Landschaftsverband - Streit um Grundstückswert

  • Der Betreute bezieht darlehensweise Sozialleistungen von der Kommune und vom Landschaftsverband (Eingliederungshilfe). Der Betroffene ist mittellos, er arbeitet in einer Behindertenwerkstatt und wohnt in einem Wohnheim. Einziger Vermögensgegenstand ist ein Erbanteil am Einfamilienhaus seiner Eltern, wo noch die Mutter wohnt.

    Darum ist vor 5 Jahren eine Erbanteilsverpfändung eingetragen worden.

    Jetzt meint der Landschaftsverband, die Grundstückspreise seien gestiegen, die Schongrenze sei überschritten und verlangt eine weitere Verpfändung.

    Es ist ein altes Einfamilienhaus aus den 50ern mit typischem Renovierungsstau.

    Ich möchte, dass der Landschaftsverband die Wertsteigerung nachweist. Aus Kostengründen scheidet ein Wertgutachten aus. Der Landschaftsverband schlägt vor, den Gutachterausschuss zu bemühen. Der Kipp-Punkt der Immobilienpreise wird aber in der Liste der Verkäufe aus der Vergangenheit noch nicht abgebildet. Ich möchte dem Landschaftsverband genaue Auflagen machen, wie der Wert nachzuweisen ist. Habt ihr Vorschläge dazu?

  • Was bei mir die Frage aufwirft, wie es zur bestehenden Verpfändung kommen konnte, keineswegs aber, wie es zu einer weiteren kommen kann...

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Dann Pech für Dich -denke ich- wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes. Der Landschaftsverband muß nichts liefern.

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  • Aus Kostengründen scheidet ein Gutachtenauftrag des Gerichts aus.

    Nehmen wir an, ich weise den Genehmigungsantrag zurück mit der Begründung, dass die Wertsteigerung nicht nachgewiesen und der Schonbetrag nicht überschritten ist.

    Der Betreuer ist der Stiefvater, der im Haus wohnt. Die Verpfändung ist weder in seinem noch im Interesse des Betroffenen. Eine Beschwerde ist von dieser Seite nicht zu erwarten.

    Der Landschaftsverband hat kein Beschwerderecht.

    Aber:

    Könnte der Landschaftsverband die Leistungen streichen, wenn keine Absicherung des Darlehens erfolgt?

  • Aus Kostengründen? Bei Gericht angefallene Gutachtenkosten sind Auslagen im gerichtlichen Verfahren, die nur vom Betroffenen gefordert werden können, wenn die Voraussetzungen des GNotKG dafür erfüllt sind. Wenn das Gericht Kenntnis benötigt, hat es sich diese selbst zu verschaffen und nicht anderen (hier sogar einem Unbeteiligten!) die Beschaffung aufzuerlegen. Aber das sind Binsenweisheiten und diese Debatte hatten wir schon öfter in diesem Unterforum.

    Da der Betreuer ja nur den Genehmigungsantrag gestellt haben kann, müßte er selbstverständlich gegen die Ablehnung Beschwerde einlegen, da er sonst seinen Betreuerpflichten nicht nachkäme. Wäre die Abtretung nämlich nicht erforderlich, hätte er keine Genehmigung dafür einholen wollen. Immerhin ist es ausschließlich der Betreuer, der sich zur Vornahme eines genehmigungspflichtigen Geschäfts entschließt. Da sehe ich eine Zwickmühle.

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  • Der Betreuer hat keine Ahnung von Sozialrecht und verlässt sich blind auf das, was ihm der Landschaftsverband schreibt. Der LV bietet sogar an, eine Stellungnahme des Gutachterausschusses vorzulegen.

    Mir geht es um den sozialrechtlichen Hintergrund.

    Wie weit darf der Sozialhilfeträger bei der Sicherung von Darlehen gehen und gibt es dazu Entscheidungen ? Ich finde hierzu über Juris pp. nichts.

    Kennt jemand ähnliche Vorgänge und kann etwas dazu sagen?

  • Na wenn der LV das anbietet, kann er es ja machen. Da wird man sich als Gericht eher nicht verweigern. ;)

    In die sozialrechtlichen Untiefen steigt man als Betreuungsgericht ja höchst selten hinab. Hoffentlich kann da jemand was beisteuern. Vielleicht hat ja einer der Betreuer hier im Forum Erfahrungen damit? Ich frag auf jeden Fall mal hier im Haus die Kolleginnen. Wenn dabei was rauskommt, schreibe ich es natürlich sofort hier rein.

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  • Der Sozialhilfeträger darf das gesamte freie Vermögen des Leistungsempfängers als Sicherheit für Darlehen verwenden. Es soll es sogar (§ 91 SGB XII).

    Nach § 14 Abs. 3 Satz 3 APG NRW darf die Gewährung von Pflegewohngeld (darum geht es hier ja wohl) bei Alleinstehenden nicht von dem Einsatz oder der Verwertung kleinerer Barbeträge und sonstiger Geldwerte von bis zu 10.000 EUR abhängig gemacht werden - alles andere steht erstmal als Sicherheit zur Verfügung.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ich bin bei dem Stichwort Eingliederungshilfe noch über § 140 SGB IX gestolpert.

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  • Vielen Dank für eure Zeit und Mühe !


    Ich habe dem Betreuer die Antragsrücknahme nahegelegt, ich würde den Antrag ansonsten zurückweisen.

    Die Rückläufigkeit der Preise auf dem Grundstücksmarkt ist eine Tendenz, die sich in zahlreichen Betreuungsverfahren niederschlägt und deren Dauer nicht abzusehen ist.

    Aus Sicht des Gerichts wäre der Wert des Grundvermögens zuverlässig nur durch ein Gutachten eines vereidigten Sachverständigen zu ermitteln.

    Die Kosten hierfür können jedoch nicht zu Lasten des Betroffenen gehen (vgl. Dr. Stephan Gutzler in: Hauck/Noftz SGB IX, § 140 Einsatz des Vermögens), ebenso wenig zu Lasten der Justiz.

    Dann können sich die Beteiligten beim Landschaftsverband überlegen, ob sie in ein Gutachten investieren wollen.

    Wenn die Leistungen eingestellt werden, müsste der Betreuer dagegen vorgehen.

    Der Fall würde dann beim Sozialgericht landen, wo er eigentlich hingehört.

  • Ich habe dem Betreuer die Antragsrücknahme nahegelegt, ich würde den Antrag ansonsten zurückweisen.

    Genehmigungsverfahren sind Amtsverfahren und keine Antragsverfahren.

    Aus Sicht des Gerichts wäre der Wert des Grundvermögens zuverlässig nur durch ein Gutachten eines vereidigten Sachverständigen zu ermitteln.

    Die Kosten hierfür können jedoch nicht zu Lasten des Betroffenen gehen (vgl. Dr. Stephan Gutzler in: Hauck/Noftz SGB IX, § 140 Einsatz des Vermögens), ebenso wenig zu Lasten der Justiz.

    Hier liegt ein Zirkelschluss vor, der dazu führt, dass die Genehmigung generell nicht erteilt werden kann. Die Ausführungen können daher offensichtlich nicht zutreffend sein.

    Wenn das Gericht im Rahmen des maßgeblichen Freibeweises zum Schluss kommt, dass der Wert des Grundvermögens durch Sachverständigengutachten ermittelt werden soll, dann sind die dafür entstehenden Kosten Gerichtskosten.

    Diese Kosten dürften wohl nach §64 Abs. 2 S.2 SGB X nicht vom Betroffenen erhoben werden (ob dessen Anwendungsbereich vorliegend eröffnet ist, habe ich allerdings nicht genau geprüft). Dass die Kosten der Staatskasse zu Last fallen, kann selbstredend einer Genehmigung nicht entgegenstehen.

  • Ich stimme jfp zu, nach dem Verfahrensrecht im Betreuungsverfahren werde ich im schlimmsten Fall nicht um einen Gutachtenauftrag herumkommen.

    Es besteht evtl. die Möglichkeit, dass der Landschaftsverband einlenkt.

    Der Betreuer hätte den Leistungsbescheid des Landschaftsverbandes anfechten bzw. dessen Verlangen nach einer Eintragungsbewilligung verweigern müssen, dies ist aber nicht passiert.

  • Ich gestehe, dass ich das Problem immer noch nicht verstehe.

    Entweder ist der Anteil des Betroffenen mehr wert, dann muss er auch eingesetzt werden, mangels sofortiger Verwertbearkeit als Sicherheit für Darlehen.

    Oder er ist nicht mehr wert, dann geht der Rückgriff des LV eben irgendwann ins Leere.

    Was habe ich übersehen?

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  • Es gibt einen Schonbetrag, der ansonsten überschritten wird. Bei der früheren Verpfändung war ein Betrag für die Höhe der Sicherung angegeben worden. Hierbei wurde der Schonbetrag berücksichtigt. Ist das Grundstück im Wert nicht gestiegen, würde der Landschaftsverband eine Sicherung erlangen, die ihm nicht zusteht.

  • Es gibt einen Schonbetrag, der ansonsten überschritten wird. Bei der früheren Verpfändung war ein Betrag für die Höhe der Sicherung angegeben worden. Hierbei wurde der Schonbetrag berücksichtigt. Ist das Grundstück im Wert nicht gestiegen, würde der Landschaftsverband eine Sicherung erlangen, die ihm nicht zusteht.

    Das wird doch alles erst bei Vollstreckung / Geltendmachung relevant. Erst dann (ex-post) steht übrigens fest, ob die Sicherung dem TdS zustand oder nicht.

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  • Es ist eine ungeteilte Erbengemeinschaft. Der Ehemann der verstorbenen Mutter des Betroffenen (Miterbe + Betreuer) lebt in dem Haus.

    Der Betroffene lebt schon sehr lange in einer Einrichtung.

    Der Anspruch des Landschaftsverbandes wird vermutlich erst in vielen Jahren (nach dem Tod des Stiefvaters oder wenn das Haus veräußert wird) realisiert.

    Dann weiß keiner der Beteiligten mehr, ob der Anspruch richtig zustande gekommen ist.

    Dann richtet sich alles nach dem Grundbuchinhalt.

    Wenn ich jetzt schon Zweifel habe, ob die Grundlage für die Eintragung stimmt, kann ich nicht dabei mitwirken, dass etwas Falsches ins Grundbuch eingetragen wird.

    Man kann jetzt überlegen, ob es Sinn macht, sich hier zu sperren. Wahrscheinlich wird es so sein, dass im Verkaufsfall der Sozialhilfeträger zugreift und sowieso nur der Schonbetrag für den Betroffenen übrigbleibt. Daher verstehe ich nicht, warum der Landschaftsverband auf einer weiteren Eintragung besteht. Ich könnte mir vorstellen, dass hier die Konkurrenz mit dem weiteren Sozialhilfeträger (Kommunalbehörde zahlt SGB XII-Leistungen) eine Rolle spielt. Das weist der Landschaftsverband aber von sich.

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