Einstellung der Zwangsversteigerung gemäß § 765 a ZPO auf unbestimmte Zeit

  • Ich muss diesen Fall doch noch mal thematisieren.

    Bei dem Schuldner habe ich nachgefragt, ob die zur Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens geführten Gründe noch Bestand haben bzw. ob er sich durch die Fortführung des Zwangsversteigerungsverfahrens weiterhin in seinem Leben seiner körperlichen Gesundheit gefährdet sieht.

    Dies hat er bejaht.

    Also habe ich ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben.

    Nun teilt er mir mit, dass er eine Untersuchung durch den SV ..... ablehnt. Er begründet dies damit, dass seine Angststörung durch die Handlungen des SV Schaden genommen haben. Außerdem darf man für ein Vergehen oder eine Tat nur einmal bestraft oder verurteilt werden (Grundsatz der Rechtsprechung).

    Aufgrund dieses Umstandes weist er eine psychiatrische Untersuchung zurück insbesondere auch durch den von mir beauftragten SV.

    Im Übrigen liegen bei ihm altersbedingt nur geringfügige körperliche Störungen vor. So sei er Mitbürgern bei größeren Störungen bei der Bewältigung ihres Lebensabends behilflich.

    Insofern ist nach seiner Sicht eine psychiatrische sowie medizinische Zwangsuntersuchung eine Verletzung persönlicher Rechte .Der Schuldner war schon einmal bei dem SV zur Begutachtung.

    Meiner Meinung nach sind dies keine Ablehnungsgründe, wobei ich ihn letztendlich nicht zwingen kann, dorthin zu gehen.

    Die Frage ist, wie ich nun damit umgehe.

    Teile ich ihm mit, dass für den Fall, dass er nicht zum SV geht, er mit der Fortführung des Zwangsversteigerungsverfahrens rechnen muss und hole ein Verkehrswertgutachten ein.

    Oder kann ich als Zwangsversteigerungsgericht einen Anregung auf Einleitung einer Betreuung stellen?

    Wobei das Betreuungsverfahren vor einigen Jahren aufgehoben wurde, da er eine Person hat, die ihn bei der Bewältigung insbesondere bei Wohn- und Behördenangelegenheiten unterstützt.

    Vielen Dank für eure Hilfe!

  • Ist die erste Einstellung ohne Gutachten erfolgt oder soll jetzt ein neues Gutachten gefertigt werden?

    War tatsächlich die Fortführung des Verfahrens als Ursache der Suizidalität festgestellt, ging es um die Durchführung des Termins oder um die Zuschlagserteilung? Das mag kleinlich klingen, ich meine jedoch, mal was gehabt zu haben, wo man es unterscheiden musste.

  • Ich lasse den Gutachter dann auch immer Äußerungen dazu machen, wie lange das Problem voraussichtlich bestehen wird bzw. ob es Besserungschancen gibt und welche Maßnahmen hierfür erforderlich wären.

    Hast du dazu irgendwelche Anhaltspunkte? Oder aus der Art der Diagnose heraus?

    Grundsätzlich ist er ja auch gehalten, zur Besserung seines Zustandes beizutragen. Was sagt er denn dazu?

    Wenn nur der Termin das Problem ist und nicht das Verfahren an sich, gibt es die Möglichkeit, den sozialpsychiatrischen Dienst zu informieren. Er kann dann entsprechend an dem Tag beaufsichtigt werden, damit er sich nichts antut. Ein Betreuer könnte an seiner statt die Post kriegen und auch an dem Tag bei ihm anwesend sein.

    Eine Betreuung anregen kann man grundsätzlich immer.

    Je nachdem wie bei euch der Kontakt ist, kann man die Sache auch mal mit d. zust. Richter/in besprechen. Vielleicht gibt es erstmal eine vorläufige Betreuung und während geprüft wird, hat man schon mal 6 Monate einen.

    Mein erster Impuls wäre grundsätzlich auch, ihn darauf hinzuweisen, dass ich nicht weiter einstellen kann, wenn er meinen Anforderungen nicht zustimmt. Besonders die Tatsache, dass er sich so dagegen wehrt, weckt irgendwie Zweifel. Nun kenne ich aber auch das erste Gutachten nicht, ob das Teil seiner Krankengeschichte ist.

    Grundsätzlich hätte sich aus dem ersten Gutachten ja ergeben, wenn davon auszugehen ist, dass dauerhaft einzustellen ist. Dann hätte man das ja aber schon beim ersten Mal erwogen und meist nehmen die Gläubiger den Antrag dann ja auch zurück.

    Den Gläubiger kann man vielleicht auch nochmal anhören. Vielleicht schreckt den auch ab, dass ein weiteres Gutachten weiter Geld kostet, er wieder einen Vorschuss zahlen muss und das am Ende den Versteigerungserlös für ihn schmälert.

  • Bei dem Schuldner habe ich nachgefragt, ob die zur Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens geführten Gründe noch Bestand haben bzw. ob er sich durch die Fortführung des Zwangsversteigerungsverfahrens weiterhin in seinem Leben seiner körperlichen Gesundheit gefährdet sieht.

    Dies hat er bejaht.

    Also habe ich ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben

    Wie ist überhaupt der Verfahrensstand?

    Der Gläubiger hat die Aufhebung des gewährten Vollstreckungsschutzes nach §765a Abs. 4 ZPO beantragt?

    Die Frage ist, wie ich nun damit umgehe.

    Zuerst dürfte das Vorbringen als Ablehnungsgesuch i.S.d. §406 ZPO anzusehen sein, welches förmlich zu bescheiden ist.

    Welche Folgen das Ganze hat, kommt auf den Verfahrensstand an. Der Schuldner ist zumindest für das Fortbestehen der Gefährdung seines Lebens und seiner körperlichen Gesundheit beweispflichtig. Wenn er sich der Begutachtung dann schuldhaft verweigert, bleibt er beweisfällig.

  • Zitat von jfp: Wenn er sich der Begutachtung dann schuldhaft verweigert, bleibt er beweisfällig.

    Wenn ich so die Sache bis KA verfolge, habe ich an dieser Äußerung so meine Zweifel,

    s. hier: BVerfG v. 17.5.2022 – 2 BvR 661/22

    Mit der ZVG-Reform soll es wohl weitergehen. Neue Gesetze (bzw. Änderungen)

    brauchen Einzelfälle, je mehr desto besser.

    Daher wiederhole ich meinen Appell, die Sachen dem BMJ vorzulegen, oder aber auch der

    neu eingerichteten ZV-Kommission des BDR.

    Die Untersuchung "Das ZVG auf dem Prüfstand" ist aus 2017, daher nicht mehr ganz neu.

  • Nein. Das Verfahren ist im Jahre 2016 auf unbestimmte Zeit eingestellt worden.

    Zu diesem Zeitpunkt stand der Schuldner auch unter Betreuung. Die Betreuung ist im Jahre 2020 aufgehoben worden, da die Voraussetzungen für deren Einrichtung gegen den Willen des Betroffenen nicht vorliegen. Die SV hat ausgeführt, dass bei dem Betroffenen allein eine leichte Depression vorliegt. Im Laufe der Jahre hätten sich wegen ständigen Streits mit Behörden und Enttäuschung über den Betreuer ein großes Misstrauen, Antriebs- und Interessenverlust sowie Stimmungsschwankungen entwickelt.

    Demnach, so die Entscheidung der Oberbehörde kann die Betreuung nicht gegen den Willen des Betroffenen aufrechterhalten bleiben. Das scheint zudem auch nicht mehr notwendig, seit er eine private Person hat, welche in bei der Bewältigung insbesondere seiner Wohn- und Behördenangelegenheiten unterstützt.

    Ich habe die Akte dann in diesem Jahr von meinem Kollegen übernommen.

    Die betreibende Gläubigerin hat mitgeteilt, dass das Verfahren weiter betrieben werden soll.

    Darauf hin habe ich den Schuldner angeschrieben und gefragt, wie er seine gesundheitliche Situation einschätzt und ob nach seiner persönlichen Auffassung die zur Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahren geführten Gründe noch Bestand haben bzw. ob er sich durch die Fortführung des Zwangsversteigerungsverfahrens in seinem Leben/seiner körperlichen Gesundheit weiterhin gefährdet sieht.

    Dies hat der Schuldner bejaht und dann habe ich das Gutachten in Auftrag gegeben.

  • also ich meine, man sollte ergänzend zu der eigenen Verfahrensführung auch die für den Lebensschutz primär zuständigen Organe hinzuziehen; dies könnten hier das Betreuungsgericht, die Betreuungsbehörde, die für die sofortige Unterbringung nach landesrecht zur Gefahrenabwehr zuständige Behörde sein

    Diese Organe sollen in eigener Zuständigkeit ihrem Schutzauftrag gerecht werden und dir bitte mitteilen, zu welchen Ergebnissen sie gekommen sind

    (Ich würde diesen Stellen kein Formular und keinen Einzeiler o.Ä. schicken, sondern ein individualisiertes Schreiben, in dem du die Sachlage umreisst)

    Dass du davon unabhängig in eigener Sache tätig bleiben und ermitteln musst, heißt m.E. nicht, dass du die anderen Stellen komplett außen vor lassen kannst oder musst.

    Letztlich in deinem Verfahren: ergeben sich keine unmittelbaren Erkenntnisse aus der Information der genannten Stellen und entzieht sich der Schuldner der Begutachtung, ist m.E. die Schutzmaßnahme aufzuheben und das Verfahren fortzuführen (Fortsetzungsantrag vorausgesetzt)

    in der von wohoj zitierten Entscheidung des BVerfG steht auch nichts anderes; dort hat der Schuldner (wohlgemerkt im Zwangsräumungsverfahren) nämlich durchaus eine Bescheinigung eines Psychiaters vorgelegt und das Vollstreckungsgericht hat eben keine weitere Begutachtung in Auftrag gegeben, sondern sich auf den sozialpsychiatrischen Dienst verlassen- hieraus folgt das große Fragezeichen des BVerfG an die Verfassungskonformitiät des Verfahrens

    ich schließe mich insofern jfp an; der Schuldner ist für das Fortbestehen des Vollstreckungsschutzes beweispflichtig; entzieht er sich der Begutachtung (und sind auch sonst keine Umstände, aus denen sich ein Fortdauern des Schutzes ergeben würde, gewiss geworden) ist der Schutz aufzuheben.

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

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