Auslegung Testament

  • Hallo an Alle,

    ich hab ein doofes eigenhändiges Testament und ich soll nun den Erbscheinsantrag aufnehmen.

    Wortlaut des Testaments:

    Meine Verfügung

    Ich, Helga X, geb. am in,

    Meine Söhne: Y und Z

    Dass beide ihren Pflichtteil erhalten sollen, ist notariell auf dem Amtsgericht hinterlegt.

    Wie es zum heutigem Zeitpunkt aussieht, sehe ich keine Möglichkeit mit meinen Söhnen zu reden. Darum möchte ich, dass Frau AB, geb. am, wohnhaft in, nach meinem Ableben nach meinem Willen entscheidet, was vom Verkauf meines z.Z. unbelasteten Anwesens noch vorhanden ist, an ein Institut ? gespendet wird. Was im Haus an Mobiliar z.B. Bilder vorhanden ist soll Frau AB erhalten.

    Datum, Unterschrift


    Frau AB möchte nun einen Erbscheinsantrag auf sich als Alleinerbin stellen. Eine notarielle Verfügung hinsichtlich der Söhne zum Pflichtteil liegt hier nicht vor bzw. ist hier nicht bekannt.

    Es liegt mir einen Begründung eines Rechtsanwalts von Frau AB wie folgt vor:

    In dem Testament erklärt die Erblasserin, was die gesetzlichen Erben, ihre beiden Söhne, aus dem Nachlass erhalten sollen. Die beiden Söhne werden daher auf ihren Pflichtteil gesetzt.
    Im Übrigen erwähnt die Erblasserin in ihrem Testament lediglich noch Frau AB. Diese möge entscheiden, was mit dem Nachlass geschehen soll und über ihn verfügen. das ausdrücklich im Zusammenhang mit Frau AB angesprochene Hausanwesen stellt bekanntlich nahezu den gesamten Nachlass der Erblasserin dar und bedeutete der Erblasserin auch alles. Die Erblasserin legt gleichsam ihren Nachlass in die Hände von Frau AB.

    Die letztwillige Verfügung steht auch im Einklang mit den tatsächlichen Verhältnissen in den ca. 15 Jahren vor Errichtung des Testaments und bis zum Versterben. Alleine Frau AB hat sich wie eine Tochter um die Erblasserin gekümmert. Die Erblasserin hat auch Frau AB ausschließlich Vollmachten erteilt und Frau AB hat sich um alles gekümmert. Frau AB ist bei Ärzten, Banken, Pflegediensten und beim häuslichen Notruf als Ansprechpartnerin hinterlegt.

    Die Erblasserin stand mit Frau AB in einem Mutter-Tochter Verhältnis.

    Soweit dies erwünscht ist, könnte das handschriftliche Tagebuch der Erblasserin vorgelegt werden, aus dem sich auch das enge Verhältnis der Erblasserin mit Frau AB ergibt.

    Weiterhin können Zeugen benannt werden, die bezeugen können, dass die Erblasserin bis zuletzt wiederholt geäußert hat, dass Frau AB ihre Erbin sein sollte, soweit sie dies für tunlich halten.

    Ich würde euch um eure Einschätzung bitten, ob ich das Testament als Alleinerbenstellung der Frau AB auslegen kann und wieweit ich hier noch zusätzlich in die Amtsermittlung gehen sollte (Tagebuch der Erblasserin anfordern, Zeugen befragen). Bei Eröffnung dachte ich vom Wortlaut her eher an eine Testamentsvollstreckung. Aber es wäre wahrscheinlich tatsächlich nicht im Sinne der Erblasserin, wenn hier dann weitere entfernte Verwandte erben würden.

    Von den Söhnen ist wahrscheinlich keine Stellungnahme zu erwarten. Es bestand kein Kontakt und ein Sohn sitzt auf den Philippinen im Gefängnis. Dieser hat einen Bevollmächtigten in Deutschland.

  • Ich kann in dem Testament keine Alleinerbeneinsetzung der Frau AB erkennen.

    Ist das Institut im Testament namentlich benannt? Der Wortlaut klingt eher so, dass das Institut Erbe ist, wenn der gesamte Verkaufserlös dorthin gehen soll.

    AB soll Testamentsvollstreckerin sein und Vermächtnisnehmer bzgl des Mobiliars.

  • Ich bin ja froh, dass ich nicht alleine das Problem sehe, dass ich da keine Alleinerbenstellung reinlese.

    Der Wortlaut des Testaments ist genauso wie von mir aufgeschrieben. Hinter dem Wort Institut ist ein Fragezeichen.

    Es wurde von der Erblasserin also keine weiteren Ausführungen dazu gemacht.

  • Eine ergänzende Testamentsauslegung kann schon zu dem Ergebnis kommen, dass AB Alleinerbin sein soll und einsprechend mit einer Auflage belastet ist.

    Dass die Kinder enterbt sein sollen, ist wohl klar. Was wäre dann die Konsequenz? Gesetzliche Erbfolge und AB Testamentsvollstreckerin mit Vermächtnis hinsichtlich Hausrat? Und wem ist dann die Immobilie vermacht?

    Die Benennung eines Erben durch einen Dritten ist hier wohl ohnehin nicht möglich, weil der Dritte zu vage beschrieben ist.

    Also fragen wir uns, was die Testierende wollte. Und was sie wollte, hat sie geschrieben. Und das geht nur, wenn man so verfährt wie es beantragt ist.

    Ergo: Antrag aufnehmen, den Kindern zur Kenntnis geben und Entscheiden. Weg und fertig.

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  • Alleinerbenstellung der Frau AB kann ich auf keinen Fall hineinlesen oder +interpretieren.

    Frau AB soll danach Testamentsvollstreckerin werden, das Haus verkaufen und nach den Vorstellungen der Erblasserin den Verkaufserlös abzgl. der Pflichtteile an ein von ihr ausgewähltes "Institut" auszahlen.

    sie selbst ist Vermächtnisnehmerin hinsichtlich des Mobiliars.

    Problem: Wer ist Erbe? da die Person des Erben nicht einem Dritten überantwortet werden kann (§ 2056 BGB) müsste ein Rumpferbe ermittelt werden. Das "Institut ?" ist m.E. zu unbestimmt, als dass es ermittelbar wäre (anders als "das Tierheim in X-Stadt", was als Erbeinsetung des Tierheimträger aller in der Stadt ansässigen Tierheime bzw. das für die Stadt zuständiges Heimes auslegbar wäre). Da dieses also undruchführbar ist, blieben nur die Söhne als Erben übrig.Wenn ein negatives Testament nicht auffindbar ist, welches die Söhne auf den Pflichtteil beschränkt, würde ich diese als gesetzliche Erben ansehen, nicht aber Frau AB als testamentarische Erbin, und zwar durch die Vermächtnisse (Hausverkauf abzgl. Pflichteil in Geld sowie das Mobiliar + Testamentsvollstreckung) beschwert.

    Für die Fallfrage: Erbscheinsantrag aufnehmen bzw. Hinweise geben, dass testament unbestimmt und eine Alleinerbenstellung der Frau AB kritisch gesehen wird. den Söhnen zur Kenntnis geben und dann entscheiden und ggf. Erbscheinsantrag zurückweisen.

    Parallel dann Nachlasspflegschaft anordenen, wenn sicherungsbedürftiger Nachlass da ist. ;)

  • Da dieses also undruchführbar ist, blieben nur die Söhne als Erben übrig.Wenn ein negatives Testament nicht auffindbar ist, welches die Söhne auf den Pflichtteil beschränkt, würde ich diese als gesetzliche Erben ansehen

    Die Söhne würde ich nicht als Erben ansehen, da die Erblasserin ja in ihrem Testament trotzdem, wie ich finde, ausdrücklich zum Ausdruck bringt, dass sie nicht möchte, dass ihre Söhne Erbe werden- auch wenn ich die notarielle Verfügung nicht habe.


    Soweit ich den Antrag zurückweisen würde und das ganze ans OLG geht, könnte ich natürlich für die Dauer des Verfahrens beim OLG dann Nachlasspflegschaft zur Sicherung des Nachlasses anordnen.

  • Eine ergänzende Testamentsauslegung kann schon zu dem Ergebnis kommen, dass AB Alleinerbin sein soll und einsprechend mit einer Auflage belastet ist.

    Dass die Kinder enterbt sein sollen, ist wohl klar. Was wäre dann die Konsequenz? Gesetzliche Erbfolge und AB Testamentsvollstreckerin mit Vermächtnis hinsichtlich Hausrat? Und wem ist dann die Immobilie vermacht?

    Die Benennung eines Erben durch einen Dritten ist hier wohl ohnehin nicht möglich, weil der Dritte zu vage beschrieben ist.

    Also fragen wir uns, was die Testierende wollte. Und was sie wollte, hat sie geschrieben. Und das geht nur, wenn man so verfährt wie es beantragt ist.

    Ergo: Antrag aufnehmen, den Kindern zur Kenntnis geben und Entscheiden. Weg und fertig.

    Den Gedanken hatte ich halt auch, was wollte die Erblasserin - und nach den Schilderungen des Rechtsanwalts bzw. von Frau AB, wäre es schon wahrscheinlich, dass die Erblasserin Frau AB als Erbin wollte und nicht irgendeinen Dritten.

    Vielleicht lasse ich mir doch das Tagebuch mal vorlegen und vielleicht finde ich dort etwas, was die Aussagen der Frau AB stützt oder zumindest ergänzt zum Testament.

  • Eine ergänzende Testamentsauslegung kann schon zu dem Ergebnis kommen, dass AB Alleinerbin sein soll und einsprechend mit einer Auflage belastet ist.

    Würde ich auch als die Möglichkeit sehen, die den niedergeschriebenen Willen noch am ehesten umsetzt.

  • Eine ergänzende Testamentsauslegung kann schon zu dem Ergebnis kommen, dass AB Alleinerbin sein soll und einsprechend mit einer Auflage belastet ist.

    okay, manchmal sollte man das doch mit etwas mehr zeitlichem Abstand lesen... ja das ist eine vertretbare lösung. ich korrigiere mich entsprechend :D

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