§ 196 InsO versus § 93 InsO

  • Es handelt sich hier um ein Insolvenzverfahren der X&Y GbR, X und Y sind natürliche Personen, die nicht in die Insolvenz gefallen sind.

    Das Vermögen der GbR ist verwertet, durch die Gesellschafter werden die Haftungsansprüche in unregelmäßigen Raten, der Höhe und dem Zeitpunkt nach, bedient. Nach dem

    der jetzt noch offenen Summe und der Höhe der bislang eingegangenen Teilleistungen wird man mind. 10 Jahre abwarten müssen, bis der volle Betrag gezahlt worden ist, Tod Insolvenz oder sonstige Hemmnisse mal außen vor.

    Einerseits ist solange das Verfahren läuft nur der IV zur Geltendmachung der Ansprüche berechtigt (und verpflichtet). Insoweit könnten die Gläubiger nach Abschluss des Verfahrens auch ihren individuellen Anspruch weiter verfolgen. .Andererseits ist das eigentliche Vermögen der Schuldnerin verwertet und die Schlussrechnungsreife nach dem Wortlaut des § 196 InsO versilbert. In der Kommentierung habe ich zu dieser Problematik nichts gesehen. Der RegE zu §224 ist auch keine Hilfe, da die Problematik des § 93 InsO der KO fremd ist. Wie würdet Ihr dies werten?

    Die Frage der Sondermasse und der Vergütung hierfür, LG Detmold..., soll sekundär sein.

    Gruß

    LFdC

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • m.E. gehört auch der Haftungsanspruch nach 93 zur zu verwertenden Masse. Eine vollständige Verwertung iSv 196 liegt damit noch nicht vor

    Eine andere Frage bei derartigen Ratenzahlung ist immer ob es wirtschaftlich ist dies über Jahre hinzuziehen, abzuwägen Zufluss zur Masse gegen zusätzlich entstehende Kosten. Aber das ist kein spezielles Problem bei 93

  • oh je ohje,

    dies beürht gesellschaftsrechtliche Fragen in dem Bereich "Schuld und Haftung". Literaturempfehlung: Diss von Brinkmann,

    Die Bedeutung der §§ 92, 93 InsO für den Umfang der Insolvenz- und Sanierungsmasse insbes. S. 106 (es handelt sich nicht um Insolvenzmasse, sondern um Gläubigeransprüche deren Geltendmachung qua 93 dem GesellschaftsIV obliegt).

    Insofern ist die Insolvenzmasse ohne die 93'er Ansprüche verwertet, wenn das Gesellschaftsvermögen verwertet ist. Andererseits stellt sich aber die Frage, ob der IV die GEltendmachung qua 93 aufgeben darf. Dies verneint zutreffend Brinkmann (vgl. S. 135).

    ABER: wenn die Gesellschafter alle Forderungen ausgeglichen haben, könnten sie ihreseits Regress gegen die Masse nehmen, Denke, dass dies hier nicht fallgegenständlich ist.

    Gangabar wäre eine Einstellung mit Gl.-Zustimmung

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  • Bei einer Abschlagsverteilung (der Gesellschaftsmasse) wären zunächst einmal die Verfahrenskosten zu berücksichtigen (kann man berechnen), die noch zu erwartenden Masseverbindlichkeiten rückzustellen (Schon schwieriger, wegen Kontoführungsgebühren, möglichen Verwahrentgelten und sonstigen Unabwägbarkeiten), so dass für die Gläubiger nur ein geringer Betrag verbleibt.

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  • Ich bin näher bei Defaitist. Die Ansprüche, die der IV nach § 93 InsO geltend macht, sind keine Ansprüche der Masse, sondern massefremde Ansprüche, die nur aus Gründen der Praktikabilität während des Laufs des Insolvenzverfahrens durch den IV gesammelt geltend gemacht werden. Sieht man z.B. daran, dass der IV dafür eine Sondermasse zu bilden hat, aus der nach (derzeit) wohl herrschender Auffassung nur diese Gläubiger befriedigt werden dürfen, nicht aber z.B. die Kosten des Insolvenzverfahrens beglichen werden dürfen. Geht noch weiter: Theoretisch kann der IV bei der Beitreibung sich aussuchen, wessen Ansprüche er gerade geltend macht. Tut er dies (wie im Regelfall) nicht, gilt das für alle relevanten Gläubiger quotal. Dagegen könnten die 93er-Schuldner einzelne Gläubiger herausbrechen, indem sie diese gesondert - abseits des Insolvenzverfahrens - befriedigen.

    Also: Keine Insolvenzmasse. Und daher auch keine Pflicht zum vollständigen Einzug. Nur das Eingezogene muss vollständig verteilt werden. M.E. darf der IV daher diesen Vorgang jederzeit abbrechen, wenn es ihm aus Gründen des IV-Verfahrens sachdienlich erscheint. Danach fällt die weitere Geltendmachung eben an die Einzelgläubiger zurück.

    Mit freundlichen Grüßen

    AndreasH

  • Vielen Dank für die wertvollen Hinweise.

    Justamente heute ist die Entscheidung des BGH, II ZR 69/22 veröffentlicht worden, welche unter Rn. 21 zum Thema Anspruchsverfolgung nachrangiger Zinsen festhält, dass der Gläubiger nach Entfall der Sperrwirkung den Anspruch gegen die phG weiter verfolgen können, selbst den der Gläubiger hierzu klagen müsste. Dies wäre aufgrund der gesetzlichen Regelungen hinzunehmen.

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  • Bei einer Abschlagsverteilung (der Gesellschaftsmasse) wären zunächst einmal die Verfahrenskosten zu berücksichtigen

    Die jetzt auch wieder Haftungsanspruch nach §93 InsO sind. Was für ein Karussell. Also befriedige ich aus den eingegangen Haftungsansprüchen zunächst einmal die Verfahrenskosten, so dass die Gesellschaftsmasse den Massegläubigern und den Ansprüchen nach §§ 38f InsO zugute kommt. Was für ein Chaos.

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