Ladungspflicht bei Ersatzfreiheitsstrafe?

  • In meinem Verfahren ist eine Geldstrafe zu vollstrecken. Dem VU wurden auf seinen Antrag hin Raten bewilligt, die er nicht zahlt. Daraufhin wurde die Vollstreckung der EFS angedroht. Dieses Schreiben kommt mit dem Kommentar versehen zurück: "Leck mich am Arsch, du kriegst mich ja doch nicht!"

    Würde in diesem Fall die Ladung umgehen und direkt einen HB erlassen. Aber ist das überhaupt möglich?

  • § 33 Abs 2 Nr. 1. StVollstrO eröffnet der Strafvollstreckungsbehörde die Möglichkeit auch ohne Ladung einen Haftbefehl zu erlassen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass der Verurteilte versucht sich der Vollstreckung zu entziehen.

    Die Äußerung des VU dürfte daher zum Erlass eines HB ausreichen. Siehe auch Pohlmann/Jabel/Wolf StVollstrO § 33 Rn 23.

  • Ich habe den Haftbefehl nach §33 II Nr. 1 erlassen.

    Befangen fühle ich mich nicht. Wüsste auch nicht, warum ich Schritte wegen Beleidigung o.ä. einleiten sollte.

    Er hat mir ja deutlichst zu verstehen gegeben, dass er sich nicht stellen will. Da wollt ich mir nur einen in diesem Fall unsinnigen Schritt sparen.

    Nur Raten bekommt er bei mir nicht mehr^^

  • Problem der Verhältnismäßigkeit, Problem der offensichtlichen Befangenheit bei Erlass des HB's, etc. ...



    Eine Befangenheit, grade eine offensichtliche, sehe ich nicht. Aus dem aus dem Verhalten des VU kann man keine Befangenheit herleiten (Rabe NJW 76, 172). Wäre ja noch schöner. Wenn mir die Gerichtsperson nicht passt, beleidige ich sie einfach und schon ist diese befangen.

  • Im Zweifel könnten man den HB auch von einem Kollegen unterschreiben lassen.

    Dann berichte doch mal, wenn du ihn "gekriegt" hast.


  • Nur Raten bekommt er bei mir nicht mehr^^



    Warum auch, Du hast doch Haftbefehl erlassen. Den nimmst Du doch nicht wieder zurück, oder? Oder meinst Du andere Verfahren?


    Ich glaube was Dirk andeutet ist:
    Die StVollstrO gibt das natürlich her. (VU ist ja sowas von deutlich!)
    Was im Falle einer Einwendung entschieden wird, wird aufgrund der
    vorangegangenen Beleidigung hingegen etwas ganz anderes sein.:D

    Oder habe ich Dich, Dirk, falsch verstanden?
    So wäre es jedenfalls vermutlich bei uns.

  • Ich halte auch ein "Leck mich am Arsch, du kriegst mich ja doch nicht!" etwas mager für die Annahme, dass sich der VU der Vollstreckung entziehen will. Ein "Ich zahle nicht freiwillig!" oder "Ich werde der Polizei die Tür nicht öffnen!" reicht m. E. für den Erlass eines HB's nicht aus. § 33 II 1 StVollstrO sehe ich bei der Ankündigung in den nächsten Tagen das Land zu verlassen oder die Wohnung aufzugeben und abzutachen. Hier haben wir es aber nur mit groben Unmutsäußerungen zu tun.

  • Genau das meine ich. Man sollte nie für Dritte den Anschein erwecken, in den Akten etwas persönlich zu nehmen. Was stört es den Mond, wenn die Wölfe ihn anheulen. Und: Man sieht sich immer zweimal.



    Das hat mal ein Kunde, fünf Minuten nachdem er bei mir raus, ich auf dem Weg in die Sanitärabteilung gewesen und wir uns auf dem Gang nochmal begegnet sind zugeraunt, indem er ganz nah ran kam und mir tief in die Augen sehen wollte. Kann man also so oder so sehen.

    Zum Thema: Ich würde HB erlassen - offenkundiger Ausdruck, sich der Strafvollstreckung entziehen zu wollen, allerdings eine Beleidigung würde ich nicht sehen.

  • Ich halte auch ein "Leck mich am Arsch, du kriegst mich ja doch nicht!" etwas mager für die Annahme, dass sich der VU der Vollstreckung entziehen will. Ein "Ich zahle nicht freiwillig!" oder "Ich werde der Polizei die Tür nicht öffnen!" reicht m. E. für den Erlass eines HB's nicht aus. § 33 II 1 StVollstrO sehe ich bei der Ankündigung in den nächsten Tagen das Land zu verlassen oder die Wohnung aufzugeben und abzutachen. Hier haben wir es aber nur mit groben Unmutsäußerungen zu tun.



    Das denke ich auch. Zwar verweist § 50 StVollstrO auf die allgemeinen Vorschriften, und damit auch auf § 33, im § 51 sind aber spezielle Anforderungen an die Ladung zum Antritt der EFS aufgeführt (- Betrag zur Abwendung). Man muß dem VU zumindest die Chance geben, die EFS nach Anordnung noch abzuwenden. Ich würde daher mit einer kurzen Frist (1 Woche) laden, und nach 2 Wochen HB erlassen, sofern keine Zahlung eingeht.

    Die Formulierung "L.m.a.A..... " sehe ich nicht als ausreichend für einen Verdacht, der VU entziehe sich der Vollstreckung, daher kein sofortiger HB.

    Die höchste Form des Glücks ist Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit.
    Erasmus von Rotterdam


  • Die Formulierung "L.m.a.A..... " sehe ich nicht als ausreichend für einen Verdacht, der VU entziehe sich der Vollstreckung, daher kein sofortiger HB.



    Richtig. Aber in "... Ihr kriegt mich doch eh nicht". Was soll man das Thema totdiskutieren.

  • Also erstens würde ich eine Anzeige wegen Beleidigung erstatten und zweitens den Haftbefehl erlassen, weil er offensichtlich zu erkennen gibt, dass er sich einer Vollstreckung widersetzen wird.

  • Es kommt doch hier nur darauf an, das die Ladung an den Verurteilten zugegangen ist. Aufgrund seiner Rückäußerung kann man ja davon ausgehen. Man wartet dann schlicht und einfach den Ablauf der Ladungsfrist ab und erläßt dann den Haftbefehl. Ein sofortige Erlaß eines HB macht keinen Sinn, da die Ladungsfrist ohnehin recht kurz gehalten ist und es bei sofortigem Erlaß eines HB es im Ermessen der Polizei liegt ob der HB unmittelbar oder erst nach der gesetzten Ladungsfrist vollstreckt wird. Erfahrungsgemäß dauert das nämlich immer einige Wochen bis die Polizei in die Gänge kommt.

  • .... Ein sofortige Erlaß eines HB macht keinen Sinn, da die Ladungsfrist ohnehin recht kurz gehalten ist und es bei sofortigem Erlaß eines HB es im Ermessen der Polizei liegt ob der HB unmittelbar oder erst nach der gesetzten Ladungsfrist vollstreckt wird. Erfahrungsgemäß dauert das nämlich immer einige Wochen bis die Polizei in die Gänge kommt.



    Ging es hier nicht darum, dass ein Haftbefehl ohne vorherige Ladung erlassen werden sollte?
    Im übrigen: Ein HB kann doch erst dann erlassen werden, wenn die Ladungsfrist abgelaufen ist -sofern vorher geladen wurde-. Die Polizei kann mangelns Kenntnis der Ladung und der entsprechenden Frist nicht überprüfen, ob die Ladungsfrist abgelaufen ist.
    Auch wenn die Polizei nicht für jede kleine EFS sofort losfährt, dauert es bei uns aber nie "einige Wochen, bis die Polizei in die Gänge kommt".

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