Nachlasspflegschaft-Vermögen vorhanden und doch keine finanziellen Mittel

  • Nachdem die Erblasserin (ledig, kinderlos und Eigentümerin eines unbelasteten Einfamilienhauses) 5 Monate tot ist, erhält das Nachlassgericht die Info, dass in dem Haus regelmäßig Leute ein- und aus gehen. Hierbei handele es sich offensichtlich nicht um Personen, die als Erbe in Frage kommen. Die Erben sind ohnehin nicht näher bekannt, einzig ein -mittelloser- Mann ist bekannt, der als Miterbe in Frage kommt. Dieser ist gesundheitsbedingt nicht in der lage, sich um die Angelegenheit zu kümmern und will mit der Sache auf Nachfrage hin nichts zu tun haben. Daneben kommt eine Frau als Miterbin in Frage, die sich in "irgendeinem Altersheim" aufhalten soll. Weitere Kenntnisse bzgl. der Erben bestehen derzeit nicht.
    Nachlasspflegschaft wurde eingerichtet mit dem Aufgabenkreis "Ermittlung der Erben, Sicherung, Zusammenzug und Verwaltung des Nachlasses, insbesondere Durchführung von Maßnahmen betreffend die Immobilie XY".
    Der Nachlasspfleger hat die Immobilie und das Inventar nach Austausch der Schließanlage inspiziert. Währenddessen taucht eine Person auf und teilt dem Nachlasspfleger mit, er handele im Auftrag der Erben und habe sich "insoweit um die Sache gekümmert".
    Soweit der Nachlasspfleger Kontakt mit Kreditinstituten hatte, ist kein positives Geldvermögen vorhanden.
    Das Problem ist, dass dringend eine Wohngebäudeversicherung abgeschlossen werden muss, da diese wohl nicht mehr besteht und ein Reparaturstau besteht. So ist z.B. eine Fensterscheibe zerbrochen und das Fenster notdürftig verschlossen.
    Versuche des Nachlasspflegers, zur Durchführung dieser Maßnahmen einen (Klein-)Kredit von den Banken zu bekommen, ist fehlgeschlagen.

    Hat jemand eine Idee, auf welche Weise sich der Nachlasspfleger die finanziellen Mittel beschaffen kann, um das dringend Erforderliche veranlassen zu können?
    Man kann dem Nachlasspfleger ja schlecht zumuten, die erforderlichen Gelder aus eigenen Mitteln vorzulegen und sie hinterher als notwendige Auslagen -neben seiner Vergütung- gegen die Erben geltend zu machen?
    Irgendwie wäre die Rückzahlung/Erstattung des Geldes aufgrund der unbelasteten Immobiie ja sichergestellt!?

  • Wenn der Nachlasspfleger keine liquiden Mittel hat und sich auch nachweislich keinen Kredit auf Namen des Erblassers beschaffen kann, dann kann er eben auch kein Geld für die Verwaltung des Objekts ausgeben. Privat etwas vorzustrecken ist völlig ausgeschlossen!!

    Daraus ergibt sich aber im Hinblich auf das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Verwaltung nur ein Rückschluss: Das Objekt muss so schnell es geht versilbert werden.

    Problem: Es ist auch kein Geld für einen Gutachter da...

    Lösung: Nirgends im Gesetz steht, dass eine Immobilie nur mit Gutachten verkauft werden darf. Das NLG muss sich halt anderweitig über den ausreichend hohen Kaufpreis Gewisssheit verschaffen um die Genehmigung erteilen zu können. Das kann man, in dem man z.B. von 2 Maklern den Preis der Immobilie einschätzen läßt und dann den Verkaufsauftrag erteilt. Kommt kein höheres Gebot nach diversen Zeitungsinseraten etc., dann scheint ja wohl das letzte Gebot dem Verkehrswert zu entsprechen.

    Nur nebenbei: Ein "guter Nachlasspfleger" hat Beziehungen zu Immo-Sachverständigen, die dann auch mal ein Gutachten erstellen und mit der Bezahlung der Rechnung bis nach Verkauf warten...
    Dein NLP scheint nicht zu dieser "Gruppe" zu gehören, weil er offenbar selber keinen Plan hat, wie er in dieser Situation handeln soll.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Noch etwas:

    Wenn man als NLpfleger kein Geld hat, aber die Immobilie die Verkehrssicherheit gefährdet (z.B. Dachziegel drohen auf den Fußweg abzurutschen, Haus stürzt evtl. demnächst ein usw.), dann kann man das dem zuständigen Ordnungsamt der Stadt/Gemeinde anzeigen und dieses dazu auffordern im Interesse der Allgemeinheit geeignete Sicherungsmassnahmen zu ergreifen. Der NLPfleger ist dann aus der wegen des im übertragenen Amtes entstandenen Haftung raus.

    Das ist im Endeffekt etwa so, wie wenn das Ordnungsamt die Bestattung des Erblassers regelt und später mal nachsieht, ob es die Kosten erstattet bekommt. Es gibt ein öffentliches Bedürfnis zum Handeln, weil dem Betreffenden, der Handeln müsste, die Möglichkeiten dazu fehlen. Dann springt eben der Staat ein. Nicht aber um eine Feuerversicherung, eine kaputte Scheibe etc. zu zahlen! Nur absolut im Interesse des Allgemeinwohls liegende Maßnahmen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich hatte einen ähnlich gelagerten Fall erst vor kurzem.
    Hier ging es um einen Baum (Pappel) der auf die Straße und Bürgersteig umzustürzen drohte und eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit darstellte. Der NL-Pfleger hatte ebenfalls keine liquiden Mittel zur Verfügung.
    Hier hatte das Ordnungsamt unserer Stadt alles weitere in die Wege geleitet und auch die Kosten übernommen. Der NL-Pfleger war damit aus dem Schneider.

  • Für eine Veräußerung der Immobilie besteht nach Sachlage kein Anlass. Dass der Nachlasspfleger für den Nachlass (gegen Bestellung einer Grundschuld) keinen Kredit erhält, ist mir bei dem mitgeteilten Sachverhalt völlig unverständlich. Vielleicht sollte TL einmal prüfen, ob sich nicht doch eine Bank findet, die derlei finanziert ...

    Der Kredit wäre so auszugestalten, dass ein für die Zwecke der Nachlasspflegschaft ausreichender Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, der entweder stufenweise abrufbar ist oder im Gesamtbetrag für den Nachlass verzinslich angelegt wird.

  • Für eine Veräußerung der Immobilie besteht nach Sachlage kein Anlass. Dass der Nachlasspfleger für den Nachlass (gegen Bestellung einer Grundschuld) keinen Kredit erhält, ist mir bei dem mitgeteilten Sachverhalt völlig unverständlich. Vielleicht sollte TL einmal prüfen, ob sich nicht doch eine Bank findet, die derlei finanziert ...

    Der Kredit wäre so auszugestalten, dass ein für die Zwecke der Nachlasspflegschaft ausreichender Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, der entweder stufenweise abrufbar ist oder im Gesamtbetrag für den Nachlass verzinslich angelegt wird.



    Das ist tägliche Realität. Es bekommt eher ein Harz IV Empfänger bei Mda-Markt einen Kredit und kann sich einen FlatTV für 1000 Euro kaufen, als ein Nachlasspfleger bei der Bank auf Kredit des Nachlasses €1.000 abheben kann.

    Sorry Cromwell, aber für mich ist das hier ein sowas von 100%iger Fall für die Liquidation des Objekts...

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich würde ein unbelastetes Objekt im Wert von mehrereren hunderttausend Euro nicht veräußern, wenn ich nur eine Liquiditätslücke von einigen zehntausend Euro zu überbrücken hätte. Das ist in meinen Augen keine ordnungsgemäße Vermögensverwaltung.

  • Ich würde ein unbelastetes Objekt im Wert von mehrereren hunderttausend Euro nicht veräußern, wenn ich nur eine Liquiditätslücke von einigen zehntausend Euro zu überbrücken hätte. Das ist in meinen Augen keine ordnungsgemäße Vermögensverwaltung.



    Dann sind wir hier nicht gleicher Meinung.

    Das Objekt kostet derzeit und in Zukunft den Nachlass nur Geld. Es werden keinerlei Einnahmen erzielt.

    Nimmt man den Verkaufserlös als Surrogat und legt ihn dann an, so kommen wenigstens Erträge in den Nachlass. Wenn die Erben dann möchten, können Sie ja gerne von dem Geld später wieder eine Immobilie kaufen.

    Auf "Biegen und Brechen" unbedingt eine Immobilie im Nachlass zu halten, halte ich für nicht notwendig.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    Einmal editiert, zuletzt von TL (15. Oktober 2009 um 08:48) aus folgendem Grund: Groß :-)

  • Natürlich nicht auf Biegen und Brechen. Aber zunächst sind andere Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Nachlass liquide zu machen. Dass einige Banken eine Kreditgewährung mangels Sachkunde abgelehnt haben, bedeutet noch nicht, dass man die diesbezüglichen Bemühungen bereits einstellen kann.

    Im Prinzip liegt kein anderer Fall vor, als wenn ein Betreuer Eigentümer von Grundbesitz ist, keine liquiden Mittel zur Verfügung hat, ins Heim muss und sich dann die Frage stellt, wie dieses zu finanzieren ist. Auch hier bin ich im Grundsatz strikt dagegen, eine unbelastete Immobilie wegen einer monatlichen Deckungslücke von ein paar tausend Euro zu veräußern.

  • Worin soll der Vorteil für die Erben bzw. den Betreuten bei deiner Enscheidung liegen?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Wir handhaben diese Konstallationen, dass über einen Vorschuss aus der Staatskasse die notwendigen Kosten zur Veorbereitung der Liquidation geben und uns dies nach Verkauf an 1. Rangstelle wiederholen.. Damit fahren wir gut... Die zweite Problematik, Grundstück erhalten für den Nachlass, auf Teufel komm raus, .... machne wir auch nicht.... ich habe gerade eine Sache, Erbeserben stellen sich auch auf den Standpunkt, geht uns nichts an... ich beteilige sie am Verfahren und stelle alles zu, wenn keine Reaktion, läuft es weiter, es bringt ja nichts, ihnen gebetsmühlenartig die Pflichten des Eigentümers zu erklärten( so wie in meiner Sache) und da kommt dann stereotyp... wir wollen damit nichts zu tun haben..... als Verkauf und Hinterlegung mit dem Hinweis auf die Hinterlegung und die Notwendigkeit der Legitimierung im Hinterlegungsverfahren und gut.....

  • @Rösi::daumenrau

    Danke für den Hinweis mit dem Vorschuss...
    Das werde ich mir merken.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Beim Betreuten ist die Sache relativ klar, weil er angehört werden kann. Spricht er sich gegen die Veräußerung des Objekts aus, ist dies grundsätzlich zu akzeptieren und auf die Interessen künftiger Erben ist keine Rücksicht zu nehmen.

    Bei der Nachlasspflegschaft liegt die Sache insofern anders, weil es hier bereits um die Interessen der Erben geht und ein für diese zu bestellender Verfahrenspfleger zu den Veräußerungsintentionen des Nachlasspflegers anzuhören ist. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist jedoch exakt die gleiche wie im Betreuungsverfahren. Insbesondere kann es sein, dass die Erben relativ schnell ermittelt werden können und man für diesen Fall dann mit der Veräußerung bereits unabänderbare Fakten geschaffen hat.

    Natürlich gibt es auch viele Fälle, bei welchen die Veräußerung einer zum Nachlass gehörenden Immobilie sinnvoll ist. Ich wollte lediglich zum Ausdruck bringen, dass eine Veräußerung grundsätzlich nicht angebracht erscheint, wenn nur eine geringe Liquiditätslücke im Verhältnis zum Objektwert besteht.

  • @Rösi:

    Ich glaube nicht, dass ich einen Vorschuss gewähren kann. Das wäre ja ein Kredit für die unbekannten Erben. Ist das denn mit deinem Bezirksrevisor abgesprochen? Denn eine rechtliche Grundlage gibt dafür wohl kaum.

  • Wenn reelle Chancen bestehen, das Haus verkaufen zu können, würde ich auch wie Rösi verfahren.
    Hab hier schon einige Verfahren gehabt, in denen Versicherungskosten aber auch z.B. die Kosten für Winterdienst vorgeschossen wurden.
    Nach dem Verkauf sind wir natürlich die ersten die "zulangen" und sich den Vorschuss erstatten lassen.

  • Abgesehen von Vergütungen werden bei uns bei Nachlasspflegschaften keine Beträge aus der Landeskasse gezahlt, auch nicht vorschussweise. Hierfür sehe ich keine Rechtsgrundlage. Ich bin auch der Meinung, dass das Grundstück dann eben veräußert werden muss. Die Erben müssen - nachdem sie ermittelt wurde- dann damit leben.

  • sorry, aber ich sehe absolut keine Rechtsgrundlage dafür, dass die Staatskasse in Vorleistung zu treten hat.
    Hatten wir doch neulich erst in dem anderen thread mit Parkgrundstück, öffentliche Wege usw.

  • Aus Sicht eines Haushälters, der ich auch ein wenig bin:
    Aus welcher Haushaltsstelle zahlt Ihr das denn???
    Sonstige Verfahrensauslagen?

    Ich halte das Verfahren für abwegig. Wir sind nicht dafür zuständig, aus eigenen Mitteln Maßnahmen für die öffentliche Ordnung zu zahlen. dafür gibt es Ämter, die da auch Gelder für haben. Wir als Justiz (also das Land) haben keinen (Rechts)Grund, Maßnahmen der Kommune zu bezahlen. Immer schön jeder seins bezahlen. Sonst kommen wir noch durcheinander;).

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

  • ... den Gedanken von Cromwell mit der Bank an TL fand ich gut :daumenrau:) hätte von mir sein können.

    Als Praktiker, also der, welcher vor dem Schreibtisch der Meisten hier sitzt, schließe ich mich mit dem ImmoSachV.an, den man hat und der auf sein Geld wartet. Des Weiteren wird das Objekt schnellstmöglich verkauft, wer als in Betracht kommender Erbe interesse an diesem Objekt hat, wäre schon längst aus seiner Deckung gekommen. Des Weiteren sagt mein Steuerbarater immer: Liquidität geht vor Rentabilität. Je tiefer man in die Ordnungen der Erbenermittlung muss, um mehr gleichrangige Erben wird man finden. Und "Kohle" teilt sich nun mal besser als Stein.

    Um noch einmal auf die Bank zu kommen. Als gestandener NPfl. hat man eine Hausbank, die sich nicht nur erfreuen soll, das man einen Haufen Nachlasskonten bei ihr einrichtet, die kann ja mal in solch einem Fall mit aushelfen.

    -------------------------------------------------------------------------------------------------
    “Das tolle am Internet ist, dass endlich jeder der ganzen Welt seine Meinung mitteilen kann. Das Furchtbare ist, dass es auch jeder tut.” Marc-Uwe Kling, Die Känguru Chroniken
    Wie oft kommt das vor? "Öfter als niemals, seltener als immer." Jack Reacher - Der Bluthund
    "Aufs Beste hoffen, fürs Schlimmste planen" Jack Reacher

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!