Selbstablehnung im Termin?


  • :D Das zeigt auf jeden Fall, dass das Vater-Tochter-Verhältnis intakt ist!
    Ich hätte aber auch arge Bauchschmerzen gehabt, wenn ich den Termin in der o. g. Konstellation durchgeführt hätte.

    Aber es müsste doch eigentlich auch möglich sein, den Termin an einen Kollegen zu übergeben ohne Selbstablehnung, oder? Ich meine, dass der GVP die eigene Zuständigkeit vorsieht, hindert doch den Vertreter nicht daran, einzuspringen?
    Oder bin ich hier jetzt blauäugig? Mir stellte sich das Problem nie in ZV-Sachen. In einer anderen Abteilung habe ich zwei Akten von der Kollegin übernommen, weil sie die Betreffenden gut kennt. Aber über eine Ablehnung oder so hat niemand auch nur ein Wort verloren.

  • Soweit ich weiß, hat jede Partei ein Anrecht auf seinen "gesetzlichen Richter". Das heißt, jede Partei kann den Geschäftsverteilungsplan verlangen, stellt er dann fest, dass die Angelegenheit in falscher Zuständigkeit bearbeitet wurde, stellt dies einen Beschwerdegrund dar.

  • Soweit ich weiß, hat jede Partei ein Anrecht auf seinen "gesetzlichen Richter". Das heißt, jede Partei kann den Geschäftsverteilungsplan verlangen, stellt er dann fest, dass die Angelegenheit in falscher Zuständigkeit bearbeitet wurde, stellt dies einen Beschwerdegrund dar.



    Soweit ich mich erinnere, gilt in dem Zusammenhang wie auch in anderen Sachen nicht: Rpfl = Richter ...

  • Soweit ich weiß, hat jede Partei ein Anrecht auf seinen "gesetzlichen Richter". Das heißt, jede Partei kann den Geschäftsverteilungsplan verlangen, stellt er dann fest, dass die Angelegenheit in falscher Zuständigkeit bearbeitet wurde, stellt dies einen Beschwerdegrund dar.



    Der gesetzliche Richter gilt nicht für uns Rechtspfleger!
    Es ist somit völlig egal, was in der Geschäftsverteilung steht, jeder kann einem anderem Kollegen helfen oder Akten übernehmen, ohne dass er Vertreter ist oder so, hauptsache es ist ein Rechtspfleger.

  • Es ist somit völlig egal, was in der Geschäftsverteilung steht, jeder kann einem anderem Kollegen helfen oder Akten übernehmen, ohne dass er Vertreter ist oder so, hauptsache es ist ein Rechtspfleger.


    Das gilt aber nicht bei Selbstablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit. Dieses Recht steht dem Rechtspfleger nämlich garnicht zu. Er hat seine Ansicht zu formulieren und diese Ansicht ist gerichtlich zu überprüfen. Kommt das Gericht zu dem Schluss, das keine Befangenheitsgründe vorliegen, hat er die Sache zu verhandeln, auch wenn er es anders sieht. Ohne eine gerichtliche Entscheidung, darf kein Kollege aus dem genannten Grunde einen Termin einfach so fortführen.
    Es wundert mich, dass Bedenken der Befangenheit, die ich überhaupt nicht habe, beim Ausgangssachverhalt bestehen, aber andererseits die Angriffsmöglichkeit durch die Verletzung von 48 ZPO in Kauf genommen wird.

  • Wir sehen das hier auch nicht so eng. Wir stehen auf dem Standpunkt, dass es einen gesetzliche Rechtspfleger nicht gibt. Hat jemand Bedenken ein Verfahren zu übernehmen, macht es ein anderer.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Die Methode ist sicherlich auch praktisch.

    Wir machen es nicht, weil es den Fall schon gab, also muss über die Selbstablehnung entschieden werden. Richter ist in diesen Angelegenheiten übrigens gleich Rechtspfleger.

  • Natürlich nirgens.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Das weiß ich nicht,
    das war aber das, was wir mal rausgefunden haben,
    weil wir einem Rechtspfleger ohne Änderung des Geschäftsverteilungsplans kurzweilig aushelfen wollten

    Ob das während eines Termins so möglich ist, weiß ich natürlich nicht.
    Bei uns ging es um die Aktenbearbeitung.

  • Das wird interessant. Denn zum Zuge kommen dürfte der Interessenkonkflikt ja erst, wenn tatsächlich ein Gebot durch den Interessenten abgegeben wird. Erst dann bestünde m.E. Handlungsbedarf wegen Selbstablehnung.
    Also ein evtl. platzender Termin....

    Sinn und Zweck der Ablehungsvorschriften ist die Vermeidung des bösen Scheins, so dass es nicht auf das tatsächliche Auftreten des Interessenkonflikts erst im Termin ankommt.

    Ob es den "gesetzlichen Rechtspfleger" gibt, weiß ich nicht. Der Bund deutscher Rechtspfleger fordert ihn bzw. entnimmt ihn schon dem geltenden Recht. Aber wenn es ihn gibt, ist es nicht anders als beim gesetzlichen Richter: die Ablehnungsvorschriften gehen dem Geschäftsverteilungsplan vor.

  • Bisher ging ich auch davon aus, dass es den "gesetzlichen Rechtspfleger" nicht gibt. Vor kurzem stieß ich aber – in einem anderen Zusammenhang – auf folgende Textstelle:

    "Der Schuldner darf, wie dem gesetzlichen Richter (Grundgesetz Artikel 101 Abs 1 Satz 2), auch dem gesetzlichen Rechtspfleger nicht entzogen werden, sofern die betreffende Entscheidung nicht von untergeordeneter Bedeutung ist (bei Verstoß ist die Entscheidung zwar wirksam, aber anfechtbar). Gesetzlicher Richter/Rechtspfleger ist dabei nicht das Vollstreckungsgericht als organisatorische Einheit, sondern der im Einzelfall nach Gesetz und Geschäftsverteilungsplan Zuständige." (Zeller/Stöber, ZVG, Einl. Rn 47.2 m.w.N.)

    2 Mal editiert, zuletzt von z.w.V. (6. November 2008 um 07:17)

  • Das Thema "gesetzlicher Rechtspfleger" wird übrigens auch in folgendem Aufsatz behandelt:
    Dipl.-Rechtspfleger (FH) Matthias Tams, Lüneburg, Der Rechtspfleger als Richter i. S. d. Grundgesetzes – eine Bestandsaufnahme oder eine Absage an das Erfordernis persönlicher Unabhängigkeit, Rpfleger 2007, 581-588

    Inhaltsübersicht:
    http://www.rpfleger.de/Inhalte/Dokumente/heft2007_11.htm

    Wenn man sich aber einige zentrale Entscheidungen zu dieser Thematik betrachtet (z.B. BVerfG, Beschl. v. 18.01.2000 – 1 BvR 321/96; BVerwG, Urt. v. 30.03.2006 – BVerwG 2 C 41.04) wird klar, dass es müßig ist, hierüber weiter nachzudenken. Oder – wie es ein früherer DirAG mal gesagt hat: "Bevor Rechtpfleger persönliche Unabhängigkeit erhalten, verlieren die Richter ihre ..."

  • Aktuelle Rechtsprechung zum Thema "gesetzlicher Rechtspfleger":

    "Die Vorschriften über den gesetzlichen Richter sind auf Rechtspfleger weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden. Aus den Bestimmungen des Rechtspflegergesetzes ergibt sich nicht, dass die Verteilung der von den Rechtspflegern zu erledigenden Geschäfte im Voraus nach einem abstrakt-generellen Maßstab bestimmt sein muss. Die Übertragung bestimmter Geschäfte an den Rechtspfleger durch Anordnung im Einzelfall (ad hoc) ist zulässig." (BGH, Beschl. v. 10.12.2009 – V ZB 111/09, ZfIR 2010, 84, m.w.N.)

  • Ich sehe aber doch einen Unterschied, ob die Geschäftsverteilung wegen Erkrankung, Überlastung u. ä. "spontan" geändert wird, oder wenn ich zu einer Kollegin / einem Kollegen gehe und diesem "unter der Hand" bitte, eine Akte von mir zu bearbeiten, weil ich mich für Befangen fühle.

    Ich habe dies selber zwar auch schon gemacht, weil ich keinen Pfüb gegen meinen Nachbarn erlassen wollte oder eine Kollegin keinen KfB gegen den Verkäufer ihres jetzigen Hauses.
    Aber wenn man ehrlich ist, wirklich befangen ist man in solchen Sachen nicht. Es ist nur unangenehm, wenn Parteien mitbekommen, welche Infos man über ihn hat.

    In Fällen echter Befangenheit sollte daher auf jeden Fall immer der offizielle Weg gewählt werden, und die Sache aktenkundig machen.

    Ich sehe auch einen Unterschied, ob man mal eine kurze Sache für einen Kollegen macht, z. B. Pfüb oder KfB erlassen, PKH-Anweisung oder ob man ein ganzes Verfahren bearbeiten muss z. B. in Zwangsversteigerungs- oder Betreuungssachen.
    Ich bin der Auffassung, dass auch in diesen Verfahren nicht ein Kollege "unter der Hand" eine Sache bearbeiten kann.

    Bei den Verfahren, wo teilweise nur eine Entscheidung getroffen wird, kann man ja nach argumentieren, dass der Kollege gerade in der Stunde krank geworden ist oder sonst verhindert ist und der Vertreter einspringen musste. Aber bei Verfahren, die man immer wieder auf dem Tisch hat, ziehen solche "Ausreden" nicht.

    Birgit-Vanessa

  • Zum Thema bitte ich um eure geschätzte Meinung zu folgender Konstellation:

    Ich habe ein Teilungsversteigerungsverfahren angeordnet. Für einen der Antragsgegner zeigt sich nun ein Anwalt an, der mit mir in einer eheähnlichen Partnerschaft lebt ;)
    Für den Antragsgegner wurde die einstweilige Einstellung beantragt. Über diesen Antrag hat nun zunächst meine Kollegin entschieden, da ich im Urlaub war. Das Verfahren geht aber ja weiter, Verkehrswert, etc.
    Nun bin ich unsicher, ob ich dieses Verfahren weiter führen kann, da die anwaltliche Vertretung fortbesteht.
    Wenn ich mich tatsächlich für befangen erklären muss, wie sieht das dann in der Akte aus? Ist das einfach ein Vermerk und die Zuständigkeit wird der Kollegin übertragen oder gar ein Beschluss? :gruebel:

  • ... Wenn ich mich tatsächlich für befangen erklären muss, wie sieht das dann in der Akte aus? Ist das einfach ein Vermerk und die Zuständigkeit wird der Kollegin übertragen oder gar ein Beschluss? :gruebel:

    Ein Aktenvermerk reicht im Hinblick auf § 48 ZPO i.V.m. § 10 Satz 1 RPflG nicht aus. Es bedarf einer richterlichen Entscheidung gemäß § 10 Satz 2 RPflG.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Ich hab mal sowas gemacht:

    "Ich erkläre mich in diesem Verfahren gem. § 48 ZPO für befangen:

    Hier Angabe der Nähe zum Parteivertreter/Beteiligten einfügen.
    In Anbetracht der somit bestehenden (familiären) Verbindungen zeige ich hiermit an, dass Gründe vorliegen, die eine Ablehnung in diesem Verfahren rechtfertigen könnten. Das Verfahren kann von meinem Vertreter XYZ durchgeführt werden."

    Das habe ich dann dem Richter vorgelegt, der dann einen Beschluss gemacht hat.

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

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