Vernehmung ohne Vernehmung. Gebühr 4102 VV RVG entstanden?

  • Der Beschuldigte wird festgenommen. Er kontaktiert einen Anwalt. Anwalt kommt, wird beauftragt und rät, zunächst vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch zu machen (später erfolgt Pflichtverteidigerbestellung). Beschuldigter verweigert darauf hin die Aussage und die Vernehmung ist beendet.

    Für diesen "Vernehmungstermin" wird die Nr. 4102 Nr. 2 VV RVG abgerechnet.

    Entstanden?

  • Hieraus

    ... und die Vernehmung ist beendet.

    schließe ich, daß jedenfalls die Personalien des Beschuldigten zu Beginn festgestellt wurden, daß dem Beschuldigten förmlich eröffnet wurde, was im vorgeworfen wird, daß er belehrt wurde, und er darauf mitgeteilt hat, daß er z.Z. nichts sagen wird. M.E. ist die TG entstanden, wenn die Vernehmung dergestalt zumindest versucht wurde.

  • Ich stimme Adora Belle zu :daumenrau
    Meines Erachtens ist die Gebühr entstanden, sofern eine Vernehmung stattgefunden hat. Da du schreibst: "die Vernehmung ist beendet", gehe ich davon aus, dass eine solche stattgefunden hat.

  • Vernehmung setzt nur Voraus, dass der Beschuldigte zur Sache vernommen wird, also das ihm Fragen gestellt werden. Es kommt nicht darauf an, dass der Beschuldigte sich auch tatsächlich äußert. Nach der Schilderung hat die Vernehmung begonnen und wurde erst nach dem Rat des Anwaltes beendet, insoweit hat er die Vernehmungsgebühr verdient, wenn er bei dem Satz "ich mache von meinem Aussageverweigerungsrecht gebrauch" bei der Vernehmung anwesend ist.

    Anders wäre es, wenn er mit dem Beschuldigten ohne andere Beteiligte spricht, ihm rät nichts zu sagen, er dann eine Rauchen geht und in seiner Abwesenheit der Mandant sagt, dass er nichts sagen möchte. Wenn dann nicht mehr zur Vernehmung aufgerufen wird, war er nicht bei der Vernehmung zugegen, sondern hat nur mit seinem Mandanten gesprochen. Ich denke, dass für eine Vernehmung ohne dass eine solche unterbrochen ist: Vernehmungsperson, Anwalt und Mandant in einem Raum sein müssen und über die Aussage bzw. Nichtaussage gesprochen wird

  • Es wurde aber nicht mal ein Vernehmungsprotokoll erstellt wie normalerweise üblich.... oder spielt das keine Rolle?
    Wo ist denn das geregelt, wie eine Vernehmung abzulaufen hat und ob/wie sie zu protokollieren ist?

  • Also hat die Polizei den Beschuldigten festgenommen, dann sind sie zum Revier gefahren, er hat seinen Anwalt angerufen, alle haben auf den Anwalt gewartet, der Anwalt erscheint und spricht mit seinem Mandanten, daraufhin sagt der Mandant "ich sag nix", wird in seine Zelle gebracht und der Anwalt geht wieder?

    Dann war es ein Mandantengespräch im Polizeirevier und keine Vernehmung. Dafür gibts keine Gebühr. Wäre es eine Vernehmung gewesen, müsste es meiner Meinung nach auch ein Protokoll geben.

    Ergibt sich evl. irgendetwas aus dem Festnahmeprotokoll, woraus man eine Vernehmung im Beisein des Anwalts erkennen könnte?

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

  • Bis auf "in die Zelle gebracht" richtig. Er wurde freigelassen.... ach ja, und über seine Rechte ist er vor Eintreffen des Anwalts belehrt worden.

    Wie es ablief hat mir die Polizei gesagt, denn in der Akte ist gar nichts, weder ein Festnahme- noch ein Vernehmungsprotokoll.

  • Jep, das klang im Ausgangsbeitrag aber noch ganz anders. Ich halte es auch für sehr fragwürdig, daß sich dazu nichts in der Akte findet. Es muß doch zumindest einen Festnahmebericht geben. Und wieso erzählt Dir die Polizei vom Ablauf, schreibt aber nichts davon auf? (Das ist jetzt natürlich nichts, was hier erörtert werden müßte.)

  • Ich frag öfter mal bei der Polizei nach, v.a. halt in Vollstreckungssachen, wenn wieder mal nicht klar ist, ob eine Festnahme stattfand und/oder wann der Beschuldigte wieder freigelassen wurde.

    Der Ausgansbeitrag war auch nicht anders, nur das ich das magische Wort "Vernehmung" gebraucht hab.

    Polizist: Sagst Du was? Brauchst aber nichts sagen!

    Beschuldigter: Ich sag nix!

    = Vernehmung?

    Hab irgendwie keine Definition von "Vernehmung" und auch keine Vorschriften zum Ablauf und zur Protokollierung gefunden. Dann könnt man den Fall vielleicht besser einordnen.

  • Die Vorschriften zur Vernehmung finden sich in §§133 ff. StPO; das Wesentliche für Dich dürfte in §136 stehen.

    Ich bleibe da bei - das ist total unbrauchbar, was die Polizei da liefert. Entweder er sollte vernommen werden, dann gibt es auch eine schriftliche Dokumentation, aus der sich ergibt, daß er entsprechend belehrt wurde und daraufhin nix gesagt hat. Oder er wurde nur festgenommen, hat seinen Verteidiger hinzugezogen, und es kam wegen dessen Rat zum Schweigen gar nicht mehr zum Vernehmungsversuch.

  • Nach meiner Ansicht kommt es immer noch darauf an, ob die Polizei den Beschuldigten und seinen Anwalt zusammengerufen hat und dann gefragt hat, ob er was sagen will oder ob der Beschuldigte gesagt hat, ich werde nichts sagen.

    Was mich nur wundert, dass bei einem solchen Sachverhalt der Anwalt überhaupt losfährt..... Wenn der Anruf kommt, kommt meist schon am Telefon, dass klassische: DU SAGST NIX!!!!! Da braucht man auch nicht mehr auf den Anwalt zu warten, wenn die "Freilassung" ohnehin klar ist. Als Anwalt wäre ich in einem solchen Fall überhaupt nie losgefahren, sondern hätte zwei Worte mit der Polizei gesprochen, ob sie ihn weiter festhalten wollen, wenn er sich nicht äußert....

    Der Anwalt will ja Geld haben, also würde ich ihm mitteilen, dass sich aus der Akte keine Vernehmung, sondern nur ein Mandantengespräch ergibt und er die Vernehmung doch bitte darlegen soll.

  • Ob der Beschuldigte Angaben macht udn welche, ist für die Frage, ob eine Vernehmung i.S. der Nr. 4102 Nr. 2 VV RVG ohne Bedeutung. Was heißt: "Beschuldigter verweigert darauf hin die Aussage"? Bei wem, wem gegenüber, bei welchem Anlass?

  • Zitat Storberg: "..Der Anwalt will ja Geld haben..."

    Eben. Darum sollte er gerade schon zur Polizei fahren. Es kann sich immer mal ne 4102 ergeben.

    Das ist schon klar, dass bei 4102 Nr. 2 die reine Anwesenheit des Verteidigers ausreicht; anders evtl. bei den Haftbefehlsverkündern nach Nr. 3 wo ein verhandeln erforderlich ist.

    Hier ist eher fraglich, ob man das "Geschehen" unter "Vernehmung" subsumieren kann. Letztendlich lief es so, dass der Anwalt nach Beratung mit dem Mandanten zum Polizeibeamten sagte: "Mein Mandant macht keine Angaben". Das wars....

    Wenn ich die Kommentierung zu den §§ 163 a, 168 b Abs. II StPO anschaue, dann sind polizeiliche Vernehmungen zu protokollieren. Wird kein Protokoll erstellt, spricht schon vieles dafür, dass keine Vernehmung stattfand.

  • Ihrer Sichtweise wird man nicht viel entgegensetzen können. Alles andere läuft darauf hinaus, dass der Begriff der "Vernehmung" völlig konturenlos würde und im Grunde jedes Gespräch "Vernehmugn" sein könnte. Jedenfalls würde es mir so nricht reichen.

  • Hatte zuerst überlegt, ob die Belehrung über die Rechte nicht schon den Beginn der Vernehmung markiert und dann doch eine solche vorliegt.
    Aber jetzt denk ich, es ist nicht zwingend, dass sich an die Belehrung eine Vernehmung anschließt, d.h. man kann auch eine "isolierte" Belehrung machen (so wie im Fernsehen: Der Böse wird überwältigt und während ihm schmerzhaft der Arm verdreht wird erfolgt die Belehrung).

  • Ich denke, eine Vernehmung setzt zwingend eine Belehrung voraus, aber nicht jede Belehrung führt automatisch zur Vernehmung. Im Moment tendiere ich zur Ablehnung, aber das will nicht heißen, dass man die Frage auch mal anders sehen kann...

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