Erbscheinsverfahren - Vaterschaft nicht nachgewiesen

  • Hallo an die Runde,

    ich habe hier einen Erbscheinsantrag 3. Ordnung in der großväterlichen Linie. Die Verwandtschaft meines EL zum Großvater ist m. E. jedoch nicht hinreichend nachgewiesen.

    Der Vater meines EL ist 1920 geboren. Seine Geburtsurkunde ist aus dem Jahr 1934. Leider ergibt sich hieraus der Großvater des EL nicht. Beigeschrieben ist nur eine Einbenennung im Jahr 1923 von dem Ehemann der Großmutter. Ich habe aber ein nicht adressiertes Schreiben eines Wohlfahrts- und Jugendamtes aus dem Jahr 1937 vorliegen, wonach der Großvater *Heinz* der Vater des EL-Vaters ist. Das Schreiben ist gesiegelt und unterschrieben vom Stadtvormund. Hier sind aber auch keine weiteren Informationen vorhanden. Keine Hinweise auf eine Vaterschaftsanerkennung, keine förmliche Urkunde, nur dieser Vermerk. Sowohl die Geburtsurkunde als auch das besagte Schreiben sind in der Wohnung des EL gefunden worden. Sämtliche Akten und Urkunden in den Standesämtern sind kriegsvernichtet. In den betroffenen Vormundschafts- und Familiengerichten sind vermutlich wegen des Zeitablaufs keine Vorgänge ermittelt worden.

    Ich habe nun noch das Aufgebot zur Ehe der Eltern des EL angefordert. Auch hier hat der EL-Vater keinen Vater angegeben, sondern nur die Mutter genannt.

    Kann ich die Vaterschaft von Heinz zum EL-Vater anhand des o. g. Schreibens als belegt ansehen? Ich habe keine Hinweise auf eine Vaterschaftsanerkennung. Dass der Großvater hier in irgendeiner Form im Sinne einer Vaterschaftsanerkennung mitgewirkt hat, ist für mich überhaupt nicht ersichtlich. Könnte in dem Schreiben ggf. auch nur die biologische Abstammung gemeint gewesen sein?

    Ich tendiere zum Zurückweisen. Was würdet ihr machen?

  • Auch andere öffentliche Dokumente sind im Sinne des § 1592 BGB geeignet, die Vaterschaft im Erbscheinsverfahren nachzuweisen.

    Eine Einbenennung stellt keine rechtliche Vaterschaft bzw. einen Nachweis dafür dar. Im Gegenteil.

    vgl.

    OLG München, Beschluss vom 12.01.2011 - 31 Wx 270/10
    Erbscheinsverfahren: Unterhaltstitel als Nachweis der Vaterschaft für ein im Jahr 1952 nichtehelich geborenes Kind
    openjur.de

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Auch andere öffentliche Dokumente sind im Sinne des § 1592 BGB geeignet, die Vaterschaft im Erbscheinsverfahren nachzuweisen.

    Eine Einbenennung stellt keine rechtliche Vaterschaft bzw. einen Nachweis dafür dar. Im Gegenteil.

    So wie ich das verstanden habe, geht Gurke auch nicht davon aus, dass die Einbenennung die rechtliche Vaterschaft nachweist, sondern das Schreiben des Stadtvormundes, das auf "Heinz" hinweist (das wird also nicht der Ehemann der Mutter gewesen sein).
    Was ist denn der weitere Inhalt des Schreibens? Geht es da, ähnlich wie in dem von TL angeführten Urteil, auch um Zahlungsansprüche gegen Heinz?

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Auch andere öffentliche Dokumente sind im Sinne des § 1592 BGB geeignet, die Vaterschaft im Erbscheinsverfahren nachzuweisen.

    Eine Einbenennung stellt keine rechtliche Vaterschaft bzw. einen Nachweis dafür dar. Im Gegenteil.

    So wie ich das verstanden habe, geht Gurke auch nicht davon aus, dass die Einbenennung die rechtliche Vaterschaft nachweist, sondern das Schreiben des Stadtvormundes, das auf "Heinz" hinweist (das wird also nicht der Ehemann der Mutter gewesen sein).
    Was ist denn der weitere Inhalt des Schreibens? Geht es da, ähnlich wie in dem von TL angeführten Urteil, auch um Zahlungsansprüche gegen Heinz?

    Richtig. "Heinz" ist nicht der spätere Ehemann der Mutter. Mir ging es jetzt auch nicht um die Einbenennung, sondern darum ob das Schreiben des Stadvormunds als Nachweis der Vaterschaft zu *Heinz* ausreichend ist.

    In dem Schreiben steht:

    "Der Arbeiter *Heinz* geb. am ... in ... ist der Vater des am ... in ... geb. *Bernd*."

    Kein Adressat, kein Hinweis auf Antragsteller oder Erschienene, keine Vermerke, keine Verweise auf irgendwelche Urkunden. Nix. Nur Briefkopf, der eine Satz und Unterschrift nebst Stempel.

  • Wenn es vom „Stadtvormund“ kommt, würde mir das als Nachweis reichen. Das ist damals ja nicht aus Spass geschrieben worden und auch der Erblasser wird es nicht umsonst in seinen Unterlagen verwahrt haben.

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  • Vielleicht kann man sich noch mit dem Aufgabenbereich eines damaligen "Stadtvormundes" beschäftigen. Wenn Vaterschaftsfeststellungen oder -bescheinigungen (bzw. sowas in der Art) zu seinen Aufgabenbereichen gehörten, dann wäre ich da auch großzügiger.

    (Nur weil ein Siegel drauf ist verlass ich mich nicht mehr auf den Inhalt der Urkunden, ich will schon wissen ob derjenige, der irgendwas besiegelt, auch befähigt war das zu tun.)

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Danke für eure Antworten. Nach heutigem Stand wäre ein Vormund ja nun eben nicht derjenige, der eine Vaterschaftsanerkennung beurkunden kann. Deshalb habe ich auch Schwierigkeiten das als ausreichenden Nachweis anzuerkennen, zumal ja auch nicht erkennbar ist, dass der vermeintliche Vater überhaupt davon weiß.

  • Ergänzung: Dann wären wir ggf. auch im Bereich der (Teil-)Nachlasspflegschaft, weil die Erbfolge ungewiss ist.

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  • Vaterschaftsanerkennungen können auch bei den Jugendämtern erfolgen. Wegen der früher geltenden besonderen Stellungen nichtehelicher Kinder war eben diese Anerkennung oft nicht im Geburtenbuch vermerkt worden. Die mit Siegel festgehaltene Aussage, wer der Vater ist, hat sich die Behörde sicher nicht nur so eingebildet. Ob das heute ohne weitere Akten jemals noch nachvollzogen werden kann? Wahrscheinlich nicht. Das ist das Problem mit vielen nichtehelichen Abstammungen, die heute als erbrechtlich relevant und lange Zeit als völlig irrelevant angesehen wurden. Da muss man sich dann manchmal an jeden Strohhalm klammern.

    „Die Amtsvormundschaft wurde 1924 im Rahmen des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes in Deutschland etabliert. Sie trat für alle unehelichen Kinder ein und ersetzte landesrechtlich unterschiedliche Formen der Berufs- und Anstaltsvormundschaft und Einzelvormundschaft für uneheliche Kinder. Der gesetzliche Eintritt der Amtsvormundschaft durch Geburt hatte den Vorteil, dass sich die oft langwierige Suche nach einem geeigneten Einzelvormund erübrigte.

    Die materielle Lage der unehelichen Kinder soll sich durch die Einrichtung der Amtsvormundschaft, sozusagen eines speziellen Berufsstandes mit Fachkenntnissen insbesondere auf dem Gebiet der Abstammung und Unterhaltsgeltendmachung, deutlich verbessert haben. Die Übertragung der elterlichen Gewalt auf die Mutter schien im damaligen Recht kein diskutabler Punkt gewesen zu sein; jedenfalls ist aus den Materialien nichts erkennbar, was auf diesbezügliche Vorstellungen hinweisen könnte.

    Die Rechtslage blieb auch nach der Gründung der Bundesrepublik (im Rahmen des novellierten Jugendwohlfahrtsgesetzes) gleich. Erst zum 1. Juli 1970 wurde im Rahmen des Nichtehelichengesetzes die obligatorische Amtsvormundschaft für die nun „nichtehelich“ genannten Kinder beendet. Die Kinder standen dann grundsätzlich unter elterlicher Gewalt der Mutter, doch das Kind erhielt mit Geburt einen Amtspfleger.

    1998 wurde auch diese Einschränkung des Sorgerechtes durch die Kindschaftsrechtsreform aufgehoben wurde.

    In der DDR war die Amtsvormundschaft für uneheliche Kinder bereits 1950 abgeschafft worden.“

    Zitat aus: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Amtsvormund

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  • Und wieder: Der Vormund mag das Kind vertreten haben. Beurkundende Stelle für eine Vaterschaftsanerkennung ist er m.E. aber nicht. Das wäre ja noch schöner, wenn der Vertreter des Kindes die Vaterschaft einfach selbst beurkunden könnte. Kann ich mir einfach nicht vorstellen.

    Aber danke für die Hinweise. Dann gucke ich mal, ob ich irgendwo die alte Gesetze auftreiben kann.

  • Wenn die Vaterschaftsanerkennung seinerzeit beim für den Wohnsitz des Kindes zuständigen Vormundschaftsgericht beurkundet wurde, muss die Anerkennungsurkunde in der dortigen UR-Sammlung eigentlich noch vorhanden sein (oder in der geführten Vormundschaftsakte), weil diese Urkunden m. W. nicht auszuscheiden waren. Ggf. muss man im Staatsarchiv nachforschen, falls die Akten und Urkunden des besagten Jahrgangs - was zu vermuten steht - dorthin abgegeben wurden.

  • Wenn die Vaterschaftsanerkennung seinerzeit beim für den Wohnsitz des Kindes zuständigen Vormundschaftsgericht beurkundet wurde, muss die Anerkennungsurkunde in der dortigen UR-Sammlung eigentlich noch vorhanden sein (oder in der geführten Vormundschaftsakte), weil diese Urkunden m. W. nicht auszuscheiden waren. Ggf. muss man im Staatsarchiv nachforschen, falls die Akten und Urkunden des besagten Jahrgangs - was zu vermuten steht - dorthin abgegeben wurden.

    Weder beim Familien-, noch Vormundschafts- oder Nachlassgericht sind irgendwelche Vorgänge aufzufinden. Beim Landesarchiv wurde nachgefragt. Die Bestände dort gelten als Kriegsverlust.

  • …die oft nicht erhalten sind sondern nach 30 Jahren ausgesondert wurden.

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  • Gurke: Soweit ich weiß, können heute (Jugendämter) und auch früher (Stadtvormund) schon bei den Amtsvormundschaftsstellen auch Vaterschaftsanerkenntnisse beurkundet werden.

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  • Ja natürlich können die Jugendämter Vaterschaftsanerkennungen beurkunden, aber ich bezweifle, dass das dann der Vormund des Kindes macht. Oder meint die Bezeichnung "Jugendamt" und "Stadtvormund" die gleiche Person? In dem von dir erwähnten Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt wird zwischen "Jugendamt" und "Vormund" unterschieden.

    Für mich ist das oben erwähnte Schreiben einfach ein Vermerk des gesetzlichen Vertreters, dass Herr Soundso der Vater von Kind Diesunddas ist.

  • Ein gesiegelter „Vermerk“?

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    • So oder so: Ohne Feststellung, welche Befugnisse der Stadtvormund (eine Bezeichnung, die ich übrigens bisher noch nie gehört habe) hatte (möglicherweise damaliges Landesrecht) wird sich die Frage nicht beantworten lassen.
  • Stadtvormund scheint eine Amts-/Berufsbezeichnung in der Stadtverwaltung (Jugendamt) zu sein. In Berlin werden heute noch entsprechende Stellen ausgeschrieben:

    Land Berlin3.3★

    Stadtvormund/ Stadtvormünderin (m/w/d)

    Berlin

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

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