Lebensversicherungen zur Nachlassmasse?

  • Ich hätte hier auch noch eine Frage zu.

    Bei mir (Betreuungsgericht) hat sich eine Nachlasspfleger gemeldet, mit der Bitte einen Pfleger für unbekannte Beteiligte zu bestellen. Die Verstorbene hatte eine Lebensversicherung abgeschlossen und als Bezugsberechtigte die gesetzlichen Erben benannt. Gesetzliche Erben gibt es bisher nicht und werden ermittelt.

    Der Nachlasspfleger möchte die Schenkung nun gegenüber den gesetzlichen Erben wiederrufen und vorsorglich an den Nachlass abtreten lassen und schreibt, dass er dafür den Pfeger benötigt.

    Nach dem Beitrag von Tyarel ist der Widerruf einseitig möglich, so dass ein Pfleger nach meiner Ansicht dann nicht erforderlich wäre. Sehe ich das richtig?

  • Nein, ein Pfleger ist notwendig.

    Der Nachlasspfleger vertritt die (unbekannten Erben). Bezugsberechtigt sind jedoch die gesetzlichen Erben, die davon abweichen können.

    Somit kann der Nachlasspfleger zwar den Botenauftrag an die Verischerung widerrufen, jedoch nicht die dem Bezugsrecht zugrundeliegende Schenkungserklärung, die er ja gegenüber den (unbekannten) gesetzlichen Erben widerrufen müßte.

    Die Versicherungsgesellschaft wiederum wird bei dem Sachverhalt wohl entweder die Leistung insgesamt verweigern oder für die unbekannten gesetzlichen Erben hinterlegen. Dies darum, weil die Versicherungsgesellschaft (richtiger Weise) sagt, dass Sie nicht prüfen kann, ob zwischen dem Schenker und dem Beschenkten bereits Kenntnis über das Bezugsrecht besteht und dieses damit unwiderruflich geworden wäre.

    Streng genommen müßte also der Nachlasspfleger (wenn man davon ausgeht, dass die gesetzlichen Erben nichts vom Bezugsrecht wussten) dann dem Pfleger gegenüber den Widerruf erklären und den Pfleger darauf verklagen (wenn er nicht freiwillig das ggü. der Versicherung erklärt), dass dieser für die von ihm vertretenen gesetzlichen Erben der Auszahlung der Versicherungsleistung an den Nachlasspfleger zustimmt.

    Dass das dein Nachlasspfleger beantragt zeigt, dass er "ein guter" Pfleger ist...oder er auf dem Nachlasspflegschaftstag war oder eine Fortbildung beim BDN hatte :)

    Egal wie, aber dem Antrag ist stattzugeben und noch besser: Ich lasse mich in solchen Fällen gleich auch als 1913-Pfleger bestellen. Dann besteht zwar Personalunion zwischen Nachlasspfleger und 1913-Pfleger, aber ich kann dafür den gesamten Vorgang ganz "easy" abwickeln ;)

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ok...dann nur noch ein Frage...eine Genehmigung von mir bedarf der Pfleger dafür jedoch nicht, oder!? Es handelt sich ja um keine Verfügung sondern lediglich um ein Zustimmung.

  • Ja, die Zustimmung zur Herausgabe an den Nachlasspfleger ist keine Verfügung über das Vermögen, denn Verfügen tut eigentlich der Nachlasspfleger.

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  • Egal wie, aber dem Antrag ist stattzugeben und noch besser: Ich lasse mich in solchen Fällen gleich auch als 1913-Pfleger bestellen. Dann besteht zwar Personalunion zwischen Nachlasspfleger und 1913-Pfleger, aber ich kann dafür den gesamten Vorgang ganz "easy" abwickeln ;)

    Frage:
    Kann ein Nachlasspfleger zugleich Pfleger nach § 1913 BGB (für die unbekannten geesetlichen Erben) sein und dann den Widerruf gegen sich selbst erklären?

    Ich hätte da wegen der Bestimmung des § 181 BGB bedenken und würde eine andere Person zum Pfleger nach § 1913 BGB bestellen. Über §§ 1913, 1915, 1794 Absatz 2 BGB bzw. §§ 1960, 1915, 1794 Absatz 2 BGB sehe ich hier -wegen des Verweises auf § 181 BGB, für den keine Befreiung erteilt werden kann- gewisse "Problemchen".

  • Antwort: Ich hätte mir denken können, dass diese Frage kommt....und ich habe streng genommen auch Bedenken...aber leider bin ich nunmal sehr pragmatisch veranlagt...Es ist m.E. dennoch zu berücksichtigen, dass wir uns hier nicht im Bereich der rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung befinden sondern von einem gerichtlich bestellten Vertreter reden, der eben von einer anderen Stelle zugleich auch als Vertreter eines Dritten bestellt wurde und nun in beiden Eigenschaften handelt.

    Ob dabei die Zustimmung oder Einwilligung des Pflegers zur Herausgabe der Versicherungsleistung an den Nachlasspfleger (und die Entgegennahme dieser Erklärung) überhaupt ein Rechtsgeschäft darstellt, oder es sich dabei ggf. sogar nur um die Erfüllung einer Verbindlichkeit handelt, kann man sicher noch näher betrachten.

    Das jedoch will ich nicht, weil es manchmal eben im Leben auch die "normative Kraft des Faktischen" gibt.:D

    P.S. Es muss wohl § 1795 II BGB heißen...

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  • Und es gibt bei der Personalunion noch ein Problem in der Theorie: Wenn der NLP gegenüber dem Bezugsberechtigten widerrufen soll, bevor dieser Kenntnis von dem Bezugsrecht hat, dann stellt sich die Frage wer nun zuerst Bescheid wusste. Der NLP als NLP oder der 1913-Pfleger. Sozusagen die Frage nach dem Huhn oder dem Ei; was war zuerst da? Wenn Pfleger und NLPfleger eine und die selbe Person sind, wird's dann schwierig...in der Theorie. In der Praxis ist's kein Problem...sage ich aus entsprechender Erfahrung :)

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  • Die Kenntnis des Bezugsberechtigten vom Bezugsrecht genügt nicht. Dem Bezugsberechtigten muss das von der Versicherung als Boten transportierte Angebot des Erblassers zugehen (bzw. in anderen Konstellationen irgendein Angebot des Erblassers).

    PS: @ TL: Wenn Du Diener zweier Herren bist, wirst Du wohl für einen von beiden haften.

  • Papenmeier:

    Ja, das ist zutreffend. Dennoch ist es oft nur eine Haftung in der Theorie, weil die von mir als Nachlasspfleger vertretenen Erben ja regelmäßig identisch sind mit den gestzlichen Erben (=Bezugsberechtigten) und damit dann eine Haftung wegen Personenidentität wegfällt.

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  • Ich hatte den Fall andersherum: Bezugsberechtigt die namentlich aufgeführten Kinder, die hatten von der Versicherung keine Kenntnis und haben ausgeschlagen und es wurde NP angeordnet. Nachlasspfleger hat die Bezugsberechtigung sofort widerrufen, Versicherung lehnte es ab. Nach dem Erbfall sei kein Widerruf mehr möglich (anders als bei Vertrag zu Gunsten Dritter).

  • Ein Bezugsrecht ist aber ein Vertrag zu Gunsten Dritter. Das wird so nicht ganz der richtige Sahcverhalt sein.

    Ich glaube eher, dass entweder die Bezugsberechtigten die Mitteilung der Versicherung schon erhalten hatten oder (und das ist derzeit übliche Argumentation der Versicherungen) deswegen die Leistung an den NLP verweigerten, weil die Versicherung nicht prüfen kann, ob die Bezugsberechtigten ggf. schon vor dem Erbfall den Bezugsgrund (z.B. Schenkung) wirksam "erhalten" hatten und insofern ein Widerruf nach dem Erbfall überhaupt nicht mehr möglich ist.

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  • So jetzt liegt mir das Schreiben der Zahnpasta-Versicherung vor:

    "Mit dem Eintritt des Todes ist das mit Fax vom xxx mitgeteilte Bezugsrecht unwiderruflich geworden."

    Ein Grund, z.B. Hinweis auf Gesetz oder AGB, steht nicht drin.

  • Dann muss nun dein NLP die Kinder (als namentlich genannte Bezugsberechtigte) auf Zustimmung zur Auszahlung an Ihn auffordern bzw. klagen / Oder wenn die Zahlung bereits erfolgt ist um Zahlung an Ihn bitten oder klagen.

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  • Ich wollte jetzt auch zu meiner Frage keinen eigenen thread eröffnen und denke, dass es hier gut reinpasst:

    Thema: Leistungen aus der Lebensversicherung an gesetzliche Erben

    Ich bin mir gerade nicht sicher, wem in einer Nachlasssache die Lebensversicherung zusteht. Als Begünstigte sind 'die gesetzlichen Erben' eingesetzt. Jetzt hat ein Teil der gesetzlichen Erben die Erbschaft ausgeschlagen. Entferntere Verwandte haben die Erbschaft angenommen und jetzt einen Erbschein beantragt. In diesem Erbschein werden ja diese entfernteren Verwandten als Erben ausgewiesen. Steht Ihnen jetzt als im Erbschein genannten gesetzlichen Erben die Zahlungen der Lebensversicherung oder trotzdem den 'eigentlichen vorrangigen gesetzlichen' Erben zu, die die Erbschaft ausgeschlagen haben? Hab ich also zwei verschiedene Personenkreise, wovon einem die normale Nachlassmasse und einem die Zahlungen aus der Lebensversicherung oder habe ich nur die im Erbschein ausgewiesenen gesetzlichen Erben denen beides zusteht? Wie seht ihr das? Ich hoffe man versteht halbwegs den Sachverhalt.

    Danke :)

  • "(...) sind im Zweifel diejenigen, welche zur Zeit des Todes als Erben berufen sind, nach dem Verhältnis ihrer Erbteile bezugsberechtigt".

    Überdies betrifft die Bezugsberechtigung das Deckungsverhältnis (Versicherungsgesellschaft - Bezugsberechtigte). Ist die Versicherung noch nicht ausgezahlt, und haben die Bezugsberechtigten von der Versicherung keine Kenntnis, hätten hier die entfernteren Verwandten mit Erbschein unter Umständen noch eine Chance, von den Bezugsberechtigten die Versicherungsleistung zurückzufordern. Denn die Frage, ob der Bezugsberechtigte die Versicherung auch behalten darf, hängt vom Valutaverhältnis (Erblasser - Bezugsberechtigte) ab.

  • Danke für die Antworten. Den Paragraphen hatte ich gar nicht auf dem Schirm.

    Bei meinem Sachverhalt ist es jetzt so, dass die Versicherung schon das Geld an den Nachlasspfleger ausgezahlt hat. Er verwaltet das Geld gesondert treuhänderisch. Also haben hier die entfernteren wohl keine Chance mehr auf die Versicherungszahlung, wenn ich das richtig verstanden habe :gruebel:

  • Danke für die Antworten. Den Paragraphen hatte ich gar nicht auf dem Schirm.

    Bei meinem Sachverhalt ist es jetzt so, dass die Versicherung schon das Geld an den Nachlasspfleger ausgezahlt hat. Er verwaltet das Geld gesondert treuhänderisch. Also haben hier die entfernteren wohl keine Chance mehr auf die Versicherungszahlung, wenn ich das richtig verstanden habe :gruebel:

    Wenn man davon ausgeht, dass die nahen Verwandten, die ausgeschlagen haben, die Bezugsberechtigten sind, und der Nachlasspfleger die gesetzlichen Erben vertritt, dürfte die Versicherung an den Nachlasspfleger nicht schuldbefreiend geleistet haben.

    Es bestünde wohl ein Herausgabeanspruch der Bezugsberechtigten aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen den Nachlasspfleger.

    Allerdings:

    Zu fragen wäre, ob die nahen Verwandten von der Versicherung gewusst haben und insbesondere, ob der Nachlasspfleger die im Valutaverhältnis liegende Schenkung gegenüber den bezugsberechtigten nahen Angehörigen widerrufen hat.

    Wussten die Bezugsberechtigten nichts von der Versicherung, und hat der Nachlasspfleger die im Valutaverhältnis liegende Schenkung gegenüber den Bezugsberechtigten wirksam widerrufen, so stünde im Ergebnis die Versicherungsleistung den vom Nachlasspfleger vertretenen gesetzlichen Erben zu, da keine wirksame Schenkungsabrede zwischen Erblasser und den Bezugsberechtigten zustande gekommen ist.

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