Anfechtung nach Erteilung Erbschein

  • Schönen guten Nachmittag!
    Folgender Fall:

    Die verwitwete Erblasserin hinterlässt 10 Kinder und ein Testament.
    Der Testamentarische Erbe schlägt die Erbschaft aus, es tritt gesetzliche Erbfolge ein.
    Von den 10 Kindern schlagen 8 die Erbschaft aus.

    Es bleiben übrig Erbe Sohn und Erbe Tochter.

    Erbe Sohn wurde die Sachlage erläutert. Er erklärt, dass er die Erbschaft annehmen will und einen Erbschein benötigt. Der Nachlasswert beträgt laut Angabe bis 0 - 1.000 Euro.
    Kein Grundstück! Schulden sind vorhanden.

    Erbe Tochter bekommt 2009 ein Schreiben vom Nachlassgericht mit dem Inhalt, dass der testamentarische Erbe die Erbschaft aufgrund Überschuldung ausgeschlagen hat, sie zu den gesetzlichen Erben gehört und spätestens nach Zugang dieses Schreiben 6 Wochen Zeit hat die Erbschaft auszuschlagen mit den üblichen Belehrungen.

    Erbe Tochter veranlasst nichts.

    Erbe Sohn beantragt einen Erbschein.
    Erbe Tochter wird angehört. Sie äußert sich nicht.

    Der Erbschein wird 2011 erteilt Sohn ½ und Tochter ½.
    Die Erbschein wird der Tochter in begl. Abschrift übersandt, die Akte weggelegt.

    Nun 3 Jahre später geht von der Tochter eine notariell beglaubigte Erbausschlagungserklärung, hilfsweise Anfechtungserklärung ein.
    Sie erklärt, sie hat Post von einem Gläubiger bekommen und soll zahlen. Sie sagt, sie war im Irrtum darüber das der Nachlass überschuldet ist und sie war sich der Ausschlagungsfrist nicht bewusst. Im Übrigen dachte sie, sie wäre nicht Miterbin, weil sie ja nichts unternommen hat.

    Was habe ich jetzt zu veranlassen?
    Ich meine doch nichts. Die vorgetragenen Anfechtungsgründe sind nicht neu und wurden ihr durch das Nachlassgericht bereits mit Schreiben aus dem Jahr 2009 mitgeteilt. Wenn Sie ihre Post nicht aufmerksam liest und anschließend entsprechend handelt -> Pech für sie, oder?

    Danke fürs Antworten!

    der Döner

  • Ganz so einfach ist es m.E nicht. Es kommt bei der Anfechtung darauf an, ob die Erbin Kenntnis hatte, nicht darauf, ob sie Kenntnis hätte haben können.
    Im Hinblick auf den Zeitablauf erscheint es aber unwahrscheinlich, dass sie bis jetzt von nichts wusste. Dazu kann vielleicht "Erbe Sohn" Angaben machen.

  • Wie ich schon schrieb, Erbe Tochter hatte Kenntnis von der Überschuldung des Nachlasses, das wurde ihr ja als Grund für die Ausschlagung des testamentarischen Erben so mitgeteilt. Und entweder ich habe Interesse daran die Höhe dieser Überschuldung zu hinterfragen, dann muss ich selbst aktiv werden oder ich lasse es, dann muss ich aber auch mit den Konsequenzen leben. Ich hoffe nicht, dass sie sich von dem angegebenen Nachlasswert im Erbscheinsantrag 0-1000 Euro hat verleiten lassen zu einer anderen Feststellung zu kommen. Und wenn doch, dann hätte man auch hier mal bei Erbe Sohn nachfragen können oder ggf. das Gericht um Auskunft bitten können.

  • Ich würde sie darauf hinweisen, dass die Ausschlagung/Anfechtung nach Aktenlagen vermutlich nicht wirksam ist und daher der erteilte Erbschein derzeit nicht eingezogen wird. Dann würde ich noch auf die Möglichkeit der Nachlassinsolvenz hinweisen.

  • Ich würde sie darauf hinweisen, dass die Ausschlagung/Anfechtung nach Aktenlagen vermutlich nicht wirksam ist und daher der erteilte Erbschein derzeit nicht eingezogen wird. Dann würde ich noch auf die Möglichkeit der Nachlassinsolvenz hinweisen.

    Und so ein einfaches Schreiben reicht da aus? Als weiteren Posteingang habe ich vorhin gesehen, hat die Erbe Tochter einen Anwalt beauftragt, der Akteneinsicht begehrt.

  • Ich würde sie darauf hinweisen, dass die Ausschlagung/Anfechtung nach Aktenlagen vermutlich nicht wirksam ist und daher der erteilte Erbschein derzeit nicht eingezogen wird. Dann würde ich noch auf die Möglichkeit der Nachlassinsolvenz hinweisen.

    Und so ein einfaches Schreiben reicht da aus? Als weiteren Posteingang habe ich vorhin gesehen, hat die Erbe Tochter einen Anwalt beauftragt, der Akteneinsicht begehrt.

    Na dann würde ich zuerst die Akteneinsicht abwarten. Danach wie beschrieben, vorgehen.

  • Wenn die Tochter behauptet, wirksam angefochten zu haben, so ist das eine Anregung zur Einziehung des Erbscheins. Wenn man die Einziehung ablehnt, so hat das Nachlassgericht das m.E. durch Beschluss zu machen (s.a. Palandt RZ 6 ff zu § 2361 BGB und MüKo RZ 37 zu § 2361 BGB und ff). Dagegen kann die Tochter dann Beschwerde einlegen.

  • Die Anfechtung der Annahme ist als Antrag auf Einziehung auszulegen. Ich stimme Astaroths Posting voll zu.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Das ist dann der nächste Schritt, aber das Aufklärungsschreiben zur Aktenlage mit entsprechenden Kopien zur Erinnerung geht bei uns immer im Vorfeld raus. Die Leute vergessen ganz schnell was vor Jahren war und gehen schlichtweg von falschen Voraussetzungen aus. Aber wenn sich schon ein Anwalt angezeigt hat, dann Akteneinsicht und abwarten.
    Da bin ich gespannt wie das ausgeht.
    Erfahrung hier, es geht ganz schnell in einen massiven Streit über. Spätestens wenn die weiteren Beteiligten informiert werden von der Absicht der Einziehung oder der Einziehung selbst.

  • Wenn ein Rechtsanwalt beteiligt ist, kann man die Anfechtung einer Erbschaftsannahme nicht einfach als Anregung zur Einziehung eines Erbscheins auslegen. Wenn das gewollt gewesen wäre, wäre es auch so formuliert worden (zumal das Verfahren Kosten auslöst). Allenfalls eine Rückfrage wäre wohl schön.

  • Was soll bei bestehendem Erbschein durch eine Anfechtung anderes erreicht werden, als die Einziehung des Erbscheins? Da erübrigt sich doch von vorne herein jede Nachfrage.

    Und: Die Beteiligung eines RA hindert die Auslegung nicht...Sie ist oft eher notwendiges Verfahren um den vermuteten Willen des RA zur Geltung kommen zu lassen.

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  • Und: Die Beteiligung eines RA hindert die Auslegung nicht...Sie ist oft eher notwendiges Verfahren um den vermuteten Willen des RA zur Geltung kommen zu lassen.

    Genau meine Erfahrung.:teufel:

  • Wenn ein Rechtsanwalt beteiligt ist, kann man die Anfechtung einer Erbschaftsannahme nicht einfach als Anregung zur Einziehung eines Erbscheins auslegen. Wenn das gewollt gewesen wäre, wäre es auch so formuliert worden (zumal das Verfahren Kosten auslöst). Allenfalls eine Rückfrage wäre wohl schön.


    Jetzt muss ich mich mal einklinken...
    Wenn ich eine Erbausschlagung oder eine Anfechtung der Annahme nach Erteilung eines Erbscheins habe, muss ich doch prüfen, ob diese Erklärung wirksam ergangen ist und der Erbschein von Amts wegen einzuziehen ist.

    Ich habe da nie auf einen Antrag oder Anregung auf Einziehung des Erbscheins gewartet. Liege ich da sein Jahrzehnten falsch????

  • Nein, nicht falsch.
    Die Anfechtung ist die Anregung sozusagen.
    Ich würde trotzdem nicht sofort einziehen, sondern wie Uschi verfahren. So les ich es auch im Palandt 2361 Rdnr. 6, der auf 24 II FamFG verweist. "Folgt das Gericht einer Anregung nicht, hat es den Anregenden davon zu unterrichten... und " durch Beschluss sollte dies dann geschehen, wenn der Anregende gegen die Ablehnung der Einziehung beschwerdeberechtigt ist.
    Beschwerdeberechtigt sind ( 2361 Rdnr 12 ) alle Antragsberechtigten nach § 2353 Rn 12, also alle Erben und auch alle!! Nachlassgläubiger, die einen Titel vorweisen können.

    Wenn ich also der Meinung bin, dass die Anfechtung nicht durch geht, teile ich erst mal allen (beschwerdeberechtigten) Beteiligten den Umstand der eingegangenen Anfechtung mit und eben auch die Rechtslage nach Aktenstand.
    Dann schau ich was kommt und mache erst dann den Beschluss.

    Letztlich soll doch durch eine Einziehung eines (vermeintlich) falschen Erbscheines vermieden werden, dass der "Nichterbe" gutgläubig erwirbt.
    Bei diesem Sachverhalt scheidet das ja wohl aus. Also kann ich anhören und dann per Beschluss entscheiden.

    Sind die Umstände anders ziehe ich sofort per Beschluss ein und kläre dann die Umstände.
    Es kommt eben darauf an. Ich habe noch nirgends gelesen, dass ich sofort einziehen muss. Ich könnte bei Bedarf den Erbschein bis zum Abschluss der Ermittlungen auch per einstweiliger Anordnung zur Akte nehmen, das hat noch nicht die Wirkung einer Einziehung, schließt aber einen gutgläubigen Erwerb auch nicht aus.

    Aus meiner Sicht immer eine Einzelfallentscheidung.

  • Die Anfechtung der Annahme ist kein Antrag sondern eine Verfahrenshandlung bezüglich der ich den Anfechtenden nicht fragen kann, ob er diese sich wirklich überlegt hat oder eine Rücknahme erwägt. Das geht bei einem Antrag aber nicht bei einer Anfechtung. Ebensowenig wie bei einer Annahmeerklärung diese durch Rücknahme aufgehoben werden kann sondern nur durch Anfechtung.

    Die Anfechtung ist erfolgt mit Akteneingang beim NLG und dann wird durch Beschluss entschieden, wenn eindeutig ist, dass diese nicht wirksam ist bzw. keine weitere Ermittlungstätigkeit notwendig ist. Eine Rückfrage ist bei dem Sachverhalt untunlich. Man kann eine Anfechtung nicht zurücknehmen. Nur wiederum die Anfechtung anzufechten wäre aus der Sicht des Anfechtenden möglich.

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  • Du musst unterscheiden zwischen der Anfechtung und der von einigen hier unterstellten Anregung auf Einziehung eines Erbscheins. Das sind zwei verschiedene Dinge.

    Ein Erbscheinseinziehungsverfahren von Amts wegen könnt Ihr gern starten, aber die Kostenfolge des § 12215 KV GNotKG, vielleicht noch mit einer Kostenauferlegung nach § 81 Abs. 1 FamFG halte ich nicht für gerechtfertigt. Eine Anfechtung muss z.B. auch dann an das Nachlassgericht, wenn danach ein Zivilprozess gestartet wird.

  • Wenn ich als Erbe in einem Erbschein stehe und dann eine Anfechtung der Annahme zu den NLA reiche, hat das NLG (ohne Antrag) aufgrund der eingegangenen Anfechtung die Einziehung des ESA zu prüfen und per Beschluss zu entscheiden, ob die Einziehung erfolgt oder nicht.

    Die Grundlage für diese Entscheidung legt der Anfechtende und der hat dann auch die Kosten zu tragen.

    Ist ein ES erteilt und bekommt das Gericht danach (woher auch immer) mit, dass die Erbfolge ggf. unrichtig ist, hat es von Amts wegen über die Einziehung zu entscheiden und kann dann auch ohne förmlichen Beschluss die Nichteinziehung ablehnen.

    Regt dagegen ein Dritter die Einziehung an, weil er z.B. als potentieller Erbe meint übergangen zu sein, muss ebenso durch Beschluss entschieden werden und trägt dann auch der die Anregung (den konkludenten Antrag auf Einziehung) gebende die Kosten.

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  • Was genau?

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