Beratungshilfe für Strafsache / Antragsteller steht unter Betreuung

  • Für mich gibt es hier keinen Anspruch auf Beratungshilfe, weil der Betreuer bereits Volljurist ist. Sämtliche Tätigkeiten außerhalb gerichtlicher und behördlicher Verfahren sind mit der Betreuervergütung abgegolten.



    Da hast Du aber den Knackpunkt, dass zur Beratung die Akteneinsicht notwendig ist, der RA sich also zumindest wegen dieser zum Verfahren melden muss. Je nach Verfolgungsbehörde könnte das Probleme mit der Akteneinsicht geben, wenn der RA das in seiner Eigenschaft als Betreuer tut. Und nu?



    Das wäre dann vom Rechtsanwalt nachzuweisen, dass er sich als Betreuer ausgegeben hat und ihm die Akteneinsicht verweigert wurde. Darüber gibt es sicherlich Schriftverkehr. Ansonsten kann sich das Gericht den Vorgang von der Polizei/StA anfordern und nach Aktenvermerken schauen, ggf. um Stellungnahme bitten. Ansonsten siehe Wobder und die Entscheidung des LG Stralsund (übrigens sehr lesenswert; Danke dafür :)).


  • Wenn ich jetzt einen Volljuristen als Betreuer bestelle, habe ich keinen Rechtsunkundigen der einer Beratungshilfe bedarf. Hier eine innere Trennung vorzunehmen zwischen Betreuer und RA halte ich zumindest in der BerH für sehr gewagt.

    Und bei PKH / VKH nicht?



    Da befinden wir uns bereits im gerichtlichen Verfahren...

    Wenn sich der Betreuer zur StA begibt und um Akteneinsicht bittet dürfte es keine Probleme geben. Ich sehe wie gesagt keine Veranlassung BerH zu gewähren.

  • Ich hab ein viel größeres Problem damit, dass der Anwalt bereits einen Monat vor Antragsunterzeichnung tätig wurde......

    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit,

    aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher -Albert Einstein-

  • Wenn ich jetzt einen Volljuristen als Betreuer bestelle, habe ich keinen Rechtsunkundigen der einer Beratungshilfe bedarf. Hier eine innere Trennung vorzunehmen zwischen Betreuer und RA halte ich zumindest in der BerH für sehr gewagt.

    Für mich gibt es hier keinen Anspruch auf Beratungshilfe, weil der Betreuer bereits Volljurist ist. Sämtliche Tätigkeiten außerhalb gerichtlicher und behördlicher Verfahren sind mit der Betreuervergütung abgegolten.



    :gruebel: Hat nicht genau dem Argument der BGH, bereits von mir zitiert und (kurz) erläutert, eine Absage erteilt?

    Hier nochmal, nunmehr direkt aus den Gründen:

    "... Ein als Berufsbetreuer bestellter Rechtsanwalt kann eine Betreuertätigkeit gemäß §§ 1835 Abs. 3, 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB nach anwaltlichem Gebührenrecht abrechnen, wenn sich die zu bewältigende Aufgabe als ein für den Beruf des Rechtsanwalts spezifische Tätigkeit darstellt. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass der Betreute - und bei mittellosen Betroffenen die Staatskas-se - keinen Vorteil daraus ziehen soll, dass sein Betreuer zufällig aufgrund einer besonderen beruflichen Qualifikation etwas verrichten kann, wozu ein anderer Betreuer berechtigterweise die entgeltlichen Dienste eines Dritten in Anspruch nehmen würde....

    ....wonach auch das Institut der rechtlichen Betreuung als "andere zumutbare Hilfsmöglichkeit" im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden könne und deshalb der Bewilligung von Beratungshilfe entgegenstehe, vermag der Senat dem schon im rechtlichen Ausgangspunkt nicht beizutreten. Der Rückgriff auf eine andere Hilfsmöglichkeit ist regelmäßig nur dann zumutbar, wenn der Betroffene die erforderliche Rechtsberatung kostenfrei oder jedenfalls ohne eine nennenswerte Gegenleis-tung erlangen könnte..."

    Damit dürfte klar sein, es ist unerheblich, wer etwas macht, sondern Was gemacht wird, also nur dann, wenn der anwaltliche Betreuer eine nach dem Beruf des Rechtsanwalts spezifische Tätigkeit erbringt, besteht ein zusätzlicher Gebührenanspruch nach RVG.

    Der BGH führt weiter aus "Zu einer kostenfreien Rechtsberatung ist ein anwaltli-cher Berufsbetreuer indessen gerade nicht verpflichtet, weil er für seine anwaltsspezifischen Tätigkeiten gegenüber dem Betreuten jedenfalls Aufwen-dungsersatz nach §§ 1835 Abs. 3, 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB geltend machen könnte."

    Damit sind wir wieder bei der Frage, ist das, was der RA erbracht hat, eine anwaltsspezifische Tätigkeit. Dass die AE sachgemäß nur durch den RA erfolgen könnte und das Recht des Betroff. auf anwaltsfreie Erteilung von Abschriften, auch in Beiakten, nicht ausgereicht hätte, bedarf näherer Antragsbegründung. Eine pauschale Ungeeignetheit sehe ich nicht, dies schon deswegen, weil § 147 Abs. 7 StPO geschaffen wurde, um dem Betroff. eine ausreichende Beteiligung im Verfahren und insb. rechtl. Gehör sicherzustellen.

    In jedem Fall unerheblich ist, wo der RA, innerhalb oder außerhalb des gerichtl. Verfahrens, die Leistung erbracht hat, § 1835 Abs. 3 BGB kennt insoweit keine Unterschiede.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Der Fall löst sich in Wohlgefallen auf, wenn man betrachtet, wann die erste Tätigkeit des Betreuers/RA war und wann der nachträgliche Antrag unterschrieben worden ist.

    Unter Verweis auf 1 BvR 2392/07 den BerH-Antrag zurückweisen und gut ist.

  • Der Fall löst sich in Wohlgefallen auf, wenn man betrachtet, wann die erste Tätigkeit des Betreuers/RA war und wann der nachträgliche Antrag unterschrieben worden ist.

    Unter Verweis auf 1 BvR 2392/07 den BerH-Antrag zurückweisen und gut ist.


    und DEN finde ich richti gut; besonders wenn man die Begründung des BVerfG gelesen hat, merkt man sofort, wie passend diese Entscheidung für die vorliegende Situatíon des Rechtsanwalts-Betreuers-in einer -Person doch ist:
    " § 7 BerHG regelt nämlich, was der Rechtsuchende, wendet er sich unmittelbar an einen Rechtsanwalt, dem aufgesuchten Rechtsanwalt zu dessen Entscheidung über die Gewährung von Beratungshilfe mitzuteilen hat. Dadurch soll dem Rechtsanwalt, der das Risiko einer späteren Ablehnung der Beratungshilfe durch das Amtsgericht tragen soll, die Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe ermöglicht werden (vgl. BTDrucks 8/ 3695 S. 9). Die in § 7 BerHG vorgesehenen Erklärungen sollen also der anwaltlichen Beratungshilfe vorangehen. Für schriftliche Anträge ist nach § 1 Abs. 2 Satz 1 BerHVV das auch von der Beschwerdeführerin gebrauchte Antragsformular zwingend vorgesehen. Es enthält die nach § 7 BerHG erforderlichen Angaben, darunter auch die Versicherung, dass in derselben Angelegenheit Beratungshilfe bisher weder gewährt noch durch das Amtsgericht versagt worden ist...."
    Und der Rechtsanwalts-Betreuer benötigt nun ganz sicher die Angaben, damit er die Vss prüfen kann...:mad:

  • Eine Sozialleistung muss vor deren Inanspruchnahme beantragt sein. Ist ein Grundsatz in der Sozialhilfe.

    Gilt auch für die Beratungshilfe. Der Antrag muss vorher gestellt sein (damit ist der Zeitpunkt der Unterschrift gemeint), kann dann aber später beim Amtsgericht eingereicht werden. Ansonsten wäre der Grundsatz einer vorherigen Beantragung durchbrochen.

  • Aber das ist doch hier völlig absurd, wenn der RA als Betreuer auf Seiten des Antragstellers und gleichzeitig als Rechtsanwalt auf der "aufgesuchten" Gegenseite tätig ist. Er bestätigt sich selbst Angaben, die er (natürlich) kennt. Ist das wirklich Dein Ernst, daß man sich hier am "Datum der Antragstellung" festhalten soll?

  • Eine Sozialleistung muss vor deren Inanspruchnahme beantragt sein. Ist ein Grundsatz in der Sozialhilfe.

    Gilt auch für die Beratungshilfe. Der Antrag muss vorher gestellt sein (damit ist der Zeitpunkt der Unterschrift gemeint), kann dann aber später beim Amtsgericht eingereicht werden. Ansonsten wäre der Grundsatz einer vorherigen Beantragung durchbrochen.




    Die Sozialhilfe setzt mit Bekanntwerden der Notlage ein (§ 18 SGB XII)! Das kann natürlich auch vor dem förmlichen Antrag der Fall sein....


    cam

  • Eine Sozialleistung muss vor deren Inanspruchnahme beantragt sein. Ist ein Grundsatz in der Sozialhilfe.

    Gilt auch für die Beratungshilfe. Der Antrag muss vorher gestellt sein (damit ist der Zeitpunkt der Unterschrift gemeint), kann dann aber später beim Amtsgericht eingereicht werden. Ansonsten wäre der Grundsatz einer vorherigen Beantragung durchbrochen.


    sagt Quest, aber nicht das BVerfG. Wieder das prinzip: ich pick mir die Rosine raus, die mir gefällt und den Rest ignorier ich solange, bis er sich in Luft auflöst?!?
    Und weil es mit dem BVerfG -Beschluss nichts wird, einfach mal irgendeine Vorschrift aus dem SGB heranzuziehen, in der das AUCH nicht drinsteht.:respekt
    § 18 SGB XII lautet -jedenfalls in der geltenden Fassung-
    § 18
    Einsetzen der Sozialhilfe

    (1) Die Sozialhilfe, mit Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, setzt ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen.

  • :gruebel: Hat nicht genau dem Argument der BGH, bereits von mir zitiert und (kurz) erläutert, eine Absage erteilt?.


    schon, aber das interessiert mal wieder nicht:wechlach:



    Was soll ich sagen, ich halte die Voraussetzungen der BerH weiter für nicht gegeben.

    Der Betreute hat einen Betreuer mit dem Wirkungskreis Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten. Der Betreute ist also nicht oder nur schwer in der Lage sich in diesen Angelegenheiten selbst zu vertreten. Daher wurde ein Betreuer bestellt. Rechtliche Fragen des täglichen Lebens soll daher jeder Betreuer außergerichtlich in seiner Eigenschaft als Betreuer erörtern und den Betreuten entsprechend vertreten, soweit er dies leisten kann. Bin ich Rechtsanwalt kann ich das ohne Probleme leisten und muss nicht erst mein zweites strafrechtlich bewandertes Ich befragen.

    Letztentlich wollte der Starter hier Meinungen abgebildet haben. Wie so oft kann man beide Meinungen vertreten. Wie man sich entscheidet, bleibt dann jedem selbst überlassen.

  • Rechtliche Fragen des täglichen Lebens soll daher jeder Betreuer außergerichtlich in seiner Eigenschaft als Betreuer erörtern und den Betreuten entsprechend vertreten, soweit er dies leisten kann.



    "Aye, there's the rub!" (Shakespeare, Hamlet)

    Ist ein Ermittlungsverfahren eine rechtliche Frage des täglichen Lebens?

    Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers. (Oscar Wilde)

  • Rechtliche Fragen des täglichen Lebens soll daher jeder Betreuer außergerichtlich in seiner Eigenschaft als Betreuer erörtern und den Betreuten entsprechend vertreten, soweit er dies leisten kann.



    "Aye, there's the rub!" (Shakespeare, Hamlet)

    Ist ein Ermittlungsverfahren eine rechtliche Frage des täglichen Lebens?



    Ja, ist mir auch schon passiert in meiner Eigenschaft als Rpfl. und es war nicht schlimm und ich brauchte keinen Rechtsanwalt...;)

  • Zwar gehört so etwas ebenso zum Alltag wie ein Todesfall, man wird es aber ebenso als eine rechtliche Frage von möglicherweise so schwerem Gewicht werten müssen, dass sich dies deutlich aus dem Alltag heraushebt. Dies "möglicherweise" ist im übrigen gerade nicht einzelfallabhängig, denn vorher weiß nie jemand, welche Überraschung in der Akte schlummert. Und sei es nur die, das es alles gar nicht schlimm ist.

  • Zwar gehört so etwas ebenso zum Alltag wie ein Todesfall, man wird es aber ebenso als eine rechtliche Frage von möglicherweise so schwerem Gewicht werten müssen, dass sich dies deutlich aus dem Alltag heraushebt. Dies "möglicherweise" ist im übrigen gerade nicht einzelfallabhängig, denn vorher weiß nie jemand, welche Überraschung in der Akte schlummert. Und sei es nur die, das es alles gar nicht schlimm ist.



    Sorry, aber auch der Todesfall und irgendwelche Erbangelegenheiten fallen in den Aufgabenbereich des Betreuers. Und auch hier muss er sich erst einmal selbst schlau machen. Und wer schon schlau ist, braucht keine BerH...

    Ansonsten, jeder wie er es vertreten kannn.


  • Wir merken uns also: " Bei einem Rechtspfleger ist ein Ermittlungsverfahren eine rechtliche Frage des täglichen Lebens" :wechlach::wechlach::wechlach:
    Schön auch: "es war nicht schlimm"; ja, dann! Dann KANN es ja für jemand anderes auch nicht schlimm sein, wobei "schlimm" wohl neuerdings ein tatbestandsmerkmal bei BerH ist...
    Anwaltliche Vertretung ist erforderlich, wenn es um Sachen geht, die voll schlimm sind.....

    Ist alles nicht Dein Ernst, oder?:mad:


  • Und eben das ist der grundsätzliche Fehler. Es geht nicht immer nur darum, "irgendeine vertretbare Meinung" zu finden oder irgendeine Meinung zu vertreten. Man muss gelgentlich auch mal die obergerichtlichen Entscheidungen zur Kenntnis nehmen und dann auch anwenden. Das RM ist doch vorprogrammiert! Manchmal fasse ich nicht, mit welcher haarsträubenden Ignoranz den RAen absichtlich zusätzliche Arbeit gemacht wird. :mad:

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