Kündigung der Wohnung der Betroffenen ohne Genehmigung des Betreuungsgerichts

  • Öfter mal was Neues:

    Im Rahmen der jährlichen Berichterstattung berichtet der langjährige Berufsbetreuer, im Berichtszeitraum sei die Betroffene -steht unter Einwilligungsvorbehalt- ins Altenheim "verzogen", die Wohnung sei gekündigt und aufgelöst worden.

    Auf Rückfrage erklärt der Betreuer, er habe das Mietverhältnis gekündigt. Ein Genehmigungsverfahren wurde bislang nicht durchgeführt.

    Nach Mitteilung der Unwirksamkeit der Genehmigung und der Unmöglichkeit der Heilung der Kündigung erklärt der Betreuer, das Mietverhältnis sei doch "einvernehmlich mit dem Vermieter abgewickelt worden". Er hält ein Genehmigungsverfahren nicht für erforderlich (wem gegenüber soll er denn nach erfolgter Genehmigung noch kündigen, er könne doch keine schlafenden Hunde -meint wohl den Vermieter- wecken).

    Ich gehe davon aus, ein Genehmigungsverfahren muss sein.

    Liege ich da falsch?

  • Ich weiß nicht, ob ich das Verfahren neu durchziehen würde. Falls der Vermieter Leerstand hatte, könnte er tatsächlich Miete weiter verlangen.

    Falls Du Einfluss auf die Betreuerbestellung hast: Der Typ bekäme bei mir nie mehr eine Betreuung.

  • In solchen Fällen lassen wir (das schließt die Gerichte im Umkreis soweit ich weiß mit ein) das Genehmigungsverfahren sein. Die Vermieter machen keine Späne. Die sind froh, die Wohnung wieder vermieten zu können. (Die Macht des Faktischen, nicht ganz sauber, ich weiß...) Der Betreuer bekommt allerdings eine Ansage. Es betrifft aber immer Ehrenamtler.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • In solchen Fällen lassen wir (das schließt die Gerichte im Umkreis soweit ich weiß mit ein) das Genehmigungsverfahren sein. Die Vermieter machen keine Späne. Die sind froh, die Wohnung wieder vermieten zu können. (Die Macht des Faktischen, nicht ganz sauber, ich weiß...) Der Betreuer bekommt allerdings eine Ansage. Es betrifft aber immer Ehrenamtler.

    Wir fangen hier auch nicht an, das tote Pferd zum Laufen zu bringen ...
    Der Betreuer bekommt hier allerdings auch eine Ansage - bei Ehrenamtlern wird auf die Verpflichtung und die ausgehändigten Merkblätter hingewiesen (da steht das nämlich explizit drin). Und auf die mögliche eigene Haftung wird hingewiesen. Vermerk in die Akten, gut is'.

    Und bedauerlicherweise bringen auch Berufsbetreuer gerne mal so einen Kracher. :mad: :mad:

    Ich mache keine Fehler ... ich erschaffe kleine Katastrophen.

  • Guten Morgen,

    ich bin sehr erstaunt, dass es offensichtlich der weitläufigen Praxis entspricht in derartigen Fällen rein gar nichts zu veranlassen. Zweck einer Genehmigung ist doch auch nicht zuletzt zu erforschen, ob es überhaupt dem freien oder natürlichen Willen (mal allgemein und losgelöst von dem Einwilligungsvorbehalt in diesem Fall) und dem Wohl d. Betroffenen entspricht. Mindestens wäre doch grundsätzlich die Betreute zu der Sache anzuhören und mit dem Betreuer zu erörtern inwiefern tatsächlich alternativen zur Debatte standen (z.B. Pflege ausserhalb eines Pflegeheims mit der Pflege durch nahe Angehörige oder/und in Kombination mit Tagespflege etc.). Schließlich wird bei der Kündigung der Wohnung in garantierte Grundrechte eingegriffen. Ich finde, die Genehmigung des Amtsgerichts ist daher mit gutem Grund vorgeschrieben und es kann nicht sein, dass der Betreuer das Gericht und die Betroffene vor vollendete Tatsachen stellt, ohne diese Entscheidung überprüfen zu lassen.

    viele Grüße
    ruki

  • Das ist grundsätzlich richtig.

    Dann musst du aber auch so konsequent sein und nicht nur eine Anhörung durchführen, sondern das komplette Genehmigungsverfahren.

    Wenn eine Genehmigung der Kündigung möglich ist, gilt die Genehmigung natürlich nur für eine neu zu auszusprechende Kündigung in Konsequenz mit der Verlängerung des Zeitraums, für den der Betroffene Miete zahlen muss.

    Da das nicht unbedingt im Interesse des Betroffenen ist, wird es bei uns auch wie von FED und Sonea gehandhabt.

  • Das ist grundsätzlich richtig.

    Dann musst du aber auch so konsequent sein und nicht nur eine Anhörung durchführen, sondern das komplette Genehmigungsverfahren.

    Wenn eine Genehmigung der Kündigung möglich ist, gilt die Genehmigung natürlich nur für eine neu zu auszusprechende Kündigung in Konsequenz mit der Verlängerung des Zeitraums, für den der Betroffene Miete zahlen muss.

    Da das nicht unbedingt im Interesse des Betroffenen ist, wird es bei uns auch wie von FED und Sonea gehandhabt.

    :daumenrau Machen wir genauso. Der Betreuer bekommt die Mitteilung, dass die Kündigung nicht wirksam ist und er ggf. haftet. Weiter wird nichts gemacht. Ich hatte aber auch noch keinen Fall, in dem ich die Kündigung nicht eh genehmigt hätte.
    In einem Fall hatte ich (oder eher der Betroffene) jetzt das Pech, dass der Betreuer mein Schreiben an den Vermieter weitergeleitet hatte, sodass dieser dann doch noch auf die Genehmigung bestand und der Betroffene noch länger Miete zahlen musste.


  • In einem Fall hatte ich (oder eher der Betroffene) jetzt das Pech, dass der Betreuer mein Schreiben an den Vermieter weitergeleitet hatte, sodass dieser dann doch noch auf die Genehmigung bestand und der Betroffene noch länger Miete zahlen musste.

    Ich würde eher sagen, das ist Pech des Betreuers. Wenn das in einer meiner Akten passieren würde, wäre ganz schnell die Anregung in der Akte vermerkt, einen weiteren Betreuer zu bestellen, welcher die "Mietnachzahlungen" gegenüber dem Betreuer durchsetzt. Wo kämen wir da hin, wenn der Betroffene für den dusseligen Betreuer haftet?

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti


  • Ich würde eher sagen, das ist Pech des Betreuers. Wenn das in einer meiner Akten passieren würde, wäre ganz schnell die Anregung in der Akte vermerkt, einen weiteren Betreuer zu bestellen, welcher die "Mietnachzahlungen" gegenüber dem Betreuer durchsetzt. Wo kämen wir da hin, wenn der Betroffene für den dusseligen Betreuer haftet?

    Stimmt natürlich. Im konkreten Fall war es dann aber eher Pech des Vermieters, da der Betroffene (jetzt im Heim) Sozialleistungen bezog und bezieht.


  • Ich würde eher sagen, das ist Pech des Betreuers. Wenn das in einer meiner Akten passieren würde, wäre ganz schnell die Anregung in der Akte vermerkt, einen weiteren Betreuer zu bestellen, welcher die "Mietnachzahlungen" gegenüber dem Betreuer durchsetzt. Wo kämen wir da hin, wenn der Betroffene für den dusseligen Betreuer haftet?

    Stimmt natürlich. Im konkreten Fall war es dann aber eher Pech des Vermieters, da der Betroffene (jetzt im Heim) Sozialleistungen bezog und bezieht.

    Nein, der Vermieter wendet sich dann natürlich an den Betreuer, der hat es ja vermasselt.

    ruki: Es liegt kein Antrag auf Genehmigung vor und der Betreuer hat zu verstehen gegeben, dass er das auch so belassen will.


  • ruki: Es liegt kein Antrag auf Genehmigung vor und der Betreuer hat zu verstehen gegeben, dass er das auch so belassen will.

    Im Zweifel ist das kein Antragsverfahren, sondern beim Genehmigungsverfahren handelt es sich grundsätzlich um ein Verfahren von Amts wegen. Da das Gericht angeregt wurde durch Kenntnis des Sachverhalts wäre die Einleitung eines solchen Verfahrens möglich.

    Dennoch bitte ich Folgendes zu Bedenken:
    Nach akzeptierter Kündigung seitens des Vermieters - wäre durchzuführende Genehmigungsverfahren ein erheblicher Nachteil für den Betroffenen, denn anders als geschildert, hätte der Vermieter bei unwirksamer Kündigung einen Anspruch auf Zahlung des Mietzinses gegen den Betroffenen. Der Betroffene kann sich lediglich im Wege des Schadensersatzanspruches theoretisch die Gelder wiederholen.

    Dieser Anspruch ist aber auch mit Risiken behaftet. Alleine ein Anspruch führt noch nicht dazu, dass der Betreute die Kohle auch später in den Händen hält. Statt des Geldes hätte der Betroffene nunmehr ein Äquivalent eines Anspruches (Schadensersatz).

    Daher wäre ich mit einem Nachgenehmigungsverfahren im Hinblick auf das Betreutenwohl sehr vorsichtig. Das Genehmigungsverfahren soll den Betreuten schützen und nicht schädigen. Ich pinsel an solchen Stellen einen handschriftlichen Beschluss in die Akte, dass von der Einleitung des Genehmigungsverfahrens aufgrund fehlender Genehmigungsfähigkeit (Verschlechterung der Position des Betreuten "Betreutenwohl") abgesehen wird.

  • Ist es für den Betreuten denn besser, im Altenheim untergebracht zu werden, als in der ihm vertrauten Mietwohnung zu sein? Und wenn das nicht feststeht: Wie kann man von der Prüfung dieser Frage unter Verweis darauf absehen, dass es so ja besser für ihn sei? Alleine die Frage der Mietzahlung ist ja möglicherweise nicht der ausschlaggebende Faktor bei der Einschätzung des Wohls des Betroffenen, oder?

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Alleine die Frage der Mietzahlung ist ja möglicherweise nicht der ausschlaggebende Faktor bei der Einschätzung des Wohls des Betroffenen, oder?

    Ne, das nicht. Aber dafür kann es doch bereits Anhaltspunkte in der Akte geben, dass der Betroffene allein nicht mehr zu recht kommt? Ansonsten sollte man sich einen persönlichen Eindruck verschaffen.

    Für den Fall, dass man soviele Anhaltspunkte hat, dass man die Wohnungskündigung unter normalen Umständen genehmigen würde - würde ich hier zumindest das Verfahren nicht mehr gänzlich durchziehen. Denn dann ginge es tatsächlich nur um die Mietzahlungen.

    Wenn ich starke Bedenken hätte würde ich die Genehmigung versagen, das ist aber dann ein anderer Fall für mich. Hier erschien es mir so, dass das Genehmigungsverfahren pro forma durchgezogen werden sollte.

    Letztlich ist das nicht ganz sauber, ich weiß.

  • Dem stimme ich zu. Es ist nach meiner Meinung zumindest sicher zu stellen, dass das rechtliche Gehör d. Betroffenen gewährt wird. Ist d. Betreute so schwer erkrankt, dass eine Äußerung des Willens gar nicht mehr möglich ist und steht fest, das Alternativen zur Kündigung nicht bestehen würde ich auch kein weiteres Theater machen.

    Wer dann konsequenter Weise einen Genehmigungsbeschluss machen will, kann dies meiner Meinung nach auch bedenkenlos ohne eine Gerfahr für die Betreute tun. Der Vermieter muss davon ja nicht erfahren, wenn aus seiner Sicht die Kündigung eh schon rechtswirksam ist. Auf diese Weise werden auch keine "schlafenden Hunde geweckt".

  • Dem stimme ich zu. Es ist nach meiner Meinung zumindest sicher zu stellen, dass das rechtliche Gehör d. Betroffenen gewährt wird. Ist d. Betreute so schwer erkrankt, dass eine Äußerung des Willens gar nicht mehr möglich ist und steht fest, das Alternativen zur Kündigung nicht bestehen würde ich auch kein weiteres Theater machen.

    Wer dann konsequenter Weise einen Genehmigungsbeschluss machen will, kann dies meiner Meinung nach auch bedenkenlos ohne eine Gerfahr für die Betreute tun. Der Vermieter muss davon ja nicht erfahren, wenn aus seiner Sicht die Kündigung eh schon rechtswirksam ist. Auf diese Weise werden auch keine "schlafenden Hunde geweckt".


    Wenn jemand in diesen Fällen einen Genehmigungsbeschluss macht, muss der Vermieter natürlich davon erfahren.

    Die ausgesprochene Kündigung kann nicht nachgenehmigt werden, die Genehmigung betrifft nur eine zukünftige Kündigung.

    Wenn von vornherein feststeht, dass der Betreuer von der Genehmigung dann sowieso keinen Gebrauch machen möchte, fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis für das Genehmigungsverfahren. Dann sollte kein Genehmigungsbeschluss ergehen.

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