Vergütung des Nachlasspflegers

  • Das kommt darauf an :). Pauschal kann man Deine Frage nicht beantworten. Ich würde mir anschauen, was der Nachlasspfleger konkret zu tun hatte und wie "rechtlich schwierig" die Führung der Pflegschaft war. Außerdem ist die diesbezügliche Rechtsprechung Deines Landgerichts von Bedeutung. Was hat der Nachlasspfleger denn beantragt?

    LG Gwen

  • Das ist Quatsch...
    Bei einer durchschnittlichen Pflegschaft ohne viel Schnick-Schnack nimmt mein NL-Pfleger (ebenfalls RA) 61,00 EUR. Das finde ich in Ordnung und könnte dies auch gegenüber den möglicherweise ermittelten Erben rechtfertigen.

    Wenn etwas mehr zu tun ist und auch rechtlich schwierige Dinge zu regeln sind, dann nimmt er so ca. 80,00 EUR/h. Da kann ich auch mitgehen.
    Ich habe auch schon mal 120,00 EUR abgenickt. Dieser Anwalt hatte mit der Pflegschaft wirklich sehr viel zu tun, da blieb kaum Zeit für den anderen Anwaltskram.

    Im übrigen PN.

    LG Gwen


  • ebenso, Umfang und Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte sowie nutzbare Fachkenntnisse sind entscheidend (siehe Jochum/Pohl, 3. Aufl., Rd. 837 f.)
    125,- € kam bei mir noch nicht vor.

  • Ich würde mich - spätestens jetzt - bei den langjährigen Kolleginnen und Kollegen deiner Umgebung über die dortige Landgerichtliche oder Oberlandesgerichtliche Rechtsprechung über die ortsübliche Vergütungshöhe von Nachlasspflegern erkundigen, parallel die Erben oder den Verfahrenspfleger zur beantragten Vergütung anhören und sodann unter Berücksichtigung des Einzelfalls eine begründete Sachentscheidung mit einem angemessenen Stundensatz treffen.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Cromwell # 9:

    So pauschal würde ich da nicht sagen. Ich finde die 43,00 EUR/h ebenfalls lächerlich, aber das heißt doch nicht, dass ich jedem Pfleger mal so eben 100,00 EUR/h zubillige. Es kommt - wie bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht - auf den Einzelfall an.
    Nicht zuletzt gibt es enorme regionale Unterschiede in Bezug auf die Qualität eines Nachlasses und damit auch mit dem entsprechenden Aufwand des Pflegers. Außerdem dürfte bekannt sein, dass die Lebenshaltungskosten in unserem schönen Land nicht überall gleich sind. Da ist es nur verständlich, dass sich dies auch in der Höhe des Stundensatzes - regional betrachtet - niederschlägt. Die diesbezügliche Rechtsprechung (siehe # 7 und im Vergleich # 8) könnte insoweit ein Indiz sein.

  • Also unsere Hamburgischen Nachlasspfleger haben beim Hören des Bestelmeyerschen Vortrags auf dem diesjährigen Nachlasspflegschaftstag der Hoerner Bank wohl ziemlich mit den Ohren geschlackert, als sie die oben angegebenen Entscheidungen, die Stundensätze betreffend, gehört haben.

    Ich habe sodann vorgeschlagen, ihren Sitz nach München zu verlegen, was diese dann aber doch in Anbetracht der gesteigerten Lebenshaltungskosten, Raummieten etc. in der Bayerischen Metropole abgelehnt haben ... ;)

    Bei vermögendem Nachlass und durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad gewähre ich einem Nichtanwalt ca. 50,- € und einem Anwalt zwischen 67,- € und 75,- € / Stunde. Bisher hat noch keiner schlüssig dargelegt, bei diesen Stundensätzen zu verhungern.

    Ich habe auch schon 125,- € / Stunde gewährt, aber das war ein RA, der das Gewerbe fortführen musste, an WEG-Sitzungen teilnehmen, die umfangreichen und komplexen Vermögensanlagen täglich überwachen etc. - eben eher ein Einzelfall.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Ich darf daran erinnern, dass anwaltliche Bruttostundensätze zwischen 200 DM und 300 DM in früheren Zeiten auch im Betreuungsbereich übereinstimmend als angemessen angesehen wurden (BayObLGZ 1995, 35; BayObLGZ 1997, 44; OLG Schleswig FamRZ 1995, 46; KG FamRZ 1996, 1362; OLG Hamm NJWE-FER 1996, 35; OLG Köln MDR 1997, 652). Nachdem diese Rechtsprechung durch die bekannte Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2000 relativiert worden war, hat der Gesetzgeber diese rechtliche Sicht der Dinge für den Betreuungsbereich durch die Einführung der pauschalierten Vergütung aufgegeben. Für den Pflegschaftsbereich -also auch für die Nachlasspflegschaft- blieb es jedoch unverändert dabei, dass sich die Höhe der Vergütung nach den für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte richten (§ 1915 Abs.1 S.2 BGB).

    Es ist demnach ausschließlich dieser Rechtsentwicklung geschuldet, dass der Pflegschaftsbereich in vergütungsrechtlicher Hinsicht heute mitunter als eine Insel der Seligen erscheint. Demzufolge ist es auch völlig verfehlt, aus dieser Rechtsentwicklung den Schluss zu ziehen, dass die von mir in #7 genannten Nachlasspflegerstundensätze überhöht seien, weil es diese Stundensätze auch in anderen Bereichen nicht mehr gibt. Das Gegenteil ist richtig: Früher waren diese Stundensätze allgemeiner Usus, sie wurden für einige Rechtsbereiche abgeschafft und für den Pflegschaftsbereich „blieben sie übrig“ und gelten nach dem eindeutigen Wortlaut des § 1915 Abs.1 S.2 BGB weiter fort. Wie die „Herkunft“ der eingangs genannten und der in #7 zitierten Rechtsprechung zeigt (München, Schleswig, Berlin, Hamm, Köln, Zweibrücken, Wuppertal, Konstanz), hat dies mit dem unterschiedlichen Lebenshaltungskostengefälle im Bundesgebiet nichts zu tun. Eine Pflegertätigkeit ist bei vergleichbarer Sachlage gleich viel wert, unabhängig davon, wo sie verrichtet wird. Die in #11 vermutete „Armenhaus-Rechtsprechung“ des OLG Dresden ist deshalb nicht nur verfehlt, sondern aus meiner Sicht im Hinblick auf § 1915 Abs.1 S.2 BGB auch schlicht rechtswidrig.

  • Ergänzend sei angemerkt, dass "meine" o.g. Sätze auf Hamburger Ebene im oberen Bereich liegen und die anderen Gerichte zumeist geringere Stundensätze gewähren.

    the bishop :kardinal:

    NOBODY expects the spanish inquisition !

  • Ich kenne den Nachlasspfleger, der die Enscheidung von Dresden zu "verantworten" hat, persönlich und halte ihn für einen der Pfleger, deren Kenntnisse ich im "oberen Bereich" ansiedeln würde.

    M.E. hat die Höhe des Stundensatzes nichts mit dem Sitz (Bundesland, OLG-Bezirk usw.) des Pflegers zu tun. Dazu gibt das Gesetz nichts her.

    Folglich muss man sich an den Qualitäten des Pflegers und der Schwierigkeit des Falles orientieren. Die Schwierigkeit schlägt hier evtl. teilweise auf die Anzahl der Stunden nieder, wobei hier zu beachten ist, dass ein fähiger Pfleger (ggf. mit entsprechender Büroorganisation etc.)eben in kürzerer Zeit (= weniger Stunden) den Fall lösen kann und ein "einfacher" Pfleger halt mehr Stunden benötigt.

    Für mich ist damit ganz klar, dass einem fähigen Pfleger auch ein höherer Stundensatz zugebilligt werden muss, als einem "unfähigen". Dabei ist es m.E. unerheblich, ob der Pfleger RA ist oder Versicherungskaufmann gelernt hat. Es kommt einzig auf sein Können an. Mancher Nichtjurist ist hier manchmal weit besser, als z.B. ein Dr. jur. FAErbrecht.

    Bei Berufspflegern halte ich Stundensätze von unter ca. 60-70 Euro für unangemessen, weil mit so einer Vergütung kein berufsmäßiger Betrieb möglich ist, wenn dabei auch noch Fälle bearbeitet werden sollen, bei denen nur € 33/Std. gegen den Fiskus festgesetzt werden.

    Noch was zur Info:
    http://www.immowelt.de/immoweltag/pre…29_03_07.aspx#1

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    3 Mal editiert, zuletzt von TL (21. September 2009 um 08:54)

  • Wir sollten uns nicht in Nebenkriegsschauplätzen verlieren. Es ist völlig unstreitig, dass die Pflegervergütung eine angemessene Honorierung der Pflegertätigkeit erbringen muss und dass sich dies demzufolge in bestimmten Stundensatzbandbreiten für die diversen Berufsgruppen ausdrückt. Und das sind bei Anwälten eben die in #7 genannten Stundensätze. Eine andere Frage ist, ob man für jede Nachlasspflegschaft zwingend einen Anwalt bestellen muss. Das ist natürlich nicht der Fall. Bestellt man aber einen Anwalt, so sind wir bei den genannten Stundensätzen. Ein Auswahlverschulden des Gerichts kann nicht über die Vergütung korrigiert werden.

  • Das ist der Nettostundensatz bei fehlendem Aktivnachlass und bei Erstattung aus der Staatskasse (§ 3 Abs.1 S.2 Nr.2 VBVG). Bei vorhandenem Aktivnachlass ist dieser Stundensatz völlig abwegig. Wie jeder Leser leicht feststellen kann, ist § 3 VBVG bei vorhandenem Aktivnachlass nicht anwendbar (§ 1915 Abs.1 S.2 BGB: "abweichend").




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