Wer weist GbR-Gebote zurück?

  • Das schöne an der Entscheidung des OLG Köln ist doch folgende Passage:

    Der Erwerb des Eigentums durch Zuschlag vollzieht sich dagegen nach § 90 Abs. 1 ZVG durch den Zuschlag selbst, also außerhalb des Grundbuchs, und die anschließende Umschreibung des Eigentums im Grundbuch aufgrund des Ersuchens des Vollstreckungsgerichts (§ 130 Abs. 1 Satz 1 ZVG) stellt eine bloße Berichtigung des Grundbuchs dar.
    Diese Umschreibung erfolgt dann nach § 38 GBO "auf Grund des Ersuchens der Behörde", also hier des Vollstreckungsgerichts. Dabei hat das Grundbuchamt zwar die Voreintragung des Betroffenen (§ 39 GBO, vgl. nur Demharter, a.a.O., § 38, Rdn. 65, 73), aber nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen tatsächlich gegeben sind, unter denen das Vollstreckungsgericht zu dem Ersuchen befugt ist; dafür ist vielmehr allein die ersuchende Behörde verantwortlich (vgl. OLG Hamm, MDR 1958, 44; OLG Frankfurt, FGPrax 2003, 197; OLG München, FGPrax 2008, 235 [236]; Demharter, a.a.O., § 38, Rdn. 74; Zeller/Stöber, ZVG, 19. Aufl. 2009, § 130, Anm. 2.15). Mithin hat im Fall der Umschreibung aufgrund Eintragungsersuchens nach - rechtskräftig gewordenem - Zuschlagsbeschluß allein das Vollstreckungsgericht vor Erteilung des Zuschlags zu prüfen, ob die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in deren Namen das Meistgebot abgegebenen worden ist, existiert und ob sie im Versteigerungsverfahren wirksam vertreten worden ist.

    Bedeutet im Ergebnis nämlich dass das Grundbuchamt das Ersuchen vollziehen muss und nicht wegen angeblich fehlerhafter Prüfung des Vollstreckungsgerichts bei der Gebotsabgabe zurückweisen kann.
    Daraus könnte man als Vollstreckungsgericht schließen: Wie ich prüfe, entscheide ich :cool:.
    Der möglichen Folgen sollte man sich natürlich bewußt sein, aber das Risiko, dass ein GBA nach rechtskräftigem Zuschlag ein Ersuchen zurückweist ist vom Tisch.

    Es stand alles in Büchern, die Alten lebten noch
    Wir haben nicht gelesen, nicht gesprochen, weggeschaut, uns verkrochen ...
    No!



  • Sag ich ja schon immer, kann es nur nicht so schön aufschreiben !

  • Ich mache darauf aufmerksam, dass das OLG Köln in den zitierten Passagen immer nur von der GbR, aber nicht von ihren Gesellschaftern spricht. Und deshalb ist alles, was das OLG über das Ersuchen des Vollstreckungsgerichts ausführt, auch zutreffend, soweit es die GbR (= die Ersteherin) angeht. Über die Eintragung der Gesellschafter verliert das OLG dagegen kein Wort, sodass es sich zu der Frage, ob das Vollstreckungsgericht auch (sic!) um die Eintragung der Gesellschafter ersuchen kann, überhaupt nicht geäußert hat. Dies war auch gar nicht nötig, weil es nur darum ging, dass es im Rahmen eines Gebots einer GbR die Aufgabe des Vollstreckungsgerichts ist, die Vertretungsverhältnisse der GbR zu prüfen. Dass es sich so verhält, versteht sich natürlich von selbst, denn wer sollte denn sonst die Vertretungsmacht im Bietertermin prüfen? Das Grundbuchamt prüft bei der Eintragung der Gesellschafter demzufolge nicht die Vertretungsverhältnisse der GbR (sie gibt im Grundbuchverfahren ja überhaupt keine Erklärung ab!), sondern den Gesellschafterbestand der GbR, der zusammen mit der GbR eingetragen werden muss (§ 47 Abs.2 S.1 GBO).

    Alles, was ihr schreibt, unterstellt bereits, dass das Vollstreckungsgericht nicht nur um die Eintragung der Ersteherin, sondern auch um die Eintragung der Gesellschafter der Ersteherin ersuchen darf, und aus dieser Unterstellung leitet ihr dann gleichzeitig die Bindung des Grundbuchamts an dieses Ersuchen ab, obwohl aufgrund der besagten Unterstellung weder geprüft wurde noch feststeht, ob überhaupt eine Ersuchensbefugnis besteht. Ihr prüft also nicht, sondern ihr unterstellt, was erst zu prüfen wäre.

    Im übrigen ist die Ersuchensfrage, die sich hier unmerklich in den Vordergrund geschoben hat, nicht das Entscheidende. Entscheidend ist vielmehr die vom OLG Köln hervorgehobene Prüfungspflicht des Vollstreckungsgerichts im Hinblick auf die Rechts- und Vertretungsverhältnisse der GbR. Und insoweit stellt das OLG ganz klar heraus, dass die angebliche Praxis der "Nichtprüfung" wohl auf der allgemeinen Unsicherheit in GbR-Fragen beruht, dass eine Nichtprüfung aber -wie im Grundbuchverfahren- keine Prüfung ist.

    Zu # 262:

    Die Rechts- und Vertretungsverhältnisse der GbR sind nicht i.S. des § 71 Abs.2 ZVG offenkundig, wenn die im Bietertermin Erschienenen erklären (= lediglich behaupten), die einzigen Gesellschafter einer bereits existenten GbR zu sein. Wenn dies offenkundig wäre, wären die Rechts- und Vertretungsverhältnisse auch im Anwendungsbereich des § 29 GBO offenkundig, und zwar unabhängig davon, ob die betreffende Erklärung der Erschienenen zu notarieller Urkunde abgegeben wird oder ob sie gleiches unter Vorlage ihrer Ausweispapiere zur Niederschrift des Grundbuchamts erklären.

    Was bedeutet „Offenkundigkeit“ i.S. von § 71 Abs.2 ZVG und § 291 ZPO?

    Offenkundig sind Tatsachen, die dem Gericht kraft Amtes bekannt sind (frühere Verfahren) = gerichtskundige Tatsachen, sowie Tatsachen, die dem Gericht aus allgemeiner Kenntnis bekannt sind (Tagesgeschehen, Geschichtsereignisse = allgemeinkundige Tatsachen (Stöber § 17 Rn.4, 4.4).

    Offenkundig ist angesichts dieser -unstreitigen- Definition, dass die Rechts- und Vertretungsverhältnisse einer GbR nicht offenkundig sind, nur weil die Erschienenen behaupten, gewisse Dinge würden sich so verhalten wie sie behaupten. Es sind ja nicht einmal die Vertretungsverhältnisse einer registerfähigen Gesellschaft offenkundig, selbst wenn sich das Registergericht am Sitz des Vollstreckungsgerichts befindet (Hintzen Rpfleger 1990, 218; Stöber § 71 Rn. 6, 6.5).

    Es bleibt demnach bei der Prüfungspflicht des Vollstreckungsgerichts und dem förmlichen Nachweiserfordernis des § 71 Abs.2 ZVG im Hinblick auf die Rechts- und Vertretungsverhältnisse der Bieter-GbR. Dass man diese Prüfung gleichwohl nicht vornehmen will, nur weil der erforderliche Nachweis nicht geführt werden kann, bewegt sich somit im außerrechtlichen Bereich, genauso wie es sich im außerrechtlichen Bereich bewegt, wenn man diesen Nachweis im Grundbuchverfahren nicht fordert. Gleichwohl kann natürlich jeder so verfahren wie er möchte. Er soll dann aber bitte nicht behaupten, dass das, was er da tut, auch von § 71 Abs.2 ZVG oder von § 29 GBO gedeckt ist.

  • @ Cromwell: Ich bin das Lesen Deiner langen Ausführungen Leid. Soviel Zeit habe ich leider nicht. Mir scheint, es geht Dir so wie Sternchen in https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…zum-Luft-machen...



    :mad: vP !! Jmd. der sich viel Zeit nimmt, um Lösungen anzubieten, auch noch deswegen ! dumm von der Seite anzumachen :daumenrun. Halt davon was du willst, aber behalts für dich, denn Das hilft definitiv niemand.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Aber Lösungen?


    Gerade Cromwell kann man nun wirklich nicht vorwerfen, er bemühe sich nicht auch fortwährend um praxistaugliche Lösungsvorschläge. Anderes zu behaupten halte ich respektlos.
    Gezielter auf der Sachebene zu streiten sollte uns allen hier möglich sein. Wir sind nicht im Schmoll-Talk-Bereich.

  • Jetzt haltet mal den Ball flach! Die "praxistauglichen Lösungsvorschläge" in Bezug auf das Thread-Thema beschränken sich darauf, dass eine bestehende GbR keine Gebote abgegeben könne. Lösung: Gründung der Gesellschaft bei Gebotsabgabe. Jeder, der das anzweifelt und Gebote von bestehenden GbR akzeptiert, handele rechtswidrig!

  • Nicht schreien, bitte.
    Eine andere Lösung (außer Kulanz) sehe ich bislang zwar ebenfalls nicht, aber ich halte diesen kategorische Zank darum, wer gesetzwidrig und wer gesetzestreu argumentiert, für nicht hilfreich.
    Das sollte hier ausgespart werden, denn es ist gerade nicht so, dass derjenige, dessen Argumente sich auf Dauer vielleicht nicht durchsetzen, deswegen in zwielichten, halbkriminellen Weisen arbeitet oder argumentiert. Das ist aber leider genau, was im Zusammennhang mit der Frage der Gesetzeskonformität unterschwellig mit vermittelt wird.

  • Hier schreit doch keiner.

    Eine andere Lösung (außer Kulanz) sehe ich bislang zwar ebenfalls nicht, aber ich halte diesen kategorische Zank darum, wer gesetzwidrig und wer gesetzestreu argumentiert, für nicht hilfreich.
    Das sollte hier ausgespart werden, denn es ist gerade nicht so, dass derjenige, dessen Argumente sich auf Dauer vielleicht nicht durchsetzen, deswegen in zwielichten, halbkriminellen Weisen arbeitet oder argumentiert. Das ist aber leider genau, was im Zusammennhang mit der Frage der Gesetzeskonformität unterschwellig mit vermittelt wird.



    Aha.

  • Ich sehe im Moment folgende Möglichkeiten von zuzulassenden Geboten für eine GbR:

    1.) Gründung der GbR im Versteigerungstermin vor dem Zwangsversteigerungsgericht
    -> Vertretungsverhältnisse sind für das Gericht offenkundig, § 71 II ZVG ist gewahrt.

    2.) Gebote durch eine bestehende GbR, ein Gesellschaftvertrag wurde vor dem Notar geschlossen, zugleich wurde eine Bietvollmacht (etwa in Gestalt einer Generalvollmacht) notariell beglaubigt, es bietet der Bevollmächtigte unter Vorlage seiner Bietvollmacht und des Gesellschaftsvertrags
    -> Form des § 71 II ZVG ist gewahrt.

    3.) wie 2, nur wurde die Bietvollmacht erst (geraume Zeit) nach dem Gesellschaftsvertrag beurkundet
    -> Problem des Nachweises, ob das Vertretungsrecht bei Bevollmächtigung noch bestand

    4.) wie 2, nur erscheinen die (sämtlichen) Gesellschafter gemäß Gesellschaftsvertrag
    -> Problem des Nachweises, ob Gesellschafterstellung und damit Vertretungsrecht bei Bevollmächtigung noch bestand

    5. wie 2, es erscheint der (oder einer der allein geschäftsführungsberechtigten) geschäftsführende Gesellschafter
    -> Problem des Nachweises, ob Gesellschafterstellung und wenn ja ob auch Vertretungsrecht bei Bevollmächtigung noch bestand

    In den "Problemfällen" lässt es sich trefflich streiten, inwieweit das Gericht von einer Fortgeltung der Regelung bzw. von einer Offenkundigkeit, somit von den Voraussetzungen des § 71 II ZVG, ausgehen darf. Dies wird mir leichter fallen bei einer GbR, die z.B. seit Jahren als WEG-Verwalter aktiv ist, mir Gewerbeanmeldung und Steuernummer mitteilen kann.

    Wenn sowohl Banken für die GbR ein Konto eröffnen/führen, die Finanzämter von der GbR Steuern erhebt und hierfür der GbR eine Steuernummer erteilt, die EU an Landwirtschafts-GbRs Agrarsubventionen ausschüttet, dann müssen doch auch all diese die Existenz und die Vertretung der GbR festgestellt haben.

    Was die in Frage gestellte Rechtsgrundlage für ein Ersuchen nach § 130 auch um Eintragung der Vertretungsverhältnisse der GbR angeht, so ist mir nicht bange, dass der BGH zum altbewährten Mittel der Analogie greifen und das Grundbuchamt auch insoweit von der Prüfungspflicht freisagen wird, weil diese Prüfungspflicht beim um Eintragung ersuchenden Vollstreckungsgericht liegt.

    Curiosity is not a sin.

    Einmal editiert, zuletzt von 15.Meridian (24. Januar 2011 um 14:57) aus folgendem Grund: Klarstellung in Punkt 1

  • zu 1): und was machst du beim zweiten Gebot der GbR? erneute Neugründung? die Tatsachen bei der Gründung für das erste Gebot könnten sich ja bereits verändert haben......


    Ich selbst ginge dennoch von Offenkundigkeit aus.

    Bei einem Handelsregisterauszug ist die Gefahr ungleich größer, dass in der Zwischenzeit eine Änderung eingetreten ist. Dennoch wird hier eine Toleranz von 2-6 Wochen zugestanden, ohne dass die Aktualität in Frage gestellt ist.

    Wobei ich mir bewusst bin, dass es sich ruhiger schäft, wenn man auf ein öffentliches Register verweisen kann.

    Curiosity is not a sin.

    2 Mal editiert, zuletzt von 15.Meridian (24. Januar 2011 um 15:24) aus folgendem Grund: Argument nachgeschoben

  • WinterM:
    Ich würde mit Blick auf die Regeln der Lebens- und Berufserfahrung bei einem so engen Zeitfenster damit argumentieren, dass im Regelfall davon auszugehen sein wird, dass insoweit eine einheitliche Tathandlung vorliegt. Auch das ist im Endeffekt aber m. E. Kulanz.
    (Das manchmal strenge OLG Hamm hat auch keine Probleme damit, wenn Kaufvertrag und GbR-Vertrag in separaten Urkunden nacheinander beurkundet werden, selbst wenn eine davon nur Unterschriftsanerkennungen enthält.)

  • (Ich glaub Mediator wär ja nichts für mich...)
    Ich ahne er sieht das in dem Fall nicht so dogmatisch - zumindest bei der rechtsgeschäftslichen Frage war es so.

  • Ich finde die deutlichen Worte des OLG Köln Klasse: Über 100 Jahre hat es funktioniert, dann sprach der BGH.

    Ich gehe davon aus, dass der BGH wieder sprechen / widersprechen wird.

    Die Anerkennung der REchtsfähigkeit der GbR kam doch nicht von ungefähr. Seit Jahren hatte die Industrie mit den Hufen gescharrt, weil sie die Rechtsfähigkeit der GbR braucht. BGH und Gesetzgeber haben sich diesem nicht mehr verschließen können. Ein Zurück wird es nicht mehr geben. Wenn es nicht gelingt, die Praxisprobleme der GbR im Grundbuchbereich zu lösen, dann wird eher das deutsche Grundbuchwesen zu Fall gebracht als die Rechtsfähigkeit der GbR.

    Da lohnt es sich doch, einen gangbaren Weg zu suchen.

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