Europäisches Nachlasszeugnis Griechenland - dingliches Vermächtnis

  • Hallo,

    mir liegt ein griechisches Europäisches Nachlasszeugnis vor, wonach dem Vermächtnisnehmer das Eigentum an einer deutschen Immobilie zugewiesen wird.

    Es wurde nun die Grundbuchberichtigung direkt auf den Vermächtnisnehmer beantragt.

    Da unser Grundbuchrecht keine dinglichen Vermächtnisse kennt und mir die Einzelheiten des griechischen Erbrechts natürlich unbekannt sind (Stichwort Vindikations-/Damnationslegat) stellt sich mir die Frage, wie das Grundbuchamt in einem solchen Fall zu verfahren hat?

    Kann ich eine Berichtigungsbewilligung vom Erben/Vermächtnisnehmer oder eine Auflassung in notarieller Urkunde verlangen?

    Habe in einer Abhandlung gelesen, dass das Grundbuchamt in so einem Fall verpflichtet sei, ein Rechtsgutachten einzuholen; ist das korrekt und falls ja, wo gibt man ein solches Gutachten In Auftrag?

    Falls irgendjemand bereits Erfahrungen mit solchen dinglichen Vermächtnissen gemacht hat, bin ich über jeden Hinweis dankbar :)

  • Unmittelbar dinglich wirksam:

    ....

    Nicht unbedingt, da Griechenland sowohl das Vindikationslegat (Art. 1996 Satz 1 ZGB), als auch das Damnationslegat (Art. 1995 ZGB) kennt; siehe die Abhandlung von Prof. Dr. Tobias Helms, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung, Philipps-Universität Marburg von 2009:

    Vermächtnis – HWB-EuP 2009

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Unmittelbar dinglich wirksam:

    ....

    Nicht unbedingt, da Griechenland sowohl das Vindikationslegat (Art. 1996 Satz 1 ZGB), als auch das Damnationslegat (Art. 1995 ZGB) kennt; siehe die Abhandlung von Prof. Dr. Tobias Helms, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung, Philipps-Universität Marburg von 2009:

    https://hwb-eup2009.mpipriv.de/index.php/Verm…htliche_Wirkung

    Wenn es im ENZ als erbrechtliche Zuweisung aufgeführt ist, ist es ein Vindikationslegat - das ist die Erkenntnis aus KG, 1 W 348/22 (dort: zum italienischen Recht).

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Danke für die Rückmeldungen :)

    Da das griechische Recht sowohl Vindikations- als auch Damnationslegat kennt, ist doch für mich beim Grundbuchamt gar nicht prüfbar, welcher der beiden Fälle hier vorliegt.

    Könnte ich daher auf eine Auflassung bestehen?

    Stimmt nicht immer.

    Wie sich aus mehreren obergerichtlichen Entscheidungen ergibt, werden in "ausländische" ENZ mitunter auch (scheinbare) Vindikationslegate aufgenommen, die im Rechtssinne gar keine sind.

    Gibt es eine Fundstelle zu einer solchen Entscheidung?

  • OLG München Rpfleger 2020, 318 = FamRZ 2020, 1043 = FGPrax 2020, 90 = ZEV 2020, 333 = BeckRS 2020, 1573 (erst nach der Einantwortung erfolgende und daher nicht dingliche wirkende Erbteilung nach österreichischem Recht).

    OLG München Rpfleger 2021, 25 = FamRZ 2021, 244 = FGPrax 2020, 265 = openJur 2020, 73983 = ZEV 2021, 179 = BeckRS 2020, 25421 (für eine nicht dinglich wirkende Teilungsanordnung des italienischen Rechts nach Art. 633 Abs. 1 CCiV).

    In beiden Fällen war im ENZ unrichtigerweise ein unmittelbarer dinglicher Rechtsübergang ausgewiesen.

  • Darum geht es nicht, sondern das ENZ war jeweils einfach falsch "ausgefüllt".

    Da sind mir nun aber der Zusammenhang und die von dir angedachten Konsequenzen nicht klar. Weil ein Formular nun schon in der Vergangenheit falsch ausgefüllt wurde, soll nun was passieren? Jedes jemals erdachte Formular der Welt dürfte bereits falsch benutzt worden sein

  • Darum geht es nicht, sondern das ENZ war jeweils einfach falsch "ausgefüllt".

    Da sind mir nun aber der Zusammenhang und die von dir angedachten Konsequenzen nicht klar. Weil ein Formular nun schon in der Vergangenheit falsch ausgefüllt wurde, soll nun was passieren? Jedes jemals erdachte Formular der Welt dürfte bereits falsch benutzt worden sein

    Es geht darum, dass eine unmittelbare Grundbuchberichtigung auf den Nichterben natürlich nur erfolgen kann, wenn materiell auch ein Direkterwerb vorliegt. Und wenn der betreffende Rechtserwerb nach dem anwendbaren Erbstatut nicht in dieser Weise ausgestaltet ist, kann das Grundbuchamt nicht eintragen, weil die Vermutung der Richtigkeit des ENZ widerlegt ist. So hat es sich in den beiden vom OLG München entschiedenen Fällen verhalten. Auch das OLG Saarbrücken (FamRZ 2019, 1569 = FGPrax 2019, 169) hat eine diesbezügliche grundbuchamtliche Prüfungpflicht bejaht, nur dass das ENZ in diesem Fall richtig war. Der Fall, dass ein "ausländisches" ENZ einen Rechtsübergang ausweist, den es nach dem anwendbaren Erbstatut nicht gibt, ist kein anderer, als wenn ein in Anwendung deutschen Erbstatuts erteilter Erbschein ein dem deutschen Recht fremdes Vindikationslegat ausweist.

  • Darum geht es nicht, sondern das ENZ war jeweils einfach falsch "ausgefüllt".

    Das hat wer festgestellt?

    Wollen wir jetzt schon die Entscheidungsbefugnis deutscher Gerichte für einen innerdeutschen (grundbuchrechtlichen) Sachverhalt in Frage stellen? Ob die betreffende Entscheidung dahh in der Sache richtig ist, ist doch eine ganz andere Frage!

    Gut dass wir so viel schlauer sind als andere, die nicht mal ein ENZ richtig ausfüllen können.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Die unterschiedliche Sichtweise dürfte (auch) darauf beruhen, dass nicht die Notare, sondern die Rechtspfleger für die Richtigkeit des Grundbuchs verantwortlich sind. Und wenn alles, was die Notare tun, richtig wäre, würde es auch keine grundbuchamtlichen Beanstandungen geben (genauso wie es umgekehrt natürlich auch unbegründete Beanstandungen gibt).

    Will heißen: Maßgeblich ist die objektive Rechtslage und ob ein Erbschein falsch ist, weil er nicht alle erforderlichen Angaben bei angeordneter Nacherbfolge enthält, oder ob ein ENZ falsch ist, weil der ausländische Aussteller das eigene Recht nicht zutreffend in den Inhalt des ENZ überführt hat, bleibt sich dabei gleich.

    Es sind nur zwei Seiten derselben Medaille, ob ein deutsches Grundbuchamt ein ENZ eines anderen Mitgliedstaats beanstandet, weil es eine Rechtsfolge zum Ausdruck bringt, die es nach dem anwendbaren ausländischen Erbstatut in concreto nicht gibt oder ob ein Grundbuchamt eines andere Mitgliedstaats ein deutsches ENZ beanstandet, weil es ein dem anwendbaren deutschen Erbstatut unbekanntes Vidikationslegat ausweist (und sei es nur scheinbar aufgrund dessen unzutreffender Erwähnung an besagter Stelle des ENZ).

    Aufgrund erkanntermaßen unrichtiger Eintragungsgrundlagen kann eben nicht eingetragen werden und das ist auch überhaupt nichts Neues.

  • ...

    Aufgrund erkanntermaßen unrichtiger Eintragungsgrundlagen kann eben nicht eingetragen werden und das ist auch überhaupt nichts Neues.

    Na ja, das mit dem „erkanntermaßen“ ist halt so eine Sache. Woher soll der GB-Rechtspfleger wissen, ob das ENZ nur ein Damnationslegat oder ein Vindikationslegat zum Ausdruck bringt. Wenn das ausländische Recht beide Formen vorsieht, müssten sonst stets Zweifel an der dinglichen Wirkung des Legats begründet sein. Das hat das KG aber mit der Formulierung „Bei einer Eintragung in Formblatt V Anlage IV Ziffer 9 bzw. Anlage V Ziffer 5 kann es sich deshalb nicht um einen nur schuldrechtlichen Anspruch auf entsprechende Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft oder Übertragung eines Vermächtnisgegenstands handeln, sofern die Eintragung nicht ausdrücklich anderes kenntlich macht“, aber gerade ausgeschlossen (siehe dazu auch den Praxishinweis des DNotI im DNotI-Report 22/2022, 174 ff.

    https://www.dnoti.de/fileadmin/user…22022_light.pdf)

    Vorliegend handelt es sich ja offenbar um einen Nachlassgegenstand und es ist der Erbe (und nicht ein Vermächtnisnehmer mit einem Untervermächtnis) beschwert, sodass nach den verlinkten Ausführungen von Prof. Dr. Tobias Helms von einem Vindikationslegat gemäß Art. 1996 S. 1 ZGB auszugehen ist.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (6. Oktober 2023 um 07:53) aus folgendem Grund: DNotI, statt Gutachten: Praxishinweis

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