Genehmigungspflichtige Nebentätigkeit § 99 Abs. 2 Nr. 6 BBG

  • Hallo an alle,

    ich hätte da mal eine Frage.
    Was genau ist unter der Formulierung:"dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann" zu verstehen. Es soll hier eine Nebentätigkeit abgelehnt werden und dabei wird sich auf diese Begründung gestützt. Abgelehnt werden soll die Genehmigung für ein Inkassounternehmen, welches ein Rechtspfleger führen möchte.
    Habt Ihr dazu evtl. Rechtsprechung oder eine aussagekräftige Kommentierung für mich? Bislang waren nur so blumige Umschreibungen wie Beamtin als Prostituierte oder Vermietung von Gewaltfilmen oder Pornos zu finden.

    Gruß und Danke

    Greni

    Hier noch der Link ins BBG: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bbg_2009/gesamt.pdf

  • Nein, 1-5 sind nicht einschlägig. Dienstlicher Belang liegt nicht vor.

    :gruebel: Dienstlicher Belang liegt nicht vor? Aber der Rechtspfleger ist schon noch Beamter, oder?

    Mal angenommen, der Rechtspfleger ist im Moment (offenbar untrennbar) in der Verwaltung tätig, sodass Nr. 2 bis 4 (zur Zeit) nicht einschlägig sind, dann ist m.E. immer noch Nr. 5 in Betracht zu ziehen. Solange er ein Inkassounternehmen betreibt, könnte er jedenfalls in keiner Vollstreckungsabteilung bzw. Abteilung, die mit Zwangsvollstreckungsachen zu tun bekommen könnte (also allen) eingesetzt werden. Das schränkt doch seine Verwendungsbreite ein, oder?

    Einzig das (hypothetische) Konstrukt, dass er ja bei geplanter anderer Verwendung jederzeit seine Nebentätigkeit aufgeben könnte, lässt einem noch die Möglichkeit der Versagung nach Nr. 6. Die Tätigkeit in einem Inkassounternehmen als solchem dürfte dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung nicht abträglich sein. Sollte sich das Inkassounternehmen jedoch unlauterer Mittel bedienen wollen, wird's schon heißer. Ich erinnere mich an ein Inkassounternehmen aus Berlin, die haben den Schuldnern immer einen schwarzen Mann hinterher laufen lassen. Irgendwann sollte der Schuldner so verängstigt oder mindestens genervt sein, dass er freiwillig zahlt. Dass sich manches Inkassounternehmen rühmt, auch mit osteuropäischen "Inkassounternehmen" zu kooperieren, gibt der Sache auch ein gewisses Geschmäckle, wenn der Betreiber hauptberuflich im öffentlichen Dienst ist.

    Man sollte auch nicht vergessen, dass § 99 Absatz 2 Satz 2 BBG keine abgeschlossene Aufzählung beinhaltet ("insbesondere"). Satz 1 lautet immer noch :"Die Genehmigung ist zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden." Das ist der Fall, wenn bei verständiger Würdigung der erkennbaren Umstände unter Berücksichtigung der erfahrungsgemäß zu erwartenden Entwicklung eine solche Beeinträchtigung wahrscheinlich ist (BVerwG 24.09.1992, 2 A 6/91 -juris-).

  • Es ist in meinen Augen nicht ganz bedenkenfrei, wenn ein Rechtspfleger ein Inkassobüro betreibt, weniger weil er Beamter oder Rechtspfleger ist oder weil er sich in der Materie auskennt, als mehr deshalb, weil man da schon auf Gedanken kommen kann, wie gut seine Beziehungen ins Gericht denn sein könnten, um dieses oder jenes in der Vollstreckung zu erreichen. Ob das so ist, ist für den entstehenden Eindruck ja nicht von Belang.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Durch die Formulierung

    Zitat

    Abgelehnt werden soll die Genehmigung für ein Inkassounternehmen, welches ein Rechtspfleger führen möchte.

    hätte ich auch Probleme mit der zeitlichen Komponente. Dies ist aber nach der Fallschilderung nicht das Problem.

    Auch wenn die im Kommentar angegeben Begründungen oder auch Ausnahmen nicht direkt passen, hätte ich gleichwohl Bauchschmerzen mit einer Bewilligung. Von daher ist die Ablehnung nach der Ziifer 6 nachzuvollziehen.

    Andernfalls (konkrete Umstände des Einzelfalls) liese sich die Ablehnung noch überprüfen.

    Den Ausführungen von Mitwisser und Stefan ist somit nichts hinzuzufügen. :daumenrau

  • Danke für die Ausführungen.

    Jetzt hab ich aber immer noch keine Beispiele, was genau unter Nr. 6 fällt.
    Ich bräuchte hier ein paar konkrete Beispiele, was die Rechtsprechung darunter versteht. Könnt Ihr mir da ein paar Entscheidungen nennen?

    Ich sehe es so wie Mitwisser, dass die Tätigkeit in einem Inkassounternehmen als solchem dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung nicht abträglich sein dürfte. Und eine Verbindung zu gewissen östlichen Inkassounternehmen sind hier nicht zu unterstellen.

    Ich benötige in erster Linie ein paar gerichtliche Entscheidungen, aus denen sich die Handhabung der Nr. 6 ersehen lässt.

  • Nein, 1-5 sind nicht einschlägig. Dienstlicher Belang liegt nicht vor.

    :gruebel: Dienstlicher Belang liegt nicht vor? Aber der Rechtspfleger ist schon noch Beamter, oder?

    Mal angenommen, der Rechtspfleger ist im Moment (offenbar untrennbar) in der Verwaltung tätig, sodass Nr. 2 bis 4 (zur Zeit) nicht einschlägig sind, dann ist m.E. immer noch Nr. 5 in Betracht zu ziehen. Solange er ein Inkassounternehmen betreibt, könnte er jedenfalls in keiner Vollstreckungsabteilung bzw. Abteilung, die mit Zwangsvollstreckungsachen zu tun bekommen könnte (also allen) eingesetzt werden.

    Auch das halte ich nicht für zutreffend.
    Betrachten wir die Sache mal so: Ist der Rechtspfleger in seiner Freizeit nebenberuflicher Inkassodienstleister, vertritt er diverse Gläubiger gegen diverse Schuldner. Er ist somit Vertreter. Seinen Gebührenanspruch gegenüber dem Gläubiger hat er bei Erfolg - genauso bei Misserfolg der Vollstreckungsmaßnahme.

    Er ist und bleibt Vertreter - in seiner dienstfreien Zeit!

    Dass dies die Verwendung des Rechtspflegers bspw. in der M-Abteilung ausschließen soll, leuchtet mir nur unter einer äußerst kleinlichen, neidischen und unobjektiven Berachtung der Sachlage ein.

    Dass der Rechtspfleger nicht selbst den Pfänder, welchen er beantragt, erlässt dürfte wohl logisch sein.
    Dazu muss man auch keinen förmlichen Ablehnungs-/Befangenheitsbeschluss machen, sondern man gibt die Akte einfach seinem Vertreter - so viele Fälle werden es ja nicht sein.

    Es verhält sich also genau so, wie wenn gegen den Nachbarn, Freund, Freundin, Ex-Freundinnen, Onkel, Tanten oder sonstigen Bekannten vollstreckt werden soll.

    In meinem Bezirk kenne ich eine menge Leute -ja auch Schuldner- diese Pfänder gebe ich meinem Kollegen und der handhabt das genauso.

    Wo hier ein Problem sein soll, nur weil ein Rechtspfleger seine Armut (vermutlich ist er Armut 9 oder Armut 10) aufbessern möchte - das lässt sich für mich in der Logik nicht nachvollziehen.

    Wie soll denn hier die Arbeit durch ein bisschen Pfänden, Mahnen und Vollstrecken beeinträchtigt werden?


    Man stelle sich mal nur den Rechtspfleger vor, der Aktien der Deutschen Telekom AG oder sonstigen Großgläubigern hält????

    Ist das nicht viel krasser? Hier unterschreibt sogar die PARTEI selbst den Pfänder...???


    Also...was soll die Angst vor den nebenberuflichen Rechtspflegern?


    Sollen doch die Länder endlich die Einheitsbesoldung (auf dem Stand von A11) bzw. das Rechtspflegeramt einführen!
    Dann müssten manche nicht nebenberuflich Geld verdienen!!!

  • Ich glaube nicht, dass die Vorausführungen auf Grund einer kleinlichen, neidischen .. Betrachtung beruhen, sondern wohl eine objektive Einschätzung der Rechtslage darstellen sollen. Und Angst hat sicher auch keiner.

    Zu Nr. 6 habe ich nichts konkret gefunden. Allerdings scheint mir schon Nr. 3 als Ausschlussgrund in jedem Fall einschlägig. Hiernach genügt allein die Möglichkeit ! , dass die Inkassosache an das Gericht des Rpfl. kommt, ohne dass der Rpfl. damit etwas irgendwie zu tun haben müsste. Dieser Ausschluss gilt bundesweit, da die Zuständigkeit sich vielfach nach dem Schuldner richtet, also nie zuverlässig vorhergesehen werden kann.

    Das LAG R.Pf., 04.05.2010, 3 Sa 688/09 hat nach dem Rechtsgedanken Nr. 3 die Nebentätigkeit einer Sparkassenmitarbeiterin als Testamentsvollstrecker abgelehnt, weil sich für diese evtl. mal die Frage stellen könnte, bei welcher Bank sie das verwaltete Vermögen anlegt. In #1 ist die Sache wohl noch eindeutiger.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Gehoile wegen gesicherter Armut hin oder her:
    Bei nüchterner Betrachtung ist davon auszugehen, dass ein Justizbediensteter, der privat als Gläubiger-Vertreter sein Geld verdient, in der Öffentlichkeit einfach durch den äußeren Schein automatisch die Besorgnis begründet, dass er nicht neutral im Zwangsvollstreckungsrecht tätig sein wird.
    So geht es eben nicht.

  • Zitat

    Er ist somit Vertreter. Seinen Gebührenanspruch gegenüber dem Gläubiger hat er bei Erfolg - genauso bei Misserfolg der Vollstreckungsmaßnahme.

    Naja, wenn der entsprechene Erfolg ausbleibt hat man die längste Zeit vertreten. Dann siehts widerum mau aus mit Gebührenansprüchen, was dazu führen mag den einen oder anderen Sachverhalt wohlwollender zu interpretieren.
    Und falls man tatsächlich moralisch so gefestigt ist, dass dies unzweifelhaft ausgeschlossen werden kann, denkt der Brüger trotzdem es wäre so.

    Einmal editiert, zuletzt von Hector (17. August 2011 um 16:22) aus folgendem Grund: Wort vergessen

  • 93 % der Bürger auf Schuldnerseite haben das Denken schon lange aufgegeben.


    Dürften also Zustände wie an jeder gescheiten Behörde sein, kann ich aber leider nicht weiter drüber nachdenken, bin jetzt im Dienst.

  • Guten Abend

    Ich weiss von einem Fall in einem sehr nördlich gelegenen Bundesland, in dem ein Rechtspfleger nebenberuflich ein Inkassobüro führt. Ohne Probleme.

    Schönen Feierabend

    HClausen

  • Ich schließe mich der nüchternen Einschätzung von H. Clausen an. :daumenrau

    Wenn wir alle mal ehrlich sind, verhält es sich doch wie folgt:
    Der eine schaut auf den anderen und vergleicht. Dabei kommen bei den Kleingeistern unter uns Fragen auf wie: "Der hat doch wohl nicht etwa "mehr" als ich?". Ebenso beliebt: "Habe ich dann künftig "weniger" als der andere?"... ;)

    Leider dürfte die Motivlage für ablehnende Entscheidungen in puncto Nebentätigkeit regelmäßig im potentiellen Sozialneid des Entscheiders zu erblicken sein.

    P.S.:
    Eine Ausnahme bilden natürlich tatsächlich inadäquate Nebentätigkeiten...


  • Wenn wir alle mal ehrlich sind, verhält es sich doch wie folgt:
    Der eine schaut auf den anderen und vergleicht. Dabei kommen bei den Kleingeistern unter uns Fragen auf wie: "Der hat doch wohl nicht etwa "mehr" als ich?". Ebenso beliebt: "Habe ich dann künftig "weniger" als der andere?"... ;)

    Leider dürfte die Motivlage für ablehnende Entscheidungen in puncto Nebentätigkeit regelmäßig im potentiellen Sozialneid des Entscheiders zu erblicken sein.


    Also wenn ich mal ehrlich bin (bin ich eigentlich immer:cool::(
    Nein, auf keinen Fall! Auf die Idee, den anderen zu beneiden, weil er sich 'ne Mark nebenbei verdient, bin ich erst hier im Forum gestoßen. Außer nachdenklichem Kopfschütteln hat die Idee bei mir auch nicht ausgelöst.
    Ich beneide diejenigen, die es schaffen, genügend Abstand zu ihrer beruflichen Wichtigkeit zu gewinnen, um in Teilzeit mehr Zeit für ihre Kinder zu haben. Auf diese Leute bin ich echt neidisch, ehrlich.

  • Ich kann nicht beurteilen, ob bei den Entscheidungen über Nebentätigkeiten tatsächlich Penisneid eine Rolle spielt. Dies pauschal zu unterstellen finde ich aber ähnlich geistig arm wie von "Armut 9 oder Armut 10" zu reden.

  • Ich denke der Knackpunkt ist doch der, dass ein Rechtspfleger, der im Nebenjob Interessenvertretung übernimmt, im Amt eben nicht in berufsangemessener Weise als neutral angesehen werden kann.

    Die Fälle von Amtshandlungen gegenüber der Verwand- oder Bekanntschaft sind naturgegebene Ausnahmefälle, die man dann eben nicht macht.
    Übernehme ich aber ein Inkassobüro, setze ich mich dem Geruch aus, meine Klienten grundsätzlich zu bevorzugen oder Schuldner die mich als Inkasser mal geärgert haben, besonders hart anzufassen.
    Außerdem komme ich als Rpfl. viel eher an nicht öffentlich zugängliche Informationen, die ich dann im Nebenjob nicht ausblenden kann. (im Rheinland nennt man das Klüngel)

    Eine Ausnahme könnte ich mir allenfalls vorstellen, wenn die örtlichen Gegebenheiten (z.B. verschiedene OLG-Bezirke)jeglichen Interessenkonflikt ausschließen - aber auch dann nicht wirklich.
    Und das Argument -der da darf aber- ist keines, wenn es gute Gründe dagegen gibt.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!