Räumungsschutz §765a ZPO - Großfamilie

  • Hallo liebe Kollegen.

    Die Schuldner, bestehend aus zwei Erwachsenen mit fünf minderjährigen Kindern (zwischen 3 und 12 Jahren), haben sich in einem Vergleich auf die Räumung der Wohnung zum 31.01. geeinigt.
    Laut Titel gab es Mietrückstände die bis zum 31.01. getilgt werden mussten. Laut Vollstreckungsschutzantrag haben die Schuldner angeblich keinerlei Mietrückstände mehr.

    Die Schuldner tragen vor, dass trotz Bemühungen keine Ersatzwohnung gefunden worden ist, hauptsächlich aufgrund des Umstandes das es sich um eine Großfamilie handelt. Alleine die Tatsache, dass keine Ersatzwohnung gefunden wird ist laut Literatur und Rechtssprechung nicht ausreichend. Allerdings bin ich mir unsicher in wie fern ich die Kinder berücksichtigten sollte. Eine Stellungnahme des Gläubigers liegt noch nicht vor.

    Was meint ihr?

  • Kinder KÖNNEN eine Begründung darstellen, insbesondere unter Berücksichtigung der Schule und "Kindeswohl". Da müsste es einiges vom BGH geben.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Entscheiden wirst Du müssen, wir können höchstens etwas Futter liefern:

    AG Hannover: Beschluss vom 30.07.2010 - 712 M 125675/10


    ...
    Auch die Tatsache, dass die Schuldnerin Kinder hat, macht eine Räumung in diesem Zusammenhang nicht unbillig
    ...

    AG Berlin-Charlottenburg: Beschluss vom 29.06.2007 - 32 M 8044/07

    Ein Räumungsschutzantrag nach § 765a ZPO kann nicht darauf gestützt werden, dass der Schuldner nach einem Umzug in ein Obdachlosenasyl eine ernsthafte Schädigung der Entwicklung seiner Kinder in einem kriminellen Umfeld befürchtet.

  • "Futter" ist ja genau das was ich suche
    :daumenrau

    Ist dir auch Rechtssprechung von höheren Instanzen bekannt? Offensichtlich suche ich nicht richtig :D

  • Noch ein bißchen Futter:

    - Aus meiner Sicht ist ein Schuldner, der einen Vergleich geschlossen und sich damit freiwilig in die Rolle des - jedenfalls hinsichtlich der Räumung - Unterlegenen begibt, weit weniger schutzwürdig, als einer, der dazu verurteilt wurde. Es ist treuwidrig, erst die Räumung anzuerkennen und dann einen Schutzantrag zu stellen. Das würde ich in die Abwägung mit einfließen lassen.

    - Gibt es Nachweise der Zahlung der Rückstände?

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Hallo liebe Kollegen.

    Die Schuldner, bestehend aus zwei Erwachsenen mit fünf minderjährigen Kindern (zwischen 3 und 12 Jahren), haben sich in einem Vergleich auf die Räumung der Wohnung zum 31.01. geeinigt. von wann ist der Vergleich, wann wurde die Klage eingereicht
    Laut Titel gab es Mietrückstände die bis zum 31.01. getilgt werden mussten. Laut Vollstreckungsschutzantrag haben die Schuldner angeblich keinerlei Mietrückstände mehr. da ist bestimmt der Gl hilfreich

    Die Schuldner tragen vor, dass trotz Bemühungen keine Ersatzwohnung gefunden worden ist, Belege?
     hauptsächlich aufgrund des Umstandes das es sich um eine Großfamilie handelt. Alleine die Tatsache, dass keine Ersatzwohnung gefunden wird ist laut Literatur und Rechtssprechung nicht ausreichend. Allerdings bin ich mir unsicher in wie fern ich die Kinder berücksichtigten sollte. Eine Stellungnahme des Gläubigers liegt noch nicht vor.

    Was meint ihr?


    könnte sich was ergeben, denn auch der Wohnungsnotdienst dürfte nichts ausreichend großes haben.

  • Wird zu den Kindern was vorgetragen? Sind sie krank, behindert onder sonst besonders schutzwürdig? Könenn sie ggf. bei Verwandten unterkommen? Eventuell kann da auch das Jugendamt helfen.

    Im Übrigen handhabe ich es auch so, dass ich der Meinung bin, dass jemand der sich vergleichsweise zur Räumung verpflichtet zunächst weniger schutzwürdig ist. Er hätte eventuelle Probleme bei der Wohnungssucher vorher berücksichtigen müssen. Insbesondere bei einer Großfamilie.

  • Danke für die weitere Rechtssprechung!

    Auch der Hinweis auf den Titel ist eine durchaus gute Argumentation.

    Nein, Nachweise über die Zahlung von rückständigen Mieten liegen nicht vor. Ebenso wenig liegen Nachweise vor, dass sich um Ersatzwohnung bemüht wurde. Zu den Kindern werden ebenfalls keine weiteren Ausführungen gemacht.
    Der Vergleich datiert vom 13.07.2012

  • Der Vergleich datiert vom 13.07.2012

    Dann dauert die erfolglose Suche - unterstellt es hat sie gegeben - aus Sicht des Gläubigers natürlich schon recht lange.
    Da stellt sich für mich die Frage, ob weitere zwei oder drei Monate den Schuldner weiterbringen (oder ob auch das letztlich keine Aussicht auf Erfolg hat, wenn bereits mehrere Monate erfolglos und intensiv gesucht wurde) und ob dem Gläubiger ein weiteres Zuwarten zuzumuten sind.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • wär mir zu lang (mehr als 3 Monate würde es bei mir nicht geben, vielleicht wegen der Notlage etwas mehr), aber 8 Monate auf keinen Fall, schon gar nicht wenn Nachweise fehlen. Einzige Option: Gl stimmt zu, deshalb Anhörung mit kurzer Frist.

  • Falls die Kinder den ausschlaggebenden Punkt darstellen sollten, kann die Frist auf Schuljahresende gesetzt werden.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Falls die Kinder den ausschlaggebenden Punkt darstellen sollten, kann die Frist auf Schuljahresende gesetzt werden.

    Kann natürlich gemacht werden, aber man sollte schon auf den Schuldner-Vortrag abstellen. Wenn der nichts bezüglich "Schulwechsel" vorbringt, ist das auch nichts was ich bei einer Entscheidung berücksichtige...

  • Also § 765a ZPO würde allenfalls kurz vor Prüfungen wie Abi oder so reichen, ggf. auch kurz vor Schuljahrsende, wenn versetzungsrelevante Klausuren zu schreiben sind.

    Die anderweitige Unterkunft der Schuldner hat der kommunale "Wohnungsnotdienst" zu regeln, dass kann -auch bei Großfamilien- nicht dem Gläubiger überbürdet werden. Das Vollstreckungsgericht ist auch in derartigen Fällen nicht zur Betreuung der schuldner berufen.

    Zu berücksichtigen ist auch nur, was geltend gemacht wird nicht mehr und auch nicht weniger

  • Sehe ich auch so -zentraler Ansatzpunkt wären für mich die getilgten Mietrückstände, Zahlung der laufenden Miete und Nachweis der Bemühungen nach Ersatzwohnraum.
    Gegebenefalls wird die Gemeinde/Stadt sogar eine Wiedereinweisung durchrführen - auch wenn es versucht wird zu vermeiden.

  • Hab´noch was gefunden:
    Für die Übergangszeit bis zum Wechsel in eine neue Wohnung ist es d. Schuldn. zuzumuten, den Weg zur Schule bzw. zum Hort für ihr gemeinsames Kind –sofern nötig- mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu überbrücken, wenn sie vorrübergehend in einer Obdachlosenunterkunft untergekommen sind (LG Hannover Beschluss vom 13. 03. 2007 –8 T 7/07-).

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