Recherche MDR: Überlastung Betreuungsgerichte?

  • Ehrlich: ich sehe das öffentliche Problem mit der (rechtlichen) Betreuung, wie es in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, weniger in der Belastung/Überbelastung der Gerichte/Rechtspfleger, sondern vielmehr im Bereich des Betreuungsrechts an sich oder im Bereich der bestellten Betreuer.

    Klar, wenn man auf die Anordnung einer Betreuung wartet, ist jeder Tag einer zuviel. Und man hat kein Verständnis dafür, dass einem der Betreuungsrichter etwas von Sozialgutachten/Sozialbericht, Überprüfung der Eignung als Betreuer durch die Betreuungsbehörde bzw. Vorschlag eines geeigneten und zur Amtsübernahme bereiten Betreuer, über die Erforderlichkeit eines ärztlichen Zeugnisses zur Anordnung einer vorläufigen Betreuung bzw. über die Erforderlichkeit eines fachärztlichen Gutachtens zur Anordnung einer entgültigen Betreuung erzählt. Auch der Satz "hätte der Betroffene in guten Tage Ihnen eine Vollmacht erteilt, ..." hilft einem hier nicht weiter.

    Man hat in dieser Situation ganz und gar kein Verständnis dafür, dass man warten muss. Man sieht den betroffenen Angehörigen und man will helfen. Und das Gericht ist in diesem Fall die "Rechtsverhinderungsstelle".

    Man hat auch kein Verständnis dafür, wenn der Richter vorläufig einen Berufsbetreuer bestellt (weil z.B. die Eignung des Angehörigen noch in Frage steht) und man eigentlich selbst die Betreuung will ("ich bin die Tochter/der Sohn. Sie müssen mich zum Betreuer bestellen"). Ganz zu schweigen vom Verständnis über die Betreuerpflichten wie z.B. Berichterstattung, Rechnungslegung ("das hätte mein Bruder nicht gewollt"), Genehmigungspflichten ("ich weis doch am besten, was meine Mutter/mein Vater gewollt hätte bzw. was gut für sie/ihn ist).

    Vielmehr liegt m.E. das Problem der Öffentlichkeit im Bereich der bestellten Betreuer (vor allem solche, die nicht im Interesse der Angehörigen tätig werden) und der Anzahl der zu führenden Betreuungen pro Betreuer. So meine Erfahrung.

    Sei es dahingehend, dass manche Betreuer (noch) wie Vormünder handeln, d.h. insbesondere auch die Angehörigen (im weitesten Sinne) "bevormunden" (z.B. im Bereich Veräußerung von Immobilien, Wohnsitzverlegung ins Altenheim, ...) und diese nicht mit ins Boot nehmen ("Ihr Schicksal verwalte ich").

    Sei es, dass der Betreuer den Betroffenen nicht tatsächlich betreut bzw. zu selten nach dem Betroffenen schaut ("den Betreuer habe ich noch nie gesehen" bzw. "der Betreuer könnte auch mal wieder für Ordnung sorgen"). Und dort haben wir dann auch noch das Problem der pauschalierten Betreuervergütung und in der Folge die hohe Anzahl der zu führenden Betreuungen pro Betreuer. Am Ende des Monats muss halt (nach Abzug aller Betriebsausgaben) aus den verdiententen Vergütungen noch so viel übrig bleiben, dass der Betreuer (und seine Familie)davon austräglich leben kann. Und aus diesem erforderlichen Familieneinkommen ergibt sich die Anzahl der mindest zu führenden Betreuungen. Das ist das kleine Einmaleins eines Wirtschaftsbetriebs eines Betreuers. Und wenn der Gesetzgeber dem Betreuer nicht nur den Stundensatz sondern auch die Zeit vorgibt, die er monatlich für die Führung der (rechtlichen) Betreuung bezahlt, braucht man sich nicht wundern, wenn der Betreuer nicht doppelt so viel Zeit aufwendet bzw. aufwenden kann, als ihm auch bezahlt wird. Dieses Verständnis fehlt m.E. bei der Öffentlichkeit in Gänze. Man sieht nur die Kosten der Führung der Betreuung (pauschalierter Stundensatz von bis zu € 44,00), nicht aber die dem Betreuer zu vergütenden Stunden aufgrund der vom Gesetzgeber vorgegebenen Mischkalkulation. Man will bzw. man braucht die rechtliche Betreuung, kosten soll sie aber nichts.

    Ferner fehlt auch das Verständnis, dass eine Betreuung für Familienangehörige kein Freibrief ist. Man ist eben nicht Bevollmächtigter, weil einem der Betroffene in guten Tagen keine Vollmacht erteilt hat und sich der Gesetzgeber ausdrücklich gegen eine "Familienvollmacht" entschieden kann. Und als Betreuer muss man sich an die Spielregeln des Gesetzes halten, ob man will oder nicht. Wenn ich als in der Betreuung tätiger in Fernsehsendungen die Argumentation von Familienangehörigen gegen die rechtliche Betreuung höre bzw. höre, was die Angehörigen alles getan bzw. nicht getan haben, muss ich mir selber eingestehen, dass ich in den meisten Fällen genauso oder ähnlich wie die "angeprangerten Richter/Rechtspfleger" entschieden hätte. Wie gesagt: der Öffentlichkeit fehlt (auch hier) das Verständnis zu den Regeln des Betreuungsrechts.

    Deshalb wäre es sinnvoll -auch wenn es evtl. keine Quoten bringt- nicht nur die reißerischen Themen wie z.B. "der Betreuer hat meine Mutter/meinen Vater gegen ihren/seinen Willen (gemeint ist aber der Wille der Angehörigen) ins Altersheim gebracht" oder "der Betreuer hat das mühsam zusammengesparte Häuschen meiner Mutter/meines Vaters" gegen dessen Willen (gemeint ist aber auch hier der Wille der Angehörigen) verkauft oder letztendlich "ich soll das Vermögen meines Ehemannes gegenüber dem Gericht verzeichnen, das will ich als Ehefrau aber nicht" bzw. "wieso muss ich als Betreuer meines Ehemannes jetzt getrennte Konten führen und Rechenschaft ablegen" diskutiert werden, sondern (auch) auf die gesetzlichen Vorgaben des Betreuungsrechts eingegangen werden, d.h. was darf ein Angehöriger als Betreuer und was darf er nicht. Was darf ein Betreuer ohne Mitwirkung des Gerichts entscheiden und was darf er nur mit Genehmigung des Gerichts entscheiden?

  • Das kann ich alles unterschreiben!:daumenrau

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Grundsätzlich finde ich es erst einmal lobenswert, dass das Gebiet "Betreuung" medial aufgearbeitet werden soll.

    Nach den letzten Sendungen der Frau Maischberger zu dem Thema in der ARD und die dort enthaltenen Halb- und Unwahrheiten, täte Aufklärung dringend Not.

    Zur Sache:
    Natürlich ist die Belastung durchschnittlich recht hoch. Das liegt insbesondere an dem zum Teil radikalen und sinnlosen Personalabbau an den Gerichten und das Versäumnis, die Pensionierungswelle durch rechtzeitige Neueinstellungen abzufangen. Dass es regionale Unterschiede gibt, dürfte einleuchtend sein. In meinem LG-Bezirk kenne ich jedenfalls kein Gericht, bei dem die in der Betreuung tätigen Rechtspfleger auch nur annähernd die Zeit für ein Verfahren haben, die eigentlich notwendig wäre. Man passt seinen Arbeitsstil dann dem Arbeitsanfall an und bekommt als Ergebnis eine zum Teil recht ungesunde Oberflächlichkeit.

    Bei uns kommt hinzu, dass die Richter fast immer den Bereich Vermögenssorge mit anordnen, was in der Folge zu einem erheblichen Arbeitsanfall führt. Gerade die Rechnungslegungen binden am meisten Zeit, zumal, wenn das Vermögen breit gestreut ist. Die PEBBSY-Zahlen sind da m.E. (mittlerweile) auch Makulatur und fern ab der Realität.

    Wenn du einen Experten suchst, solltest du wissen, was genau du von ihm erwartest. Soll er dir was theoretisches über das Betreuungsrecht erzählen oder dir einen Einblick in die tägliche Praxis verschaffen. Da klafft allzu oft ein tiefer Graben zwischen.

    (Danke FED)

    Einmal editiert, zuletzt von Felix (17. September 2014 um 09:33)

  • Felix: Vervollständigst Du Deinen Text bitte noch/wieder?

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Danke, Voltaire, Dein Beitrag trifft den Nagel auf den Kopf- das kann ich ebenfalls unterschreiben.

    Und noch dazu:

    Zitat Voltaire" Man will bzw. man braucht die rechtliche Betreuung, kosten soll sie aber nichts."

    Man will und braucht eine gewissenhafte Kontrolle der Betreuer durch die Gerichte/Rechtspfleger, kosten soll sie aber nichts.

    Felix schreibt:
    "Man passt seinen Arbeitsstil dann dem Arbeitsanfall an und bekommt als Ergebnis eine zum Teil recht ungesunde Oberflächlichkeit. "

    Welcher gründlich und vernünftig arbeitender Rechtspfleger ist in der Lage, bei einem Pensum von ca 1000 Betreuungsakten
    z.B. Rechnungslegungen auf Herz und Nieren zu prüfen ? In der Regel bleibt da nur ein "Überfliegen" s.o.
    Wenn's dann dadurch mal schiefläuft, ist der Rechtspfleger nicht zu beneiden.
    Wer hat Zeit, sich in ländlichen Gebieten ins Auto zu setzen und mehrere Stunden ans Bein zu binden, um Betreute persönlich anzuhören ?
    Sicherlich ist nicht in jeder Betreuungsakte der Zeitaufwand gleich, aber die zur Bearbeitung zur Verfügung stehenden ca 110 Minuten nach Pebbs§ sind doch trotz Mischkalkulation ein Witz.


  • Sicherlich ist nicht in jeder Betreuungsakte der Zeitaufwand gleich, aber die zur Bearbeitung zur Verfügung stehenden ca 110 Minuten nach Pebbs§ sind doch trotz Mischkalkulation ein Witz.

    Zu den aufgeführten Oberflächlichkeiten sag ich mal lieber nix.:cool:

    Zum Zitat aber ::daumenrau

    Hat wohl jeder Verfahren, für die im Jahr eine Minute ausreicht; für andere aber 10 Stunden nicht.


  • Sicherlich ist nicht in jeder Betreuungsakte der Zeitaufwand gleich, aber die zur Bearbeitung zur Verfügung stehenden ca 110 Minuten nach Pebbs§ sind doch trotz Mischkalkulation ein Witz.

    Zu den aufgeführten Oberflächlichkeiten sag ich mal lieber nix.:cool:

    Zum Zitat aber ::daumenrau

    Hat wohl jeder Verfahren, für die im Jahr eine Minute ausreicht; für andere aber 10 Stunden nicht.


    Warum sagst du nichts zu den Oberflächlichkeiten?

  • Immer wieder stelle ich fest, dass (vorläufige) Betreuungen errichtet werden. Eine Tage oder Wochen später lese ich die Sterbeanzeige in der Zeitung. Die Betreuungen wurden zumeist errichtet, um die Modalitäten des Sterbevorganges festzulegen - damit der begleitende Arzt rechtlich abgesichert ist. Angehörige werden immer gleich entscheiden, egal, ob als Betreuer oder Angehöriger.
    Wohnt jemand in Verhältnissen, die anderen, wie Vermietern oder Nachbarn, nicht genehm erscheinen, wird ein Betreuer bestellt. Der wird an der Situation nichts ändern, den Wunsche des Betroffenen respektierend, zum Leidwesen der Beteiligten.
    Ein weiterer mag gerne (und vielleicht auch zuviel) Alkohol trinken. Er wird kotzen (sich übergeben) und unter sich lassen. Natürlich kann er am Trinken auch sterben. Das darf er (solange der freie Wille vorherrscht) und der Betreuer wird es zulassen. Zum Unverständnis Aussenstehender.
    Das stelle ich einfach mal so provokativ in den Raum, denn es sollte auch die Frage behandelt werden, woher die mögliche Überlastung (die nicht nur die Gerichte betreffen muss) kommt. Liegt es nicht vielmehr auch in unserem überzogenen, erdrückenden Fürsorgesystem begründet, das Rundumversorgung fordert, Eigenständigkeit unnötig ist (irgendjemand hilft schon), keine eigenständigen Entscheidungen anderer (mangels rechtlicher Befugnis) zulässt und damit künstlich den Betreuungsbedarf schafft, da ja in Deutschland alles irgendwie geregelt sein muss?


    Ganz genau mein Eindruck. Sozialämter haben auch eine Vorliebe für Betreuungen. Weil sie dann nicht mehr selbst mit den nicht den gesellschaftlichen Normen entsprechenden und oftmals sehr schwierigen Leuten kommunizieren müssen, sondern nur noch mit dem Betreuer.

  • Vielen Dank Voltaire für deine Erläuterung.
    Sehe ich ganz ähnlich. Es gibt viele Aspekte, die kritisch hinterfragt werden sollen. Im Beitrag soll auch auf die fragwürdige Vergütungsregelung der Berufsbetreuer eingegangen werden.
    Diese setzt nämlich falsche Anreize, indem sie "leichte Fälle" belohnt, schwierige Fälle jedoch schlecht entlohnt, da nur nach Unterbringung und vermögend / nicht vermögend unterschieden wird und dies nicht den tatsächlichen Betreuungsaufwand widerspiegelt. Und auch beim Apekt der Unterbringung muss man fragen, ob Pflege-WG's nicht als Heim gewertet werden müssten...

  • Vielen Dank Voltaire für deine Erläuterung.
    Sehe ich ganz ähnlich. Es gibt viele Aspekte, die kritisch hinterfragt werden sollen. Im Beitrag soll auch auf die fragwürdige Vergütungsregelung der Berufsbetreuer eingegangen werden.
    Diese setzt nämlich falsche Anreize, indem sie "leichte Fälle" belohnt, schwierige Fälle jedoch schlecht entlohnt, da nur nach Unterbringung und vermögend / nicht vermögend unterschieden wird und dies nicht den tatsächlichen Betreuungsaufwand widerspiegelt. Und auch beim Apekt der Unterbringung muss man fragen, ob Pflege-WG's nicht als Heim gewertet werden müssten...


    Sie setzt keine falschen Anreize.

    Zum einen handelt es sich um eine Mischkalkulation, zum anderen ist sie insbesondere eingeführt worden, um die Gerichte von der zeitaufwändigen Vergütungsprüfung nach VBVG zu entlasten.

    Auch die Vergütung von Rechtsanwälten in PKH-/ VKH- oder Beratungshilfesachen spiegelt selten den wirklichen Aufwand wieder. Das ist aber das Wesen der Mischkalkulation.

    Diskutieren kann man, ob sie nicht langsam einmal erhöht werden müsste. Die Anwälte haben sich diesbezüglich zum 01.08.2013 einen nicht unerheblichen "Schluck aus der Pulle" gegönnt.

  • Im Beitrag soll auch auf die fragwürdige Vergütungsregelung der Berufsbetreuer eingegangen werden.
    Diese setzt nämlich falsche Anreize, indem sie "leichte Fälle" belohnt, schwierige Fälle jedoch schlecht entlohnt, da nur nach Unterbringung und vermögend / nicht vermögend unterschieden wird und dies nicht den tatsächlichen Betreuungsaufwand widerspiegelt.


    Dann bedenke aber, dass du damit wieder zur früheren Regelung der Vergütung zurück kehren möchtest. Bis vor vielen Jahren gab es nämlich die Abrechnung nach dem tatsächlichen Betreuungsaufwand. Da das für die Rechtspfleger (und sicher auch für die Betreuer) sehr aufwendig war und wesentlich mehr Personal bindet, war man irgendwann vor vielen Jahren zu der jetzigen Pauschalvergütung übergegangen.

  • Die Anwälte haben sich diesbezüglich zum 01.08.2013 einen nicht unerheblichen "Schluck aus der Pulle" gegönnt.

    Und das ist auch gut so; immerhin haben sie viele Jahre lang völlig abstinent gelebt.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • "Zum einen handelt es sich um eine Mischkalkulation, zum anderen ist sie insbesondere eingeführt worden, um die Gerichte von der zeitaufwändigen Vergütungsprüfung nach VBVG zu entlasten."

    Ich glaube weniger, dass hier der Arbeitsaufwand der Rechtspfleger der Leitgedanke des Gesetzgebers war, als vielmehr fiskalische Gründe.

  • "Zum einen handelt es sich um eine Mischkalkulation, zum anderen ist sie insbesondere eingeführt worden, um die Gerichte von der zeitaufwändigen Vergütungsprüfung nach VBVG zu entlasten."

    Ich glaube weniger, dass hier der Arbeitsaufwand der Rechtspfleger der Leitgedanke des Gesetzgebers war, als vielmehr fiskalische Gründe.


    Das ist in dem Fall kein Gegensatz.

  • Die Anwälte haben sich diesbezüglich zum 01.08.2013 einen nicht unerheblichen "Schluck aus der Pulle" gegönnt.

    Und das ist auch gut so; immerhin haben sie viele Jahre lang völlig abstinent gelebt.


    Ich gönne euch jeden Cent (das meine ich ernst)

    :dankescho - ich geb' ein (virtuelles) Bier aus.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich werfe die nächste virtuelle Runde. :)

    Da ich häufig für Pflegeeinrichtungen tätig bin, erlebe ich immer wieder, dass ein nicht mehr geschäftsfähiger Mensch in einer stationäre Einrichtung aufgenommen wird und nun in allen Lebensbereichen vom Abschlus des Heimvertrages bis zur Kündigung und Auflösung der Wohnung, der Beantragung von Sozialhilfe, Leistungen der gesetzlichen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherung, Beihilfe etc. geregelt werden muss. Gibt es keine Bevollmächtigten, wer soll es denn sonst tun? Ich habe nicht den Eindruck, dass Betreuungen vorschnell beantragt werden, sondern weil es einfach notwendig ist.

  • Ich werfe die nächste virtuelle Runde. :)

    Da ich häufig für Pflegeeinrichtungen tätig bin, erlebe ich immer wieder, dass ein nicht mehr geschäftsfähiger Mensch in einer stationäre Einrichtung aufgenommen wird und nun in allen Lebensbereichen vom Abschlus des Heimvertrages bis zur Kündigung und Auflösung der Wohnung, der Beantragung von Sozialhilfe, Leistungen der gesetzlichen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherung, Beihilfe etc. geregelt werden muss. Gibt es keine Bevollmächtigten, wer soll es denn sonst tun? Ich habe nicht den Eindruck, dass Betreuungen vorschnell beantragt werden, sondern weil es einfach notwendig ist.

    Die Lösung bietet § 1896 Absatz 2 BGB:
    Ein Betreuer darf nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist.
    Die Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten, ..., oder durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Betreuer bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können."

    Beispiel für andere Hilfen:
    Angehörige, Sozialdienste, Behörden -Betreuungsbehörde/Gesundheitsamt/Sozialämter, ... (soweit Amtsverfahren durchzuführen sind bzw. Verpflichtung zur Unterstützung besteht).

    Der Aufschrei nach Betreuung kommt regelmäßig und sofort:
    von Krankenhäusern, Altenheimen, Sozialämtern, ...

    Manchmal zu recht, oft aber auch zu unrecht.
    Besteht z.B. ein Amtsverfahren (Bsp. Sozialamt), braucht der Betroffene diesbezüglich keinen Betreuer (so entschieden, wenn auch von den Sozialbehörden regelmäßig anders gesehen).

  • Wenn es um Verträge (Begründung, Änderung, Beendigung) geht, ist in Fällen, wo eine Geschäftsunfähigkeit vorliegt, eine rechtliche Vertretung erforderlich. Ich erlebe es häufig, dass ich bei Heimbewohnern überlegen muss, ob ich ihnen gegenüber wirksam Willenserklärungen abgeben oder geschäftsähnliche Handlungen vornehmen kann, oder nicht. Bestehen Zweifel an der Geschäftsfähigkeit, komme ich um eine Betreuung nicht herum, da sonst meine Maßnahmen ins Leere gehen.

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