Ergänzungspfleger für familiengerichtliche Genehmigungen (zu BGH XII ZB 592/12)

  • Ich habe dazu in FamRZ 2015, 550, 552 f. folgendes ausgeführt:

    VII. Keine schützenswerten Grundrechte im gerichtlichen Genehmigungsverfahren?


    Die besorgten Ausführungen Nedden-Boegers zum gebotenen Grundrechtsschutz im Rahmen einer angeordneten Kontrollbetreuung stehen im seltsamen Gegensatz zu der unter seiner Mitwirkung getroffenen Entscheidung des XII. Zivilsenats vom 12.02.2014,[22] die den gleichermaßen gebotenen und im Fall der Beteiligung eines verfahrensunfähigen Minderjährigen durch die Bestellung eines Ergänzungspflegers zu gewährleistenden Grundrechtsschutz im gerichtlichen Genehmigungsverfahren wieder auf die inakzeptablen Zustände zurückwirft, die vor der bekannten einschlägigen Entscheidung des BVerfG[23] bestanden hatten und die durch die Rechtskraftlösung des FamFG erklärtermaßen überwunden werden sollten.[24]

    Wenn derjenige, dessen rechtsgeschäftliches Handeln im gerichtlichen Genehmigungsverfahren überprüft werden soll, in diesem Verfahren nicht das rechtliche Gehör für den von ihm rechtsgeschäftlich Vertretenen vermitteln kann, weil dies darauf hinausliefe, sich zum Richter in eigener Sache zu machen und das eigene Vertreterhandeln namens des Vertretenen nur noch zustimmend abzunicken,[25] so ist für die Vertretung des Kindes im Genehmigungsverfahren überhaupt kein Fall denkbar, bei welchem der Vertreter ohne eben jene typisierte Interessenkollision zu dem von ihm selbst vorgenommenen Rechtsgeschäft Stellung nehmen könnte.[26] Damit erweist sich der Denkansatz des BGH, der auf eine im Einzelfall zu prüfende Interessenkollision im Hinblick auf das vom Vertreter vorgenommene materielle Rechtsgeschäft abstellen möchte, von vorneherein als verfehlt, weil es gar nicht um etwaige widerstreitende Interessen bei diesem materiellen Rechtsgeschäft, sondern alleine um die in der Natur der Dinge liegende und daher stets und ausnahmslos vorhandene Interessenkollision im gerichtlichen Genehmigungsverfahren geht, in welchem das vom Vertreter vorgenommene materielle Rechtsgeschäft im Hinblick auf seine Genehmigungsfähigkeit überprüft werden soll. Dass der BGH in diesem von ihm für maßgeblich erachteten unzutreffenden Zusammenhang für die Frage der Interessenkollision dann auch noch einen nicht existenten Unterschied zwischen einem einseitigen Rechtsgeschäft (Erbausschlagung) und einem Vertrag konstruiert, rundet die Verkennung des eigentlichen Problems nur noch ab. Denn dass bei der Erbausschlagung keine zu überprüfende vertragliche Gestaltung in Rede steht, ändert nichts daran, dass im Genehmigungsverfahren gleichwohl der Überprüfung bedarf, ob die erklärte Erbausschlagung mit ihrem materiellen Regelungsgehalt wie jedes andere genehmigungspflichtige einseitige oder zweiseitige Rechtsgeschäft dem Wohl des Vertretenen entspricht.[27]

    Nach der Rechtsprechung des BVerfG kam es in den Jahren bis zum Inkrafttreten des FamFG zu der Situation, dass vor Erteilung der gerichtlichen Genehmigung ein Vorbescheid zu erlassen und dieser einem dem Vertretenen eigens bestellten Vertreter[28] bekanntzugeben war,[29] damit jener die Gelegenheit erhielt, noch vor der gerichtlichen Beschlussfassung im Wege der Beschwerde gegen die beabsichtigte Erteilung der Genehmigung vorzugehen.[30] Die aktuelle Rechtsprechung des BGH führt demgegenüber dazu, dass derjenige, der in den Jahren vor der Entscheidung des BVerfG nicht am Genehmigungsverfahren beteiligt wurde und der aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG sodann in der Zeit bis zum Inkrafttreten des FamFG auf dem beschriebenen Weg zu beteiligen war, unter Geltung des FamFG nunmehr wiederum nicht am Genehmigungsverfahren beteiligt wird, weil er weder vor noch nach der Genehmigungsentscheidung Gelegenheit erhält, sich zur Sache zu äußern oder gegen eine bereits erteilte Genehmigung vorzugehen.

    Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des BGH kann daher nun erneut das vom BVerfG verworfene Ergebnis eintreten, dass eine gerichtliche Genehmigung rechtskräftig und unanfechtbar werden kann,[31] obwohl der Vertretene im Genehmigungsverfahren nicht zu Wort kommt,[32] weil man dessen Nichtbeteiligung damit rechtfertigt, dass der gesetzlicher Vertreter und das genehmigende Gericht in eigener Machtvollkommenheit über das Wohl und Wehe des Vertretenen entscheiden können.[33] Ein solcher Rückfall in grundrechtsverweigernde Zeiten ist nicht hinnehmbar und deshalb werden weite Teile der Rechtspflegerschaft dem vorliegenden rechtlichen Irrweg des BGH dem Vernehmen nach in allen betroffenen Rechtsgebieten (namentlich im Bereich der Nachlasspflegschaft) nicht folgen, auch wenn nicht zu verkennen ist, dass die Rechtsprechung des BGH auch kurzsichtig gezollten Beifall erhält,[34] weil dem Drängen der beteiligten Beteiligten auf Verfahrensbeschleunigung und deren Wunsch nach Kostenvermeidung mehr Beachtung geschenkt wird als den Grundrechten der nur scheinbar beteiligten Nichtbeteiligten, die es hinnehmen sollen, dass einfach über ihren Kopf hinweg endgültig und unanfechtbar entschieden wird. Es kann nicht angehen, dass man bei der Gewährleistung der Grundrechte zweierlei Maß anlegt und diese Grundrechte demzufolge im einen Fall schützt, während man sie im anderen Fall stringent verweigert. Wie die kritikwürdige aktuelle Rechtsprechung des XII. Zivilsenats zeigt, könnte sich für die an die erstinstanzlichen Betreuungsgerichte adressierte Kritik Nedden-Boegers also durchaus auch ein anderes grundrechtsrelevantes Betätigungsfeld ergeben.


    [22] BGH (Az. XII ZB 592/12), FamRZ 2014, 640 m. abl. Anm. Zorn = FGPrax 2014, 162 = ZEV 2014, 199.
    [23] BVerfGE 101, 397 = FamRZ 2000, 731 m. Anm. Gottwald FamRZ 2000, 1477 = Rpfleger 2000, 205 = NJW 2000, 1709 = ZEV 2000, 195 (LS) m. Anm. Langenfeld = JZ 2000, 783 m. Anm. Hess/Vollkommer sowie m. Anm. Pawlowski JZ 2000, 913 = FGPrax 2000, 103 = BWNotZ 2001,17 m. Anm. Bühler.
    [24] BT-Drucks. 16/6308, S. 197. Alles Nachfolgende gilt natürlich nicht nur in Kindschaftssachen, sondern auch für alle anderen gerichtlichen Genehmigungsverfahren und nicht nur für verfahrensunfähige bekannte, sondern auch für unbekannte und abwesende Beteiligte oder für unbekannte Erben (§§ 1911, 1913, 1960 BGB), weil die Gewährung des gebotenen Grundrechtsschutzes nicht davon abhängen kann, ob der anzuhörende Beteiligte in persona zur Verfügung steht. Unterschiede ergeben sich in den verschiedenen Verfahren aber insoweit, als sich jeweils die Frage stellt, wer für den jeweiligen Beteiligten denn nun als "richtiger" Vertreter zu bestellen ist (Verfahrenspfleger oder Ergänzungsbetreuer in Betreuungssachen, Verfahrenspfleger oder Ergänzungspfleger in Pflegschaftssachen, Verfahrenspfleger oder Ergänzungsnachlasspfleger bei der Nachlasspflegschaft).
    [25] Nach dem Motto: "Ich erkläre für das von mir bei dem zu genehmigenden Rechtsgeschäft vertretene Kind, dass ich bei dem Rechtsgeschäft alles richtig gemacht habe und dass es deshalb genehmigt werden kann. Außerdem kündige ich an, dass ich für das von mir vertretene Kind kein Rechtsmittel gegen die Genehmigung des von mir selbst als Vertreter vorgenommenen Rechtsgeschäfts einlegen werde." Mit Verlaub: Derlei ist natürlich völlig absurd. Aber eben diese Absurdität ist die logische Konsequenz aus der aktuellen Rechtsprechung des BGH.
    [26] Kölmel, MittBayNot 2012, 108, 110; Zorn, Rpfleger 2010, 425, Rpfleger 2011, 437 und FamRZ 2014, 641, 642; Bestelmeyer, Rpfleger 2010, 636, 647 Fn. 176.
    [27] Zutreffend Zorn, FamRZ 2014, 641 f.
    [28] Nach damaliger Rechtslage handelte es sich bei diesem Vertreter um einen zu bestellenden Verfahrenspfleger.
    [29] Die Bekanntgabe des Vorbescheids an den im Genehmigungsverfahren von der Vertretung ausgeschlossenen "regulären" Vertreter hätte an der verfassungswidrigen Situation nichts geändert, weil es dann wiederum im alleinigen und unkontrollierten Belieben des Vertreters gestanden hätte, mittels Vorbescheids-Beschwerde gegen das eigene Vertreterhandeln beim genehmigungspflichtigen materiellen Rechtsgeschäft vorzugehen. Bei einer solchen Verfahrensweise wäre der Vorbescheid lediglich als ein rechtliches Feigenblatt zu qualifizieren (gewesen), das die Nichtbeteiligung des Vertretenen im Genehmigungsverfahren nicht in verfassungsgemäßer Weise zu überbrücken vermag.
    [30] Dies entspricht der in der ständigen Rechtsprechung des BVerfG (Fn. 23 m. w. N.) zum Ausdruck kommenden verfassungsrechtlichen Selbstverständlichkeit, dass die Beteiligung des Vertretenen nicht erst nach der erfolgten, sondern bereits im Vorfeld der beabsichtigten Genehmigungsentscheidung zu erfolgen hat.
    [31] Ob die Genehmigungsbeschlüsse dann auch tatsächlich rechtskräftig werden, erscheint im Hinblick auf die Rechtsprechung des BVerfG (Fn. 23) allerdings noch nicht ausgemacht. Falls nein, sind die Folgen verheerend, weil nur von einer rechtskräftigen Genehmigung i. S. des § 1829 BGB Gebrauch gemacht werden kann und demzufolge eine Vielzahl von Rechtsgeschäften unwirksam wäre, obwohl sie von den Beteiligten für wirksam gehalten werden (Bestelmeyer, Rpfleger 2012, 666, 675 m. w. N. zu den divergierenden Rechtsauffassungen).
    [32] Zu Wort kommen müsste er aber natürlich bereits vor dem Erlass der Entscheidung und nicht erst im Rahmen ihrer nach § 41 Abs. 3 FamFG vorgesehenen Bekanntgabe (OLG Oldenburg, FamRZ 2010, 660 = Rpfleger 2010, 213; Zorn, Rpfleger 2009, 421, 426, 428, 431 und FamRZ 2014, 641, 642; Bestelmeyer, Rpfleger 2010, 635, 647; hierzu vgl. bereits vorstehend Fn. 30).
    [33] Bestelmeyer, Rpfleger 2012, 666, 675; Zorn, FamRZ 2014, 641, 642.
    [34] Vgl. etwa Heinemann, FGPrax 2014, 121, der die gerichtliche Pflegerbestellungspraxis als "völlig überzogen" bezeichnet und es begrüßt, dass der BGH dieser Praxis nunmehr "einen Riegel vorgeschoben" habe. Das kann man natürlich so sehen. Die Frage ist nur, ob es sich dabei auch um einen verfassungsgemäßen Riegel handelt.

  • Das OLG München hat mit Beschluss vom 22.01.2015 (16 WF 1416/14) für ein Verfahren um eine familiengerichtliche Genehmigung zu einem (Gesellschaftsanteilsübertragungs-)Vertrag verneint, wenn die Voraussetzungen des § 1796 nicht vorlägen.

    Ich frage mich immer (edit: also auch beim BGH) dieselben zwei Dinge:
    - Wenn das so ist, wozu gibt es dann noch § 1795 BGB?
    - In welchem Falle, in dem nach § 1796 die eS entzogen wird, steht eine fam.ger. Genehmigung wegen des kindesfinanzengefährdenden Rechtsgeschäfts nach dem Entzug überhaupt noch im Raume?

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • In der Tat unverständlich , zumal zunehmend davon ausgegangen wird, dass es sich insbes. bei § 41 III FamFG um einen gesetzlichen Vertretungsausschluss handelt.
    Für den Zweck der Anhörung des Vertretenen gem. den früheren Vorgaben des BVerfG sehe ich das nicht anders.

  • Schade, das Cromwell nicht Beteiligter im Verfahren war, dann hätte er dort so fundiert die Stellungnahme abgeben können - fraglich bleibt jedoch dennoch, ob der BGH dann anders entschieden hätte.:confused:

    Von Praxis wurde die Entscheidung des BGH allerdings wohlwollend aufgenommen, erspart sie doch einigen Aufwand, vor allem in den vielen eindeutigen Fällen der Erbausschlagung mit Überschuldung. Wenn wir ehrlich sind, hat es doch die große Masse an Rechtspflegern nie eingesehen, wieso in diesen Fällen das Gericht die Erklärung des Elternteils überprüft, dabei gesetzlich vorgeschrieben umfangreiche Ermittlungen anstellt, um dann noch mals selbst kontrolliert werden zu müssen, zumal in anderen Konstellationen eine Genehmigung überhaupt nicht erforderlich ist.

    Insoweit wird wohl bei diesen Verfahren im Zusammenhang zu Erbausschlagungen wohl kaum noch ein Rechtspfleger einen solchen Ergänzungspfleger bestellen (war ja vor der BGH-Entscheidung schon ein großer Teil), und wie es in anderen Genehmigungssachen aussieht .... naja, dazu können und wollen wir schwer eine Prognose abgeben.

  • Die größten Probleme entstehen immer dadurch, dass "die Masse" irgend etwas nicht einsieht oder dass ihr etwas völlig gleichgültig ist. Und wenn dann etwas schiefgeht, ist natürlich jemand anderer schuld.

    Andreas: Die Begründung des OLG München würde mich interessieren.

    Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass das, was heute von den Familiensenaten entschieden wird, von den früheren FGG-Senaten manchmal durchaus anders entschieden worden wäre. Denn die betreffenden Entscheidungszuständigkeiten sind den Familiensenaten erst mit der Aufgabenverlagerung im Zuge der FamR-Reform angefallen, während die früheren FGG-Senate mit ihrer Rechtsprechung auf eine mitunter jahrezehntelange Tradition - und eine entsprechende praktische Erfahrung - zurückblicken konnten. Manchmal hat man den Eindruck, dass dieser durch Erfahrung geschärfte zutreffende rechtliche Blick auf die Dinge heutzutage etwas verloren gegangen ist. Bei den Rechtspflegern war das auch nicht anders. Wer als FamG-Rechtspfleger wie die Jungfrau zum Kind auf einmal zu ehemaligen Tätigkeiten des VormG kam, musste auch erst einmal zusehen, worum es bei den betreffenden Genehmigungsentscheidungen in der Sache eigentlich ging. Die besagte frühere Kontinuität ist durch die Fam-Reform verloren gegangen und es wird noch einige Zeit dauern, bis sie sich in den neuen Zuständigkeiten neu einstellt.

  • In dem Zusammenhang eine Frage:
    Könnte ( wenigstens ) ein Grundbuchamt einen erteilten Rechtskraftvermerk überhaupt anzweifeln , wenn sich aus dem Rubrum des Genehmigungsbeschlusses kein Ergänzungspfleger für das Verfahren ergibt ?

  • Ich bin nach wie vor ein Fan der Verfahrensergänzungspflegerbestellung im Genehmigungsverfahren und finde die Argumente von einigen Forianern hier klasse. Andere Kollegen verweigern sich spätestens seit der BGH-Entscheidung kategorisch.

    Nun ist folgender Fall aufgetreten: Beim zugrundeliegenden Rechtsgeschäft gab es einen (materiellen) Vertretungsauschluss samt Pflegerbestellung. Im Genehmigungsverfahren wurde das Kind (dem BGH folgend) nur von den Eltern vertreten. Die Frage ist, an wen nun die Genehimigung zuzustellen ist. Die Meinungen schwanken zwischen dem Pfleger und den Eltern. Ich würde zum Pfleger tendieren, um zu retten, was zu retten ist. Was meint ihr dazu?

    Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas (Ovid, röm. Dichter, 43 v.Chr. - 17 n.Chr.)

  • Wer im gerichtlichen Verfahren vertritt, hat nichts damit zu tun, wer von der Genehmigung materiell nach § 1829 BGB Gebrauch zu machen hat. Und das kann - solange er amtiert - natürlich nur derjenige gesetzliche Vertreter sein, der das besagte genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft vorgenommen hat. Dass der Ergänzungspfleger als gesetzlicher Vertreter im Rahmen des materiellen Rechtsgeschäfts im Genehmigungsverfahren Beteiligter ist, auch wenn er nicht förmlich im Verfahren vertritt, steht im Übrigen für mich außer Frage.

    Die zutreffende Verfahrensweise wird daher sein, den Genehmigungsbeschluss sowohl den Eltern als auch dem Ergänzungspfleger bekanntzumachen, die mit Rechtskraftvermerk versehene spätere Ausfertigung nebst Belehrung nach § 1829 BGB aber nur dem Pfleger zuzuleiten (so nicht ohnehin der Notar aufgrund Doppelvollmacht tätig wird).

  • (...) Dass der Ergänzungspfleger als gesetzlicher Vertreter im Rahmen des materiellen Rechtsgeschäfts im Genehmigungsverfahren Beteiligter ist, auch wenn er nicht förmlich im Verfahren vertritt, steht im Übrigen für mich außer Frage.
    (...).

    Vielen Dank Cromwell! Noch eine Frage: Angesichts Deiner hier zitierten Auffassung: Würdest Du in einem Fall ohne (materiellen) Vertretungsausschluss die Eltern im Genehmigungsverfahren auch als Beteiligte sehen und ihnen neben dem unter 14-jährigen Kind (vertreten durch den Verfahrensergänzungspfleger) bekanntmachen?

    Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas (Ovid, röm. Dichter, 43 v.Chr. - 17 n.Chr.)

  • Ob der Minderjährige selbst verfahrensfähig ist, hat nach meinem Dafürhalten nichts mit der Frage zu tun, ob die beim materiellen Rechtsgeschäft handelnden Eltern in ihrer Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter gleichwohl Beteiligte des Genehmigungsverfahrens sind.

  • Cromwell: Das ist mir schon klar, aber die Frage, ob Du die Eltern als Beteiligte im Genehmigungsverfahren siehst, ist trotzdem noch offen :confused:

    Wenn ja, müsste man den Eltern die Genehmigung schon zustellen, bevor sie rechtskräftig ist, damit sie es werden kann. Ich bin dagegen der Auffassung, dass die Eltern kein eigenes Beschwerderecht im Genehmigungsverfahren haben. Daher teile ich den Eltern erst die rechtskräftige Genehmigung nach § 1828 BGB mit, damit sie davon Gebrauch machen können. Liege ich damit richtig?

    Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas (Ovid, röm. Dichter, 43 v.Chr. - 17 n.Chr.)

  • Wenn ein Verfahrensergänzungspfleger besteht, ist der Beschluss zur Erzielung der Rechtskraft natürlich nur diesem bekannt zu machen, er ist ja derjenige, der das Kind vertritt. Den Eltern würde ich dann nur noch die Ausfertigung mit Rechtskraftvermerk, so denn beantragt, zukommen lassen, denn für das materielle Rechtsgeschäft (Gebrauchmachung) sind sie ja dann wieder zuständig. Das Amt des Ergänzungspflegers ist mit Eintritt der Rechtskraft beendet.
    Was mich angeht, habe ich mich damals zwar (etwas widerwillig) der überwiegenden Forenmeinung angeschlossen, was die Bestellung des Verfahrensergänzungspflegers in einfach gelagerten Fällen wie Erbausschlagungen angeht, in denen auch kein Interessengegensatz bei den Eltern erkennbar war, seit der BGH-Entscheidung bestelle ich allerdings für diese spezielle Art von Genehmigungen keinen mehr. Dieser (nunmehr begründbare) weggefallene Mehraufwand hat mir zumindest auch etwas geholfen, die anderen Aufgaben überhaupt bzw. zeitnaher erfüllen zu können. Das schließt aber nicht aus, das es mal einen anderen Einzelfall gibt. Ich habe auf Anregung meiner Familienrichterin letztens auch einen Ergänzungspfleger für eine Vaterschaftsanfechtung bestellt, obwohl auf Grund gesetzlicher Basis und Rechtsprechung dies nicht notwendig war, weil der Vater als Anfechtender nicht über das Sorgerecht verfügte bzw. auch nicht mit der Mutter verheiratet war. Letztlich habe ich mich da auf Wunsch der Richterin etwas verbogen und das Ganze über § 1796 BGB im Einzelfall begründet. Und genauso hat es ja der BGH im Falle der Notwendigkeit eines EPflegers für die Genehmigung von Erbausschlagungen gesehen: Pauschal nicht notwendig, im Einzelfall möglich.

  • [quote='Andy.K','RE: Ergänzungspfleger für familiengerichtliche Genehmigungen (zu BGH XII ZB 592/12) Den Eltern würde ich dann nur noch die Ausfertigung mit Rechtskraftvermerk, so denn beantragt, zukommen lassen, denn für das materielle Rechtsgeschäft (Gebrauchmachung) sind sie ja dann wieder zuständig. Das Amt des Ergänzungspflegers ist mit Eintritt der Rechtskraft beendet (...).

    Das halte ich für problematisch, denn die Eltern werden infolge ihres Vertretungsausschlusses möglicherweise auch bei der Verwendung der Genehmigung "befangen" sein. Ich denke daher, dass die (materielle) Pflegschaft für den Abschluss des Rechtsgeschäfts auch noch diesen Schritt umfasst und deswegen der Pfleger die rechtskräftige Genehmigung bekommen sollte.

    Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas (Ovid, röm. Dichter, 43 v.Chr. - 17 n.Chr.)

  • Das halte ich für problematisch, denn die Eltern werden infolge ihres Vertretungsausschlusses möglicherweise auch bei der Verwendung der Genehmigung "befangen" sein. Ich denke daher, dass die (materielle) Pflegschaft für den Abschluss des Rechtsgeschäfts auch noch diesen Schritt umfasst und deswegen der Pfleger die rechtskräftige Genehmigung bekommen sollte.

    Wir haben den Wirkungskreis eines solchen Pflegers auch früher schon diskutiert, aber wohl nie erwogen, dass er auch noch für die Gebrauchmachung zu stellen sei. Es ging eher um die Frage, ob der nur im Hinblick auf die Bekanntmachung der Genehmigung an das Kind gebraucht wird, oder bereits im gesamten Genehmigungsverfahren, wie z.B. für Anhörungen.

    Ich sehe kein Befangenheitsproblem bei der Gebrauchmachung:

    Die Eltern beantragen die Genehmigung, der Verfahrensergänzungspfleger stimmt dieser Genehmigung zu (im Verfahren oder durch Nicht-Einlegung eines Rechtsmittels) .... wo soll dann noch ein Befangenheitsproblem bei der Gebrauchmachung sein?? Das letzte Wort haben sowieso immer die Eltern: Wenn sie nicht Gebrauch machen wollen, kommt das auf dasselbe heraus, als wenn sie das Rechtsgeschäft nie abgeschlossen hätten (z.B. die Erbschaft nie ausgeschlagen hätten) - das hätte ihnen doch auch keiner vorschreiben können.

    Zwar gibt es Rechtsprechung, wonach die Eltern gegen eine genehmigende Entscheidung mangels Rechtsschutzbedürfnis keine Beschwerde einlegen können, weil sie immerhin das Rechtsgeschäft noch verhindern können, wenn sie von dieser Genehmigung nicht Gebrauch machen. Dies müsste das OLG dann aber anders sehen, wenn der bestellte Verfahrensergänzungspfleger im Namen des Kindes Beschwerde gegen die Genehmigung einreicht, denn auf ihn trifft das fehlende Rechtsschutzbedürfnis ja nicht zu.

    (Btw. Groß verbiegen musst du dich selbst da nicht, vgl. OLG Stuttgart, 16 WF 56/14.)

    Ich hatte die Möglichkeit abgeleitet aus: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.9.2010, II-7 UF 112/10 (Rn 37 in den Gründen).

    Aber die Entscheidung vom OLG Stuttgart ist insoweit natürlich noch besser brauchbar!

  • Hier liegt wohl ein Missverständnis vor.

    Die Frage in #149 bezog sich auf den Fall, dass für das materielle Rechtsgeschäft aufgrund eines Vertretungsausschlusses ein Ergänzungspfleger und für das Genehmigungsverfahren eben gerade kein Ergänzungspfleger bestellt wurde. Und unter dieser Prämisse lässt sich die Frage nach der Gebrauchmachung nur dahin beantworten, dass diese durch den Ergänzungspfleger erfolgen muss, weil er für das materielle Rechtsgeschäft und daher auch für dessen Wirksamwerden zuständig ist. Beteiligter am Genehmigungsverfahren ist der Ergänzungspfleger schon aufgrund seines Amtes für das Rechtsgeschäft, welches genehmigt werden soll.

    Bei dieser Konstellation stellt sich also nur die Frage, ob neben dem Ergänzungspfleger für das materielle Rechtsgeschäft noch ein zweiter (Verfahrens-)Ergänzungspfleger für das Genehmigungsverfahren zu bestellen ist.

  • Ja, dann war es wohl tatsächlich ein Missverständnis.

    Die letzte Frage haben wir im Übrigen damals auch schon kontrovers diskutiert. Die Fragen, ob man dann einen zweiten Ergänzungspfleger benötigt und wenn ja, ob dies dann die für das materielle Rechtsgeschäft ausgeschlossenen Eltern sein können, bestehen tatsächlich. Wenn man der Meinung ist, dass ein Interessengegensatz der Eltern zu ihrem Kind im Sinne von § 1796 BGB bestehen könnte, wird man sie als Vertreter im Verfahren ausschließen können.

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