Nacherbenvermerk (mal wieder)

  • Guten Morgen,

    ich habe bei befreiter Vorerbschaft die Nacherben angehört. Als Antwort habe ich jetzt ein Schreiben, dass der Löschung des Nacherbenvermerks widersprochen wird.

    Die Veräußerung des Grundstücks erfolgt entgeltlich zur Vermeidung einer Enteignung durch das Land (Straßenbau).

    Ich würde den Nacherbenvermerk löschen und den "Widerspruch" ignorieren.

    Gibt es andere Ansichten?

  • Ich schreibe bei Anhörungen immer dazu, dass ich mit unbegründeten Widersprüchen nichts anfangen kann...

    Ich würde mit kurzer Frist noch mal rausschreiben und eine Begründung verlangen, andernfalls die Löschung erfolgt.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Wie müssten denn die Nacherben bei Anhörung begründet widersprechen (selbstverständlich bei befreiter Vorerbschaft)? Würde die Aussage, der erzielte Kaufpreis wäre zu gering, ausreichen? Wie ginge es dann weiter? Diesen Widerspruch zur Kenntnis an den veräußernden Vorerben?

  • Entscheidend ist, ob das Gericht aufgrund der Einlassungen der Nacherben zu der Erkenntnis kommt, dass die Entgeltlichkeit der Verfügung zweifelhaft ist. Falls nein, ist einzutragen, und falls ja, ist dem Vorerben durch Zwischenverfügung aufzugeben, auf eigene Kosten ein entsprechendes Wertgutachten vorzulegen (OLG Düsseldorf Rpfleger 2008, 299 = FamRZ 2008, 215).

    Ansonsten wie von Dir beschrieben: Anhörung des Vorerben zu den Einlassungen der Nacherben.

  • Habe etwas Ähnliches:

    befreiter Vorerbe überträgt entgeltlich an eine GmbH, deren alleiner Gesellschafter der Vorerbe ist. KP: 370.000,--EUR.
    Mit dem Übertragungsvertrag wurde gleichzeitig eine Grundschuldbestellungsurkunde der GmbH für eine Bank in Höhe von 500.000,--EUR eingereicht.

    Aus der Nachlassakte konnte ein Verkehrswert von 600.000 EUR ermittelt werden. Daher: Beanstandung, Entgeltlichkeit ist nicht nachgewiesen. Entweder Zustimmung der Nacherben oder Nachweis der Entgeltlichkeit durch Wertgutachten.

    Jetzt reicht der Notar Kurzgutachten eines Architekten ein, in dem ein Verkehrwert von 503.031 EUR festgestellt wurde. Der Notar nimmt eine Nachtragsurkunde auf, nach der der Kaufpreis abgeändert wurde auf 504.000,--EUR. Zahlbar in Höhe von 370.000,--EUR sofort und in Höhe von 134.000,--EUR im nächsten Jahr. Zur Sicherung der Zahlungsverpflichtung der 134.000,--EUR wurde eine Restkaufgeldhypothek an rangbereiter Stelle bewilligt.

    Eintragung des Nacherbenvermerks an der Hypothek wurde nicht bewilligt. Muss ich das v.A.w. wegen Surrogationserwerb berücksichtigen oder brauche ich ausdrückliche Bewilligung ?

    Gibt es ein Rangproblem mit der bereits eingereichten Grundschuld über 500.000,--EUR wegen § 16 Abs. 2 GBO ? Hat die Grundschuld wegen früheren Eingangs automatisch Vorrang ? Oder brauche ich Zustimmung der Nacherben zur nachrangigen Eintragung der Restkaufgeldhypothek. Reicht ggf. zur nachrangigen Eintragung ein Hinweis in der noch vorzunehmenden Anhörung der Nacherben ?

  • Die zinslose Stundung ist bereits für sich alleine betrachtet eine unentgeltliche Verfügung i.S. des § 2113 Abs.2 BGB, weil der Nachlass dem Erwerber Gelder zeitlich befristet ohne Gegenleistung zur Verfügung stellt.

    Die Auflassung an die GmbH kann demnach nur vollzogen werden, wenn der Nacherbenvermerk bestehen bleiben soll. Soll der Nacherbenvermerk gelöscht werden, ist wegen der Teilunentgeltlichkeit (= Gesamtunentgeltlichkeit) der Verfügung die Zustimmung aller Nacherben -nicht aber der Ersatznacherben- zum erforderlich.

    Die Restkaufpreishypothek muss Rang vor dem auf Rechnung der Erwerber-GmbH bestellten Grundschuld erhalten, weil die Gewährung des Vorrangs für dieses Erwerberrecht wiederum eine unentgeltliche Verfügung zu Lasten des Nachlasses wäre (anders natürlich, wenn die Nacherben zustimmen oder der Nacherbenvermerk in Abt.II bestehen bleibt). Des weiteren ist auch der Nacherbenvermerk bei der Hypothek einzutragen. Dies hat nach meiner Ansicht (ggf. nach einem rechtlichen Hinweis an die Beteiligten) von Amts wegen erfolgen (§ 51 GBO), weil das Grundbuch ansonsten offensichtlich unrichtig würde.

    Alles Weitere ist zum jetzigen Zeitpunkt Spekulation, weil die Nacherben nach Sachlage ohnehin nicht zustimmen werden, weder der Übereignung samt zinsloser Teilkaufpreisstundung, noch der vorrangigen Eintragung der Erwerbergrundschuld.

  • Aus einem m.W. unveröffentlichten Urteil des OLG Düsseldorf vom 17.12.2007, AZ. I-9 U 58/07 (S.16):

    "Es kann auch nicht zweifelhaft sein, dass die im notariellen Kaufvertrag vereinbarte zinslose Stundung eine unentgeltliche Verfügung i.S. des § 2205 (S.3) BGB darstellt. Der Nachlass hat insoweit auf mögliche Zinseinnahmen verzichtet."

    Die Entscheidung ist zu § 2205 S.3 BGB ergangen. Im Anwendungsbereich des § 2113 Abs.2 BGB gilt aber natürlich nichts anderes.

  • Meine Sache spitzt sich zu. Ich brauche Eure Hilfe:

    Der Notar legt mir jetzt eine Urkunde vor, in der die Kaufpreismodalitäten geändert wurden. Der gesamte Kaufpreis ist jetzt uneingeschränkt fällig, der Antrag auf Eintragung der Restkaufgeldhypothek wurde zurückgenommen. Anhörung der Nacherben ist noch nicht erfolgt.

    Am selben Tag erhalte ich eine einstweilige Verfügung, bewirkt durch die Nacherben auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsverschaffung. Begründung in der einst.Vfg.: Die Nacherben haben Anspruch auf die Vormerkung zru Sicherung ihres aus einem ausgeübten Vorkaufsrecht folgenden Anspruchs auf Übertragung des Eigentums. (Anm: in der Tat befindet sich in dem privatschriflichen Testament der Erblasserin auch die Einräumung eines Vorkaufsrechts der Nacherben für jeden Fall der Veräußerung).

    Was soll ich tun ? Vormerkung für die Nacherben aufgr. einstw. Vfg. kann ich aufgrund § 17 GBO nicht eintragen !? Umschreibung auf Erwerber-GmbH unter Löschung des NE-Vermerks und Eintragung der Erwerber-Grundschuld kann ich aufgrund des vorstehenden Sachverhalts ebenfalls nicht vornehmen. Welche Zurückweisungsgründe hätte ich ?

  • Das ist eine äußerst interessante Entwicklung des Falles, die einige Fragen aufwirft:

    Enthält die einstweilige Verfügung ein Anteilsverhältnis der Berechtigten im Hinblick auf die einzutragende Vormerkung? "In Erbengemeinschaft" können die künftigen Nacherben nicht berechtigt sein, da sie vor dem Eintritt des Nacherbfalls noch keine Erbengemeinschaft bilden.

    Das Vorgehen der Nacherben erscheint mir wenig plausibel. Das Vorkaufsrecht ist offensichtlich vermächtnisweise zugewendet. Üben sie es aus (bezüglich des ursprünglichen oder des mittlerweile zweimal geänderten Kaufvertrags??), müssen sie wohl gleichzeitig in ihrer Eigenschaft als Nacherben mit dem Vertrag einverstanden sein, der den Vorkaufsfall auslöst! Hinzu kommt noch ein weiteres: Der Kaufpreis, den sie in Ausübung ihres Vorkaufsrechts an den Vorerben zahlen, fällt wiederum in die Nacherbenbindung (§ 2111 BGB), sodass sie ihn später mit dem Eintritt des Nacherbfalls wieder als Nacherben erlangen. Bis dahin sind sie aber -im Gegensatz zum Grundbesitz, bei welchem ein Nacherbenvermerk eingetragen ist- faktisch nicht gegen Verfügungen des Vorerben über die betreffenden Gelder geschützt.

    Wie ich der letzten Sachverhaltsergänzung entnehme, soll der Eigentumswechsel nur Zug um Zug mit Löschung des Nacherbenvermerks eingetragen werden (§ 16 Abs.2 GBO). Wird der Antrag auf Löschung des Vermerks zurückgenommen, dürfte es erst recht problematisch werden. Denn bei bestehen bleibendem Vermerk können alle Verfügungen des Vorerben (auch unentgeltliche) problemlos vollzogen werden, und zwar nach § 17 GBO vor der einstweiligen Verfügung, weil diese weder ein Verfügungsverbot zu Lasten des Vorerben noch ein Erwerbsverbot zu Lasten der Erwerber-GmbH beinhaltet. Dann kann die Vormerkung aber gar nicht mehr eingetragen werden, weil der Gegner der einstweiligen Verfügung nicht mehr Eigentümer ist.

    Was ist also zu tun?

    Ich würde die Nacherben zunächst einmal "ganz normal" zum vorliegenden Antrag auf Eigentumsumschreibung und Löschung des Nacherbenvermerks anhören (fragliche Entgeltlichkeit). Sodann würde ich mich im Lichte des Ergebnisses dieser Anhörung, angesichts der bereits zweifach versuchten "Nachbesserung" des Vertragsinhalts und wegen der wirtschaftlichen Identität zwischen Vorerbe und Erwerber auf den Standpunkt stellen, dass nach wie vor nicht von der Entgeltlichkeit der Verfügung ausgegangen werden kann (Verkehrswert lt. Nachlassakte 600.000 € im Verhältnis zu einem Kaufpreis von -zuletzt- 504.000 €), zumal das vorgelegte Architektengutachten nicht den Anforderungen entspricht, die das OLG Düsseldorf (Rpfleger 2008, 299) insoweit aufgestellt hat. Aus meiner Sicht ist die Äußerung eines Architekten kein "Wertgutachten" in dem vom OLG beschriebenen Sinne.

    Sodann könnten die Anträge (Auflassung und Löschung Nacherbenvermerk) insgesamt zurückgewiesen werden, weil der Antrag auf Eintragung der Auflassung nach § 16 Abs.2 GBO nur Zug um Zug mit Löschung des Nacherbenvermerks vollzogen werden kann (so ist es beantragt), diese letztgenannte Löschung aber nicht möglich ist. Vor der Zurückweisung wird man aber wohl Gelegenheit zur Auflösung der Antragsverbindung (durch Rücknahme des Antrags auf Löschung des Nacherbenvermerks) geben müssen, auch wenn die Sache aus den genannten Gründen dann in anderer Weise in Bezug auf die einstweilige Verfügung problematisch würde (siehe oben).

    Ein gutgläubiger Erwerb der GmbH droht übrigens nicht, weil angesichts der wirtschaftlichen Identität von Veräußerer und Erwerber kein "Verkehrsgeschäft" i.S. des § 892 BGB vorliegen dürfte.

  • Die Anhörung der Nacherben ist gestern bereits abgeschickt worden.
    Die einst. Vfg. habe ich gestern auch beanstandet, da sich aus dieser ein Gemeinschaftsverhältnis gemäß § 47 GBO nicht ergibt. Ich habe den beantragenden Rechtsanwalt um Ergänzung seines Antrags gebeten sowie darauf hingewiesen, dass gemäß § 17 GBO vorrangige Anträge der Erledigung der einst. Vfg. durch Eintragung entgegenstehen. Eine Abschrift der Anhörung der Nacherben habe ich ebenfalls dem REchtsanwalt beigefügt.
    Ich hoffe nun auf das Vorbringen triftiger Gründe, die gegen die Entgeltlichkeit sprechen, so dass ich die Löschung des NE-Vermerks und damit gemäß § 16 II GBO die Eigentumsumschreibung auf die Erwerber-GmbH ablehnen kann. Dass diese Anträge zwingend verbunden sind, ergibt sich unmittelbar aus der Urkunde.

    Ich habe aber noch weiterhin gefunden, dass die Nacherben als Vorkaufsberechtigte keinen Herausgabeanspruch gegen den Veräußerer/Dritten erlangen, wenn der Veräußerer (wissentlich) das schuldrechtliche Vorkaufsrecht übergeht und mit einem Dritten einen KV abschließt. Das Vorkaufsrecht erlischt und die Vorkaufsberechigten haben nur einen Schadensersatzanspuch (Schöner/Stöber, RdNr. 1441). Somit dürften die Nacherben mit der dinglichen Sicherung ihrer Ansprüche zu spät dran sein. Der Rechtsanwalt wäre ggf. besser beraten, den Kaufpreis zur Sicherung der etwaigen Schadensersatzansprüche zu pfänden.
    Es bleibt spannend und ich denke demnächst gibt es weiteres zu berichten.



  • Ja, man darf gespannt sein.

  • Antragsergänzung hinsichtlich Beteiligungsverhältnis wurde formlos erfordert (OLG Frankfurt, OLGZ 1989, 6).
    Anm.: Ich weiß, es gibt viele Gründe, die gegen die formlose Ergänzung sprechen, aber im Hinblick auf eine pragmatische Lösung (bei der ich schon absehen kann, dass die einst. Vfg. "ins Leere" läuft) schien mir die formlose Ergänzung angebracht.

  • Nach langem Hin und Her zwischen Vorerben und Nacherben habe ich nun folgende Eingänge zu verzeichnen:

    Ergänzungsurkunde hinsichtlich des Kaufpreises: Erhöhung des Kaufpreises auf insgesamt 765.000,--EUR. Sofortige Fälligkeit des Restkaufpreises. Im übrigen bleibt es in vollem Umfang bei den Vereinbarungen des bisherigen Vertrages (Löschung Nacherbenvermerk mit Eigentumsumschreibung).

    Verkehrswertgutachten gemäß § 194 BauGB eines öffentl. bestellten vereidigten Sachverständigen in dem der Verkehrswert auf insgesamt 765.000,--EUR festgestellt wurde.

    Ich beabsichtige nun eine nochmalige Anhörung des Nacherben zum neuen Kaufpreis unter Fristsetzung, dass eine Löschung des Nacherbenvermerks aufgrund nachgewiesener Entgeltlichkeit beabsichtigt ist, sofern keine Einwände hiergegen schriftlich eingereicht werden.

    Außerdem brauche ich noch eine neue UB vom Notar.

    Das ist echt eine heiße Kiste: Habe ich evtl. etwas übersehen ?
    Die Ergänzungsurkunde ist kurz und knapp und enthält keine Wiederholung der Auflassung. Oder muss die Auflassung nochmals erklärt werden ?????

  • ...Ich beabsichtige nun eine nochmalige Anhörung des Nacherben zum neuen Kaufpreis unter Fristsetzung, dass eine Löschung des Nacherbenvermerks aufgrund nachgewiesener Entgeltlichkeit beabsichtigt ist, sofern keine Einwände hiergegen schriftlich eingereicht werden.


    Ich schreibe immer: "... sofern hiergegen bis einschließlich soundsovielten keine begründeten Einwände hier eingegangen sind."

    Die Wirksamkeit der Auflassung dürfte eigentlich nicht von der Kaufpreishöhe abhängen. Hier lag ja auch kein Fall vor, dass das ursprünglich Beurkundete nicht gewollt gewesen wäre. Die Auflassung war ja wirksam - nur gegenüber den Nacherben nicht, da ursprünglich unentgeltlich.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

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