Nachlasspflegschaft, Erbenermittlung

  • Hallo,

    der Ehemann der Erblasserin steht unter Betreuung. Eigene Kinder haben die Eheleute nicht gehabt. In den 50 iger Jahren ist die Mutter der Erblasserin in die USA ausgewandert. Es ist nicht bekannt, ob diese weitere Abkömmlinge hat oder bereits verstorben ist. Es wurde jedoch ein Alleinerbschein für den Ehemann beantragt.
    Daraufhin habe ich den Erbscheinsantrag aufgrund fehlender Unterlagen/Nachweis, dass die Mutter der Erblasserin ohne Hinterlassung weiterer Abkömmlinge, zurückgewiesen. Das OLG hat mich bestätigt.

    Nun hat die Betreuerin des Ehemannes, welche auch den Erbscheinsantrag gestellt hatte, die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft beantragt, da ihr nicht möglich sei, bezüglich der unbekannten Miterben, weiter zu ermitteln.

    Ist der Antrag auf Einrichtung der Nachlasspflegschaft eures Erachtens nach gerechtfertigt? :gruebel:

  • Solange nicht feststeht, dass die Mutter der Erblasserin tatsächlich verstorben ist, dürfte nur eine Abwesenheitspflegschaft für diese in Betracht kommen.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Solange nicht feststeht, dass die Mutter der Erblasserin tatsächlich verstorben ist, dürfte nur eine Abwesenheitspflegschaft für diese in Betracht kommen.

    Nein, denn eine Nachlasspflegschaft geht als Spezialvorschrift den Regeln der Abwesenheitspflegschaft vor.

    Meines Erachtens kann der Antrag der Betreuerin dahingehend ausgelegt werden, dass diese eine Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB beantragt um den Nachlass auseinandersetzen zu können.

    Dass die Betreuerin noch keinen (Mindest-) Teilerbschein beantragt oder in Händen hat, stört genausowenig ihr Rechtschutzbedürfnis wie bei einem sonstigen Gläubiger, der für einen Antrag nach § 1961 BGB weder einen Titel vorlegen noch eine Klage zu erheben hat.

    Es reicht, dass der Antragsteller einen Anspruch gegen den Nachlass bzw. die unbekannten Erben hat (in unserem Fall hier nach § 2042 BGB) und dass die betreffenden Erben unbekannt sind bzw ungewiss ist, ob diese die Erbschaft angenommen haben. Ein Sicherungsbedürfnis muss bei einer Pflegschaft nach § 1961 BGB nicht vorhanden sein, denn dieses wird durch das Rechtschutzinteresse des Gläubigers ersetzt.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Eine Erbauseinandersetzung setzt natürlich begrifflich voraus, dass überhaupt eine Erbengemeinschaft existiert. Gerade dies ist im vorliegenden Fall aber fraglich, weil der Verbleib der Erblassermutter (und ihres Stammes) unbekannt ist und daher gar nicht gesagt ist, ob es die betreffenden Miterben überhaupt gibt, zumal von einer Erbannahme dieser etwaigen Miterben schon überhaupt keine Rede sein kann, weil diese vom Erbfall noch keine Kenntnis haben.

    Es liegt hier nach meiner Ansicht der übliche Fall vor, bei welchem einige Erben bekannt und der Rest der Erben unbekannt ist. Wenn in der Ehe der Erblasserin der Güterstand der Zugewinngemeinschaft gegolten hat, ist die Erbfolge mindestens für eine 3/4-Erbquote geklärt (Ehemann). Für die 1/4-Restquote wäre somit Nachlasspflegschaft anzuordnen, und zwar nicht nur zur Sicherung und Verwaltung des Nachlasses im Hinblick auf diese Erbquote, sondern auch zur Erbenermittlung.

  • Guten Morgen Cromwell, bist wohl auch aus dem Bett gefallen :)

    Natürlich kommt man mit deinen Überlegungen so schon vom Grunde auf zur Pflegschaft. Es gibt aber (leider) immer wieder Gerichte, die bei auch nur einem bekannten Erben gänzlich eine NLP verweigern und damit für den/die bekannten Erben (und auch sonstige Dritte in Bezug auf den NL) oft beinahe unlösbare Probleme schaffen.

    Mir gings aber hier mehr darum, den Antrag des Betreuerin zu würdigen. Denn spätestens jetzt muss eine NLP angeordnet werden.

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (23. April 2013 um 09:29)

  • Der frühe Vogel fängt den Wurm...

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (23. April 2013 um 06:49)

  • Für einen Nachlasspfleger ist es wohl immer am besten, wenn die Gerichte möglichst viele Nachlasspflegschaften einrichten.

  • @ Jahreszeiten: Ja natürlich, davon leben sie schließlich.... Ist doch wohl klar!

    Zur Sache:
    Ich sehe hier auch eine ganz klassische Nachlasspflegschaft nach § 1960 I S. 2 BGB.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Für einen Nachlasspfleger ist es wohl immer am besten, wenn die Gerichte möglichst viele Nachlasspflegschaften einrichten.

    Danke, aber das berücksichtigt nicht, dass ich mich rechtlich fundiert mit der gestellten Frage auseinandergesetzt und entsprechend geantwortet habe.

    Ich finde solche Beiträge und Unterstellungen übrigens nicht sehr schön oder besser gesagt unnötig....und wer mich kennt und jetzt erschrocken ist, dass ich so deutliche Worte mache: Ja, ich bin manchmal auch getroffen.

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  • Das wissen wir doch TL.

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  • By the way: Die Betreuerin hatte einen Alleinerbschein beantragt. Dieser wurde aber mangels Nachweis, dass die Mutter ohne weitere Abkömmlinge zu hinterlassen vorverstorben ist, zurückgewiesen. Damit ist der Antrag weg. Man könnte jetzt aus der Sicht der Betreuerin alles dahingehend "abkürzen", dass die Betreuerin erneut einen ESA stellt und diesmal eben einen Antrag nach § 2358 II BGB stellt.

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  • Das wissen wir doch TL.

    Und trotzdem ist es schade, dass ich immer wieder (von einigen wenigen Usern) "angemacht" werde...nur weil ich hier mit "offenem Visier" poste.
    Ich weiß, ich darf nicht klagen, aber traurig bin ich manchmal schon darüber, denn immerhin versuche ich stets neutral und rechtlich fundiert zu antworten.

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    2 Mal editiert, zuletzt von TL (23. April 2013 um 09:25)

  • Das wissen wir doch TL.

    Und trotzdem ist es schade, dass ich immer wieder "angemacht" werde...nur weil ich hier mit "offenem Visier" poste.
    Ich weiß, ich darf nicht klagen, aber traurig bin ich manchmal schon darüber, denn immerhin versuche ich stets neutral und rechtlich fundiert zu antworten.

    Finde ich auch sehr schade, denn deine Beiträge sind fachlich immer absolut Top! Hoffe ein Lob darf man hier ruhig mal bringen :) Gleichzeitig weiß ich bzw. sagst du selbst, dass du meist nur hier unterwegs bist. Wenn du mal siehst, was manchen RAe in den BerH-Threads unter anderen unterstellt wird...manchmal braucht man ein dickes Fell ;)

  • @ TL: Ja, ich finde es auch sehr bedauerlich. Aber das hatte ich ja bereits an anderer Stelle dargelegt.

    Ich schätze deine Meinung und bin sehr froh, dass du hier bist. Auch um eine andere Sichtweise zu auf manche Dinge zu bekommen. Es gibt auch immer wieder Mal Sachen, wo wir vielleicht nicht einer Meinung sind, aber da muss man weder beleidigend noch persönlich werden. Habe ich noch nie bei dir erlebt....und bei den meisten Forianern hier zum Glück auch nicht!

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

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