2 Stunden vor dem Termin ein Einstellungsantrag mit Begründung "verjährte Zinsen" kam, dann Zuschlagserteilung und Beschwerde dagegen.

    Würde vom Landgericht hier jetzt gehalten mit der Begründung, dass dies eine materiell-rechtliche Einwendung sei und dies aufgrund der Trennung von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren nicht zu prüfen sei. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urteile wegen der falschen Klausel betrafen alle Fälle, in denen es bereits eine Vollstreckungsgegenklage gab und die Verjährung festgestellt wurde. An einer solchen fehlte es im vorliegenden Fall.

    „Gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß.“ (Georg Simmel)

  • Ich habe die Entscheidung meiner Beschwerdekammer nun bekommen.

    Mein Zuschlagsbeschluss ist aufgehoben worden.

    Zitat:

    Vorliegend ist ein vom Amts wegen zu beachtender Versagungsgrund nach § 83 Nr. 6 ZVG gegeben, wonach der Zuschlag zu versagen ist, wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grunde unzulässig ist. Ein socher von Amts wegen, also nicht erst auf Rüge des Schuldners zu berücksichtigender Versagungsgrund liegt vor, wenn die Vollstreckungsvoraussetzungen fehlen. Dies ist hier der Fall, das die Unterwerfungserklärung in der Urkunde zu UR-Nr. ... für den Vollstreckungsschuldner durch eine Bevollmächtigte abgegeben worden ist und die deshalb erforderliche Zustellung auch der VOllmachtsurkunde nicht erfolgt ist.

    Leider hat sich die Beschwerdekammer nicht mit dem Problem auseinander gesetzt, das ich im Protokoll angeschnitten hatte.:teufel:

  • Die waren sicher froh, auf dieses Problem nicht eingehen zu müssen.

    War die Vollmacht tatsächlich nicht zugestellt oder die Urkunde nur nicht (wieder) zu den Akten gereicht? Eigentlich wissen die Banken das doch, mir ist das noch nicht vorgekommen, dass die ZU der Vollmacht nicht nachgewiesen war.

    Aber wenn es Dich tröstet: wenn was schiefläuft, dann gründlich.

  • Die Vollmacht wahr wohl tatsächlich nicht zugestellt.
    Ich habe die Akte aber noch nicht vom LG zurück, sondern nur die Entscheidung.

    Normalerweise passe ich immer auf, dass die Vollmacht zugestellt ist. Werde mir den Titel nach RÜckkehr der Akten noch mal besonders anschauen, was ich da übersehen habe.

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