Rücknahme aus der Verwahrung

  • Ich muss das Thema nochmal kurz aufwärmen. In der hiesigen amtlichen Verwahrung befindet sich eine letztwillige Verfügung, die lt. damaligen Anschreiben einen Erbvertrag des Herrn X mit seinen Kindern beinhaltet. Herr X möchte diesen Erbvertrag aus der amtlichen Verwahrung herausnehmen. Offenbar hat meine Geschäftsstelle ihn wieder weggeschickt ("geht nicht, weil Erbvertrag"), nun habe ich ein Schreiben von einem Notar (der kürzlich ein neues Testament des Herrn X beurkundet und in die Verwahrung gegeben hat). Der Notar teilt mit, dass es sich bei dem Erbvertrag "tatsächlich ... im Rechtssinne um ein Testament handelt". Ich gehe davon aus, dass er meint, dass in dem Erbvertrag nur letztwillige Verfügungen von Herrn X enthalten sind.
    Trotzdem kann ich doch eine Herausgabe nur an sämtliche Vertragsschließende vornehmen, oder ? Alternativ: Wie wäre es, wenn in der letztwilligen Verfügungen keine vertragsgemäßen Verfügungen enthalten sind ? Dann wäre es doch tatsächlich kein Erbvertrag ?!? Mich stört daran nur, dass die Kinder ja unter Umständen darauf vertrauen, dass die Erklärungen in dem Vertrag ohne ihr Wissen nicht geändert werden können.
    Wie seht Ihr das ? Ich wollte Herrn X jetzt auf das Schreiben seines Notars informieren und möchte mit meiner o. g. Auffassung nicht völlig daneben liegen :oops:.

  • Ich würde das Teil im stillen Kämmerlein öffnen und sehen, was es wirklich ist - oder aber vielleicht noch besser - von den Beteiligten (Notar/Testator) eine Kopie erfordern.

    Dann lässt sich das besser beurteilen. Wenn das Schriftstück mit "Erbvertrag" überschrieben ist, wird es schon mal "eng" mit der Herausgabe nur an den Testator.

  • Mit der Rückgabe des Erbvertrags aus der besonderen amtlichen Verwahrung gilt er als aufgehoben (§ 2300 Abs.2 S.3 BGB i.V.m. § 2256 Abs.1 S.1 BGB). Die Rückgabe eines Erbvertrags ist also ebenso wie beim gemeinschaftlichen Testament ein Ersatz für die einvernehmliche Aufhebung der betreffenden Verfügung von Todes wegen. Bereits aus dieser Überlegung folgt ohne weiteres, dass alle Vertragsschließenden die Rücknahme aus der besonderen amtlichen Verwahrung verlangen müssen und dass es insoweit nicht darauf ankommt, ob nur ein oder mehrere Vertragspartner im Erbvertrag letztwillige Verfügungen getroffen haben.

    Wenn es sich in Wahrheit nicht um einen Erbvertrag handelt, weil er nicht zumindest eine vertragsmäßige Verfügung enthält, dann sind die Vorschriften über den Erbvertrag (und damit auch § 2300 BGB) konsequenterweise auf diese Verfügung von Todes wegen nicht anwendbar, sondern es kann sich im Wege der Auslegung oder Umdeutung in diesem Falle bestenfalls um ein einseitiges notarielles Testament des Erblassers handeln, das er dann natürlich ohne weiteres alleine aus der amtlichen Verwahrung zurücknehmen kann.

    Ich würde wie folgt verfahren:

    Der Notar soll eine Abschrift des "Erbvertrags" übersenden, damit die Rechtslage geprüft werden kann. Diese Verfahrensweise macht es nicht nur entbehrlich, den Verwahrungsumschlag öffnen zu müssen, sondern sie führt automatisch zur Beantwortung der Frage, ob ein Erbvertrag im Rechtssinne vorliegt oder nicht. Stellt sich heraus, dass kein Erbvertrag im Rechtssinne vorliegt, würde ich die anderen "Vertragsschließenden" von der beabsichtigten Rückgabe des "Erbvertrags" an den Erblasser verständigen und ihnen mitteilen, dass mit ihrem Einverständnis zur Rückgabe ausgegangen wird, sofern sie hiergegen nicht binnen einer bestimmten Frist Einwendungen erheben. Werden solche Einwendungen erhoben, muss man weitersehen.

  • oder aber vielleicht noch besser - von den Beteiligten (Notar/Testator) eine Kopie erfordern

    Der Notar soll eine Abschrift des "Erbvertrags" übersenden, damit die Rechtslage geprüft werden kann. Diese Verfahrensweise macht es nicht nur entbehrlich, den Verwahrungsumschlag öffnen zu müssen, sondern sie führt automatisch zur Beantwortung der Frage, ob ein Erbvertrag im Rechtssinne vorliegt oder nicht.

    Das ist eine gute Idee. Ach, so fängt der Montag doch gar nicht so blöd an, wie zunächst befürchtet. Danke Euch beiden und eine schön Woche !

  • Ich hänge mich mal hier mit meiner Frage ran.
    Wie ist das mit der Rückgabe eines gemeinsamen, notariellen Testaments von Eheleuten? Muss dies nach rechtskräftiger Scheidung der Ehe immer noch gemeinsam erfolgen? Die gegenseitige Erbeinsetzung ist doch eh unwirksam. § 2268 BGB.

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Die Rücknahme muss trotzdem gemeinsam erfolgen. Da gibt es keine Ausnahme.



    Es könnte ja sein, dass das Testament Regelungen enthält, die trotz der Scheidung noch gelten sollen. Durch die Scheidung ist das gem.Test ja nicht grundsätzlich hinfällig geworden bzw. ungültig.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Und wie macht man das praktisch?? Läßt man es einfach drauf ankommen und macht ein neues Testament? Ich gehe doch richtig in der Annahme das alle Erbeinsetzungen weg sind , also auch die zugunsten von eigenen, gemeinsamen und Stiefkindern.

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  • -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Ich hatte den 2268 BGB so verstanden dass Verfügungen von rechtskräftigen eschiedenen generell unwirksam sind Abs. 1 und die bei denen nur die Voraussetzungen vorliegen Abs. 2 nur wenn anzunehmen ist. Ist wohl nicht richtig?
    Mein Fall ist der: Berliner Testament, mit Schlußerbeneinsetzung von einem Kind von ihr und 2 Kindern von ihm.

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  • Was macht man, wenn der Urkundsnotar bereits verstorben ist? An wen wird der Erbvertrag, welcher einen Ehevertrag enthält dann übersandt, wenn die Vertragspartner die Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung wünschen? Erbvertrag an den Notar senden, welcher den Aufhebungsvertrag beurkundet hat?

  • Grundsätzlich gibt es doch einen Notarverweser, Nachfolger des verstorbenen Notars.
    Aber die wichtigere Frage: Kann ein Erbvertrag nicht nur dann aus der amtlcihen Verwahrung zurückgenommen werden, wenn dieser ausschließlich letztwillige Verfügungen enthaält? (s.a. Palandt, 67.Aufl., § 2300 Anm.3)


  • M. E. im konkreten Fall nicht einschlägig. § 2268 BGB geht vor.

    Ich hatte den 2268 BGB so verstanden dass Verfügungen von rechtskräftigen eschiedenen generell unwirksam sind Abs. 1 und die bei denen nur die Voraussetzungen vorliegen Abs. 2 nur wenn anzunehmen ist. Ist wohl nicht richtig?



    Doch, das ist schon richtig so.

    Ein weiteres Testament wird Klarheit bringen und die Anwendung des § 2268 II BGB ausschließen.

  • Ich habe eine Frage zur Praxis.
    Ich habe einen Erb- und Ehevertrag. Die geschiedenen Eheleute wollten diesen aus der amtlichen Verwahrung zurücknehmen, was ich abgelehnt habe. Nun kommt ein notarieller Aufhebungsvertrag mit dem Antrag den Erb- und Ehevertrag aus der amtlichen Verwahrung und zu der Urkundssammlung des Notar zu nehmen (den Notar gibt es nicht mehr, daher sind seine Urkunden hier).

    Wie sieht nun die richtige Verfügung dazu aus??? Muss ein Vermerk auf dem Erb- und Ehevertrag angebracht werden?

  • Hatte das noch nie und halte es in diesem Fall für absoluten Unsinn und unnötigen Aufwand. Trotzdem wird man es nicht ablehnen können. Ich würde allerdings nachfragen, was damit erreicht werden soll.
    Einen Vermerk auf die Urkunde würde ich nicht anbringen. Verfügen, dass Ehe- und Erbvertrag aus der besonderen amtlichen Verwahrung antragsgemäß in die Urkundenverwahrung des ausgeschiedenem Notar X im Hause zurückgegeben wird. Im ZTR Umzug der Urkunde registrieren. Leider ohne Kosten.

  • Ob unnötig oder nicht: rechtlicher Blödsinn muss trotzdem erfolgen, auch wenn er nichts bringt und nichts kostet.

    Heißt: Ehe- und Erbvertrag auswüten, ZTR melden, kein Vermerk, da kein Widerruf, Ehe- und Erbvertrag in die Urkundenverwahrung des ausgeschiedenen Notars nehmen, ZTR melden. Ende.

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