Rechtspflegeranwärter in der Praxis

  • Und es gibt dem Anwärter auch ein gutes Gefühl, wenn man ihn als "Kollegen, der in diese Abteilung eingearbeitet wird" vorstellt - und nicht als "Auszubildender oder so" ;) Außerdem nimmt das Publikum ihn dann ernster und die Situation ist "realistisch" (bis auf's Unterschreiben) ;)

  • also ich muss sagen, dass ich meiner Ausbildung nicht einmal selbst mit Publikum gesprochen habe!
    Ich saß zwar 2 Wochen auf der RAST, aber immer nur daneben und das ohne jede Erläuterung wozu die überhaupt dient! Und was Bertaungshilfesachen sind habe ich erst erklärt bekommen als ich nach der Prüfung (aber dann an einem anderen Gericht) dann Beratungshilfesachen mach musste!

    Da hab ich dann gemerkt wie aufgeschmissen ich eigentlich mit Publikum war!
    Also kann ich nur jeden Ausbilder bitten nicht den gleichen Fehler wie meine Ausbilder zu machen!

  • Das klingt ja furchtbar. Man kann ja etwas nur lernen, wenn man direkt damit konfrontiert wird.

    Hattet ihr denn auch mal eher schüchterne Anwärter, die sich überhaupt nicht getraut haben in Kontakt mit Publikum zu treten? Und wenn ja, wie seid ihr mit denen umgegangen?

  • Ich selbst würde es sowohl für den Anwärter als auch fürs Publikum eher ungünstig finden, wenn sie sich völlig allein unterhalten. Da können auch mal unvollständige oder falsche Aussagen gemacht werden und hinterher heißt es dann wieder: Aber mir wurde doch gesagt ...

    Und schließlich soll ja auch der Anwärter es richtig machen und lernen.
    Daher hör ich in solchen Sachen wenigstens zu und ab und zu ein Kopfnicken oder ein Hinweis, bevor es in die falsche Richtung geht, helfen ungemein.



    Genauso sehe ich das auch. So wurde es bei mir in der Paxis auch gehandhabt.
    Und ich hätte mich auch ohne Ausbilder nicht ganz wohlgefühlt, weil ja auch Fragen aufkommen können, die man als Anwärter so schnell nicht alleine beantworten kann.

  • Gab's an meinem Ausbildungsgericht auch und auch die wurden (nett) von den Ausbildern ins kalte Wasser geschmissen. Wenn sie sich beim ersten Mal noch nicht trauen, okay, dann wird darüber kurz gesprochen und mitgeteilt, dass nichts schiefgehen kann, weil der "richtige" Rpfl ja dabei sitzt und wenn dann immer noch Hemmungen bestehen, müssen die halt überwunden werden.

  • Meine Ausbilder haben sich immer im Hintergrund gehalten, sodass stets "Rettung" in Sicht war, fals was aus dem Ruder laufen sollte. Somit hatte ich grundsätzlich keine Hemmungen und Bedenken, mich dem Publikum zu stelle. Nur als mein Nachlass-Ausbilder meinte, dass ich in seiner Abwesenheit mich in sein Büro setzen sollte und den Publikumsverkehr allein machen sollte, hab ich gestreikt. Ich hab mir Arbeit in das Anwärter-Büro geholt und die Anträge wurden von der Vertretung aufgenommen.

  • Handhabt ihr das dann so, dass die Anwärter komplett auf sich gestellt sind oder euch bei fachlichen Fragen noch zu Rate ziehen können?




    Also ich sitz natürlich dahinter und hör mir das an und schreite im Notfall oder bei Fragen ein

    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit,

    aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher -Albert Einstein-

  • Wir sollen in Zukunft Anwärter ausbilden. Frage: Wie sieht es mit einer Entlastung der ausbildenden Rechtspflegern bei euch aus.Ich bin gegen eine Entlastung! Aus eigener Erfahrung. Es ist doch unangenehm, wenn d. AusbilderIn entlastet ist, Akten so gut wie nicht zur Verfügung stehen unddann auf besonders komplizierten Akten stundenlang herumgekaut wird.Theorie wird doch zur Genüge bei der FH vermittelt.

    2 Mal editiert, zuletzt von rpfl92 (28. Juli 2010 um 09:33)

  • Frage: Wie sieht es mit einer Entlastung der ausbildenden Rechtspflegern bei euch aus.

    Gibt es nicht. In den Abtl. in denen ich Anwärter bekommen, habe alle anderen Kollegen ebenfalls welche.

  • Wir sollen in Zukunft Anwärter ausbilden. Frage: Wie sieht es mit einer Entlastung der ausbildenden Rechtspflegern bei euch aus.I



    Erfolgt nicht, wäre aufgrund der generellen Belastung auch nicht sinnvoll.

  • Wie sieht es mit einer Entlastung der ausbildenden Rechtspflegern bei euch aus.




    :wechlach::wechlach::2weglach::wechlach::wechlach:

    Keine Chance.
    Ich bin schon froh wenn ich gleichzeitig nur 1 Vertretung habe (bei uns kommen die Anwärter meist im Juli)
    Ich muß aber sagen, dass die meisten Anwärter nach kurzer Zeit schon so fit sind, die "normalen" Akten selbst zu schaffen (schau ich natürlich schon durch, und bespreche die Sachen mit dem Anwärter).

    Gerne versuchen sie sich auch an größeren Sachen (ev. komplizierte Strafzeit/Maßregelberechnungen, gute Vorbereitung für die Prüfung, und mir hilft es wirklich, wenn auch meine Berechnung nochmal überprüft wird.

    Die höchste Form des Glücks ist Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit.
    Erasmus von Rotterdam

  • Wir sollen in Zukunft Anwärter ausbilden. Frage: Wie sieht es mit einer Entlastung der ausbildenden Rechtspflegern bei euch aus.Ich bin gegen eine Entlastung! Aus eigener Erfahrung. Es ist doch unangenehm, wenn d. AusbilderIn entlastet ist, Akten so gut wie nicht zur Verfügung stehen unddann auf besonders komplizierten Akten stundenlang herumgekaut wird.Theorie wird doch zur Genüge bei der FH vermittelt.




    Akten so gut nicht zur Verfügung stehen??? :wechlach:Entlastung??? :wechlach:

    Wo muss man sich da bewerben??? ;) So etwas hab ich hier noch NNNIIIEEEEE!!!!!!!!! erlebt!!!!!!!!

    Guter Witz!!!!!

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Hier wird nicht entlastet. .



    @ Anta:

    Wirklich nicht?

    Soviel ich weiß ist, beträgt laut Pebb§y (GA 300) die länderspezifische Basiszahl für die Ausbildung am Arbeitsplatz pro Anwärter und Monat 0,15.

    Danach müssten die Ausbildungsgerichte insgesamt besser mit Personal ausgestattet sein als andere. Bislang habe ich jedoch noch nicht bemerkt, dass diese Zahlen bis auf die einzelne Ausbilderin / den einzelnen Ausbilder runtergebrochen wurden.

    Es wird nicht entlastet. Wir bilden auf lau aus.

    Ohne Mampf kein Kampf, daher:

    Fazit:

    Die eigentliche Aktenbearbeitung hat Vorrang.

    Tiefschürfende Sachverhalte werden nicht mehr vermittelt.

    Lediglich die Spitze des Eisbergs, die für die praktische Ausbildung unerlässlich ist, wird angesprochen.

    So führt die "Beschäftigung", zu einer überwiegend fehlerfreien und unterschriftsreifen Aktenbearbeitung.

    Aufgrund dieser Erfolgserlebnisse steigt die Motivation der Anwärterinnen / Anwärter.

    Die Benotung siedelt sich fast nur noch im oberen Bereich an.

    Was letztendlich auch der Statistik des Ausbildungsgericht zu Gute kommt.:teufel:

    Evtl. nervige, arbeitsbelastetende Benotungsrechtfertigungen sind ein Fremdwort.


    Wichtiger als die eigentliche Ausbildung ist dagegen, die eigenen Reserven für die wenigen ehemaligen Anwärterinnen / Anwärter, die nach der Ausbildung ins Gericht zurückkehren, aufzuheben.

    Sie später in ihr eigentliches Dezernat intensiv einweisen, durch Begleiten und Arbeitsentlastung zu unterstützen, als während der Ausbildung pauschal Herzblut in einem Umkreis von 360 ° zu versprühen, das sich später womöglich in anderen Gerichten, Fach-Dezernaten (Ich frage mich jedes mal, ob ich im falschen Film bin, wenn mir Anwärterinnen oder Anwärter aus Fachgerichtsbarkeiten auf dem Schoß sitzen.) oder gar der ausbildungsfreien und praxisfernen Verwaltung verflüchtigt.

    Wenn der Verwaltung an einer ordentlichen Ausbildung gelegen ist, dann mag sie auch die personellen Ressourcen zur Verfügung stellen, zumindest sie aber dort hinleiten, wo sie hingehören und dringend benötigt werden.

    Einmal editiert, zuletzt von MR (28. Juli 2010 um 10:33) aus folgendem Grund: schreibfehler

  • @ MR

    Hm. Also ich habe bisher nie nachgefragt, ob nicht ausbildende Gerichte schlechter besetzt sind als wir. Glaube ich aber nicht. Wegen 0,15 wird NIEMAND irgendwas umverteilen. Schon gar nicht über relativ kurze Zeiträume.
    Allerdings werden unsere Anwärter (inzwischen ist es nur noch eine Handvoll, wenn überhaupt) durch mehrere Gerichte geschickt. Also hat auch jeder was davon.

    Das Fazit klingt traurig, kann auch leider nicht jeder von sich weisen.
    Jeder muss für sich selbst entscheiden, wieviel Zeit und Mühe er in die Ausbildungen investieren kann und will. Mancher kann es wirklich nur auf lasch, wenn die Pensen hoch sind und vielleicht auch noch Vertretung dazu kommt.

    Ich selbst habe mich immer bemüht, Anwärtern eben nicht nur die Spitze und Masse beizubringen sondern auch mal nicht alltägliche Sachen. Auch einfach das Gespür für Probleme und deren Lösung zu bekommen.
    Wenn dafür bei mir was mehr liegen geblieben ist - nun, dann wurden ein paar Stunden drangehängt und erledigt.
    Wie heißt es so schön: der Anwärter von heute ist (vielleicht) der Kollege von morgen.
    Und wenn ich mir überlege, dass sie nachher auch reingeschmissen werden, häufig gleich in Rückstände und kaum Möglichkeiten einer einigermaßen ordentlichen Einarbeitung, dann möchte ich ihnen soviel Grundlagen wie möglich mitgeben.
    Ich selbst hatte tolle praktische Ausbilder und war sehr froh darüber.

  • Entlastung ? :wechlach:

    Finde ich ja wirklich interessant, dass es sowas irgendwo gibt.

    Wir haben hier ja nicht nur Anwärter, sondern auch jeden Tag unzählige Praktikanten der verschiedensten Schulen und der verschiedensten Altersklassen.

    Ich weiß wirklich nicht mehr, wohin mit den Leuten - und es werden monatlich mehr. Die Betriebe hier in der Gegend nehmen sie schon immer seltener, weil es Kapazitäten bindet, also landen immer mehr bei der Verwaltung und am Gericht.

    Ich hab auch ehrlich keine Lust mehr, den Praktikanten noch irgendwas zu erzählen und beizubringen - meist sollen sie sich ruhig verhalten, mal ne Akte lesen und am besten in einer Sitzung verschwinden. Nach 2 Tagen sind sie eh weg oder in einer anderen Abteilung. Man hat schon genug zu tun, dass sie sich im Haus nicht verlaufen und man weiß, wo sie sich aufhalten (Fürsorge- und Aufsichtspflicht).

    Am Ende belästigen sie einen auch noch mit ihren Standardfragebögen. "Wem gehört das Gericht?" "Wie viele Mitarbeiter hat der Betrieb?" Hab da inzwischen auch schon Antwortbögen gebastelt, die ich denen gleich in die Hand drück.

    Tut mir ja echt leid für die Schüler, aber ich habe echt keine Zeit mehr.

    Die Richter stöhnen hier auch schon, weil in der Zeit zwischen Notenschluss und Ferienbeginn Horden von Schulklassen durchs Gericht geschleust werden und die Lehrer sich einen faulen Lenz machen. Schließlich sind ja die Richter für die Ordnung in der Sitzung zuständig...

    So, genug ausgekotzt - zurück zu den Anwärtern.

    Im Gegensatz zu irgendwelchen Praktikanten halte ich hier eine besondere Zuwendung absolut für erforderlich - egal wie hoch die Belastung ist! Sie sind ja die Kollegen und die Vertreter von morgen.

    Ich hab auch immer drauf geachtet, dass sie so viel wie möglich mit dem Publikum in Kontakt kommen. Alles, was sie in der Ausbildung im geschützten Rahmen erleben, überrascht sie hinterher schon nicht mehr. Habe sie daher nach kurzer Einarbeitung immer selbst agieren lassen und war im Hintergrund präsent. Anschließend gabs auch immer kurze Besprechung des Sachverhalts und Lob und/oder Kritik mit Verbesserungsvorschlägen. Richtig einschreiten musste ich nie - hatte immer gute Leute.
    Wir haben hier sowieso immer weniger Anwärter, so dass diese besonders viel Rundumzuneigung brauchen, da sie nach der Prüfung auch erst mal viel rumkommen. 5 Referatswechsel in zwei Jahren sind eher die Regel als die Ausnahme. Ich habe hier an einem offiziell größeren Gericht in einem Jahr auch fast alle Abteilungen durch bzw. muss sie vertretungsweise mitmachen.

    Ich finde es immer praktisch, mit dem Anwärter zu vereinbaren, dass er zu bestimmten Zeiten lernen kann oder mit anderen Klausuren üben kann (meist nachmittags, wenn kein Publikum da). Aber in der übrigen Zeit "gehört" er mir:cool:

    In den ersten Tagen gibts kurze Einarbeitung mit Erklären und Herantasten an die Akten, dann müssen sie auch Parteiverkehr und Telefon mitmachen und nach ca. einem Monat sind sie absolut fit, machen alles und können mich sogar entlasten. Das hängt aber viel von der Person des Anwärters ab. Bisher hatte ich Glück und immer fähige und motivierte. Luschen hatte ich keine.

    Ich glaube auch mal, dass sich die Anwärter auch mehr ins Zeug legen, wenn man sie engagiert ausbildet - oder es zumindest versucht.

    Ich selbst hatte ja auch solche und solche Ausbilder. Da versuche ich natürlich eben auch, ein gutes Vorbild zu sein.

  • @ Anta:



    Fazit:

    :zustimm:

  • Neben der Aktenbearbeitung: was macht ihr sonst noch mit den Anwärtern?



    Einsatz im Archiv, Ergänzungslieferungen einsortieren und Kaffee kochen lassen :teufel:

    Wo steht das noch gleich im RPflG? Hättest du als Anwärter so behandelt werden wollen? :mad::mad:


    Ich befinde mich z.Z. in der Praxisphase I. Mein Tipp: Abläufe schildern (!!!) denn in der Theorie lernen wir sowas nicht ;)
    Was passiert im Hintergrund? Wer arbeitet überhaupt alles am Gericht? etc.
    Zweiter Tipp: Eigenständig an einer Akte arbeiten! Das fördert die Motivation und der Lerneffekt ist hoch.
    Dritter Tipp: Behandelt "uns" wie ihr auch behandelt werden wollt, dann klappt das schon.

    Auf gutes Gelingen :)

  • Also, was ich besser gefunden hätte:

    Akten nicht "vorsortieren"! Den Anwärtern ruhig alles mal sehen lassen, auch Dinge, die vielleicht alle Schaltjahre mal vorkommen! Ich sitze teilweise heute hier (ca. 1 Jahr nach der Ausbildung) und denke: "Ach, sowas machst du also auch..."
    Man muss die Akten ja eh selbst machen, dann können die Anwärter auch erstmal alles anschauen!

    In Publikumsabteilungen sollte darauf geachtet werden, dass sich bei z. B. Antragsaufnahmen, der Ausbilder im Hintergrund hält, so dass der Antragsteller auch mit dem Anwärter redet und sich nicht an den Ausbilder wendet!
    Und am besten so viel wie möglich Publikum machen lassen! Routine ist hier alles!

    Immer dran denken, der Anwärter könnte dein nächster Kollege, oder sogar einer der nächsten Geschäftsleiter sein! Behandle ihn dementsprechend und nicht als Kopierer und Aktenträger!

    Je nachdem wie man es hält: Zumindest bei uns war es so, dass man nach ein bis zwei Wochen meistens per du war! So wird die ganze Geschichte lockerer und man hat das Gefühl tatsächlich als Kollege anerkannt zu werden!

    Und was auch ganz schrecklich ist, bis um 4 oder länger sitzen bleiben müssen, wenn man gar nichts mehr zu tun hat! Kommt halt auch drauf an, wie das an den Gerichten gehandhabt wird, aber meistens gibt es ja nun mal Gruppen von 2, 3 Leuten, ist ja klar, dass die gerade zum Ende der Zeit in der Abteilung, wenn sie langsam eine Ahnung haben, nicht so lange brauchen, wie ein Rechtspfleger für sein Pensum. Also vielleicht mal fünfe gerade sein lassen und den Neulingen einen schönen Nachmittag wünschen! Die Arbeiten nämlich noch oft genug bis in die Puppen!

    So, ich denke, dass soll erstmal genügen!

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