Vorgehensweise von Banken bei pfändbaren Guthaben

  • Halli Hallo,

    kann mir jemand erklären, wie manche Banken intern mit Pfändungen umgehen?

    Ich hab ne Akte vor mir, wo eine Schuldnerin im Oktober 2022 eine JC-Nachzahlung von über 5.000€ erhalten hat. Ihr Konto ist aber bereits seit dem18.02.2021 gepfändet. Es gibt auch keine vorrangigen Pfändungen.

    Anhand der Kontosauzüge kann ich jedoch erkennen, dass diese Nachzahlung nie "eingezogen" und an den Gläubgier ausgezahlt wurde. Wie kann das sein?

    Eigentlich könnten mir die Gläubgier relativ egal sein, weil es deren Ding ist. Aber das ist schon sehr auffällig.

    JETZT stellt sie den Antrag auf Freigabe dieses Betrages und behauptet, sie würde am Existenzminimum leben, obwohl auf Ihrem Konto weiterhin über 4.000€ liegen...

  • auch wenn es keine Antwort auch deine eigentliche Frage ist: bei dir ist die Schuldnerin falsch, da die SBG II-Nachzahlung von der Pfändung des Kontos nicht erfasst ist und der Nachweis hierüber durch eine Bescheinigung zu führen ist.

  • Kommt immer wieder vor, dass Banken aus Unsicherheit/Unwissenheit einfach nichts abführen und schön fleißig separieren. Das habe ich auch schon häufiger erlebt. Das längste waren 1 1/2 Jahre.

    Die einen Kollegen sagen, dass das Geld zwar noch da ist, aber aufgrund von Fristablauf nicht mehr an den Schuldner freigegeben werden kann - andere Kollegen vertreten, so wie ich, die Meinung, dass so lange das Geld noch nicht abgeführt worden ist, eine Freigabe grundsätzlich noch erfolgen kann.

    WinterM hat natürlich mit seinen Ausführungen absolut recht!

  • auch wenn es keine Antwort auch deine eigentliche Frage ist: bei dir ist die Schuldnerin falsch, da die SBG II-Nachzahlung von der Pfändung des Kontos nicht erfasst ist und der Nachweis hierüber durch eine Bescheinigung zu führen ist.

    dann bekomm ich die Bescheiningung der AWO nebst gesondertem Anschreiben, dass die Nachzahlung in der Höhe nicht bescheinigt werden kann... Viele beziehen sich dann dabei auf den § 904 Abs. 2 und 3 ZPO

  • Ich versuche manchmal den Mittelweg (kann mich da echt nicht entscheiden was der richtige Weg ist) und bitte die Schuldner mir die Mitteilung des Kreditinstituts nach § 908 Abs. 2 ZPO vorzulegen. Da sieht dann manches doch anders aus und es ist plötzlich nur noch 0 € verfügbares Guthaben da.

  • Ich versuche manchmal den Mittelweg (kann mich da echt nicht entscheiden was der richtige Weg ist) und bitte die Schuldner mir die Mitteilung des Kreditinstituts nach § 908 Abs. 2 ZPO vorzulegen. Da sieht dann manches doch anders aus und es ist plötzlich nur noch 0 € verfügbares Guthaben da.

    von dieser Mitteilung höre ich auch zum ersten Mal.

    Das wäre aber echt mies, wenn die normalen Kontoauszüge auch Beträge als Guthaben ausweisen, auf die man gar keinen Zugriff hat

  • Der Freibetrag dürfte sich nach § 904 Abs. 1 ZPO erhöht haben. Ob der Bank das durch eine Bescheinigung nach § 904 Abs. 4 iVm. § 903 ZPO nachgewiesen wurde, geht aus dem Sachverhalt nicht hervor.

    Nachdem die Fristen von § 899 Abs. 2 ZPO und § 900 ZPO inzwischen längst abgelaufen sind, dürfte es dem Antrag der Schuldnerin bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlen.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Auf manchen Kontoauszügen ist das auch wirklich so zu verstehen, gerade wenn die Banken "separieren". Ich bitte dann die Schuldner nach einstweiliger Einstellung der Vollstreckung schriftlich um Vorlage dieser Auskunft unter Hinweis auf die gesetzliche Regelung. Vermutlich legen Sie das dann der Bank vor und es kommt was anderes als vorher. Ist vielleicht auch nicht ganz die richtige Art aber ich drücke mich damit vor der Entscheidung etwas freizugeben was eigentlich nicht mehr da sein dürfte. Kann ja auch manchmal sein dass die Bank vielleicht was übersehen hat....

  • auch wenn es keine Antwort auch deine eigentliche Frage ist: bei dir ist die Schuldnerin falsch, da die SBG II-Nachzahlung von der Pfändung des Kontos nicht erfasst ist und der Nachweis hierüber durch eine Bescheinigung zu führen ist.

    dann bekomm ich die Bescheiningung der AWO nebst gesondertem Anschreiben, dass die Nachzahlung in der Höhe nicht bescheinigt werden kann... Viele beziehen sich dann dabei auf den § 904 Abs. 2 und 3 ZPO

    ist wenig hilfreich, wenn es ja um Ansatz 1 geht....

    Die AWO muss auch gar nicht machen, da der Jobcenter zur Ausstellung einer Bescheinigung verpflichte ist, § 903 Abs. 3 ZPO.

    Auch die mögliche Inkompetenz einzelner weniger in § 903 ZPO genannten Stellen begründet keine Zuständigkeit des Gerichts.

  • Da kann es ja viele Gründe geben., dass das Geld noch auf dem Konto ist.

    Zum einen können Dir nicht alle Pfändungen, die auf dem Konto lasten, bekannt sein. Der erstrangigen Pfändung kann es an einer Überweisungsanordnung mangeln (nur Pfändungsbeschluss) oder so alt sein, dass erst der Rechtsnachfolger des Fernmeldeamtes ermittelt werden muss oder es sonst an einer aktuellen Kontonummer des Zahlungsempfängers mangelt.

    Ansonsten ist es wie mit der Einkommensteuererklärung beim Finanzamt. Manche Finanzämter schaffen das in 2 Wochen, andere in 4; bei weiteren wird die Bearbeitungsdauer eher in Monaten gemessen. Und bei wenigen kommt statt der Erstattung eine saftige Nachzahlung heraus :)

    Wir erkennen nur Musterbescheinigungen an, die nicht älter als 3 Monate sind. Sie wirken maximal in den Vormonat zurück.

    Mit einer aktuellen MB, die Gutschriften aus September 22 freigeben wollen, käme der Kunde bei uns also nicht weiter.

  • 1. WinterM ist 0 hinzuzufügen. Auch hinsichtlich des bissigen Spruchs. :zustimm:

    2. BadBanker: Wobei das, wie ich ja aus deinem Text rauslese ("Wir erkennen nur Musterbescheinigungen an") eine interne Anweisung ist.

    Ehrlich gesagt finde ich das etwas schwierig. Ich verstehe zwar die Bauchschmerzen, und gerade bei gerichtlichen Freigabeanträgen gehen ja die Meinungen zu Rechtsschutzinteresse nach langer Zeit des Geldeingangs weit auseinander, siehe Beitrag #3

    Allerdings ist es so, dass das Gesetz m.M.n. eure Vorgehensweise nicht hergibt. Noch dazu handelt es sich ja bei den Beträgen in den Bescheinigungen nicht um irgendwelche Ermessensentscheidungen, sondern "per se, immer fix, pfandfrei" [bei Nachweiserbringung]

    Nehmen wir mal an, der Schuldner hat erfolgreich eine Bescheinigung heute erhalten, bezogen auf beispielsweise eine SGB II Nachzahlung, welche vor 7 Monaten eingegangen ist. Dann scheidet §905 ZPO (Schuldner hat ja eine bekommen, Bank akzeptiert nur nicht) aus und es bliebe lediglich der Zivilrechtsweg.

    Interessanter Fall, den ich gerne mal durch Obergerichte entschieden sehen würde.

    "Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen."

    Hier geht Ihre Spende nicht unter. Rette mit, wer kann.

    -Die Seenotretter, DGzRS-

  • erstmal Danke für die vielen Antworten und Meinungen :)

    ich hab der Schuldnerin erstmal geschrieben und gefragt, wie es sein kann, dass sie die Nachzahlung jetzt erst freigegeben bekommen möchte und inwiefern sie nach eigenen Angaben am Existenzminimum lebt, obwohl ihr Konto lt. Kontoauszügen über 4.000 € aufweist (die hat mehr Geld aufm Konto als ich...).
    Es kann ja eigentlich nur so sein, wie es hier auch schon angesprochen wurde, dass die Bank als DS das pfändbare Guthaben sperrt, aber eben nicht auf ein gesondertes Konto überweist, die Schuldnerin aber trotzdem nicht mehr als ihren Freibetrag hat.

  • Es nützt dem Kunden aber nichts, wenn die heute ausgestellte Musterbescheinigung Gutschriften, die vor einem dreiviertel Jahr auf dm Konto gelandet sind, freizugeben versucht. Die Gutschriften mögen vor einem dreiviertel Jahr dann pfandfrei gewesen sein - heute sind sie es nicht mehr.

    Zum Thema Guthabenauskehr: siehe auch § 899 Abs. 3 ZPO.

    (3) 1Einwendungen gegen die Höhe eines pfändungsfreien Betrages hat der Schuldner dem Kreditinstitut spätestens bis zum Ablauf des sechsten auf die Berechnung des jeweiligen pfändungsfreien Betrages folgenden Kalendermonats mitzuteilen. 2Nach Ablauf dieser Frist kann der Schuldner nur Einwendungen geltend machen, deren verspätete Geltendmachung er nicht zu vertreten hat.

  • Es nützt dem Kunden aber nichts, wenn die heute ausgestellte Musterbescheinigung Gutschriften, die vor einem dreiviertel Jahr auf dm Konto gelandet sind, freizugeben versucht. Die Gutschriften mögen vor einem dreiviertel Jahr dann pfandfrei gewesen sein - heute sind sie es nicht mehr.

    Zum Thema Guthabenauskehr: siehe auch § 899 Abs. 3 ZPO.

    (3) 1Einwendungen gegen die Höhe eines pfändungsfreien Betrages hat der Schuldner dem Kreditinstitut spätestens bis zum Ablauf des sechsten auf die Berechnung des jeweiligen pfändungsfreien Betrages folgenden Kalendermonats mitzuteilen. 2Nach Ablauf dieser Frist kann der Schuldner nur Einwendungen geltend machen, deren verspätete Geltendmachung er nicht zu vertreten hat.

    wie gesagt: soll mir die Schuldnerin erstmal erklären, wie es zu der jetzigen Situation kommen konnte.

    Aber es ändert eigentlich nichts an der Natur de Nachzahlung, die durch die ZPO als pfandfrei gestellt ist. Ich hab mich noch nicht weitergehend mit der Thematik "pfandfreie Nachzahlung geht auf Schuldnerkonto ein und wird erst versptätet beantragt freizugeben" befasst.

  • ist wenig hilfreich, wenn es ja um Ansatz 1 geht....


    Die AWO muss auch gar nicht machen, da der Jobcenter zur Ausstellung einer Bescheinigung verpflichte ist, § 903 Abs. 3 ZPO.


    Auch die mögliche Inkompetenz einzelner weniger in § 903 ZPO genannten Stellen begründet keine Zuständigkeit des Gerichts.

    Ebenso.

    Das Gericht kommt über §905 ZPO erst ins Spiel, wenn auch das JobCenter die Bescheinigung versagt.

    Solange das Geld noch da ist besteht dann m.E. auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Anderes könnte vielleicht gelten, wenn die Bank bereits klargemacht hat, dass sie eine Bescheinigung wegen §899 III ZPO nicht akzeptieren würde und dessen Voraussetzungen zweifelsfrei gegeben sind.

    Es nützt dem Kunden aber nichts, wenn die heute ausgestellte Musterbescheinigung Gutschriften, die vor einem dreiviertel Jahr auf dm Konto gelandet sind, freizugeben versucht. Die Gutschriften mögen vor einem dreiviertel Jahr dann pfandfrei gewesen sein - heute sind sie es nicht mehr.

    Das stimmt so nicht.
    Die Bank hat lediglich die Möglichkeit trotzt der Unpfändbarkeit schuldbefreiend an den Gläubiger zu leisten. Sie muss aber nicht.

    Der Gläubiger hat keinen Anspruch gegen die Bank auf Auszahlung die Gutschriften, weil sie nicht vom Pfandrecht erfasst sind.

    Im Übrigen ist es evident rechtswidrig nur Musterbescheinigungen zu akzeptieren.

    Wir erkennen nur Musterbescheinigungen an, die nicht älter als 3 Monate sind. Sie wirken maximal in den Vormonat zurück.

    Auch das ist m.E. unzulässig. Solange das Geld noch da ist entfällt mit Vorlage der Bescheinigung die Möglichkeit der schuldbefreienden Leistung an den Gläubiger aus §903 I S. 1 ZPO, unbeschadet des §899 III ZPO.

  • Inzwischen ist es nicht verbrauchtes Guthaben.

    siehe § 899 Abs.2 ZPO / §902 Abs. 2 ZPO

    Hat der Schuldner in dem jeweiligen Kalendermonat nicht über Guthaben in Höhe des gesamten nach Absatz 1 pfändungsfreien Betrages verfügt, wird dieses nicht verbrauchte Guthaben in den drei nachfolgenden Kalendermonaten zusätzlich zu dem nach Absatz 1 geschützten Guthaben nicht von der Pfändung erfasst.

    Für die Erhöhungsbeträge nach Satz 1 gilt § 899 Absatz 2 entsprechend.

    Verfügung wie hier im Beispiel geht also nicht.

    (vgl. auch BGH Beschluss vom 10. 11. 2011 – VII ZB 64/10, noch "alte Frist" von 1 Monat Übertragbarkeit)

    ...

    [2] Das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – hat mit Beschluss vom 12. Juli 2010 die Kontopfändung "bezüglich des Lohnes/des Gehalts, welches von … (= Arbeitgeber) auf das gepfändete Konto überwiesen wird, bis auf weiteres aufgehoben, …"; dieser Betrag entspreche dem monatlich auf dem Konto eingehenden unpfändbaren Einkommen.

    ...

    [17] g) Zu Recht verweist die Rechtsbeschwerde darauf, dass der Beschluss des Amtsgerichts – Vollstreckungsgerichts – nach seinem Wortlaut zu weit gefasst ist. Nach § 850k Abs. 1 Satz 3 ZPO wird Guthaben, über das der Schuldner in dem jeweiligen Kalendermonat nicht in Höhe des nach Satz 1 pfändungsfreien Betrages verfügt hat, in den folgenden Kalendermonat übertragen. Der Beschluss des Amtsgerichts – Vollstreckungsgerichts – ermöglicht es dem Schuldner nach seinem Wortlaut dagegen, Arbeitseinkommen unbegrenzt anzusparen und dem Gläubigerzugriff vorzuenthalten. Der Senat stellt daher klar, dass die Kontopfändung bezüglich des Lohnes/des Gehalts, welches vom Arbeitgeber monatlich auf das gepfändete Konto überwiesen wird, bis auf weiteres aufgehoben ist und dass die Übertragung nicht verbrauchten Guthabens nur bis zum Ende des folgenden Kalendermonats wirkt.

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