Wirkung der Ausschlagung des Ehegatten bei Vorlage eines Erbvertrags

  • Hallo, ich habe vorliegenden Fall:

    Die Eheleute errichten einen Erbvertrag mit folgendem Inhalt:

    1. Gegenseitige Erbeinsetzung

    2. nach dem Tode des Längstlebenden soll die ( einzige) Tochter ( B) Vorerbin werden, Nacherben sind die Enkelkinder ( C und D)

    Die Ehefrau (A) schlägt nach testamentarischer und gesetzlicher Erbfolge aus , B stellt einen Erbscheinsantrag dahingehend dass sie nach gesetzlicher Erbfolge Alleinerbin geworden ist.

    Die Frage ist, ob gesetzliche Erbfolge eintritt oder die Schlusserbin als Ersatzerbin eintritt, dann aber ggf nur als Vorebin ?

    Leider habe ich zu dem konkreten Fall keine Entscheidung gefunden. Das ( für mich zuständige OLG Hamm) hat einen Fall entschieden, bei dem Schlusserben allerdings nicht Vorerbe , sondern unbeschränkte Schlusserben sein sollten.

    Das OLG ( OLG Hamm, Beschluss vom 14.03.2014 - I-15 W 136/13, ) nimmt als Leitsatz:

    Setzen Ehegatten sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Erben sowie jeweils
    einseitig mit ihnen verwandte Personen gemeinsam als Erben des Letztversterbenden ein und
    schlägt der überlebende Ehegatte nach dem Tode des Erstversterbenden aus, kann die
    Schlusserbeinsetzung regelmäßig nicht als Ersatzerbeinsetzung auf den Nachlass des
    Erstversterbenden ausgelegt werden; für seinen Nachlass tritt dann gesetzliche Erbfolge ein.

    In den Gründen wird unter anderem ausgeführt:

    Sinn und Zweck eines Ehegattentestaments mit Einsetzung des überlebenden Ehegatten als
    Alleinerben und weiteren Personen als Schlusserben ist es, dass das gemeinsam erwirtschaftete
    Vermögen der Ehegatten zunächst dem überlebenden Ehegatten ohne jede Einschränkung
    zukommen zu lassen, um das gemeinsame Vermögen nach dem Tode des Letztversterbenden den
    Schlusserben zukommen zu lassen. Dem liegt regelmäßig die Erwartung zugrunde, dass der
    überlebende Ehegatte das ihm Zugewandte auch annimmt. Diesen Zweck hat die Ehefrau des
    Erblassers im vorliegenden Fall unterlaufen, indem sie das ihr Zugewandte gerade ausgeschlagen
    hat, um die Verfügungsbefugnis über ihr eigenes Vermögen zurückzuerlangen (§ 2271 Abs. 2
    BGB). Dass der Erblasser für diese Konstellation den Willen haben soll, die als Schlusserben für
    Kopie von Justiz NRW , abgerufen am 10.07.2023 11:42 - Quelle: beck-online DIE DATENBANK
    http://beck-online.beck.de/Bcid/Y-300-Z-M…-2014-S-537-N-1
    2 von 3 7/10/2023
    das gemeinsame Vermögen ausgewählten Personen als (Ersatz-)Erben für sein Vermögen zu
    bestimmen, kann regelmäßig nicht angenommen werden.

    Ich habe aber hier den Fall, das der Erblasser letztlich eine Vorerbschaft für die Tochter wollte und die Enkelkinder bedenken wollte.

    Kann man dann den Erbvertrag so auslegen, dass die Tochter als Ersatzerbin , aber als Vorerbin eintritt ?

    Oder findet gesetzliche Erbfolge statt ? Dann könnten allerdings letztlich die Enkelkinder leer ausgehen, da die Ehefrau nach Ihrer Ausschlagung selbst auch anders testieren kann.

    Vielen Dank für Eure Meinungen.... :)

  • Danke für die Entscheidung, es scheint alles sehr streitig zu sein.

    Der Notar hatte in seinem Erbscheinsantrag gar nichts zu dieser Problematik geschrieben, daher habe ich ihn jetzt aufgefordert etwas zum mutmaßlichen Willen des Erblassers zu schreiben. Außerdem werde ich die Enkelkinder anhören.

    In meinem Fall würden trotz Ausschlagung der Ehefrau die Schlusserbeneinsetzung ( dann als Vorerbe) bestehen bleiben, da es sich um einen Erbvertrag handelt. Die Bindungswirkung fällt nur bei einem gemeinsamen Testament weg.

    Ich tendiere zu der Ansicht, dass der Erblasser mit dem Testament letztlich seine Enkelkinder bedenken wollte und somit nicht gesetzliche Erbfolge stattfindet, sondern die Tochter als Vorerbin eintritt.

  • In meinem Fall würden trotz Ausschlagung der Ehefrau die Schlusserbeneinsetzung ( dann als Vorerbe) bestehen bleiben, da es sich um einen Erbvertrag handelt. Die Bindungswirkung fällt nur bei einem gemeinsamen Testament weg.

    1. Die Frage, wer Schlusserbe (Erbe des Längerlebenden) ist, richtet sich nach dem Willen des Längerlebenden.

    2. Selbstverständlich kann die Bindugnswirkung auch beim Erbvertrag wegfallen, § 2298 Abs. 2 Satz 3 BGB.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • In meinem Fall würden trotz Ausschlagung der Ehefrau die Schlusserbeneinsetzung ( dann als Vorerbe) bestehen bleiben, da es sich um einen Erbvertrag handelt. Die Bindungswirkung fällt nur bei einem gemeinsamen Testament weg.

    1. Die Frage, wer Schlusserbe (Erbe des Längerlebenden) ist, richtet sich nach dem Willen des Längerlebenden.

    2. Selbstverständlich kann die Bindugnswirkung auch beim Erbvertrag wegfallen, § 2298 Abs. 2 Satz 3 BGB.

    1. Die Frage wer Schlusserbe ist, richtet sich nach dem Willen des Längerlebenden, nach dem Tod des Erstversterbenden ist die Frage, ob der Erblasser wollte, dass nach seinem Tod der Schlusserbe Ersatzerbe für die durch Ausschlagung weggefallene Ehefrau wird.

    2. Die Bindungswirkung kann wegfallen, aber hierfür müssen entweder ein Rücktritt vorbehalten , oder ein anderer Wille des Vertragsschließenden anzunehmen sein. In Vertrag ist in meinem Fall weder ein Rücktritt vorbehalten, noch Regelungen für den Fall der Ausschlagung getroffen worden.

    Ich werde abwarten , was der Notar zum Sachverhalt sagt.

  • Mich überzeugt auch eher die Auffassung von sevenpack. Wenn der "Schlusserbe" nur als Vorerbe Erben soll, so wird deutlich, dass die Vertragsparteien keine unbeschränkte Erbenstellung der Tochter wollten. Dieser Wille würde umgangen, wenn durch die Erbausschlagung eine unbeschränkte Erbenstellung der Tochter entstehen würde.

    Der Erbvertrag ist insoweit auch für den Fall, dass der eine Erbe (durch Tod oder Ausschlagung) wegfällt bindent.

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