Mal wieder: Jugendamt - andere Hilfemöglichkeit?

  • @ z.w.V.

    Du weißt, wohin unsere Diskussionen in der Vergangenheit gelegentlich führten. Deshalb will ich eigentlich nicht schon wieder.

    Aber wenn der Kindesvater hier auf einen vielleicht einklagbaren Anspruch gegen das Jugendamt verwiesen wird, dann tut er mir einfach nur leid. Denn damit gerät er zwischen alle Mühlen. Irgendwann muss auch mal Schluss sein. Ganz zu schweigen von der Unterstellung, der Anwalt würde sich einen neuen Textbaustein daraus basteln. Darauf kommt es nämlich schon überhaupt nicht an.

    Und wenn der Kindesvater sich dann beraten lassen will, wie er die Klage führen kann. Wäre dann nicht vielleicht Beratungshilfe zu gewähren.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich denke, ich werde es so lösen:

    Nachfragen, ob er wirklich da war und was wirklich los war. Denn das nur eine Berechnung vorgenommen wird kann ich mir nicht vorstellen.

    Hatte schon 2 Fälle gehabt, wo der Antragsteller gegenüber dem Jugendamt-Mitarbeiter ausfallend geworden ist. In einem der beiden Fälle hatte der Kindesvater Hausverbot bekommen und in dem anderen Fall hatte der Antragsteller einfach kein Bock mehr (bzw. sich nicht mehr getraut) hinzugehen.

    Vielleicht ist es ja der 3. Fall dieser Sorte. Wenn nicht - nunja, kommt drauf an was der Mitarbeiter sagt, dann kriegt er selbstredend seinen Schein. Wie Gegs schon sagte: irgendwo muss Schluss sein.

  • Zum Fall in #78: Ich würde hier BerH bewilligen.

    Ganz andere Frage: Wenn ich das richtig verstanden habe, lebt das Kind bei der Mutter und der Vater will Umgang mit dem Kind, oder ?
    Da stellt sich für mich die Frage, ob der Vater überhaupt für das Kind iSv § 18 Abs. 1 vor Nr. 1 SGB VIII "allein für das Kind zu sorgen hat oder tatsächlich sorgt". M. E. nein, und damit hätte er gar keinen Anspruch ggü. dem JA, weswegen auch eine Verweisung an das JA gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG ausscheidet.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    2 Mal editiert, zuletzt von Ernst P. (10. Februar 2009 um 11:40)

  • Der Beratungsanspruch ergibt sich aus Absatz 3, Satz 4. Da das SGB VIII wohl immer noch nicht verlinkt ist, zitier ich mal::

    (3) Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts nach § 1684 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Sie sollen darin unterstützt werden, daß die Personen, die nach Maßgabe der §§ 1684 und 1685 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Umgang mit ihnen berechtigt sind, von diesem Recht zu ihrem Wohl Gebrauch machen. Eltern, andere Umgangsberechtigte sowie Personen, in deren Obhut sich das Kind befindet, haben Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts. Bei der Befugnis, Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu verlangen, bei der Herstellung von Umgangskontakten und bei der Ausführung gerichtlicher oder vereinbarter Umgangsregelungen soll vermittelt und in geeigneten Fällen Hilfestellung geleistet werden.)

  • Das ist wiederum mir jetzt peinlich. Stimmt, da steht nicht, dass der Elternteil der Beratung bzgl. des Umgangs haben will, das Kind auch in Obhut haben muss (wäre ja auch widersinning...).

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • ... Weil ich gerade an einem Nichtabhilfebeschluss zu dieser Thematik sitze, die einschlägige Literatur und Rechtsprechung hierzu zusammengetragen habe und diese ganz gut hier hinein passt (siehe # 65, Nr. 1, Strichaufzählungen 2 und 3):

    (to be continued ...)

    Contra BerH:

    Rechtsprechung:
    AG Augsburg, Beschl. v. 20.02.1984 – 1 UR II 3/84;
    AG Rotenburg (Wümme), Beschl. v. 12.12.1989 – 1 II 352/89, Rpfleger 1990, 171-172;
    AG Detmold, Beschl. v. 02.01.1991 – 2 II 657/90, FamRZ 1991, 462 = DAVorm 1991, 701;
    AG Neunkirchen, Beschl. v. 24.04.1997 – 2 TUR III 495/96, FamRZ 1998, 253-254;
    AG Neunkirchen, Beschl. v. 15.09.1998 – 2 TUR II 299/98, FF 1999, 60;
    AG Leverkusen, Beschl. v. 26.02.2002 – 16 UR II 254/01-B, 16 UR II 254/01, FamRZ 2002, 1715 = AGS 2003, 125-126 = JAmt 2003, 544-545;
    AG Lahnstein, Beschl. v. 08.07.2003 – 1 UR II 6/03, JAmt 2004, 384 = FamRZ 2004, 1299;
    AG Torgau, Beschl. v. 18.03.2004 – 52 UR II 310/03, 52 UR II 311/03;
    AG Torgau, Beschl. v. 30.04.2004 – 52 UR II m.w.N., FamRZ 2004, 1883-1884;
    AG Kirchhain, Beschl. v. 19.07.2005 – 23 UR II 239/05, JAmt 2005, 469-470;
    AG Hannover, Beschl. v. 19.09.2005 – 813 II 303/05, NdsRpfl 2006, 24-25 = JurBüro 2006, 38-39 = FamRZ 2006, 351 = ZAP EN-Nr 352/2006;
    AG Konstanz, Beschl. v. 14.08.2006 – UR II 172/06;
    AG Rahden, Beschl. v. 29.09.2006 – 2 II 168/06 (BH);
    AG St. Blasien, Beschl. v. 06.10.2006 – UR II 54/06;
    AG Calw, Beschl. v. 12.12.2006 – 1 BerH 467/06;
    AG Zeven, Beschl. v. 14.08.2007 – 6 II 171/07 m.w.N., Rpfleger 2007, 671 = FamRZ 2008, 165;
    AG Konstanz, Beschl. v. 17.07.2008 – UR II 90/08;
    AG Oldenburg (Holstein), Beschl. v. 13.05.2009 – 17 II 1042/08;

    Literatur:
    Mümmler, JurBüro 1991, 669-670; 
    Schoreit/Dehn, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe, 8. Aufl. 2004, BerHG § 1, Rn 40, 50 m.w.N.;
    Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl. 2005, Rn 949 m.w.N.;
    Lindemann/Trenk-Hinterberger, Beratungshilfegesetz, 1987, Rn 18; Tillmanns, Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2008, SGB VIII §18 Rn 3 m.w.N.;
    Hellstab, Die Entwicklung des Kostenrechts, einschließlich des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts seit 2001, Rpfleger 2004, 337, 344 m.w.N.;
    DIJuF-Rechtsgutachten vom 19.12.2002 - J 1.304 Hat, JAmt 2003, 78


    Pro BerH:

    Rechtsprechung:
    AG Wolfsburg, Beschl. v. 14.01.1991 – 3 II 109/90

    5 Mal editiert, zuletzt von z.w.V. (23. Dezember 2009 um 10:20) aus folgendem Grund: ergänzt ...

  • :D mal wieder ein schönes Beispiel aus dem wahren Leben:
    nach der Klärung der Vaterschaft beantragt das JA im Wege der Beistandschaft, den Vater zur Zahlung von 100% des Mindestunterhaltes zu verurteilen. Immerhin, man macht sich die Mühe, die verschiedenen Altersgruppen der DÜT in den Antrag aufzunehmen.
    Was man aber völlig verpennt hat, ist, dass die DÜT ja auch verschiedene Gehaltsgruppen des Unterhaltspflichtigen hat..
    100% entsprechen einem Einkommen von bis zu 1.500,00 €.
    Nehmen wir an, ich würde den Unterhaltspflichtigen vertreten, der ca. 4.500,00 € verdiente und nach DÜT nicht 100%, sondern 152% schuldete....ich würde (wenn ich so einen Fal HÄTTETE) meinem Mdten empfehlen, anzuerkennen und statt 408 € (DÜT) die geforderten 240,00 € zu zahlen.:wechlach:Ersparnis nach 18 Jahren: rund 30.000,00 €.

    Und dann würden mein Mdt und ich sagen: Ja, bitte, schickt die Mütter weiterhin zum JA.

  • Die Ursache für die (wahrscheinlich) falsche Sachbehandlung durch das JA hat m. E. zwei Gründe (die das Verhalten des JA weder entschuldigen sollen, noch die Sache besser machen):

    Oft ist das JA auch UVG-Stelle. Und wenn die UVG-Stelle den vereinfachten Antrag stellt ist halt bei 100% Schluss.

    Ferner scheinen einige JAe dem Irrtumer aufgessen zu sein "na, wird beantragen mal nur "das Mindeste", dann haben wir eine höhere Erfolgsaussicht" und verkennen dabei, dass sie mit ihrem "Mindestantrag" dem Kind ggf. "maximalen" Schaden zufügen. Manchen JAe scheint auch nicht bekannt zu sein, dass man auch mehr als 100% beantragen kann und das dem Gericht egal ist, wie hoch der Prozentsatz angesetzt wird (solange es nicht mehr als 150% sind).

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Ernst P! Falsche Sachbehandlung??? Bei einem deutschen Jugendamt?? DEM Experten für alle Kindschaftssachen?? Verbrennt den Ketzer!

    Ersparnis auf der einen Seite bedeutet -wie Du richtig sagst- Schaden auf der anderen Seite. Hier also rund 30.000,00 €.
    Wichtig wäre nur, wenn ich einen solchen Fall HÄTTETE, dass auch zukünftig keine BerH bewilligt würde, damit die Km nicht doch noch drauf kommt. Aber da ja bereits ein "gerichtliches Verfahren anhängig war" und ein Titel besteht, würde mir das keine großen Sorgen machen. Eine RA ohne BerH kann sich die KM schließlich nicht leisten:teufel:

  • Was man aber völlig verpennt hat, ...

    Ernst P! Falsche Sachbehandlung??? Bei einem deutschen Jugendamt?? DEM Experten ...

    Schaden auf der anderen Seite. Hier also rund 30.000,00 €.


    Ein Rechtspfleger kann sich schadensersatzpflichtig machen, ein Rechtsanwalt kann es und eine Sachbearbeiter des Jugendamts sicher auch.

    Auf die grundsätzlichen Ergebnisse in diesem Thread hat das (für mich) keinen Einfluss.

    Es untermauert allenfalls die Erkenntnis, dass eine Einzelfallprüfung zu einer anderen Entscheidung führen kann.

  • Ein Rechtspfleger kann sich schadensersatzpflichtig machen, ein Rechtsanwalt kann es und eine Sachbearbeiter des Jugendamts sicher auch.

    Auf die grundsätzlichen Ergebnisse in diesem Thread hat das (für mich) keinen Einfluss.

    Es untermauert allenfalls die Erkenntnis, dass eine Einzelfallprüfung zu einer anderen Entscheidung führen kann.


    Schadenersatzansprüche verjähren ja auch erst nach drei Jahren...aber MIR soll´s recht sein.

  • Könnte von mir sein. Meine Taktik verrate ich gerne:

    Nach Geburt weiß die KM meistens, wie es mit der finanziellen Situation des KV bestellt ist. Oder ich weiß es, weil PKH beantragt wurde. Überdies stellt die ARGE den Unterhalt für Mutter und Kind sicher (UVG ist nur ein Tröpfchen auf den heißen Stein). Also Festsetzung 100% und der KM sagen: Melde Dich, wenn der AUsstieg aus Hartz IV winkt, dann können wir die Auskunft einholen. Und jetzt der Clou: Die Zweijahresfrist nach § 1605 BGB hat noch nicht begonnen und es ist nichts präjudiziert.

    Also b-g-f: Sein Pulver trocken halten ist dann sinnvoll, wenn man auf Dauer Beistand und in der vollen Verantwortung bleibt.

    Und für alle Fälle habe ich eine gute Berufshaftpflicht.


  • Nun, ich HÄTTE in meinem Fall keine PKH beantragt und die KM würde auch weder UG noch Hartz IV beziehen, so dass sie alleine den Schaden hat.

    Und jetzt der Clou: wenn sie irgendwann mal ne Auskunft haben will, bekommt sie.Aber den höheren Unterhalt gibt´s erst nach Abänderungsklage für die Zukunft; mit "rückwirkend" ist Essig.

    Und was soll der Hinweis auf 1605 und präjudiziert? Du meinst "präkludiert", oder?

  • Nö, nicht ab Klage sonder ab Aufforderung zur Auskunfterteilung. Gutes Formschreiben ist natürlich schon notwendig. Wenn Dir § 1605 BGB zu vage ist: Ich meine die Frist nach Abs. 2. Es ist auch nicht die Mutter, die irgendwann die Auskunft einholt. Das macht der Beistand von ganz alleine, weil er in der Verantwortung bleibt.

    Präkludiert? Muss ich das kennen? Nö. Dann lass ich mir nen Anwalt beiordnen.

  • Nö, nicht ab Klage sonder ab Aufforderung zur Auskunfterteilung. Gutes Formschreiben ist natürlich schon notwendig. Wenn Dir § 1605 BGB zu vage ist: Ich meine die Frist nach Abs. 2. Es ist auch nicht die Mutter, die irgendwann die Auskunft einholt. Das macht der Beistand von ganz alleine, weil er in der Verantwortung bleibt..


    wir müssen es nicht vertiefen; Du machst Deine Sache ordentlich, aber in dem Fall, den ich HÄTTE hat man es verpennt und die Aufforderung iVm der Frist 1605 wird auch nicht erfolgen, es sei denn der SB wechselt.

  • Zunächst sah es für mich wie ein Standard-Zurückweisungsfall aus, jetzt bin ich mir allerdings nicht mehr so sicher.

    Anwalt schreibt den KV an:

    "In der vorbezeichneten Angelegenheit vertreten wir Ihre getrennt lebende Ehefrau wegen des Kindesunterhalts.

    Sie haben für XXX, geb. am XX.XX.XXXX den Mindestsatz i. H. v. XXX EUR monatlich zu zahlen. Wir haben Sie aufzufordern, den Unterhalt durch Urkunde des Jugendamtes titulieren zu lassen, [folgt Fristsetzung].

    Andernfalls würden wir den Unterhalt durch Klage vor dem Familiengericht geltend machen."

    Auf meine Zwischenverfügung (JA als anderweitige und zumutbare Hilfemöglichkeit) bekomme ich nun folgende Antwort:

    "Vorliegend ist Beratungshilfe zu gewähren.

    Das Jugendamt ist auf der Gegenseite der Kindesmutter als gesetzliche Vertreterin gem. § 1629 III BGB.

    Das Kind ist unter 6 Jahren, so dass von den Jugendämtern versucht wird, die Höchstförderungsdauer für das UVG auszuschöpfen. Diese beträgt 6 Jahre. Deshalb muss der Kindesunterhalt unmittelbar gerichtlich durch die Mutter geltend gemacht werden, damit Ansprüche der Unterhaltsvorschusskasse zurückgenommen werden können und die Förderungsdauer nicht beansprucht wird."

    Stehe ein wenig auf dem Schlauch. Ist wegen der vorgenannten Argumentation das Jugendamt keine anderweitige Hilfemöglichkeit mehr? :gruebel:

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

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