BerH für Hartz IV wegen Verfassungswidrigkeit

  • Hab hier jemanden, der mehrfach BerH wg. Hartz IV beantragt, da er die Regelsatzhöhe für verfassungswidrig hält :gruebel:
    Die Notwendigkeit des RA und der BerH wird damit begründet, dass er die Verfassungswidrigkeit als Laie nicht selbst begründen könne...

    BerH ja oder nein?
    Würde mich über Meinungen und Begründungen freuen, da ich dazu derzeit gar keinen Plan habe :confused:
    Danke!

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

  • Von mir ein klares JA!

    Die Regelbeträge werden statistisch erfasst und ausgerechnet. Die Zusammensetzung ist für einen Laien (und auch einen Profi) nur schwer nachzuvollziehen.

    Gerade Fragen, die sich mit der Verfassungsmäßigkeit beschäftigen - da halte ich andere Arten der Hilfen für unzumutbar. Das kann ein Sozialverein m.E. nicht stemmen. Wenn schon höchstrichterliche Rechtsprechung zu einem Problemfall bekannt ist, dann sind Sozialvereine durchaus eine andere Art der Hilfe. Aber nicht für die Fragstellung im Beitrag 1, so solch eine Frage noch zu klären ist.

    Es ist auch nicht mutwillig, da Berliner Sozialgerichte in letzter Zeit mehrfach wegen den Regelbeträgen dem Verfassungsgericht die Akten vorgelegt haben. Entscheidungen stehen noch aus...

  • Von mir ein klares Nein ;)
    Zum einen glaube ich mich zu erinnern dass das Bundesverfassungsgericht voriges und dieses Jahr zu den regelsaätzen sich geäußert hat und sie in der jetzigen Form für verfassungsgemäß erklärt hat.
    Zum anderen gibt es Beratungshilfe wenn irgendjemand meint (hier der Antragsteller) jemand anders (hier die Arge) die bestehenden Gesetze falsch anwendet, bzw. dagegen verstößt und Ansprüche aufgrund bestehender Gesetze nicht erfüllt werden.
    Nicht dafür das die Gesetze falsch sind. Nicht anderes sagt nämlich der Antragsteller indem er die Regelsätze angreift. Der Antragsteller kann sich durchaus an einen Verein wenden mit der Bitte ein Musterverfahren zu führen.

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Für meine Begriffe sollte der Antragsteller schon ein bißchen mehr Input liefern, als einfach nur pauschal eine Überprüfung zu verlangen. Die Zusammensetzung des Regelsatzes kann man in Erfahrung bringen. Sofern dann konkete Anhaltspunkte vorgetragen werden, die überprüft werden sollen, würde ich bewilligen. Aber einfach nur so nicht. Dann kann man alles in Frage stellen ( grundsätzlich okay, aber nicht im Rahmen der Beratungshilfe ).

  • Wurde hier im Erinnerungsverfahren bewilligt.

    M. E. hätte grundsätzlich ein Widerspruch wegen Verfassungswidrigkeit auch selbst eingelegt werden können, da das Verfahren (zumindest in meinem Fall) nur durchgezogen wurde, damit man dann Klage beim Sozialgericht einreichen konnte. Das Ziel war letztlich das BVerfG.
    Meine Meinung war daher, dass ein Anwalt erst im gerichtlichen Verfahren notwendig geworden wäre, für den Widerspruch hätte keine detaillierte Begründung mit Bezug auf Gutachten etc. erfolgen müssen, da das Jobcenter sowieso nicht abhelfen konnte. Hat der Richter aber anders gesehen.

    Die befürchtete Flut von Anträgen auf BerH für solche Widersprüche ist zum Glück ausgeblieben.

  • Schlagt auf mich ein, aber bei solchen Leuten bin ich für die vollständige Kürzung der Sozialleistungen.
    Möge er seine Bemühungen besser in die Jobsuche investieren als geltendes, verfassungsgemäßes Recht in Frage zu stellen auf Kosten der Allgemeinheit.

  • Ich würde nicht bewilligen. Allein wegen der Vermutung, dass die Regelsatzhöhe nicht verfassungskonform sei, kann es m.E. keine BerHilfe geben. Siehe Rechtsprechungsübersicht. Wollte man der Auffassung von Quest folgen, dann hätte die Berliner Kanzlei mit den "Verfassungsrechtlichen Bedenken" im nachhinein auch Recht gehabt.

  • Vielen Dank für Eure Meinungen und Anregungen!

    Ich werde ablehnen, da der Antragsteller den Widerspruch ohne große Begründung zunächst selbst einlegen kann. Sollte Erinnerung kommen, dann werde ich den schwarzen Peter wohl an den Richter weiterreichen, wenn der "Hartzer" mir nicht noch DAS schlagende Argument vorträgt ;)

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

  • Meine Zeit auf der Rechtsantragsstelle liegt zwar ettliche Jahre zurück, aber ich kann mich auch an so einen Fall erinnern.
    Hab damal etwas nachgehakt und gefragt, was er sich denn so als Leistung vorstelle.
    Da er (als Alleinstehender) seiner Meinung nach einen Anspruch auf eine 4-Zimmer-Wohnung, auf P-TV, einen riesigen Fernseher etc. und genügend (Taschen)Geld hat, um sich mehrmals in der Woche Karten für Fußballspiele, Kino etc. kaufen zu können, müsste die monatliche Leistung mindestens 2.000,00 € betragen (natürlich ohne Wohngeld, das geht extra) :wechlach:

  • Das Bundesverfassungsgericht hat sich doch in diesem Jahr in großem Umfang zu den Hartz IV Sätzen geäußert und sie als rechtmäßig erachtet. Das sollte der RA dieses Mandanten auch wissen und bei BVerfG haben sich 6 Richter mit diesem Thema beschäftig. Ich würde mir als RA nicht anmaßen zu behaupten, dass die Damen und Herren dabei etwas verfassungsrechtlich entscheidendes übersehen haben und deshalb eine Klage Aussicht auf Erfolg hat.

    Bella

  • Meine Zeit auf der Rechtsantragsstelle liegt zwar ettliche Jahre zurück, aber ich kann mich auch an so einen Fall erinnern.
    Hab damal etwas nachgehakt und gefragt, was er sich denn so als Leistung vorstelle.
    Da er (als Alleinstehender) seiner Meinung nach einen Anspruch auf eine 4-Zimmer-Wohnung, auf P-TV, einen riesigen Fernseher etc. und genügend (Taschen)Geld hat, um sich mehrmals in der Woche Karten für Fußballspiele, Kino etc. kaufen zu können, müsste die monatliche Leistung mindestens 2.000,00 € betragen (natürlich ohne Wohngeld, das geht extra) :wechlach:

    Naja, über solche Zeitgenossen braucht man nicht ernsthaft diskutieren. Andererseits: Die Regelungen des SGB II sind so voller Lücken und Unklarheiten, dass ich hier keineswegs von vorneherein Mutwilligkeit unterstellen würde. Manche ARGEs beugen hier auch sehenden Auges das Recht, wenn etwa die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels missachtet wird. Da wird in Kenntnis der Unzulässigkeit dann einfach mal eine Leistung seitens der ARGE eingestellt. Selbst die einstweilige Anordnung des Sozialgerichts führte nicht dazu, dass die Behörde sich rechtskonform verhielt. Stattdessen legte sie Rechtsmittel ein und vollzog weiter. Erst das LSG hat diesem unseligen Treiben ein Ende bereitet. Was ich hiermit sagen will. Ich lese in diesem Unterforum öfter mit. Obwohl ich mit Sozialrecht/Beratungshilfe nichts mehr zu tun habe habe ich hier früher einiges Erlebt. Manche Aussagen hier, die die Antragsteller pauschal auf Selbsthilfe oder Beratung bei der jeweiligen Behörde verweisen stoßen mir schon ziemlich auf.

  • Manche Aussagen hier, die die Antragsteller pauschal auf Selbsthilfe oder Beratung bei der jeweiligen Behörde verweisen stoßen mir schon ziemlich auf.

    Womit du vollkommen Recht hast. Grundsätzlich kann auf die pauschale Behördenberatung oder das Einlegen eines RM durch den Antragsteller nicht mehr verwiesen werden, es sei denn, die Ausnahmen der BVerfG Entscheidungen liegen vor, z.B. Widerspruch zum gleichen Sachverhalt, wenn bereits Entscheidungen über vorherige Widersprüche vorliegen.
    Vorliegend hätte ich zumindest nicht mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Antragsteller selbst das RM einlegen könnte, denn dafür ist das Sozialrecht zu umfassend. Es wäre ggf. sinnvoll gewesen, erst noch einmal eine ZwVfg. zu schreiben und um Aufklärung des konkreten rechtlichen Problems zu bitten. Wird nur pauschal angenommen, es stimme nicht oder könne so doch nicht wirklich richtig sein, dann kann man auch fundiert mit dem BVerfG (siehe Rechtsprechungshinweise) zurückweisen. Kommt es etwas auch nur annährend etwas substantiielles, dann kann man auch bewilligen.

  • Es ist nun mal so: Man kann zu jedem Einzelfall eine andere Ansicht haben.

    Vor 5 min:
    Astin erscheint, will BerHi wegen "Widerspruch gegen Bescheid des Jobcenters vom ....";
    Aufklärung des Sachverhalts ergab:
    - irgendjemand im Wohnblock hat sie angeblich beim Jobcenter angezeigt, dass sie ständig Besuch bekäme und vermutlich nicht allein in dort wohnt
    - Folge: Man kürzt ihre Wohnkosten auf die Hälfte (Begründung äußerst spärlich, dass von 2 Personen auszugehen ist ... blabla)
    - Sie will nun dagegen vorgehen, sie sagt, es wäre nur ein Bekannter, der am Wochenende an ihrem Wohnort Fußball spielt und dann dort übernacht, weil er unter dem Alkoholeinfluss nicht mehr nach Hause fahren kann - er hat seine eigene Wohnung.

    Man könnte zwar sagen: Legen Sie Widerspruch selbst ein und tragen Sie dabei das vor, was Sie mir gerade gesagt haben.

    Die Erfahrung sieht aber (bei unserem Jobcenter) so aus: Mit den Widerspruchsbescheiden wird das (solches) Vorbringen kurz und knapp abgewiesen, fertig, basta. Ich sehe immer wieder solche Bescheide. Das passiert zwar auch noch, wenn die Widersprüche von den Anwälten kommen, aber nicht in so einem krassen Umfang. Die Leute sind mitunter äußerst hilflos, wissen nicht mehr weiter und haben schon Tränen in den Augen. Sie werden beim Jobcenter abgewimmelt und wissen am Ende (wie im Beispielfall) nicht mal mehr, wie sie ihre Wohnkosten bezahlen sollen.

    Ich denke mal, dass man schon unterscheiden muss, ob vor einem ein Querulant steht, der regelmäßig erscheint und sich nicht die geringste Mühe macht oder ob es jemand ist, der wirklich nicht mehr weiter weiß und dringend (richtige) Hilfe braucht. In solchen Fällen kann man eben nicht irgendwelche allgemeine "Richtlinien" vorgeben, ob generell zu bewilligen oder zurückzuweisen ist, das muss man in jedem Einzelfall mit viel Fingerspitzengefühl erneut entscheiden.

  • Schlagt auf mich ein, aber bei solchen Leuten bin ich für die vollständige Kürzung der Sozialleistungen.
    Möge er seine Bemühungen besser in die Jobsuche investieren als geltendes, verfassungsgemäßes Recht in Frage zu stellen auf Kosten der Allgemeinheit.

    Das ist doch unser täglich Brot!
    Das erlebe ich auf der Rechtsantragstelle jeden Tag!
    Die Leute verbringen ihre Zeit damit, gegen jede Sozialbehörde zu prozessieren,
    um immer noch ein paar Euros mehr "rauszuschlagen".
    Rent-Seeking heißt das auf Deutsch! :D

  • Da hab ich wohl was losgetreten :oops:

    Um den Sachverhalt nochmal zu verdeutlichen:
    Die mehreren gleichzeitig eingereichten Anträge lauteten ursprünglich "Widerspruch gegen den Bescheid vom ...".

    Auf die Nachfrage, was denn an den Bescheiden bemägelt werde und was er selbst bisher unternommen hätte, kam dann die pauschale Aussage, dass die Regelsatzhöhe verfassungswidrig sei und der Antragsteller dies ohne RA nicht begründen könne. Mehr wurde dazu nicht angegeben. Dafür wurde dann mit Rechtsprechung um sich geschmissen, wieso und weshalb das Gericht ihm die Scheine fürs Widerspruchsverfahren bewilligen müsse und dass er selbst gar nichts unternehmen muss, schließlich muss er sich nicht "beim Feind" beraten lassen. Im übrigen lief die Widerspruchsfrist einen Tag nach Antragseingang des BerH-Antrages ab.

    Der Antragsteller ist hier auch kein Unbekannter in Sachen BerH, zwar noch kein "Dauer-Kunde" hat aber in diesem Jahr schon zwei "Scheine" bekommen. Ich hielt es daher für angebracht, ihn etwas "einzubremsen", war mir halt bloß nicht sicher, ob ich übers Ziel hinausschieße und ihm nun ausgerechnet den einen Schein verweigere, der ihm tatsächlich zustünde ;)

    Also Danke nochmal für Eure Hilfe! Nun bin ich wieder schlauer :)

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

  • So, ich mache nun auch Beratungshilfe und habe einen ähnlichen Fall.
    Der Antrag wird vom RA nachträglich eingereicht. Gegenstand: Widerspruch gegen den Bescheid vom...
    Der Bescheid und der Widerspruch liegt vor. Ganz normaler SGB-Bescheid. Den Widerspruch begründet der RA wie folgt: "Das BVerfG hat betont, verfassungsgerichtlich seien die Grundlage und die Methode der Leistungsbemessung zu prüfen. Es sei zu klären, ob der Gesetztgeber alle existenznotendigen Aufwendungen..." (das geht dann in Mini-Schrift etliche Seiten so weiter).
    Mein Bauchgefühl sagt mir, dass es dafür keine BerH geben kann. Es gibt ja kein konkretes Problem mit dem vorliegenden Bescheid, sondern es wird mal ganz allgemein die Verfassungsmäßigkeit angezweifelt, obwohl die Sätze doch längst angepasst wurden. :mad:
    Das kann doch nicht sein, oder?

  • Was schreibt denn das Jobcenter im Widerspruchsbescheid? Ich hatte mal einen Fall, da hat der RA wegen der Form des Bescheides (für den Mandaten nicht sofort nachvollziehbar) ein RM eingelegt und zugleich betont, dass der Bescheid inhaltlich in Ordnung sei. Ggf. kannst du dich auf die Begründung des Jobcenters stützen. Allein für die Vermutung, die Regelsätze könnten nicht verfassungskonform sein gäbe es bei mir keine BerHilfe.

  • ... Den Widerspruch begründet der RA wie folgt: "Das BVerfG hat betont, verfassungsgerichtlich seien die Grundlage und die Methode der Leistungsbemessung zu prüfen. Es sei zu klären, ob der Gesetztgeber alle existenznotendigen Aufwendungen..." (das geht dann in Mini-Schrift etliche Seiten so weiter).
    Mein Bauchgefühl sagt mir, dass es dafür keine BerH geben kann. Es gibt ja kein konkretes Problem mit dem vorliegenden Bescheid, sondern es wird mal ganz allgemein die Verfassungsmäßigkeit angezweifelt, obwohl die Sätze doch längst angepasst wurden. :mad:
    Das kann doch nicht sein, oder?

    Bei der Frage nach den "existenznotwendigen Aufwendungen" geht es nicht nur um die Höhe der Regelsätze. Daneben stellt sich z.B. auch noch die Frage nach den "angemessenen Kosten der Unterkunft". Wenn ich sehe, dass in manchen Lkrs. entsprechende Richtlinien aus den Jahren 2008/2009 stammen http://www.harald-thome.de/oertliche-richtlinien.html ,
    kann in einem solchen Lkrs. durchaus Überprüfungsbedarf bestehen.
    Der Widerspruch des Anwalts gegen den Bescheid liegt ja vor, zu welchem Ergebnis ist der Anwalt gekommen?

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