Einrichtungen der Eingliederungshilfe stationäre Einrichtungen ?

  • Hallo,

    wir haben in unserem Bezirk etliche Einrichtungen der Eingliederungshilfe. In den Wohn- und Pflegeverträgen sind keine umfassenden behandlungspflegerischen Leistungen erfasst, sondern nur einfache Maßnahmen der Behandlungspflege , die keine medizinischen Fachkenntnisse erfordern.

    Handelt es sich daher unabhängig von der Frage, ob eine 24 StundenBetreuung vor Ort ist oder nicht, um eine andere Wohnform ? Die Betreuer beziehen sich auf die BGH- Entscheidung vom 29.6.2022 und verlangen die höhere Vergütung.

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  • Und das verstehen leider die meisten Betreuer/innen nicht. Die lesen nur das Wort "Eingliederungshilfe" und sind dann ganz erbost, wenn ich die höhere Vergütung ablehne, da es sich in den allermeisten Fällen um stationäre Einrichtungen handelt.

    Wenn wir gerade beim Thema sind: Worauf achtet ihr bei der Prüfung, ob es sich um eine ambulant betreute Wohnform oder eine stationäre Einrichtung handelt? Ich lasse mir bei Klärungsbedarf die Verträge vorlegen, allerdings fällt es mir manchmal schwer, zu erkennen, um welche Wohnform es sich handelt.

  • Die Unterscheidung gibts nur noch im Sozialhilferecht (§ 13 SGB XII) und der Pflegeversicherung (§ 43 SGB XI), nicht aber bei der EGH nach dem SGB IX.

    Jedenfalls für den SGB XII-Bereich ist hier eine Definition. Schwerpunkt ist dabei die Gesamtverantwortung: https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/tvoed-office-professional/jung-sgbxii-98-oertliche-zustaendigkeit-271-stationaere-einrichtung_idesk_PI13994_HI1273156.html

  • Und das verstehen leider die meisten Betreuer/innen nicht. Die lesen nur das Wort "Eingliederungshilfe" und sind dann ganz erbost, wenn ich die höhere Vergütung ablehne, da es sich in den allermeisten Fällen um stationäre Einrichtungen handelt.

    Wenn wir gerade beim Thema sind: Worauf achtet ihr bei der Prüfung, ob es sich um eine ambulant betreute Wohnform oder eine stationäre Einrichtung handelt? Ich lasse mir bei Klärungsbedarf die Verträge vorlegen, allerdings fällt es mir manchmal schwer, zu erkennen, um welche Wohnform es sich handelt.

    Wenn ich das oben zitierte Urteil richtig verstehe, ist das Hauptkriterium der frei wählbare Pflegedienst bei Leistungen nach dem SGB V, die über die einfachste Behandlungspflege hinausgehen. Das trifft bei uns auf die meisten (stationären) Einrichtungen der Eingliederungshilfe zu. Ich als Betreuer habe gerade diesen Fall und nach RS mit dem zuständigen Rechtspfleger einen rückwirkenden Vergütungsantrag über 15 Monate über die Differenz gestellt.

  • ...aber wie verhält es sich, wenn in dem Vertrag steht, dass der Unternehmer verpflichtet ist, den Betreuungs- und Pflegebedarf anzupassen...und ein Ausschluss gemäß § 8 ABS. 4 WBVG nicht vorliegt...dann kann man doch davon ausgehen, dass der Pflegedienst nicht frei wählbar ist oder ?

  • ...aber wie verhält es sich, wenn in dem Vertrag steht, dass der Unternehmer verpflichtet ist, den Betreuungs- und Pflegebedarf anzupassen...und ein Ausschluss gemäß § 8 ABS. 4 WBVG nicht vorliegt...dann kann man doch davon ausgehen, dass der Pflegedienst nicht frei wählbar ist oder ?

    Ich habe Bethel vor Ort, den hiesigen größten Träger, um eine Stellungnahme gebeten: es sind nur nur Leistungen der Grundpflege und der einfachsten Behandlungspflege inbegriffen, der Pflegedienst für Leistungen nach dem SGB V, die darüber hinaus gehen, ist frei wählbar. In dem zugrunde liegenden Betreuungsvertag werden Leistungen, die über das Leistungskonzept des Angebotes (der Einrichtung) hinaus gehen, ausgeschlossen.

  • Nach dem Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 03.08.2023, 23 T 267 / 23 soll es aber doch zur stationären Einrichtung reichen, wenn eine Abrede vorliegt, nach welcher der Einrichtungsträger seine Leistungen im Rahmen seiner Möglichkeiten an den veränderten Gesundheitszustand des Betroffenen anzupassen hat. Eine darüberhinausgehende losgelöste Versorgungszusage wird und muss ein Heimträger dagegen vernünftigerweise nicht eingehen..

  • Nach dem Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 03.08.2023, 23 T 267 / 23 soll es aber doch zur stationären Einrichtung reichen, wenn eine Abrede vorliegt, nach welcher der Einrichtungsträger seine Leistungen im Rahmen seiner Möglichkeiten an den veränderten Gesundheitszustand des Betroffenen anzupassen hat. Eine darüberhinausgehende losgelöste Versorgungszusage wird und muss ein Heimträger dagegen vernünftigerweise nicht eingehen..

    Stimmt. Ich warte mal ab, wie hier entschieden wird.

  • Und das verstehen leider die meisten Betreuer/innen nicht. Die lesen nur das Wort "Eingliederungshilfe" und sind dann ganz erbost, wenn ich die höhere Vergütung ablehne, da es sich in den allermeisten Fällen um stationäre Einrichtungen handelt.

    Wenn wir gerade beim Thema sind: Worauf achtet ihr bei der Prüfung, ob es sich um eine ambulant betreute Wohnform oder eine stationäre Einrichtung handelt? Ich lasse mir bei Klärungsbedarf die Verträge vorlegen, allerdings fällt es mir manchmal schwer, zu erkennen, um welche Wohnform es sich handelt.

    Wenn ich das oben zitierte Urteil richtig verstehe, ist das Hauptkriterium der frei wählbare Pflegedienst bei Leistungen nach dem SGB V, die über die einfachste Behandlungspflege hinausgehen. Das trifft bei uns auf die meisten (stationären) Einrichtungen der Eingliederungshilfe zu. Ich als Betreuer habe gerade diesen Fall und nach RS mit dem zuständigen Rechtspfleger einen rückwirkenden Vergütungsantrag über 15 Monate über die Differenz gestellt.

    geht denn die Nachfestsetzung noch, wenn über die zurück liegenden Vergütungsansprüche bereits durch Festsetzungsbeschluss entschieden wurde und diese rechtskräftig sind? Stichwort Vertrauensschutz des Betreuten? Was meint ihr?

  • geht denn die Nachfestsetzung noch, wenn über die zurück liegenden Vergütungsansprüche bereits durch Festsetzungsbeschluss entschieden wurde und diese rechtskräftig sind? Stichwort Vertrauensschutz des Betreuten? Was meint ihr?

    Nein, wenn bereits rechtskräftig entschieden ist, kann keine Nachfestsetzung mehr erfolgen. Es bestand die Möglichkeit des Rechtsmittels.

  • Irgendwie hat sich erst die letzte diverser BGH-Entscheidungen (die vom 29.6.22) in der „Szene“ herumgesprochen, und das auch erst mit erheblicher Verzögerung. Ich finde das auch seltsam.

    Innerhalb der Rechtsmittelfrist ist das Rechtsmittel m.E. als ergänzender Vergütungsantrag zu verstehen, also eine Korrektur des ursprünglichen.

    Nach dem Eintritt der Rechtskraft geht das m.E. nur ausnahmsweise, und zwar dann, wenn sich durch die Änderung der Vergütungsschuldner ändert. Die Rechtskraft des Vergütungsbeschlusses gilt ja nur inter partes. Wenn also bislang der Beschluss gegen den Betreuten ergangen ist; die erhöhte Summe aber eine Zahlungspflicht der Staatskasse bedeutete, wäre dies von der Rechtskraft nicht erfasst.

  • Mir erschließt sich trotzdem nicht wogegen sich das Rechtsmittel richten soll. Der Betreuer ist doch gar nicht beschwert.

    Entweder Nachfestsetzung (auch außerhalb der RM-Frist) weil über den darüber hinausgehenden Antrag noch nicht entschieden wurde oder das Rechtsmittel mangels Beschwer abweisen. Vielleicht können wir das nochmal näher erläutern, uns stehen wirklich etliche Anträge bevor.

    Und das heißt dass alle Betreuer wo das Vermögen bei der ursprünglichen Festsetzung zwischen 5.000 - 10.000 EUR lag können jetzt einen Antrag gegen die Staatskasse stellen (wenn aktuell Vermögen unter 10.000 €) und dann auch noch die Nachfestsetzung für die im Verwaltungswege ausgezahlten Gelder? Na prost Mahlzeit...

  • Ich versuche gerade zu verstehen, wann im letzten Fall überhaupt eine höhere Vergütung heraus kommen kann. Denn eigentlich ist ja die Mittellosenvergütung niedriger. Sie meinen vermutlich, wenn Nicht-Heim mittellos höher ist als Heim vermögend.

  • Ja stimmt, im Zweifel ergibt sich da keine Differenz, müsste man sich nochmal genauer angucken. Ich hoffe dass auf diese Anträge (früher Vermögen, jetzt Staatskasse) auch vielleicht niemand mehr kommt, weil Rechtskraft eingetreten ist. Ich wäre auch nicht drauf gekommen dass da noch eine Festsetzung möglich sein sollte.

    Die Nachfestsetzung dürfte ja bei der Auszahlung aus der Staatskasse im Veraltungswege auch auf 15 Monate begrenzt sein.

    Trotzdem ist das ein Heidenaufwand, bei uns betrifft das etliche Einrichtungen und viele Betreuer, einige haben korrekt Wohnung beantragt und bekommen aufgrund der BGH-Entscheidung, andere sind jetzt erst darauf gestoßen und waren sauer "weil es ihnen niemand gesagt hat".

  • Habe mal die Tabelle C durchgeschaut. Ja, tatsächlich ist mittellos außerhalb des Heimes in der Regel höher als nicht mittellos im Heim. Meist gehts nur um einige Euro. Aber ab dem 3. Betreuungsjahr wirds heftig. 171 statt 127 € (Ziff 5.2.1 zu 5.1.2). Da kann man nur hoffen, dass die Variante nicht allzu häufig ist.

    Und ja, Heidenaufwand. Alles dank unglücklicher Gesetzesformulierung (warum hat man bloß nicht Heim - stationär behalten) und praxistauglicher BGH-Rechtsprechung, gepart mit Unwissen auf Betreuerseite.

  • Habe mal die Tabelle C durchgeschaut. Ja, tatsächlich ist mittellos außerhalb des Heimes in der Regel höher als nicht mittellos im Heim. Meist gehts nur um einige Euro. Aber ab dem 3. Betreuungsjahr wirds heftig. 171 statt 127 € (Ziff 5.2.1 zu 5.1.2). Da kann man nur hoffen, dass die Variante nicht allzu häufig ist.

    Und ja, Heidenaufwand. Alles dank unglücklicher Gesetzesformulierung (warum hat man bloß nicht Heim - stationär behalten) und praxistauglicher BGH-Rechtsprechung, gepart mit Unwissen auf Betreuerseite.

    Meines erachten Auswüchse des BTHG. Man hat gehofft, soviele wie mögliche NICHT-Wohnungen zu kreieren. Kommt der Justiz günstiger. ;)

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  • Mir erschließt sich trotzdem nicht wogegen sich das Rechtsmittel richten soll. Der Betreuer ist doch gar nicht beschwert.

    Entweder Nachfestsetzung (auch außerhalb der RM-Frist) weil über den darüber hinausgehenden Antrag noch nicht entschieden wurde oder das Rechtsmittel mangels Beschwer abweisen. Vielleicht können wir das nochmal näher erläutern, uns stehen wirklich etliche Anträge bevor.

    Und das heißt dass alle Betreuer wo das Vermögen bei der ursprünglichen Festsetzung zwischen 5.000 - 10.000 EUR lag können jetzt einen Antrag gegen die Staatskasse stellen (wenn aktuell Vermögen unter 10.000 €) und dann auch noch die Nachfestsetzung für die im Verwaltungswege ausgezahlten Gelder? Na prost Mahl

    Ich hab mal ein bisschen rumgesucht und bin jetzt auf die Entscheidung des OLG Hamm gestoßen:

    OLG Hamm, Beschluss vom 22. 1. 2009 - I-15 Wx 269/08

    Die Frage, in welchem zeitlichen Rahmen eine Nachforderung des Betreuers (und umgekehrt eine Rückforderung des Zahlungspflichtigen) möglich ist, stellt sich nur, wenn die Vergütung nicht im Wege der förmlichen Festsetzung (§§ 69e, 56g I 1 FGG) bestimmt, sondern, wie vorliegend, im Verwaltungswege zur Auszahlung gebracht wird (§ 56g I 4 FGG). Kommt es nämlich zu einer förmlichen Festsetzung, so schließt deren materielle Rechtskraftwirkung eine Nach- und Rückforderungen aus.

    (FGPrax 2009, 161, beck-online)

  • Hallo, das stimmt ja auch. Nur gilt die Rechtskraft nur zwischen den Parteien des Beschlussverfahrens (also Betreuer-Betreuter oder Betreuer-Staatskasse). Ergibt sich durch einen neuen Aspekt ein anderer Vergütungsschuldner, kann dieser die Rechtskraft nicht einwenden.

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