§ 344 VII FamFG - Reichweite, Statistikfragen, örtliche Zuständigkeit

  • Muss mich hier mal anhängen. Hab lange gesucht, aber entweder kann ich mit der Suchfunktion nicht umgehen :oops: oder es wurde noch nicht ausdiskutiert:

    Wenn man die Meinung vertritt, dass von einer ggfls. notwendigen familiengerichtlichen bzw. betreuungsgerichtlichen Genehmigung Gebrauch gemacht werden muss (diese also vom gesetzlichen Vertreter eingereicht werden muss), ist dann die Ausschlagungsfrist gewahrt, wenn die Genehmigung beim Wohnsitzgericht oder beim Nachlassgericht eingeht? :confused:

    Ich denke ja, dass die Ausschlagungsfrist nur gewahrt ist, wenn die rechtskräftige Ausfertigung der Genehmigung beim Nachlassgericht (und nicht beim Wohnsitzgericht) eingegangen ist, bin aber für jeden Denkanstoss dankbar.

  • Das Wohnsitzgericht ist für die Entgegennahme der Genehmigung der bei ihm selbst erklärten Erbausschlagung eindeutig nicht zuständig, weil § 344 Abs.7 FamFG keine entsprechende Zuständigkeit vorsieht. Wenn das Wohnsitzgericht die Genehmigung nicht unverzüglich an das Nachlassgericht weiterleitet und sie dort nicht noch innerhalb der Ausschlagungsfrist eingeht, ist die Erbausschlagung demzufolge verspätet. Hier hilft dann nur noch die Anfechtung der Fristversäumung.

  • ...sofern man sich auf den Standpunkt der hier hM stellt und annimmt, dass die nachträgliche Genehmigung der Ausschlagunsgerklärung gegenüber dem Nachlassgericht gemäß § 1829 BGB analog vorzulegen ist.

    Ansonsten stelle ich mich auf den Standpunkt, dass das Nachlassgericht lediglich Kenntnis von der rechtskräftigen Genehmigung der Ausschlagungserklärung erhalten muss.

  • ...M.E. bei Befolgung der einen, als auch der anderen Meinung. Solange mir niemand eine plausible Begründung liefert, warum man gerade für diesen Fall § 1829 BGB analog anwendet und mir nicht aus allgemeiner Lebenserfahrung erklären kann, welche Intention ein gesetzlicher Vertreter hat, wenn er zur Ausschlagung die Erklärung vor einem Notar oder vor einem Rechtspfleger am Amtsgericht abgibt, als die, dass er für seinen zu Vertretenen ausschlägt und nur deswegen dieser Erbe wird, weil der gesetzliche Vertreter" pflichtwidrig" nicht von der Genehmigung in Form der rechtzeitigen Einreichung beim zuständigen Nachlassgericht Gebrauch macht, solange sehe ich kaum eine haltbare Haftungsfrage.

  • Unser Gericht tendiert auch eher zu der Ansicht, dass die familien-/betreuungsgerichtliche Genehmigung beim Nachlassgericht und nicht beim Wohnsitzgericht eingehen muss.

    § 344 VII FamFG spricht doch nur von der Entgegennahme der Ausschlagungserklärung. Die hierfür möglicherweise erforderliche Genehmigung ist davon nicht betroffen. Diese ist bei dem Nachlassgericht einzureichen, da dieses dann auch die Wirksamkeit der der Ausschlagung zu prüfen hat.:)

  • Die Frage, ob das Wohnsitzgericht für die fristwahrende Entgegennahme der Genehmigung der Ausschlagungserklärung berechtigt ist oder nicht, ist nur dann von Bedeutung, wenn man § 1829 BGB analog anwendet (die, warum auch immer herrschende Meinung ist:cool:) und das Nachlassgericht als anderer Teil im Sinne eines zweiseitigen Rechtsgeschäfts ansieht. Das kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass das die Intention des Gesetzgebers sein soll. Dann hätte er ja auch gleich bei einseitigen Rechtsgeschäften die nachträgliche Genehmigung generell zulassen können, hat er aber nicht!

    Nebenbei, sollte man die hM vertreten, ist dann natürlich nicht das Wohnsitzgericht, sondern das zuständige Nachlassgericht "der andere Vertragsteil", dem die Genehmigung erklären ist.

  • Ich hatte heute den Fall, dass einer zu uns als zuständigen Wohnsitzgericht zum ausschlagen kam, brachte auch gleich seinen Sohn mit wegen Kostenersparnis mit, dieser wohnt allerdings nicht in unserem gerichtsbezirk. habe ihn auch gleich darauf hingewiesen, dass seine erklärung erst mit eingang beim nachlassgericht wirksam wird. seht ihr das anders?

    habe dazu aber auch noch im beck-onlinekommentar gefunden:

    Wurde die Erklärung einer Ausschlagung oder Anfechtung von einem Gericht entgegengenommen, welches weder Nachlassgericht noch nach § 344 Abs 7 zuständig ist, kann die Erklärung gleichwohl als wirksam und fristwahrend angesehen werden, wenn das entgegennehmende Gericht nicht sofort durch entsprechende Maßnahmen seine Unzuständigkeit klarstellt (s im Einzelnen: Heinemann ZErb 2008, 293, 297; MünchKommZPO/J. Mayer § 344 FamFG Rn 20).

  • Also ich nehme auch schon mal eine Erklärung eines ebenfalls erschienenen Abkömmlings auf, welcher hier nicht wohnhaft ist.
    Richtig ist, dass seine Frist erst gewahrt ist mit Eingang beim Nachlassgericht.
    Erbausschlagungsakten werden bei uns jedoch immer unter "eilt" bearbeitet, sodass es zu keiner Verzögerung bei der Übersendung der Erklärung kommt.

  • So, jetzt hab ich den Schlamassel.

    Zwei potentielle Erben gehen zum Rechtsanwalt (!!!) und erzählen dem, sie wollen die Erbschaft ausschlagen. RA nimmt eine Erklärung auf und schickt die Leute zum Notar zur Unterschriftsbeglaubigung. Notar beglaubigt und schickt mir (natürlich 2 Erbausschlagungserklärungen, verdient man ja mehr...). Wo die Verstorbene wohnhaft war, steht NIRGENDS!

    Auf Nachfrage teilt der Notar mit, dass er keinerlei Angaben habe, ich aber gem. §344 Abs. 7 FamFG zuständig sei für die Entgegennahme. Ich kann ja Mal bei RA XY nachfragen, der die Beteiligten anwaltlich betreut.

    Ich frage bei RA XY nach, wo der letzte Wohnsitz der Erblasserin war, da ich die örtliche Zuständigkeit ermitteln muss zwecks Weiterleitung.

    Heut kommt die Antwort:

    "Der letzte Wohnsitz der Erblasserin ist hier nicht bekannt.
    Nach Mitteilung des Notars soll die örtliche Zuständigkeit zur Ausschlagung einer Erbschaft jedoch om Gerichtsbezirk des Wonsitzes des Erben liegen."

    Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich ..... könnte. Und nun? Die Erben wissen nichts. Haben gehört, dass die Tante gestorben ist und wollen keine Schulden!

    VIELEN LIEBEN DANK an die Gesetzgeber!!!! Prima gemacht! Ganz prima!

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Tja, das ist eine SEHR gute Frage. Ich weiß es (noch) nicht... Keine Ahnung, wo ich ansetzen soll. Finde ich aber prima, dass wir als sonderzuständiges NLG hier ermitteln können ohne Ende.

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  • Der Aussschlagende wird doch wohl wissen, von wem bzw. woher er die Nachricht erhalten hat, dass er angeblich Erbe sein soll. Bei diesem "Auskunftgeber" kann man als Gericht ansetzen. Also den Ausschlagenden nochmals zu dieser Frage anhören. Darüber kommt man dann vmtl. weiter......

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Hab ich versucht. Sie haben von "irgendeiner Tante" einen Anruf bekommen. Keine Anschrift, keine Telefonnummer, nichts. Nur mit dem (Allerwelts-) Namen komme ich nicht weiter.

    Esra 7, Vers 25
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  • Wenn du´s nicht schreiben würdest, würde ich es nicht glauben....das gibt´s doch nicht....wollen die das NLG vera*****?

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  • Nein, nicht das NachlG, sondern das Wohnsitzgericht ...

    Offenbar gibt es Leute, die auch dann ausschlagen, wenn Sie vom Erblasser sowie von der Höhe und Zusammensetzung des Nachlasses überhaupt nichts wissen. Auch eine Idee, auf die man erst einmal kommen muss. Später kommen dann die Anfechtungen der erklärten Ausschlagungen wegen Inhaltsirrtums - und die Empörung, wenn man sie für unbegründet hält.

    Manchmal hat man den Eindruck, allenthalben nur noch von Dilettanten (hier: in Form einer kombinierten Anwalt/Notar/Beteiligtenahnungslosigkeit) umgeben zu sein.

  • Ich finde das auch super kollegial von dem RA und dem Notar. Zumal wir hier ein so kleines Einzugsgebiet sind, wo mich alle RA'e persönlich kennen und wir nur einen einzigen Notar am Ort haben. Da kommt zusätzlich Freude auf.

    Zumal der Notar noch zusätzlich 20,00 EUR KV 22124 GNotKG für Vollzug: Übermittlung an Dritte/Antragstellung kassiert hat. Ich möchte nicht wissen, was der RA ihnen für die zwei -identischen- Schreiben kassiert hat.
    Bei den beiden Ausschlagenden handelt sich um Mutter und Tochter mit dem gleichen Wohnsitz und identisches Datum des RA-Schreibens und der Unterschriftsbeglaubigung. Das nenne ich abzocke.

    Ich habe noch Mal nachgehakt. Es gab wohl ein Schreiben von einem Bezirksamt in Berlin. Es ging um Rückzahlung Sozialhilfe. Werde jetzt das Bezirksamt Mal anschreiben.

    Aber trotzdem vielen Dank an den Gesetzgeber.....

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  • Ich habe mich gerade köstlichst amüsiert und spare mir den Kaffee übers Mittagstief. Obwohl Anwalt und Notar ihren Blick mit Scheuklappen nur auf ihre Kostennote gerichtet zu haben scheinen, würde ich ihnen die Rolle der Igel bei der Geschichte von Haase und zukommen lassen :D

    PuCo, nichts für Ungut, wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Ich gehe mit Dir und hoffe, dass diese Spielchen nicht in Mode kommen .

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    “Das tolle am Internet ist, dass endlich jeder der ganzen Welt seine Meinung mitteilen kann. Das Furchtbare ist, dass es auch jeder tut.” Marc-Uwe Kling, Die Känguru Chroniken
    Wie oft kommt das vor? "Öfter als niemals, seltener als immer." Jack Reacher - Der Bluthund
    "Aufs Beste hoffen, fürs Schlimmste planen" Jack Reacher

  • Ja, ja....ich weiß: Wer den Schaden hat, spottet jeder Beschreibung. :eek:

    Ich hab mit unserem Notar sowieso immer "Spaß" bei den EAS. So gut wie nie etwas zum Verwandtschaftsverhältnis, geschweige, ob der Auschlagende selbst Kinder hat oder wer als nächster berufen wäre. Und bei 3 Beteiligten 3 Urkunden...

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Zum Fall zurück: Ich würde nicht weiter mehr viel veranlassen wollen, wenn ich den letzten Wohnsitz des Erblassers nicht mehr ermitteln kann. Irgendwann werden mit Sicherheit die Beteiligten Post vom zuständigen Nachlassgericht bekommen und dann werden sie sich ja hoffentlich erinnern können, dass sie bereits vor dem Wohnsitzgericht ausgeschlagen haben, und wenn nicht...Pech gehabt.

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