Fristberechnung bei §§ 1170 BGB, 212 BGB

  • Im Grundbuch ist 1935 eine Hypothek eingetragen worden, die Fälligkeit ist 1961 eingetreten. Die Antragstellerin hat den Grundbesitz durch Erbschaft 2022 erworben. Da hier möglicherweise die Gläubiger des Rechts aufgeboten werden können, bin ich mir nicht sicher, wie die Frist gemäß § 212 BGB zu verstehen ist. Nach der Eintragung des Rechts in Abteilung III ist dort außer einer Umstellung des Rechts von RM auf DM im Jahr 1977 nichts eingetragen worden. In Abteilung I sind 1977 und 2022 Eintragungen erfolgt, also der Sohn der damaligen Eigentümerin und nach ihm seine Tochter, die Antragstellerin. Gilt die 10-Jahresfrist auch für die Tochter? (Sie hat den Grundbesitz mit der Verpflichtung zur Lastenfreistellung bereits weiterveräußert, die neuen Eigentümer wurden inzwischen (nach Antragstellung bzgl. des Aufgebots durch die 2022 eingetragene Eigentümerin) eingetragen.) Wann kann das Aufgebot beantragt werden? Jetzt schon oder erst 2032?

  • Ich bearbeite seit ein paar Jahren keine Aufgebote mehr, aber habe die 10-Jahresfrist immer nur auf Eintragungen, die auch die Hypothek betreffen oder darauf direkten Einfluss hätten bezogen. § 1170 spricht ja auch von der "letzten sich auf die Hypothek beziehenden Eintragung".

    Ein reiner Eigentumswechsel sollte daher keinerlei Einfluss auf diese Frist haben.

  • Also kann die Tochter nur erklären, dass nach ihrer Kenntnis keine das Aufgebot ausschließende Anerkenntnis des Rechts erfolgt ist? Sie weiß ja nicht, was ihr Vater und ihre Oma gemacht haben (bei der Übertragung des Grundbesitzes von der Oma auf den Vater hat dieser das Recht übernommen, obwohl nach dem Vortrag der Oma die zugrundeliegende Forderung von ihr beglichen wurde warum haben die das Recht damals nicht gelöscht, als noch alle möglichen Berechtigten lebten und Erklärungen für die Löschung abgeben konnten???)

  • Zu diesem Thema gibt es eine ganze Reihe an Rechtsprechung u.a.:

    OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.04.2020 – 3 Wx 254/19

    OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.02.2019 - 25 Wx 73/18

    Bei mir Scheitern die meisten Anträge, da die Voraussetzungen des § 450 FamFG nicht ausreichend glaubhaft gemacht werden können.

    Zudem ist auch oft unklar, ob die Forderung noch besteht. Nach einiger Kommentierung des § 447 FamFG muss sich es um eine bestehende Forderung handelt. Mangels eigener Wahrnehmung wäre die Glaubhaftmachung aber widerrum auch schwierig für die Erbin.

    Ich habe jetzt endlich mal eine Beschwerde gefangen und bin ganz gespannt, wie unser OLG entscheiden wird. Ich finde die Aufgebotsverfahren wahnsinnig umfangreich und anspruchsvoll.

  • Im Falle des § 450 Abs. 1 FamFG muss vor Antragstellung versichert werden, dass eine das Aufgebot ausschließende Anerkennung nicht erfolgt ist. Mangels eigener Kenntnis vom Bestehen der Forderungen, kann auch nicht versichert werden, dass keine ausschließende Anerkennung nicht erfolgt ist.

    OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.04.2020 – 3 Wx 254/19:

    Für eine Glaubhaftmachung, die nach §§ FAMFG § 450 FAMFG § 450 Absatz III 1, 31 FAMFG § 450 Absatz I FamFG insbesondere durch eidesstattliche Versicherung erfolgen kann, reicht regelmäßig die überwiegende Wahrscheinlichkeit aus (Keidel/Sternal, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 31 Rn. 3). Die eidesstattliche Versicherung stößt jedoch dann auf Schwierigkeiten, wenn der Antragsteller, zB der Erbe oder – wie hier – der für die unbekannten Erben bestellte Nachlasspfleger (§ BGB § 1960 BGB § 1960 Absatz I 2 BGB), keine eigene Kenntnis vom Sachverhalt hat. Mangels eigener Wahrnehmung kann der Erbe oder der Nachlasspfleger dann nicht an Eides statt versichern, was der Eigentümer nach Übergang der Grundschuld auf sich selbst „mit seiner Grundschuld gemacht hat“. Der Erbe bzw. der Nachlasspfleger kann also in der Regel nicht versichern, dass es in den letzten zehn Jahren nicht zu Rechtsänderungen oder einem Anerkenntnis gekommen ist (vgl. Senat RNotZ 2012, RNOTZ Jahr 2012 Seite 34; FGPrax 2019, FGPRAX Jahr 2019 Seite 46 = NJOZ 2019, NJOZ Jahr 2019 Seite 630; OLG Düsseldorf [25. ZS] RNotZ 2019, RNOTZ Jahr 2019 Seite 390; allg. Keidel/Sternal, § 31 Rn. KEIDELKOFAMFG FAMFG § 31 Randnummer 12).

    16Auch hier kann die Bet. aus eigener Wahrnehmung verlässliche Angaben erst ab dem Zeitpunkt ihrer Bestellung am 6.6.2018 machen. Personen, die Angaben zu dem davor liegenden Zeitraum machen könnten, sind nicht bekannt.


    Solche Smileys würde ich mir bei rechtlichen Unterhaltungen verbieten, da sie einfach nicht zum guten Umgangston gehören. Zudem gibt es auch mehr als eine Meinung.

  • Hallo,

    mein Problem ist gerade, dass die Antragsteller (Erben) versichern, dass sie den Gläubiger nicht persönlich kennen.

    Der Gläubiger steht aber mit Namen und ausländischer Anschrift im Grundbuch, so dass Recherchen angestellt werden könnten. Das wird leider nicht verstanden.

    Bei mir geht jetzt eine Sache deswegen ins Rechtsmittel.

    Viele Grüße

    Nefili

  • Solche Smileys würde ich mir bei rechtlichen Unterhaltungen verbieten, da sie einfach nicht zum guten Umgangston gehören. Zudem gibt es auch mehr als eine Meinung.

    Erstens war das nicht auf den Poster hier gemünzt, sondern darauf, was dort (ja wohl rechtlich beraten) versichert worden ist.

    Außerdem zweitens:

    mein Problem ist gerade, dass die Antragsteller (Erben) versichern, dass sie den Gläubiger nicht persönlich kennen.

    Der Gläubiger steht aber mit Namen und ausländischer Anschrift im Grundbuch, so dass Recherchen angestellt werden könnten. Das wird leider nicht verstanden.

    Bei mir geht jetzt eine Sache deswegen ins Rechtsmittel.

    Eben - ob man den Gläubiger "persönlich kennt" ist doch vollkommen ohne Belang.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Das heißt, dass hier die Tochter den Antrag erst 2032 stellen könnte? Oder nur die neuen und jetzigen Eigentümer erst 2033?

    Ja, das heißt es.

    Und darum wird typischerweise Kraftloserklärung des Briefes und nicht das Aufgebot des Gläubigers beantragt, wenn die im Grundbuch eingetragene Gläubigerin bekannt ist. Da muß man nur versichern, dass man nicht weiß, wo der Brief ist, und dass man keine Kenntnis davon hat, dass er abgetreten (oder an andre übergeben) wurde (§ 468 FamFG).

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Also käme hier ein Verfahren nach § 1171 BGB in Betracht? Hier ist die Forderung fällig und (mal vorausgesetzt) der Gläubiger unbekannt. Mehr braucht es doch nicht, oder (abgesehen von der Hinterlegung)? Die damalige Eigentümerin hatte zwar erklärt, gezahlt zu haben (s. #3), aber dies nicht nachgewiesen.

  • Das heißt, dass hier die Tochter den Antrag erst 2032 stellen könnte? Oder nur die neuen und jetzigen Eigentümer erst 2033?

    Ja, das heißt es.

    Und darum wird typischerweise Kraftloserklärung des Briefes und nicht das Aufgebot des Gläubigers beantragt, wenn die im Grundbuch eingetragene Gläubigerin bekannt ist. Da muß man nur versichern, dass man nicht weiß, wo der Brief ist, und dass man keine Kenntnis davon hat, dass er abgetreten (oder an andre übergeben) wurde (§ 468 FamFG).

    So pauschal würde ich dies nicht angehen. Auch bei der Kraftloserklärung gibt es je nach Konstellation viele Hürden... In dem Fall von #Tomoto geht es ja um eine Erbin als Antragstellerin.

    DNotZ 2017, 348, beck-online:

    Gänzlich anders zu beurteilen ist der Fall, wenn der Erbe des Eigentümers ein Aufgebot zur Kraftloserklärung begehrt. Der Erbe kann zwar noch die Vermutung des § BGB § 891 Abs. BGB § 891 Absatz 1 BGB zugunsten des als Gläubiger Eingetragenen und deren Widerlegung zugunsten des Eigentümers belegen, z. B. indem er eine löschungsfähige Quittung des Eingetragenen vorlegt. Er kann aber mangels eigener Wahrnehmung nicht an Eides statt versichern, was der Eigentümer danach „mit seiner Grundschuld gemacht hat“. Insbesondere kann er nicht versichern, dass die Eigentümergrundschuld nicht außerhalb des Grundbuchs durch Briefübergabe und Abtretungserklärung an einen unbekannten, sich „verschweigenden“ Gläubiger übertragen wurde. Der Erbe kann also nicht versichern, dass er nach materiellem Recht Gläubiger des Grundpfandrechts ist. Sein Antrag auf Einleitung eines Aufgebotsverfahrens zur Kraftloserklärung muss daher als unzulässig zurückgewiesen werden.

    Der Tod des Eigentümers bildet in dieser Konstellation also eine wesentliche Zäsur. Das ist indessen sachgerecht. Denn der Eigentümer hatte es versäumt, die jederzeit mögliche Grundbuchberichtigung, also seine Eintragung als Grundschuldgläubiger zu veranlassen. Damit hat er auf den von § BGB § 891 Abs. BGB § 891 Absatz 1 BGB vermittelten „absoluten“ Schutz verzichtet

  • Das heißt, dass hier die Tochter den Antrag erst 2032 stellen könnte? Oder nur die neuen und jetzigen Eigentümer erst 2033?

    Ja, das heißt es.

    Und darum wird typischerweise Kraftloserklärung des Briefes und nicht das Aufgebot des Gläubigers beantragt, wenn die im Grundbuch eingetragene Gläubigerin bekannt ist. Da muß man nur versichern, dass man nicht weiß, wo der Brief ist, und dass man keine Kenntnis davon hat, dass er abgetreten (oder an andre übergeben) wurde (§ 468 FamFG).
    Antragsteller versichern an Eides Statt weiter, dass Rechte aus dem Hypothekenbrief ihnen gegenüber nicht geltend gemacht worden seien, sie trotz Nachforschungen nicht wüssten, wo sich der Brief befindet und dass über das eingetragene Recht nicht außerhalb des Grundbuchs verfügt worden sei.
    Nach dem Beschluss des KG Berlin vom 12.06.2018 - 13 W 6/18 reicht es nicht aus, wenn die...

    Antragsteller versichern an Eides Statt weiter, dass Rechte aus dem Hypothekenbrief ihnen gegenüber nicht geltend gemacht worden seien, sie trotz Nachforschungen nicht wüssten, wo sich der Brief befindet und dass über das eingetragene Recht nicht außerhalb des Grundbuchs verfügt worden sei.

    Zudem muss das Abhandenkommen oder die Vernichtung an Eides statt versichert werden, mangels eigener Wahrnehmung könnte auch dies bei den Erben wieder problematisch sein.
  • Aber das würde doch bedeuten, dass Erben keine Chance hätten, das Recht löschen zu lassen. Ich denke, dass da auch der Gläubiger, der das Recht außerhalb des Grundbuchs erworben hat eine gewisse Verpflichtung hat, seine Rechtsstellung durch Eintragung im Grundbuch allen anzuzeigen.

  • Naja, die Möglichkeit das Recht löschen zu lassen besteht schon...mit Geduld...

    OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.5.2013 – 25 Wx 21/13, BeckRS 2013, 197351 Rn. 23, beck-online:

    Im Übrigen sind die Nachteile in aller Regel nicht existenzbedrohend und deshalb hinnehmbar, zumal sie nur vorübergehender Natur sind. Der Beteiligte kann nämlich nach § FAMFG § 447 FamFG ein Gläubigeraufgebot geltend machen. Dazu muss er nach §§ FAMFG § 449, FAMFG § 450 FamFG u.a. glaubhaft machen, dass der Gläubiger der Grundpfandrechtsforderung unbekannt ist und das Recht des Gläubigers nicht innerhalb der letzten 10 Jahre vom Eigentümer anerkannt worden ist. (§ BGB § 1170 BGB). Dies kann er spätestens im Jahre 2017 geltend machen, wenn die 10 Jahre nach dem Beginn der Betreuung abgelaufen sind.

  • Tomoto:

    Ich denke, dass da auch der Gläubiger, der das Recht außerhalb des Grundbuchs erworben hat eine gewisse Verpflichtung hat, seine Rechtsstellung durch Eintragung im Grundbuch allen anzuzeigen.

    Dies betrifft doch jetzt aber wieder eine neue Frage, oder?!

  • Tomoto:

    Ich denke, dass da auch der Gläubiger, der das Recht außerhalb des Grundbuchs erworben hat eine gewisse Verpflichtung hat, seine Rechtsstellung durch Eintragung im Grundbuch allen anzuzeigen.

    Dies betrifft doch jetzt aber wieder eine neue Frage, oder?!

    Das war allgemein gemeint.

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